[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Infrarot-Leuchtmasse zum Erzeugen einer Infrarot-Strahlung.
[0002] Im militärischen Bereich werden zur Bekämpfung von Luftzielen, wie beispielsweise
Strahlflugzeugen, Hubschraubern und Transportmaschinen, Flugkö rper wie Luft-Luft-und
Boden-Luft-Lenkflugkö rper eingesetzt, welche die vom Triebwerk des Ziels ausgehende
Infrarot (IR) - Strahlung, vornehmlich im Bereich zwischen 0,8 und 5
µm, mit Hilfe eines auf IR-Strahlung empfindlichen Suchkopfes anpeilen und verfolgen.
Zur Abwehr dieser Flugkö rper werden daher Täuschkö rper (auch Flares genannt) eingesetzt,
welche die IR-Signatur des Ziels imitieren, um anfliegende Lenkflugkö rper abzulenken.
Derartige Täuschkö rper kö nnen auch präventiv eingesetzt werden, um die Erfassung
von Zielen durch die Herabsetzung des Kontrasts der Szene zu erschweren oder sogar
zu verhindern.
[0003] Pyrotechnische Infrarot (IR - Täuschkö rper finden typischerweise in militärischen
Szenarien Anwendung. Neuerdings werden aber auch zivile Flugzeuge durch IRgesteuerte
Flugkö rper bedroht. Zivile Flugzeuge sind insbesondere durch so genannte MANPADS
(Man Portable Air Defense Sytems) gefährdet. Typische MANPADS im Sinne einer asymmetrischen
Bedrohung von zivilen Flugzeugen sind zum Beispiel die SA-7, SA-14, SA-16, SA-18 und
die STINGER-Modelle Basic, POST und RMP.
[0004] Zivile Flugzeuge sind im Gegensatz zu Militärflugzeugen nur während der Start und
Landephase bedroht. Zwar wäre auch eine Bedrohung in der Reiseflughö he (> 10.000
m) denkbar, doch würde dies Waffensysteme erfordern, die zumindest nicht in befriedetem
Gebiet für Terroristen ohne weiteres verfügbar sind und auch nicht mit der notwendigen
Tarnung einzusetzen sind, so wie dies bei MANPADS der Fall ist. Die Bedrohung der
zivilen Flugzeuge in der Start- und Landephase ist besonders prekär, weil ein Passagierflugzeug
im Gegensatz zu agileren kleinen militärischen Plattformen nicht in der Lage ist,
taktische Manö ver zu fliegen, um einer erkannten Bedrohung auszuweichen. Zusätzlich
bietet ein startendes Flugzeug eine besonders intensive !R-Signatur, was die Aufschaltung
eines Suchkopfes erleichtert.
[0005] Da das für den Schutz der zivilen Flugzeuge zur Verfügung stehende Zeitfenster somit
sehr begrenzt ist, bilden pyrotechnische IR-Täuschkö rper die bevorzugten Gegenmaßnahmen
bei der Bekämpfung von IR-gesteuerten Flugkö rpern.
[0006] Herkö mmliche IR-Täuschkö rper für militärische Anwendungen sind aber durch bestimmte
Merkmale gekennzeichnet, die einen Einsatz für das oben beschriebene Szenario erschweren.
[0007] So verbrennen die pyrotechnischen Wirkladungen herkö mmlicher IR-Täuschkö rper mit
einer starken sichtbaren Licht- und Rauchentwicklung gleichermaßen. Da der Ausstoß
von Täuschkö rpern und die Sichtbarkeit dieser Maßnahme zu Panik unter den Fluggästen
am Boden und in der Luft führen kann, sollte die visuelle Signatur solcher Täuschkö
rper bei Tag und bei Nacht mö glichst gering sein. Weiterhin ist zu befürchten, dass
ausgestoßene Täuschkö rper brennend zu Boden fallen und dort Brände auslö sen kö nnen.
Typische Wirkladungen besitzen eine Brennzeit von mehr als 3,5 Sekunden, sodass in
Bodennähe ausgestoßene Täuschkö rper ohne weiteres brennend auf die Rollbahn oder
im Flughafenumfeld herunter fallen kö nnen.
[0008] Die Nachteile bekannter spektral angepasster Wirkmassen für IR-Täuschkö rper für
die Anwendung zum Schutz von zivilen Flugzeugen sind also eine hohe Lichtstärke im
visuellen Bereich bei Verwendung von Metallen als leistungssteigernde Zusätze, sichtbare
Rauchspuren durch die Bildung kondensierter Produkte, und Brandgefahr am Boden durch
lange Brenndauer der Wirkmassen.
[0009] Ausgehend von der oben beschriebenen Problematik herkö mmlicher Infrarot-Täuschkö
rper liegt daher der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Infrarot-Leuchtmasse bereitzustellen,
die für Infrarot-Täuschkö rper zum Schutz von zivilen Flugzeugen geeignet ist. Insbesondere
soll die Infrarot-Leuchtmasse nur eine geringe Lichtstärke im visuellen Bereich und
eine geringe Rauchbildung aufweisen.
[0010] Diese Aufgabe wird gelö st durch eine Infrarot-Leuchtmasse mit den Merkmalen des
Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand
der abhängigen Ansprüche.
[0011] Die Infrarot-Leuchtmasse zum Erzeugen einer Infrarot-Strahlung enthält einen Brennstoff,
ein Oxidationsmittel und ein Bindemittel, im Gegensatz zu herkö mmlichen Infrarot-Leuchtmassen
erfindungsgemäß aber keine Metalle oder metallhaltigen Verbindungen und keine Halogene
oder halogenhaltigen Verbindungen. Da die Infrarot-Leuchtmasse keine Halogene oder
halogenartigen Verbindungen enthält, wird die Bildung hygroskopischer HCl verhindert,
mit anderen Worten die sichtbare Rauchbildung unterdrückt bzw. minimiert. Aufgrund
der fehlenden Metalle oder metallhaltigen Verbindungen ist die Signatur der Infrarot-Leuchtmasse
im sichtbaren Bereich und im nahen Infrarotbereich deutlich minimiert.
[0012] Der Brennstoff der Infrarot-Leuchtmasse ist bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend
aus wasserstofffreien oder wasserstoffarmen Cyanoverbindungen und Nitro- bzw. Nitraminverbindungen,
deren Wasserstoffanteil bevorzugt maximal etwa 50 Gew.-% beträgt. Beispielsweise kann
der Brennstoff eine aliphatische, olefinische oder aromatische Cyanoverbindung der
allgemeinen Zusammensetzung CnHm(CN)x sein. Besonders bevorzugt ist der Brennstoff
ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Hexacyanobenzol und nitrierten Cyanobenzolen.
Der Abbrand dieser Brennstoffe erfolgt ohne erkennbare Rauchsignatur und mit nur geringer
Strahlungsintensität im sichtbaren Bereich.
[0013] In einer Ausgestaltung der Erfindung ist der Brennstoff in einem Massenanteil von
etwa 10 Gew.-% bis etwa 55 Gew.-%, bevorzugter von etwa 10 Gew.-% bis etwa 35 Gew.-%
in der erfindungsgemäßen Infrarot-Leuchtmasse enthalten ist.
[0014] In der Infrarot-Leuchtmasse der Erfindung wird ein Oxidationsmittel eingesetzt, das
selbst keine Rauchbildung und keine Emission im sichtbaren Bereich und nahen Infrarotbereich
zeigt. Typische Beispiele eines solchen signaturarmen Oxidationsmittels sind zum Beispiel
aus Hexanitroethan (HNE) C
2(NO
2)
6, Ammoniumdinitramid (ADN) NH
4N(NO
2)
2 und Hydraziniumnitroformat (HNF) C(NO
2)
3N
2H
5.
[0015] Weitere geeignete Oxidationsmittel sind Stoffe der allgemeinen Zusammensetzung C
xH
yN
zO
m mit einer Sauerstoffbilanz von wenigstens etwa 15 Gew.-%, idealerweise wenigstens
etwa 25 Gew.-%. Dabei beschreibt die Sauerstoffbilanz den Massenanteil verfügbaren
Sauerstoffs nach der formalen Oxidation verbrennlicher Bestandteile der Verbindung,
wie H und C.
[0016] Es ist ein Merkmal der Erfindung, Merkmal der Erfindung, dass das Oxidationsmittel
keine Halogene enthält, um die Bildung hygroskopischer HCl zu verhindern. Auch enthält
die erfindungsgemäße Wirkladung keine Alkalimetalle, um die Signatur im sichtbaren
und nahen Infrarot soweit wie mö glich zu minimieren.
[0017] Das Oxidationsmittel ist vorzugsweise in einem Massenanteil von etwa 40 Gew.-% bis
etwa 85 Gew.-%, besonders bevorzugt von etwa 55 Gew.-% bis etwa 85 Gew.-% in der erfindungsgemäßen
Infrarot-Leuchtmasse enthalten.
[0018] Als Bindemittel werden beispielsweise Polynitropolyphenylen (PNP) und Glycidylazidpolymer
(GAP) eingesetzt. Diese Materialien sind energetische und zugleich unempfindliche
Binder, die bei einer ausgeglichenen Sauerstoffbilanz der Wirkmasse rußfrei und ohne
nennenswerte Signatur im sichtbaren Bereich abbrennen. Das energetische Bindemittel
übernimmt dabei auch die Funktion der herkö mmlicherweise in den Leuchtmassen enthaltenen
Metalle, welche die Reaktionswärme sonst schnell weiterleiten.
[0019] Das Bindemittel ist bevorzugt in einem Massenanteil von etwa 1,5 Gew.-% bis etwa
5 Gew.-% in der Infrarot-Leuchtmasse der Erfindung enthalten.
[0020] Ein weiteres Merkmal der Erfindung ist die Überlegung, die Wirkladung in einer Munition
so zu dimensionieren, dass keine Gesamt-Brennzeiten über 1,5 Sekunden erreicht werden.
Dies erfolgt beispielsweise über die Wahl eines genügend großen Verhältnisses von
Oberfläche zu Volumen der Infrarot-Leuchtmasse von wenigstens etwa 4.
[0021] Die oben beschriebene Infrarot-Leuchtmasse der Erfindung ist vorteilhafterweise in
einem Infrarot-Täuschkö rper für ein Zivilflugzeug einsetzbar. Dies liegt insbesondere
daran, dass die erfindungsgemäße Infrarot-Leuchtmasse beim Abbrand keine Visualisierung
erzeugt, d.h. es erfolgt keine Rauchbildung und nur eine sehr geringe Strahlungsintensität
im sichtbaren Bereich.
[0022] Die beiliegende Figur zeigt beispielhaft die Strahldichte I gegenüber der Wellenlänge
λ für eine Infrarot-Leuchtmasse auf der Basis von 35 Gew.-% Hexacyanobenzol, 60 Gew.-%
Hexanitroethan und 5 Gew.-% Polynitropolyphenylen. Die Leuchtmasse zeigt eine starke
selektive Ausstrahlung zwischen 3 und 5
µm (so genanntes β-Band) und auch zwischen 2 und 3
µm (so genanntes α-Band), bildet also die Signatur eines Flugzeugtriebwerks gut nach.
1. Infrarot-Leuchtmasse zum Erzeugen einer Infrarot-Strahlung, mit einem Brennstoff,
einem Oxidationsmittel und einem Bindemittel,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Infrarot-Leuchtmasse keine Metalle oder metallhaltigen Verbindungen und keine
Halogene oder halogenhaltigen Verbindungen enthält.
2. Infrarot-Leuchtmasse nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Brennstoff ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus wasserstofffreien oder
wasserstoffarmen Cyanoverbindungen und Nitro- bzw. Nitraminverbindungen.
3. Infrarot-Leuchtmasse nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Wasserstoffanteil in der Cyanoverbindung bzw. der Nitraminverbindung maximal
50 Gew.-% beträgt.
4. Infrarot-Leuchtmasse nach Anspruch 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Brennstoff ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Hexacyanobenzol und nitrierten
Cyanobenzolen.
5. Infrarot-Leuchtmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüchen,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Brennstoff in einem Anteil von etwa 10 Gew.-% bis etwa 55 Gew.-% enthalten ist.
6. Infrarot-Leuchtmasse nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Brennstoff in einem Anteil von etwa 10 Gew.-% bis etwa 35 Gew.-% enthalten ist.
7. Infrarot-Leuchtmasse nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Oxidationsmittel ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Hexanitroethan,
Ammoniumdinitramid und Hydraziniumnitroformat.
8. Infrarot-Leuchtmasse nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Oxidationsmittel ein Stoff der allgemeinen Zusammensetzung CxHyNzOm ist.
9. Infrarot-Leuchtmasse nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Sauerstoffbilanz des Oxidationsmittels wenigstens etwa 15 Gew.-%, bevorzugt wenigstens
etwa 25 Gew.-% beträgt.
10. Infrarot-Leuchtmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüchen,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Oxidationsmittel in einem Anteil von etwa 40 Gew.-% bis etwa 85 Gew.-% enthalten
ist.
11. Infrarot-Leuchtmasse nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Oxidationsmittel in einem Anteil von etwa 55 Gew.-% bis etwa 85 Gew.-% enthalten
ist.
12. Infrarot-Leuchtmasse nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Bindemittel ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Polynitropolyphenylen
und Glycidylazidpolymer.
13. Infrarot-Leuchtmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Bindemittel in einem Anteil von etwa 1,5 Gew.-% bis etwa 5 Gew.-% enthalten ist.
14. Infrarot-Täuschkö rper, gekennzeichnet durch eine Infrarot-Leuchtmasse nach einem der Ansprüche 1 bis 13.
15. Infrarot-Täuschkö rper nach Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Brenndauer der Infrarot-Leuchtmasse maximal etwa 1,5 Sekunden beträgt.
16. Infrarot-Täuschkö rper nach Anspruch 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen der Infrarot-Leuchtmasse wenigstens etwa
4 beträgt.
17. Verwendung eines Infrarot-Täuschkö rpers nach einem der Ansprüche 14 bis 16 für ein
Zivilflugzeug.