[0001] Die Erfindung betrifft eine verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr
verschießbare Munition.
[0002] Hochenergetische Treibladungspulver, wie sie zum Verschießen leistungsgesteigerter
Geschosse benötigt werden, erzeugen in dem entsprechenden Waffenrohr hohe Temperaturen
und Drücke und führen somit auch zu einem erhöhten Verschleiß des Waffenrohres durch
Erosion. Zur Verminderung derartiger Erosionen ist es bekannt, dem Treibladungspulver
Talk, Wachs oder ein ähnliches Material zuzumischen. Allerdings hat sich gezeigt,
daß die erosionsmindernde Wirkung derartiger Zusätze relativ gering ist.
[0003] Aus der DE 39 27 400 A1 ist es ebenfalls bekannt, Wachs oder Paraffin als erosionsmindernden
Stoff nicht dem Treibladungspulver zuzumischen, sondern in das aus einer verbrennbaren
Kunststoff-Schrumpffolie bestehende Munitionsformteil einzubringen. Auch in diesem
Fall hat sich keine wesentliche Reduzierung der erosiven Wirkung der Treibladungsgase
auf die Innenwand des jeweiligen Waffenrohres ergeben.
[0004] Ferner ist aus den Druckschriften US 3,403,625 und US 3,426,684 bekannt, als erosionsmindernde
Zusätze dem Treibladungspulver WO
3 oder MoO
3 zuzusetzen. Beim Abfeuern entsprechender Patronen soll sich dann auf der Innenwand
des Waffenrohres eine Schutzschicht bilden, welche eine Reduzierung der erosiven Wirkung
der Treibladungsgase bewirkt. In diesen Druckschriften wird außerdem erwähnt, daß
bei Patronen mit verbrennbarer Treibladungshülse die erosionsmindernden Zusätze auch
in die Treibladungshülse eingebracht werden können. Nähere Angaben über die konkrete
Zusammensetzung der in die Treibladungshülse einzubringenden Substanzen läßt sich
diesen Druckschriften hingegen nicht entnehmen.
[0005] Schließlich wird in der von der Anmelderin eingereichten DE 101 03 912 A1 eine verbrennbare
Treibladungshülse offenbart, bei welcher als erosionsmindernde Zusätze ein Oxid eines
der Elemente der seltenen Erden, insbesondere La
2O
3, CeO
2, Y
2O
3, oder eines der Elemente der 6. Nebengruppe des Periodensystems, insbesondere MoO
3 oder WO
3, oder Polyoxymethylen (POM), oder eine Kombination dieser Stoffe verwendet wird.
Der Anteil des erosionsmindernden Zusatzes in der Treibladungshülse sollte dabei zwischen
2 und 15 Gew% liegen.
[0006] Wie die Anmelderin nämlich festgestellt hat, ist die überraschend gute erosionsmindernde
Wirkung der in die Treibladungshülse eingebrachten Oxide nicht etwa darauf zurückzuführen,
daß sich an der Innenwand des Waffenrohres eine Schutzschicht bildet, sondern beruht
auf einer Reduktion der bei der Verbrennung von Treibladungspulvern erzeugten atomaren
Wasserstoffmoleküle (der atomare Wasserstoff greift die Korngrenzen der Chromschicht
und des Stahles an und führt zu einer Lockerung des Gefüges sowie zum Ausbrechen einzelner
Körner und somit zur Erosion). Denn der sich bei hohen Temperaturen bildende atomare
Wasserstoff bildet unter Abgabe von Energie (432 kJ/mol) ein Wassermolekül, und diese
Reaktion trägt normalerweise wesentlich zur Aufheizung der Rohrinnenwand bei (2 (H)
⇒ H2 + 432 kJ). Mit den Trioxiden z.B. von Wolfram oder Molybdän reagiert Wasserstoff
bei Temperaturen über 800°C oder 1000°C hingegen exotherm:

(bei 800°C)

(bei 1000°C)
[0007] Fein verteiltes WO
3 oder MoO
3 in der verbrennbaren Hülse erreicht beim Pulverabbrand Temperaturen von über 1000°C
und reagiert damit vollständig mit atomarem, aber auch molekularem Wasserstoff.
[0008] Bei der Reaktion mit atomarem Wasserstoff entfällt die Enthalpie für die Bildung
von molekularem Wasserstoff als 432 kJ/mol. Nach Abzug der exothermen Enthalpie bei
der Reduktion von WO
3 oder MoO
3 ergibt sich eine Reduktion der Enthalpie von ca. 426 kJ/mol, wobei ein Mol WO
3 3 mol H
2 reduziert.
[0009] Bei der Verwendung von MoO
3 ergibt sich eine Reduktion der Enthalpie von ca. 395 kJ/mol. Durch Reduktion der
Oxidationsmittel WO
3 und/oder MoO
3 wird ein Teil des beim Pulverabbrand gebildeten atomaren Wasserstoffs verbraucht
und kühlt damit das Pulvergas an der Rohrinnenwand sowie die Rohrinnenwand selbst.
Der entstandene zusätzliche Wasserdampf aus der Reaktion mit WO
3 und/oder MoO
3 erzeugt an der Rohrinnenwand eine kühlende Schlauchströmung.
[0010] Weitere Reaktionspartner für Wasserstoff sind die Oxide des Bismuts, Mangans, Yttrium
und insbesondere La
2O
3 und CeO
2 sowie auch organische Verbindungen, die sich leicht in kleine Radikale zersetzen
und den atomaren Wasserstoff sofort abfangen. So wird bei der Zersetzung von Polyoxymethylen
(POM) in CH
2-O Biradikale Energie verbraucht.
[0011] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine verbrennbare Treibladungshülse anzugeben,
welche erosionsmindernde Zusätze enthält, die eine noch bessere Reduzierung der erosiven
Wirkung des Treibladungspulvers auf die innere Oberfläche eines Waffenrohres verursacht
als bekannte vergleichbare Zusätze.
[0012] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere,
besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.
[0013] Die Erfindung beruht im wesentlichen auf dem Gedanken, daß es sich bei dem erosionsmindernden
Zusatz entweder um Polyacetylen oder um eine Mischung von WO
3 oder MO
3 und CeO
2 oder La
2O
3 oder Y
2O
3 handelt, wobei die Partikelgröße des erosionsmindernden Zusatzes maximal 30 µm und
die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes mindestens 2 m
2/g beträgt. Dabei kann die Mischung zusätzlich auch Polyoxymethylen (POM) enthalten.
[0014] Vorzugsweise kann der erosionsmindernde Zusatz aus einer Mischung von 2 - 5% POM,
2 - 10% WO
3 oder MO
3 und 2 - 5% CeO
2 oder La
2O
3 bestehen, wobei es sich als besonders vorteilhaft erwiesen hat, wenn der erosionsmindernde
Zusatz eine Mischung von 3% POM, 8% WO
3 oder MO
3 und 2% CeO
2 oder La
2O
3 aufweist.
[0015] Bei einer weiteren Mischung mit guter erosionsmindernden Wirkung besteht der Zusatz
aus einer Mischung von 6 - 8 % WO
3 und 2% CeO
2.
[0016] Die Partikelgröße des erosionsmindernden Zusatzes sollte bevorzugt zwischen 1 und
10 µm liegen.
[0017] Im Falle der Verwendung von Polyacetylen, welches begierig mit Wasserstoff reagiert,
bildet das entstehende Ethen und Ethan wie H
2O und CH
3OH eine Schlauchströmung, welche die Rohrinnenwand abkühlt.
[0018] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus dem folgenden anhand
einer Figur erläuterten Ausführungsbeispiel.
[0019] In der Fig. ist ein Abschnitt einer verbrennbaren Treibladungshülse einer aus einem
Waffenrohr (nicht dargestellt) verschießbaren Munition dargestellt. Dabei sind mit
1 die Treibladungshülse und mit 2 das in der Treibladungshülse 1 befindliche Treibladungspulver
(nur schematisch angedeutet) bezeichnet.
[0020] Erfindungsgemäß enthält die Treibladungshülse 1 einen aus einer Vielzahl von Partikeln
3 bestehenden erosionsmindernden Zusatz 4, der, bezogen auf das Gewicht der Treibladungshülse,
aus einer Mischung von z.B. 6 - 8% WO
3 und 2% CeO
2 besteht.
[0021] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Treibladungshülse 1 werden 3 - 12 Gew.-% des
erosionsmindernden Zusatzes in eine wässrige Aufschlämmung (Pülpe) aus Zellstoff,
Nitrocellulose und einem Binder zugegeben. Die WO
3- und CeO
2-Partikel lösen sich dann teilweise in der Pülpe und kristallisieren um. Dabei werden
aus den feinen Partikeln noch feinere Partikel 3 ausgefällt, deren durchschnittliche
Größe bevorzugt zwischen 1 - 10 µm liegen soll und deren spezifische Oberfläche mindestens
2 m
2/g beträgt.
[0022] Anschließend kann dann in an sich bekannter Weise die Treibladungshülse (z.B. durch
Beaufschlagen mit einem Formdorn etc.) hergestellt werden.
Bezugszeichenliste
[0023]
- 1
- Treibladungshülse
- 2
- Treibladungspulver
- 3
- Partikel
- 4
- (erosionsmindernder) Zusatz
1. Verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr verschießbare Munition mit
den Merkmalen:
a) die Treibladungshülse (1) enthält einen erosionsmindernden Zusatz (4), dessen Anteil,
bezogen auf das Gewicht der Treibladungshülse (1), zwischen 2 und 15 Gew.-% liegt;
b) bei dem erosionsmindernden Zusatz (4) handelt es sich entweder um Polyacetylen
oder um eine Mischung von WO3 oder MoO3 und CeO2 oder La2O3 oder Y2O3;
c) die Größe der Partikel (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4) beträgt maximal
30 µm;
d) die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes (4) beträgt mindestens
2 m2/g.
2. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) auch Polyoxymethylen (POM) enthält.
3. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 2-5% POM, 2-10% WO3 oder MO3 und 2 - 5% CeO2 oder La2O3 besteht.
4. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 3% POM, 8% WO3 oder MO3 und 2% CeO2 oder La2O3 besteht.
5. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 6 - 8 % WO3 und 2% CeO2 besteht.
6. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die durchschnittliche Größe der Partikel (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4)
zwischen 1 und 10 µm liegt.