(19)
(11) EP 1 647 538 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.04.2006  Patentblatt  2006/16

(21) Anmeldenummer: 05013902.1

(22) Anmeldetag:  28.06.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C06B 23/04(2006.01)
F42B 5/192(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR LV MK YU

(30) Priorität: 15.09.2004 DE 102004044634

(71) Anmelder: Rheinmetall W & M GmbH
29345 Unterlüss (DE)

(72) Erfinder:
  • Wanninger, Paul, Dr.
    29320 Hermannsburg (DE)

(74) Vertreter: Dietrich, Barbara 
Thul Patentanwaltsgesellschaft mbH Rheinmetall Allee 1
40476 Düsseldorf
40476 Düsseldorf (DE)

   


(54) Verbrennbare Treibladungshülse


(57) Die Erfindung betrifft eine verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr verschießbare Munition.
Um zu erreichen, daß der erosionsmindernde Zusatz zu einer gegenüber bekannten Zusätzen besseren Reduzierung der erosiven Wirkung des in dem Munitionsformteil befindlichen Treibladungspulvers führt, schlägt die Erfindung vor, als erosionsmindernden Zusatz (4) entweder Polyacetylen oder eine Mischung von WO3 oder MoO3 und CeO2 oder La2O3 oder Y2O3 zu verwenden, wobei die Partikelgröße (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4) maximal 30 µm und die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes mindestens 2 m2/g beträgt. Dabei kann die Mischung zusätzlich auch Polyoxymethylen (POM) enthalten.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr verschießbare Munition.

[0002] Hochenergetische Treibladungspulver, wie sie zum Verschießen leistungsgesteigerter Geschosse benötigt werden, erzeugen in dem entsprechenden Waffenrohr hohe Temperaturen und Drücke und führen somit auch zu einem erhöhten Verschleiß des Waffenrohres durch Erosion. Zur Verminderung derartiger Erosionen ist es bekannt, dem Treibladungspulver Talk, Wachs oder ein ähnliches Material zuzumischen. Allerdings hat sich gezeigt, daß die erosionsmindernde Wirkung derartiger Zusätze relativ gering ist.

[0003] Aus der DE 39 27 400 A1 ist es ebenfalls bekannt, Wachs oder Paraffin als erosionsmindernden Stoff nicht dem Treibladungspulver zuzumischen, sondern in das aus einer verbrennbaren Kunststoff-Schrumpffolie bestehende Munitionsformteil einzubringen. Auch in diesem Fall hat sich keine wesentliche Reduzierung der erosiven Wirkung der Treibladungsgase auf die Innenwand des jeweiligen Waffenrohres ergeben.

[0004] Ferner ist aus den Druckschriften US 3,403,625 und US 3,426,684 bekannt, als erosionsmindernde Zusätze dem Treibladungspulver WO3 oder MoO3 zuzusetzen. Beim Abfeuern entsprechender Patronen soll sich dann auf der Innenwand des Waffenrohres eine Schutzschicht bilden, welche eine Reduzierung der erosiven Wirkung der Treibladungsgase bewirkt. In diesen Druckschriften wird außerdem erwähnt, daß bei Patronen mit verbrennbarer Treibladungshülse die erosionsmindernden Zusätze auch in die Treibladungshülse eingebracht werden können. Nähere Angaben über die konkrete Zusammensetzung der in die Treibladungshülse einzubringenden Substanzen läßt sich diesen Druckschriften hingegen nicht entnehmen.

[0005] Schließlich wird in der von der Anmelderin eingereichten DE 101 03 912 A1 eine verbrennbare Treibladungshülse offenbart, bei welcher als erosionsmindernde Zusätze ein Oxid eines der Elemente der seltenen Erden, insbesondere La2O3, CeO2, Y2O3, oder eines der Elemente der 6. Nebengruppe des Periodensystems, insbesondere MoO3 oder WO3, oder Polyoxymethylen (POM), oder eine Kombination dieser Stoffe verwendet wird. Der Anteil des erosionsmindernden Zusatzes in der Treibladungshülse sollte dabei zwischen 2 und 15 Gew% liegen.

[0006] Wie die Anmelderin nämlich festgestellt hat, ist die überraschend gute erosionsmindernde Wirkung der in die Treibladungshülse eingebrachten Oxide nicht etwa darauf zurückzuführen, daß sich an der Innenwand des Waffenrohres eine Schutzschicht bildet, sondern beruht auf einer Reduktion der bei der Verbrennung von Treibladungspulvern erzeugten atomaren Wasserstoffmoleküle (der atomare Wasserstoff greift die Korngrenzen der Chromschicht und des Stahles an und führt zu einer Lockerung des Gefüges sowie zum Ausbrechen einzelner Körner und somit zur Erosion). Denn der sich bei hohen Temperaturen bildende atomare Wasserstoff bildet unter Abgabe von Energie (432 kJ/mol) ein Wassermolekül, und diese Reaktion trägt normalerweise wesentlich zur Aufheizung der Rohrinnenwand bei (2 (H) ⇒ H2 + 432 kJ). Mit den Trioxiden z.B. von Wolfram oder Molybdän reagiert Wasserstoff bei Temperaturen über 800°C oder 1000°C hingegen exotherm:


(bei 800°C)


(bei 1000°C)

[0007] Fein verteiltes WO3 oder MoO3 in der verbrennbaren Hülse erreicht beim Pulverabbrand Temperaturen von über 1000°C und reagiert damit vollständig mit atomarem, aber auch molekularem Wasserstoff.

[0008] Bei der Reaktion mit atomarem Wasserstoff entfällt die Enthalpie für die Bildung von molekularem Wasserstoff als 432 kJ/mol. Nach Abzug der exothermen Enthalpie bei der Reduktion von WO3 oder MoO3 ergibt sich eine Reduktion der Enthalpie von ca. 426 kJ/mol, wobei ein Mol WO3 3 mol H2 reduziert.

[0009] Bei der Verwendung von MoO3 ergibt sich eine Reduktion der Enthalpie von ca. 395 kJ/mol. Durch Reduktion der Oxidationsmittel WO3 und/oder MoO3 wird ein Teil des beim Pulverabbrand gebildeten atomaren Wasserstoffs verbraucht und kühlt damit das Pulvergas an der Rohrinnenwand sowie die Rohrinnenwand selbst. Der entstandene zusätzliche Wasserdampf aus der Reaktion mit WO3 und/oder MoO3 erzeugt an der Rohrinnenwand eine kühlende Schlauchströmung.

[0010] Weitere Reaktionspartner für Wasserstoff sind die Oxide des Bismuts, Mangans, Yttrium und insbesondere La2O3 und CeO2 sowie auch organische Verbindungen, die sich leicht in kleine Radikale zersetzen und den atomaren Wasserstoff sofort abfangen. So wird bei der Zersetzung von Polyoxymethylen (POM) in CH2-O Biradikale Energie verbraucht.

[0011] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine verbrennbare Treibladungshülse anzugeben, welche erosionsmindernde Zusätze enthält, die eine noch bessere Reduzierung der erosiven Wirkung des Treibladungspulvers auf die innere Oberfläche eines Waffenrohres verursacht als bekannte vergleichbare Zusätze.

[0012] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.

[0013] Die Erfindung beruht im wesentlichen auf dem Gedanken, daß es sich bei dem erosionsmindernden Zusatz entweder um Polyacetylen oder um eine Mischung von WO3 oder MO3 und CeO2 oder La2O3 oder Y2O3 handelt, wobei die Partikelgröße des erosionsmindernden Zusatzes maximal 30 µm und die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes mindestens 2 m2/g beträgt. Dabei kann die Mischung zusätzlich auch Polyoxymethylen (POM) enthalten.

[0014] Vorzugsweise kann der erosionsmindernde Zusatz aus einer Mischung von 2 - 5% POM, 2 - 10% WO3 oder MO3 und 2 - 5% CeO2 oder La2O3 bestehen, wobei es sich als besonders vorteilhaft erwiesen hat, wenn der erosionsmindernde Zusatz eine Mischung von 3% POM, 8% WO3 oder MO3 und 2% CeO2 oder La2O3 aufweist.

[0015] Bei einer weiteren Mischung mit guter erosionsmindernden Wirkung besteht der Zusatz aus einer Mischung von 6 - 8 % WO3 und 2% CeO2.

[0016] Die Partikelgröße des erosionsmindernden Zusatzes sollte bevorzugt zwischen 1 und 10 µm liegen.

[0017] Im Falle der Verwendung von Polyacetylen, welches begierig mit Wasserstoff reagiert, bildet das entstehende Ethen und Ethan wie H2O und CH3OH eine Schlauchströmung, welche die Rohrinnenwand abkühlt.

[0018] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus dem folgenden anhand einer Figur erläuterten Ausführungsbeispiel.

[0019] In der Fig. ist ein Abschnitt einer verbrennbaren Treibladungshülse einer aus einem Waffenrohr (nicht dargestellt) verschießbaren Munition dargestellt. Dabei sind mit 1 die Treibladungshülse und mit 2 das in der Treibladungshülse 1 befindliche Treibladungspulver (nur schematisch angedeutet) bezeichnet.

[0020] Erfindungsgemäß enthält die Treibladungshülse 1 einen aus einer Vielzahl von Partikeln 3 bestehenden erosionsmindernden Zusatz 4, der, bezogen auf das Gewicht der Treibladungshülse, aus einer Mischung von z.B. 6 - 8% WO3 und 2% CeO2 besteht.

[0021] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Treibladungshülse 1 werden 3 - 12 Gew.-% des erosionsmindernden Zusatzes in eine wässrige Aufschlämmung (Pülpe) aus Zellstoff, Nitrocellulose und einem Binder zugegeben. Die WO3- und CeO2-Partikel lösen sich dann teilweise in der Pülpe und kristallisieren um. Dabei werden aus den feinen Partikeln noch feinere Partikel 3 ausgefällt, deren durchschnittliche Größe bevorzugt zwischen 1 - 10 µm liegen soll und deren spezifische Oberfläche mindestens 2 m2/g beträgt.

[0022] Anschließend kann dann in an sich bekannter Weise die Treibladungshülse (z.B. durch Beaufschlagen mit einem Formdorn etc.) hergestellt werden.

Bezugszeichenliste



[0023] 
1
Treibladungshülse
2
Treibladungspulver
3
Partikel
4
(erosionsmindernder) Zusatz



Ansprüche

1. Verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr verschießbare Munition mit den Merkmalen:

a) die Treibladungshülse (1) enthält einen erosionsmindernden Zusatz (4), dessen Anteil, bezogen auf das Gewicht der Treibladungshülse (1), zwischen 2 und 15 Gew.-% liegt;

b) bei dem erosionsmindernden Zusatz (4) handelt es sich entweder um Polyacetylen oder um eine Mischung von WO3 oder MoO3 und CeO2 oder La2O3 oder Y2O3;

c) die Größe der Partikel (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4) beträgt maximal 30 µm;

d) die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes (4) beträgt mindestens 2 m2/g.


 
2. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) auch Polyoxymethylen (POM) enthält.
 
3. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 2-5% POM, 2-10% WO3 oder MO3 und 2 - 5% CeO2 oder La2O3 besteht.
 
4. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 3% POM, 8% WO3 oder MO3 und 2% CeO2 oder La2O3 besteht.
 
5. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 6 - 8 % WO3 und 2% CeO2 besteht.
 
6. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die durchschnittliche Größe der Partikel (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4) zwischen 1 und 10 µm liegt.
 




Zeichnung