(19)
(11) EP 1 647 207 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.04.2006  Patentblatt  2006/16

(21) Anmeldenummer: 05015402.0

(22) Anmeldetag:  15.07.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
A47C 1/032(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 18.10.2004 DE 102004050853

(71) Anmelder: Interstuhl Büromöbel GmbH & Co. KG
72469 Messstetten (DE)

(72) Erfinder:
  • Link, Werner
    72469 Messstetten (DE)

(74) Vertreter: Kohler Schmid Möbus 
Patentanwälte Kaiserstrasse 85
72764 Reutlingen
72764 Reutlingen (DE)

   


(54) Stuhl


(57) Ein Stuhl weist einen Sitz (3) und eine Mechanik zur neigungsverstellbaren Befestigung des Sitzes (3) an einem mit einer Mittelsäule verbundenen Sitzträger (7) auf. Die Mechanik umfasst eine Kniehebelanordnung (17). Durch die Verwendung der Kniehebelanordnung (17) können die Neigungsbewegungen beliebig stufenlos eingestellt werden, und die Bewegungsabläufe sind optimal weich.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Stuhl mit einem Sitz und mit einer Mechanik zur neigungsverstellbaren Befestigung des Sitzes an einem mit einer Mittelsäule verbundenen Sitzträger.

[0002] Ein derartiger Stuhl kann beispielsweise ein Bürostuhl, Konferenzstuhl, Besucherstuhl oder dergleichen sein. Es kann der Sitz und/oder die Lehne in der Neigung verstellbar sein.

[0003] Die DE 44 03 123 A1 beschreibt eine Synchronverstellung, bei der das Verhältnis zwischen der Neigung des Sitzes und der Neigung der Rückenlehne einstellbar ist. Die synchrone Verstellmechanik wird dabei von mehreren gelenkig miteinander verbundenen Teilen und einem Kraftspeicherelement, in diesem Falle einer Gasfeder, gebildet. Aufgrund der großen Zahl von Bauteilen sind die bekannten Synchronmechanismen aber relativ aufwändig und teuer. Außerdem ist die Lebensdauer der bekannten Verstellmechanismen wegen der großen Zahl an bewegten und damit dem Verschleiß unterworfenen Teilen begrenzt.

[0004] In der DE 297 04 906 U1 wird ein Stuhl mit einer Synchronverstellung vorgestellt, bei dem die Sitzfläche mittels eines ersten elastisch verformbaren Federelements an der Stuhlsäule befestigt ist. Die Rückenlehne ist über einen Rückenlehnenträger an einem zweiten elastisch verformbaren Federelement, das mit dem ersten Federelement gekoppelt ist, befestigt. Das erste Federelement oder die Sitzfläche sind außerdem elastisch oder gelenkig mit dem zweiten Federelement oder dem Rückenlehnenträger verbunden. Dadurch werden die oben erwähnten Nachteile früherer Mechaniken zur Synchronverstellung teilweise vermieden, insbesondere wird eine hohe Lebensdauer und ein Minimum an Geräuschentwicklung bei der Betätigung erreicht. Allerdings sind auch bei dieser Lösung wiederum eine Vielzahl mechanischer Teile mit entsprechendem Montageaufwand und Verschleißrisiko vorgesehen. Außerdem lässt sich damit keine beliebige, stufenlose Relativverstellung von Sitzfläche und Rückenlehne erreichen.

[0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es demgegenüber, einen Stuhl mit den eingangs genannten Merkmalen dahin gehend weiterzubilden, dass nur ein Minimum an mechanisch bewegten Teilen erforderlich ist, wobei auch eine Synchronverstellung von Sitzträger und Rückenlehne auf einfache Weise durchführbar und beliebig einstellbar sein soll, und wobei der Bewegungsablauf der Verstellung stufenlos und weicher als bei bisherigen Lösungen erfolgen soll.

[0006] Diese Aufgabe wird durch einen Stuhl mit einem Sitz und mit einer Mechanik zur neigungsverstellbaren Befestigung des Sitzes an einem mit einer Mittelsäule verbundenen Sitzträger gelöst, wobei die Mechanik eine Kniehebelanordnung umfasst. Durch die Verwendung einer Kniehebelanordnung können die Neigungsbewegungen beliebig stufenlos eingestellt werden, und die Bewegungsabläufe sind optimal weich. Die Anzahl der mechanischen Elemente für die Verstellung, wie beispielsweise Gelenke, kann auf ein Minimum reduziert werden. Insbesondere fallen komplizierte mechanische Federelemente und verschleißgefährdete Getriebe- oder Übersetzungseinrichtungen völlig weg.

[0007] Bei einer bevorzugten Ausführungsform umfasst die Kniehebelanordnung einen an einer ortsfesten Mittelachse am Sitz befestigten ersten Hebel und einen an einer feststehenden Drehachse am Sitzträger angelenkten zweiten Hebel, wobei die beiden Hebel an einer verlagerbaren Drehachse miteinander gelenkig verbunden sind, und wobei Mittel zur Verbindung der Drehachse mit dem Sitz vorgesehen sind. Sitz und Sitzträger können so auf einfache Weise miteinander verbunden werden.

[0008] Zur Beeinflussung der von der Druckbeaufschlagung des Sitzenden abhängigen Neigungsverstellung des Sitzes ist die Drehachse über ein teleskopierbares Element und einen weiteren Hebel mit einem Torsionsstab verbunden ist, wobei der Hebel mit dem Torsionsstab verdrehsicher verbunden ist.

[0009] In einfacher technischer Ausgestaltung kann das teleskopierbare Element durch einen in eine Aufnahme gegen die Kraft einer Druckfeder einführbaren Stift ausgebildet sein.

[0010] Zur Neigungsverstellung einer Rückenlehne kann der Stuhl zusätzlich eine Mechanik zur Neigungsverstellung der Rückenlehne aufweisen.

[0011] Eine elegante Art der Ausbildung der Neigungsverstellung ergibt sich daraus, dass die Rückenlehne über einen Lehnenträger mit einem Gleitstück verbunden ist, welches an dem Sitz verschiebbar gelagert ist. Die Rückenlehne kann dabei seitlich an dem Sitz befestigt werden.

[0012] Bevorzugt ist ein bogenförmiger Stab vorgesehen, an dem das Gleitstück gelagert ist. Daraus resultiert die Neigungsverstellung der Rückenlehne in eine angenehme Relaxposition.

[0013] Es kann jeweils ein Gleitstück an einer Seite des Sitzes gegenüberliegend zu dem anderen Gleitstück angebracht sein, wobei die beiden Gleitstücke über jeweils ein Verbindungselement an der Mittelachse befestigt sind. Die Bewegung der beiden Gleitstücke erfolgt synchron.

[0014] Zur synchronen Neigung von Sitz und Rückenlehne ist vorgesehen, dass der erste Hebel der Kniehebelanordnung mit der rotierbaren Mittelachse drehfest verbunden ist, wodurch bei einem Absenken des Sitzes über den ersten Hebel die Mittelachse gedreht und dadurch über die Verbindungselemente die Gleitstücke nach hinten verschoben werden. Dadurch senkt sich die Rückenlehne gemeinsam mit dem Sitz nach hinten ab. Der Winkel, den der erste Hebel und die beiden Verbindungselemente, die alle an der Mittelachse befestigt sind, einschließen, bestimmt, in welchem Maß sich die Rückenlehne mit dem Sitz absenkt.

[0015] Zur Arretierung der geneigten Rückenlehne kann eine Gasfeder zur Arretierung des Gleitstücks vorgesehen sein.

[0016] Ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird unter Bezugnahme auf die Figuren beschrieben. Es zeigt im Einzelnen:
Figur 1
eine perspektivische Ansicht eines Stuhls;
Figur 2
eine perspektivische Ansicht eines Sitzes des Stuhls ohne Sitzpolster;
Figur 3
einen Schnitt durch den Sitz gemäß der Linie III-III in Figur 2;
Figur 4a
eine Seitenansicht des Sitzes ohne Neigung des Sitzes und der Rückenlehne;
Figur 4b
eine vergrößerte Ansicht eines Details der Seitenansicht gemäß Figur 4a;
Figur 5a
eine Seitenansicht des Sitzes mit Neigung des Sitzes und der Rückenlehne;
Figur 5b
eine vergrößerte Ansicht eines Details der Seitenansicht gemäß Figur 5a.


[0017] Aus der Figur 1 ist der Aufbau eines Sitzes 1 zu erkennen, welcher im Wesentlichen eine Rückenlehne 2, einen Sitz 3 und eine Mittelsäule 4 umfasst, welche mit einem nicht gezeigten, über Rollen fahrbaren Untergestell verbunden ist.

[0018] Der Sitz 2 weist eine Schalenform mit einem flachen Mittelteil 5 und zwei seitlich angeordneten, in Richtung der Rückenlehne 2 hochgezogenen Wangen 6 auf. Der Sitz 3 ist über einen Sitzträger 7 an der Mittelsäule 4 angebracht.

[0019] Die Rückenlehne 2 ist mit den Wangen 6 über zwei quer zur Rückenlehne 2 angeordnete L-förmige Lehnenträger 8 verbunden, deren einer Arm 8a fest an der Rückenlehne 2 und deren anderer Arm 8b bewegbar an der Wange 6 angelenkt ist. Aus der L-Form und der seitlichen Anordnung der Lehnenträger 8 ergibt sich eine Beabstandung der Rückenlehne 2 zum hinteren Sitzbereich des Sitzes 2 unterhalb des unteren, dem Sitz zugewandten Lehnenbereichs 9. Auch der Arm 8b besitzt einen Abstand zum hinteren Sitzbereich.

[0020] Die Lehnenträger 8 umschließen den Sitzenden seitlich und können als Armlehnen genutzt werden. Die Rückenlehne 2, der Sitz 3 und die Lehnenträger 8 sind mit einem Polster 10a bis 10c überzogen.

[0021] Figur 2 zeigt deutlich die Sitzform mit dem flachen Mittelteil 5 und den hochgezogenen Wangen 6 zur Aufnahme einer Mechanik zur synchronen Steuerung der Neigung des Sitzes und der Rückenlehne.

[0022] Der in der Figur 2 nicht gezeigte Arm 8a des Lehnenträgers 8 wird mit einem Gleitstück 11 fest verbunden, welches auf einem bogenförmigen Stab 12 mit einem runden Querschnitt zur Erzeugung einer senkrechten Grundposition und einer geneigten Relaxposition der Rückenlehne verschiebbar ist. Die Anlenkung der Lehnenträger ist an den beiden Innenseiten der Wangen 6 identisch ausgebildet. Zur synchronen Bewegung der beiden Gleitstücke 11 sind diese jeweils über ein Verbindungselement 13 mit einer drehbaren Mittelachse 14 verbunden. Die Verschiebung der Gleitstücke 11 erfolgt jeweils gegen die Federkraft einer Zugfeder 15, sodass die Gleitstücke 11 und somit die Rückenlehne automatisch in die Grundstellung zurückkehren. Zur Arretierung des Gleitstücks 11 ist eine Gasfeder 16 vorgesehen, welche mit dem Verbindungselement 13 verbunden ist. Ist ein ausreichender Druck in der Gasfeder 16 aufgebaut, wird die Bewegung des Verbindungselements 13 und damit die weitere Verschiebung des Gleitstücks 11 blockiert.

[0023] Die Mittelachse 14 bildet auch die Schnittstelle zwischen der Neigungsverstellung der Rückenlehne und der Neigungsverstellung des Sitzes. An der Mittelachse 14 greift eine Kniehebelanordnung 17 an, welche die Neigung des Sitzes 3 bezüglich dem Sitzträger 7 ermöglicht und die Neigungsverstellung in Abhängigkeit von der Gewichtsverlagerung des Sitzenden steuert. Die Kniehebelanordnung 17 ist andererseits mit einem Torsionsstab 18 verbunden, welcher an seinen Enden ortsfest am Sitz 3 gelagert ist und der die Drehachse für den Sitz 3 bildet.

[0024] Wie aus der Figur 3 ersichtlich ist, umfasst die Kniehebelanordnung 17 eine durch die Mittelachse 14 ausgebildete, am Sitz 3 ortsfest angeordnete erste Drehachse, eine durch den Torsionsstab 18 ausgebildete, am Sitz 3 ortsfest angeordnete zweite Drehachse, eine am Sitzträger 7 ortsfest angeordnete dritte Drehachse 19, eine verlagerbare vierte Drehachse 20 und eine verlagerbare fünfte Drehachse 21.

[0025] An der Mittelachse 14 ist ein erster Hebel 22 drehfest angeordnet und über die vierte Drehachse 20 mit einem zweiten Hebel 23 verbunden, welcher gelenkig an dem Sitzträger 7 gelagert ist. Erfolgt nun eine Druckbeaufschlagung des Sitzes 3 in Pfeilrichtung 24, werden die Hebel 22 und 23 um die Drehachse 20 gegeneinander bewegt und eine Aufnahme 25 und ein Stift 26 gegen die Federkraft einer Druckfeder 27 zusammengeschoben. Die Kraft überträgt sich auf einen weiteren Hebel 28, der ausgelenkt wird und die Torsion des Torsionsstabs 18 bewirkt, weil dieser weitere Hebel 28 verdrehsicher mit dem Torsionsstab 18 verbunden ist. Mithilfe einer Spindel 29 kann die Kraft zur Auslenkung des Hebels 28 zusätzlich justiert werden. Der Torsionsstab 18 dient der Rückstellung des Sitzes 3 bei Entlastung.

[0026] Wird der Sitz 3 durch Gewichtsbelastung in Pfeilrichtung 24 hinten abgesenkt, kommt es über den ersten Hebel 22, der drehfest an der Mittelachse 14 angeordnet ist, zu einem Verdrehen dieser Mittelachse 14. Dadurch werden die Verbindungselemente 13 und die an ihnen befestigten Gleitstücke 11 nach hinten bewegt, wodurch die Rückenlehne synchron zum Sitz 3 in der Neigung verstellt wird.

[0027] Aus der Abfolge der Figuren 4a bis 5b sind die Neigungsmöglichkeiten von Sitz 3 und Rückenlehne 2 aus einer Grundposition (Figuren 4a und 4b) in eine Relaxposition (Figuren 5a und 5b) ersichtlich. Mögliche Gewichtsverlagerungen des Sitzenden sind durch Pfeile angedeutet.


Ansprüche

1. Stuhl (1) mit einem Sitz (3) und mit einer Mechanik zur neigungsverstellbaren Befestigung des Sitzes (3) an einem mit einer Mittelsäule (4) verbundenen Sitzträger (7), dadurch gekennzeichnet, dass die Mechanik eine Kniehebelanordnung (17) umfasst.
 
2. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kniehebelanordnung (17) einen an einer ortsfesten Mittelachse (14) am Sitz (3) befestigten ersten Hebel (22) und einen an einer ortsfesten Drehachse (19) am Sitzträger (7) angelenkten zweiten Hebel (23) umfasst, wobei die beiden Hebel (22, 23) an einer verlagerbaren Drehachse (20) miteinander gelenkig verbunden sind, und wobei Mittel (18, 25, 26, 27, 28) zur Verbindung der Drehachse (20) mit dem Sitz (3) vorgesehen sind.
 
3. Stuhl nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehachse (20) über ein teleskopierbares Element (25, 26, 27) und einen weiteren Hebel (28) mit einem Torsionsstab (18) verbunden ist, wobei der Hebel (28) mit dem Torsionsstab (18) verdrehsicher verbunden ist.
 
4. Stuhl nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das teleskopierbare Element durch einen in eine Aufnahme (25) gegen die Kraft einer Druckfeder (27) einführbaren Stift (26) ausgebildet ist.
 
5. Stuhl nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Mechanik zur Neigungsverstellung einer Rückenlehne (2) vorgesehen ist.
 
6. Stuhl nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Rückenlehne (2) über einen Lehnenträger (8) mit einem Gleitstück (11) verbunden ist, welches an dem Sitz (3) verschiebbar gelagert ist.
 
7. Stuhl nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass ein bogenförmiger Stab (12) vorgesehen ist, an dem das Gleitstück (11) gelagert ist.
 
8. Stuhl nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass jeweils ein Gleitstück (11) an einer Seite des Sitzes (3) gegenüberliegend zu dem anderen Gleitstück (11) angebracht ist, und dass die beiden Gleitstücke (11) über jeweils ein Verbindungselement (13) an der Mittelachse (14) befestigt sind.
 
9. Stuhl nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Hebel (22) der Kniehebelanordnung (17) mit der rotierbaren Mittelachse (14) drehfest verbunden ist.
 
10. Stuhl nach Anspruch 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass eine Gasfeder (16) zur Arretierung des Gleitstücks (11) vorgesehen ist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht