[0001] Die Erfindung betrifft eine Weichensteuerung in einem elektronischen Stellwerk.
[0002] Eine Weichensteuerung dient zur Ansteuerung des Antriebs einer Weiche in einem Schienennetz
und zur Überwachung der Weichenstellung. Dabei werden extrem hohe Anforderungen an
die Ausfall- und Betriebssicherheit der Weichensteuerung gelegt. So muß beispielsweise
ausgeschlossen sein, dass der Weichenantrieb durch eine Fehlfunktion der Weichensteuerung
eine Stellspannung erhält, während gerade ein Zug über die Weiche fährt. Zur Zeit
werden zur signaltechnisch sicheren Steuerung von Lasten ausschließlich Relais eingesetzt.
Die Luftstrecke zwischen den offenen Kontakten wird als unverlierbare Trennstelle
akzeptiert und ist praktisch erprobt. Dementsprechend sind bekannte Weichensteuerungen
ausschließlich in Relaistechnik aufgebaut.
[0003] Die Entwicklung elektronischer Stellwerke begann mit dem Einsatz von Rechnertechnik
in den zentralen Funktionen wie Meldung und Anzeige, Sicherung und Elementansteuerung.
Ansteuerungen der Feldelemente wurden erst später durch Rechner übernommen. Schrittweise
kamen Prozessoren und Mikrocontroller in der Gleisfreimeldung (Achszählerinnenanlagen
und Zählpunkte), in der Signalsteuerung sowie in Schnittstellenbaugruppen zur parallelen
Ein- und Ausgabe zum Einsatz. Aufgrund der hohen Zuverlässigkeit der Weichengruppen
in Relaistechnik bestand bisher kein Anlass zum Technologiewechsel.
[0004] In Relaistechnik ausgeführte Weichensteuerungen haben jedoch einen hohen Raumbedarf.
Daher ist die Entwicklung einer elektronischen Weichensteuerung für ein elektronisches
Stellwerk wünschenswert.
[0005] Es ist daher eine Ausgabe der vorliegenden Erfindung, eine elektronische Weichensteuerung
anzugeben, die hinsichtlich ihrer Schalteigenschaften die hohen Sicherheitsanforderungen
in der Stellwerkstechnik erfüllt.
[0006] Die Ausgabe wird gelöst durch eine Weichensteuerung nach Anspruch 1. Vorteilhafte
Ausgestaltungen sind den abhängigen Ansprüchen zu entnehmen.
[0007] Erfindungsgemäß wird eine Reihenschaltung eines Relaiskontaktes und eines Halbleiterschalters
vorgeschlagen. Diese vereint die Vorteile beider Schalterarten. Durch eine Kombination
von elektronischem Schalter und mechanischem Kontakt wird ein verschleißfreier Schalter
mit signaltechnischen Eigenschaften hergestellt.
[0008] Vorteilhaft werden beide Schalter nacheinander betätigt. Beim Einschalten wird zuerst
der Relaiskontakt geschlossen und anschließend der Verbraucher durch den Halbleiterschalter
eingeschaltet. Beim Ausschalten des Verbrauchers schaltet zuerst der Halbleiterschalter
ab und anschließend öffnet der Relaiskontakt. Dadurch wird der Relaiskontakt stromlos
geschaltet und es tritt kein Abbrand (Verschleiß) auf.
[0009] Durch das verschleißfreie Schalten haben die Baugruppen der elektronischen Weichensteuerung
eine wesentlich größere Lebensdauer. Durch den Halbleiterschalter kann in bestimmten
Phasenlagen geschaltet werden. Dadurch verringern sich Einschaltstrom und Induktionsspannung
beim Ausschalten erheblich. Störbeeinflussungen auf benachbarte Systeme werden reduziert.
[0010] Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der einzigen Figur
erläutert. Diese zeigt ein Schaltbild der erfindungsgemäßen Weichensteuerung.
[0011] Die Weichensteuerung 1 hat als zentrale Steuereinheit ein Doppelrechnersystem 10,
bestehend aus zwei Mikrocontrollern vom Typ C167. Dieser Controllertyp und das dazugehörige
Betriebssystem sind bereits in anderen Sicherheitsanwendungen eingesetzt und zugelassen.
[0012] Eine zweikanalige Schnittstelle 11 a, 11 b ist zum Anschluss an das elektronische
Stellwerk vorgesehen. Diese kann z.B. als parallele Schnittstelle (für das ESTW Alcatel
6111 LockTrack), als redundante CAN-Schnittstelle (für das ESTW Alcatel 6151 LockTrack)
oder als Busschnittstelle zur Anbindung eines TTP-Moduls (time triggered protocol)
für das EWST Alcatel 6131 LockTrack ausgebildet sein. Es können auch mehrere Schnittstellen
vorgesehen sein, die anwendungsbedingt bestückt werden. Diagnosefunktionen zur Störungssuche
liefern LEDs an der Frontplatte der Baugruppe oder sind über ein Wartungsterminal
an einer seriellen Schnittstelle zugänglich.
[0013] Die Weichensteuerung 1 wird über eine klassische Vierdrahtschnittstelle mit einem
Weichenantrieb 2 verbunden. Dies erlaubt eine Anschaltung des Weichenantriebs mit
minimalem Aderaufwand und Kompatibilität mit vorhandenen Außenanlagen. Der Weichenantrieb
enthält einen dreiphasigen Motor 211, 212,-213, der die Weiche in die gewünschte Endstellung
bewegt. Kontakte 221-224, die durch die Weichenzungen geschlossen oder geöffnet werden,
erlauben ein Erkennen der Weichenstellung durch geeignete Prüfkreise 121, 122. Die
Prüfkreise werden in einer parallel eingereichten Patentanmeldung desselben Erfinders
näher beschrieben.
[0014] Die Stromversorgungsschnittstelle 110 enthält neben drei Drehstromphasen L1, L2,
L3 (380/400 V), Nullleiter N und Massepunkt MP einen Anschluss für eine 60V Prüfspannung.
Das Doppelrechnersystem überwacht die Weichenstellung und schaltet, wenn die Weiche
von einer Endlage in die andere gestellt werden soll, die Drehstromphasen L1-L3 über
die Vierdrahtschnittstelle zum Weichenantrieb 2.
[0015] Das Schalten der Versorgungsspannung erfolgt über Halbleiterschalter 131 und 132.
Hierfür werden sogenannte IGBT-Module eingesetzt (Isolated Gate Bipolar Transistor),
eine Kombination aus Feldeffekt und Bipolartransistor. Jedes Modul enthält zwei IGBT,
einen für die positive Halbwelle und einen für die negative Halbwelle.
[0016] Wenn zur Steuerung von signaltechnischen Leistungsstromkreisen Halbleiterschalter
eingesetzt werden, ist deren trennende Eigenschaft aber nur bis zur Durchbruchspannung
der Halbleiter gegeben. Bei Überschreiten der Durchbruchspannung (durch kurzzeitige
Überspannungen) fließt durch die Halbleiter Strom, der in den Halbleitern eine hohe
Verlustleistung bewirkt. Aufgrund der thermischen Überlastung schließt der Halbleiterschalter
kurz und schaltet die Versorgungsspannung zum Verbraucher durch. Eine Weiche könnte
dann Umlaufen, was natürlich unter keinen Umständen zugelassen werden darf.
[0017] Dies wird erfindungsgemäß dadurch verhindert, dass ein Relais WN in Reihe mit den
beiden Halbleiterschaltern 131, 132 geschaltet wird. In den Strompfaden der Leiter
L1 und L2 sind jeweils ein Schließerkontakt des Relais WN und ein elektronsicher Schalter
(mit IGBT bestückt) in Reihe geschaltet. Wenn bei hochohmigem elektronischen Schalter
und geöffnetem Relaiskontakt impulsförmige Überspannungen auftreten, werden diese
am elektronischen Schalter durch je einen Varistor V1, V2 begrenzt. Am elektronischen
Schalter treten deshalb nur Überspannungen unterhalb der Durchbruchspannung der Halbleiter
auf. Die Überspannung steht an der Luftstrecke des geöffneten Relaiskontakts WN an.
[0018] Als Relais wird ein monostabiles, zwangsgeführtes Kartenrelais verwendet, von dem
ein Kontaktpaar durch den Mikrocontroller zurückgelesen wird. Damit wird eine prüfbare
Netzabtrennung realisiert. Die Stellung des Kontaktsatzes von WN kann ständig über
die Rücklesekontakte durch das sichere Doppelrechnersystem 10 geprüft werden.
[0019] Um eine hohe Lebensdauer der Relaiskontakte zu erreichen, werden diese als Trenner
betrieben, das heißt, sie legen die Stromwege fest, schalten aber keine Leistung.
Dies übernehmen die Halbleiterschalter 131, 132 verschleißfrei. Beim Einschalten wird
zuerst der Relaiskontakt geschlossen und anschließend der Verbraucher 211, 212, 213
durch den Halbleiterschalter eingeschaltet. Beim Ausschalten des Verbrauchers schaltet
zuerst der Halbleiterschalter ab und anschließend öffnet der Relaiskontakt. Durch
das Nacheinander beim Schalten von Relais WN und IGBT kann der elektronische Schalter
zusätzlich bei jedem Schaltvorgang geprüft werden. Im Zustand Relais WN eingeschaltet
und IGBT noch ausgeschaltet darf an den Stromwandlern I Last und I off kein Strom
gemessen werden.
[0020] Zur Vermeidung von steilen Spannungsanstiegen oder zur Verringerung von Induktionsspannungen
kann der Weichenmotor vorteilhaft im Nulldurchgang der Spannung eingeschaltet und
im Nulldurchgang des Stromes ausgeschaltet werden. Dies wird durch ELDP 111 bewirkt
(electronically programmable electronic device). Nach Freigabe durch das Doppelrechnersystem
10 steuert das ELDP 111 die phasenrichtige Steuerung der Umstellspannung.
[0021] Zur Steuerung der Weichensolllage dienen zwei weitere Relais R und L, die ebenfalls
als zwangsgeführte Kartenrelais ausgeführt sind. Um die Weiche betrieblich nutzen
zu können, wird eine permanente Überwachung der Ist-Lage notwendig. Diese Information
besteht aus der Weichensolllage durch Rücklesen der Lagerelais und durch Überprüfen
des Stromflusses im Überwachungsstromkreis (60V). Der Strom fließt durch eine Reihenschaltung
des Schalters der Überwachungsspannung, dem Melder "Überwacht" mit Auffahrprüfer 121
und dem Melder "Aufgefahren" 122. All diese Module sind in Halbleitertechnik realisiert.
Dies gestattet einen vom Doppelrechner überwachten Pulsbetrieb. Mittels eines geeigneten
Algorithmus der Pulssteuerung lassen sich Ausfälle im Überwachungsstromkreis, Aderschlüsse
und Spannungseinfälle durch zyklische Prüfung offenbaren. Das tägliche Umstellen betrieblich
nicht benutzter Weichen kann deshalb entfallen.
[0022] Trenntransformatoren dienen zur galvanischen Trennung der Stromwege. Zur galvanischen
Trennung der Signalwege werden Optokoppler eingesetzt.
1. Weichensteuerung (1) für ein elektronisches Stellwerk zur Ansteuerung eines Weichenantriebs
(2), mit mindestens einem Halbleiterschalter (131, 132) zum Schalten einer Stellspannung
(L1, L2) für den Weichenantrieb (2) und mit mindestens einem Relais (WN), dessen mindestens
ein Relaiskontaktpaar in Reihe mit dem Halbleiterschalter (131, 132) geschaltet ist,
zum Abtrennen einer Spannungsversorgung (110) im Ruhezustand.
2. Weichenantrieb nach Anspruch 1 mit mindestens einem vorzugsweise einstellbaren Widerstand
(V1, V2) in Parallelschaltung zu dem mindestens einen Relaiskontakt (WN).
3. Weichensteuerung nach Anspruch 1 mit einem Doppelrechnersystem (10) aus mindestens
zwei Mikrocontrollern zum Ansteuern des mindestens einen Relais (WN) und des mindestens
einen Halbleiterschalters (131, 132), welches derart angepasst ist, dass beim Einschalten
zuerst der Relaiskontakt (WN) geschlossen und anschließend der Weichenantrieb (2)
durch den Halbleiterschalter (131, 132) eingeschaltet wird und beim Ausschalten des
Weichenantriebs (2) zuerst der Halbleiterschalter (131, 132) abgeschaltet und anschließend
der Relaiskontakt (WN) geöffnet wird.
4. Weichensteuerung nach Anspruch 1, bei dem der mindestens eine Halbleiterschalter mindestens
einen Isolated Gate Bipolar Transistor enthält.
5. Weichensteuerung nach Anspruch 4, bei dem der mindestens eine Halbleiterschalter je
einen Isolated Gate Bipolar Transistor für positive und negative Halbwellen enthält.
6. Weichensteuerung nach Anspruch 1, bei dem das mindestens eine Relais ein monostabiles,
zwangsgeführtes Relais mit mindestens zwei Kontaktpaaren ist, von denen ein Kontaktpaar
in Reihe mit dem Halbleiterschalter (131, 132) geschaltet ist und ein Kontaktpaar
durch das Doppelrechnersystem (10) zurückgelesen wird.
7. Weichensteuerung nach Anspruch 1 mit mindestens einem Strommesser zum Prüfen des mindestens
einen Halbleiterschalter (131, 132) durch einem im Zustand in dem das mindestens eine
Relais (WN) eingeschaltet und der mindestens einen Halbleiterschalter (131, 132) noch
ausgeschaltet ist.
8. Weichensteuerung nach Anspruch 1 mit einer Steuerung (111) zur phasenrichtigen Steuerung
der Umstellspannung derart, dass im Nulldurchgang der Spannung eingeschaltet und im
Nulldurchgang des Stromes ausgeschaltet werden wird.
9. Weichensteuerung nach Anspruch 1 mit zwei weiteren Relais (R, L) zur Steuerung der
Weichensolllage.
10. Verfahren zum Ansteuerung eines Weichenantriebs (2), bei dem zum Einschalten zuerst
ein Relaiskontakt (WN), der zum Abtrennen einer Spannungsversorgung (110) im Ruhezustand
dient, geschlossen und anschließend der Weichenantrieb (2) durch zumindest einen Halbleiterschalter
(131, 132) eingeschaltet wird und beim Ausschalten des Weichenantriebs (2) zuerst
der mindestens eine Halbleiterschalter (131, 132) abgeschaltet und anschließend der
Relaiskontakt (WN) wieder geöffnet wird.