[0001] Die Erfindung betrifft eine Strömungsmaschine mit einem um eine Drehachse drehbar
gelagerten Rotor, der zumindest eine Rotorscheibe aufweist, in der zumindest eine
sich axial erstreckende Bohrung angeordnet ist. Ferner betrifft die Erfindung einen
Rotor für eine Strömungsmaschine und eine Rotorscheibe mit zumindest einer sich durch
die Rotorscheibe axial erstreckenden Bohrung.
[0002] Stationäre Gasturbinen und Flugzeugturbinen mit aus mehreren Rotorscheiben zusammengesetzten
Rotoren sind allgemein bekannt. Ein zentraler oder mehrere dezentrale Zuganker verspannen
die Rotorscheiben miteinander. Dazu weisen die Rotorscheiben zumindest eine zylindrische
Bohrung auf, durch die sich die Zuganker erstrecken.
[0003] Jede Rotorscheibe trägt an ihrem Außenumfang in einem Kranz angeordnete Laufschaufeln,
die zum Verdichten eines Strömungsmediums oder zur Aufnahme von Rotationsenergie aus
einem Strömungsmedium von diesem umströmbar sind. Die an der Rotorscheibe befestigten
Laufschaufeln rufen beim Betrieb enorme Fliehkräfte hervor, so dass jede Rotorscheibe
großen Belastungen ausgesetzt ist.
[0004] Um diesen Belastungen widerstehen zu können, müssen die Rotorscheiben fehlerfrei
sein. Hierzu sind geeignete Prüfverfahren bekannt, mittels derer die Rotorscheibe
vor deren ersten Verwendung als auch bei Wiederholungsprüfungen auf Risse und Fehlstellen
untersucht werden, um eine Mindestlebensdauer und somit einen sicheren Betrieb der
Strömungsmaschine zu gewährleisten.
[0005] Durch eine zunehmende Scheibengröße von gebohrten Rotorscheiben oder bei Verwendung
grobkörniger Werkstoffe ist die Fehlererkennbarkeit von Rissen bei den Prüfungen in
zunehmendem Maße eingeschränkt.
[0006] Eine Möglichkeit zur Sicherstellung der geforderten Lebensdauer ist das gezielte
Einbringen von Druckeigenspannungen in das Material der Rotorscheiben, die das Wachstum
von Fehlstellen, d.h. Rissen, im späteren Betrieb verzögern. Hierzu wird während der
Herstellung der gebohrten Rotorscheibe diese gezielt überlastet, d.h. sie wird bei
einer Schleuderdrehzahl geschleudert, die höher als die Nenndrehzahl des Rotors ist.
Dies ruft im Bereich der Bohrung eine plastische Verformung hervor, die zu den Druckeigenspannungen
führt. Die Höhe der Druckeigenspannungen im Scheibenmaterial ist jedoch durch die
maximale Schleuderdrehzahl des Schleuderprüfstands und durch die Temperatur beim Schleudern
begrenzt, so dass weniger Druckeigenspannungen erzeugt werden können als gewünscht.
[0007] Die in der Rotorscheibe nicht erkannten bzw. tolerierten Fehlstellen können aufgrund
der hohen Belastungen und lediglich begrenzt großen Druckeigenspannungen weiterhin
Risse erzeugen und wachsen lassen, welche die Lebensdauer der Rotorscheibe und somit
der Strömungsmaschine verringern.
[0008] Die Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine Rotorscheibe für den Rotor einer Strömungsmaschine,
einen Rotor für eine Strömungsmaschine und eine Strömungsmaschine anzugeben, deren
Lebensdauer durch konstruktive Maßnahmen verlängert ist.
[0009] Die auf die Strömungsmaschine gerichtete Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs
1, die auf den Rotor gerichtete Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 3 und die
auf die Rotorscheibe gerichtet Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 4 gelöst.
Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angeben.
[0010] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Bohrung der Rotorscheibe in Axialrichtung
zumindest teilweise ballig mit im mittleren Bereich größerem Durchmesser verläuft.
[0011] Der Lösung liegt die erfinderische Idee zu Grunde, dass durch die in Axialrichtung
zumindest teilweise ballig verlaufende Bohrung sich die Mises'schen Vergleichsspannungen
im Bohrungsbereich erhöhen. Die Erhöhung der Vergleichsspannung beruht auf der Beeinflussung
der axialen und tangentialen Spannungskomponente durch die ballige Geometrie der Bohrung,
d.h. deren konvexe Querschnittsform. Durch die erhöhten Vergleichsspannungen kommt
es beim Schleudern im Nabenbereich zu einer stärkeren Plastifizierung, wodurch der
Betrag der Druckeigenspannungen geometriebedingt ohne eine Erhöhung der Schleuderdrehzahl
zunimmt. Höhere Druckeigenspannungen bedeuten eine Verzögerung des Rissfortschritts
und reduzierte Sprödbruchgefahr im späteren Betrieb.
[0012] Durch die in Axialrichtung ballig verlaufende Bohrung nehmen darüber hinaus die Tangentialspannungen
ab. Weil diese beim Betrieb der Strömungsmaschine ebenfalls Rissentstehung und Risswachstum
begünstigen, wird durch den balligen Verlauf dem entgegengewirkt und das Risswachstum
maßgeblich verzögert.
[0013] Zweckmäßigerweise kann die Strömungsmaschine als Turbine, als Verdichter, als Gasturbine
oder als Dampfturbine ausgebildet sein. Dabei ist es unabhängig, ob diese einstufig
oder mehrstufig ausgebildet bzw. axial oder radial durchströmt sind.
[0014] In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist die Bohrung zentral, d.h. im Mittelpunkt
der Rotorscheibe, und/oder dezentral, d.h. zum Mittelpunkt der Rotorscheibe beabstandet,
angeordnet. Die durch die ballige Ausführungsform erzielten Wirkungen sind dabei unabhängig
davon, ob die Bohrung zentral oder dezentral vorgesehen ist.
[0015] In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist der maximale Innendurchmesser der balligen
Bohrung in Axialrichtung gesehen mittig zwischen den Stirnseiten der Rotorscheibe
angeordnet. Hierdurch wird eine symmetrische Verteilung der erhöhten Druckeigenspannung
erzielt.
[0016] Die Erfindung wird anhand einer Zeichnung erläutert.
Es zeigt:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einer Strömungsmaschine aus dem Stand der Technik,
- Fig. 2
- eine Seitenansicht einer erfindungsgemäßen Rotorscheibe mit einer ballig verlaufenden
Bohrung,
- Fig. 3
- eine Schnittansicht durch die Rotorscheibe gemäß Fig. 2 ,
- Fig. 4
- eine Schnittansicht durch eine Rotorscheibe aus dem Stand der Technik,
- Fig. 5
- ein Radius-Spannungs-Diagramm für die Rotorscheibe aus dem Stand der Technik,
- Fig. 6
- eine Schnittansicht durch die erfindungsgemäße Rotorscheibe,
- Fig. 7
- ein Radius-Spannungs-Diagramm für die erfindungsgemäße Rotorscheibe und
- Fig. 8
- einen Vergleich der Kennlinien der Diagramme aus Fig.5 und Fig. 7.
[0017] Gasturbinen und deren Arbeitsweisen sind im allgemeinen bekannt. Hierzu zeigt Fig.
1 eine als Gasturbine 1 ausgebildete Strömungsmaschine mit einem um eine Drehachse
3 drehbar gelagerten Rotor 5. Entlang dessen Längserstreckung folgt einem Verdichter
7 eine Brennkammer 9 mit Brennern 11. Der Brennkammer 9 ist die Turbineneinheit 13
nachgeschaltet. Sowohl im Verdichter 7 als auch in der Turbineneinheit 13 weist der
Rotor 5 mehrere aneinanderliegende Rotorscheiben 20 auf, in denen jeweils eine zentrale
Bohrung 16 vorgesehen ist, durch die ein Zuganker 21 sich erstreckt.
[0018] Fig. 2 zeigt die Seitenansicht einer erfindungsgemäßen Rotorscheibe 14 mit einer
zentral angeordneten Bohrung 15, welche in Axialrichtung teilweise ballig verläuft,
also nach außen gewölbt verläuft.
[0019] Fig. 3 zeigt einen Schnitt durch die erfindungsgemäße Rotorscheibe 14 gemäß Fig.
2. Die Bohrung 15 erstreckt sich in Axialrichtung des Rotors 5 anfänglich kreiszylindrisch,
geht anschließend in einen balligen Abschnitt über und endet mit einem kreiszylindrischen
Abschnitt. Der Durchmesser 17 der Bohrung 15 ist im balligen Abschnitt in der Mitte
zwischen den beiden Stirnflächen 19 der Rotorscheibe 14 maximal und nimmt in Richtung
der Stirnflächen 19 bzw. der kreiszylindrischen Abschnitte beiderseits gleichmäßig
ab. Durch den in Axialrichtung teilweise balligen Verlauf der Bohrung 15 weist die
Rotorscheibe 14 eine konvexe Ausnehmung auf. Das Material der Rotorscheibe, welches
die Ausnehmung umgibt, weist somit eine konkave Kontur auf.
[0020] Fig. 4 zeigt eine aus dem Stand der Technik bekannte zylindrische Bohrung 16 durch
eine Rotorscheibe 20.
[0021] Fig. 5 zeigt den Verlauf von Spannungen σ einer Rotorscheibe 20 aus dem Stand der
Technik in einem Radius-Spannungs-Diagramm. Die in einer Kreis-Strich-Linienart dargestellte
Kennlinie 22 zeigt den Verlauf der Tangentialspannungen im Abstand x von der Oberfläche
der Bohrung 16 in Radialrichtung. Ebenso zeigt die in Volllinie dargestellte Kennlinie
24 die Mises'schen Vergleichsspannungen. Beide Spannungen nehmen mit steigendem Abstand
x von der Oberfläche der zylindrischen Bohrung 16 der Rotorscheibe 20 ab. Nach dem
Schleudern der Rotorscheibe 20 weist diese Druckeigenspannungen auf, deren Verlauf
in gestrichelter Linienart durch die Kennlinie 26 dargestellt ist. Der Betrag der
Druckeigenspannungen verringert sich mit zunehmendem Abstand x.
[0022] Fig. 6 zeigt die erfindungsgemäße Rotorscheibe 14 mit einer entlang der Axialrichtung
vollständig konvex ausgebildeten Bohrung 15, deren Form auch als ballig bezeichnet
wird.
[0023] Fig. 7 zeigt den Verlauf von Spannungen σ einer erfindungsgemäßen Rotorscheibe 14
in einem Radius-Spannungs-Diagramm. Die Tangentialspannungen 28 der erfindungsgemäßen
Rotorscheibe 14 sind in einer Kreis-Strich-Linienart und die Mises'schen Vergleichsspannungen
30 in Volllinie dargestellt. Beide Spannungen nehmen mit zunehmendem Abstand x von
der Oberfläche der balligen Bohrung 15 der Rotorscheibe 14 ab. Nach dem Schleudern
der Rotorscheibe 14 weist diese eine in Volllinie dargestellte Druckeigenspannung
32 auf, deren Betrag sich mit zunehmendem Abstand x verringert.
[0024] Fig. 8 zeigt die Kennlinien 22, 24, 26, 28, 30, 32 der beiden Diagramme Fig. 5 und
Fig. 7 im Vergleich.
[0025] Durch die konvexe Bohrung 14 sind die aus dem Stand der Technik ermittelten Tangentialspannungen
22 gemäß den Pfeilen 34 auf die Tangentialspannungen 28 vermindert worden. Die Mises'schen
Vergleichsspannungen 24, 30 wurden durch den balligen Verlauf der Bohrung 15 dagegen
gemäß der Pfeile 36 vergrößert, was nach dem Schleudern mit gleichgroßer Schleuderdrehzahl
zumindest im radial innen liegenden Bereich der balligen Bohrung 15 eine betragsmäßig
vergrößerte Druckeigenspannung gemäß der Pfeile 38 bewirkt.
[0026] Der um jede Bohrung liegende Bereich, insbesondere bei zentralen Bohrungen der nabennahe
Bereich, ist beim Betrieb der Strömungsmaschine den vergleichsweise höchsten Beanspruchungen
ausgesetzt, wodurch die Erhöhung der Druckspannungen und die Verminderung der Tangentialspannungen
das Risswachstum an dieser Stelle verzögert und somit die Lebensdauer der Rotorscheibe,
des Rotors und der Strömungsmaschine verlängert wird.
1. Strömungsmaschine (2)
mit einem um eine Drehachse (3) drehbar gelagerten Rotor (5) ,
der zumindest eine Rotorscheibe (14) mit jeweils einer sich durch die Rotorscheibe
(14) axial erstreckende Bohrung (15) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Bohrung (15) in Axialrichtung zumindest teilweise ballig mit im mittleren Bereich
größerem Durchmesser verläuft.
2. Strömungsmaschine (2) nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Strömungsmaschine (2) eine Turbine, ein Verdichter, eine Gasturbine (1) oder eine
Dampfturbine ist.
3. Rotor (5) für eine Strömungsmaschine (2),
der zumindest eine Rotorscheibe (14) mit zumindest einer sich durch die Rotorscheibe
(14) axial erstreckende Bohrung (15) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Bohrung (15) in Axialrichtung zumindest teilweise ballig mit im mittleren Bereich
größerem Durchmesser verläuft.
4. Rotorscheibe (14) für den Rotor (5) einer Strömungsmaschine (2),
mit zumindest einer sich durch die Rotorscheibe (14) axial erstreckenden Bohrung (15),
dadurch gekennzeichnet, dass
die Bohrung (15) in Axialrichtung zumindest teilweise ballig mit im mittleren Bereich
größerem Durchmesser verläuft.
5. Rotorscheibe (14) nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Rotorscheibe (14) als Verdichterscheibe eines Verdichters oder als Turbinenscheibe
einer Turbine ausgebildet ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 1, 3 oder 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Bohrung (15) zentral und/oder dezentral vorgesehen ist.
7. Vorrichtung nach Anspruch 1, 3, 4 oder 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
die der maximale Innendurchmesser (17) der balligen Bohrung (15) in Axialrichtung
gesehen mittig angeordnet ist.