(19)
(11) EP 1 647 538 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
12.02.2014  Patentblatt  2014/07

(21) Anmeldenummer: 05013902.1

(22) Anmeldetag:  28.06.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C06B 23/04(2006.01)
F42B 5/192(2006.01)

(54)

Verbrennbare Treibladungshülse

Combustible cartridge case

Cartouche de munition combustible


(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR

(30) Priorität: 15.09.2004 DE 102004044634

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
19.04.2006  Patentblatt  2006/16

(73) Patentinhaber: Rheinmetall Waffe Munition GmbH
29345 Unterlüss (DE)

(72) Erfinder:
  • Wanninger, Paul, Dr.
    29320 Hermannsburg (DE)

(74) Vertreter: Dietrich, Barbara 
Thul Patentanwaltsgesellschaft mbH Rheinmetall Platz 1
40476 Düsseldorf
40476 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
EP-A- 1 110 927
DE-B- 1 187 168
EP-A- 1 227 295
   
       
    Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr verschießbare Munition.

    [0002] Hochenergetische Treibladungspulver, wie sie zum Verschießen leistungsgesteigerter Geschosse benötigt werden, erzeugen in dem entsprechenden Waffenrohr hohe Temperaturen und Drücke und führen somit auch zu einem erhöhten Verschleiß des Waffenrohres durch Erosion. Zur Verminderung derartiger Erosionen ist es bekannt, dem Treibladungspulver Talk, Wachs oder ein ähnliches Material zuzumischen. Allerdings hat sich gezeigt, daß die erosionsmindernde Wirkung derartiger Zusätze relativ gering ist.

    [0003] Aus der DE 39 27 400 A1 ist es ebenfalls bekannt, Wachs oder Paraffin als erosionsmindernden Stoff nicht dem Treibladungspulver zuzumischen, sondern in das aus einer verbrennbaren Kunststoff-Schrumpffolie bestehende Munitionsformteil einzubringen. Auch in diesem Fall hat sich keine wesentliche Reduzierung der erosiven Wirkung der Treibladungsgase auf die Innenwand des jeweiligen Waffenrohres ergeben.

    [0004] Ferner ist aus den Druckschriften US 3,403,625 und US 3,426,684 bekannt, als erosionsmindernde Zusätze dem Treibladungspulver WO3 oder MoO3 zuzusetzen. Beim Abfeuern entsprechender Patronen soll sich dann auf der Innenwand des Waffenrohres eine Schutzschicht bilden, welche eine Reduzierung der erosiven Wirkung der Treibladungsgase bewirkt. In diesen Druckschriften wird außerdem erwähnt, daß bei Patronen mit verbrennbarer Treibladungshülse die erosionsmindernden Zusätze auch in die Treibladungshülse eingebracht werden können. Nähere Angaben über die konkrete Zusammensetzung der in die Treibladungshülse einzubringenden Substanzen läßt sich diesen Druckschriften hingegen nicht entnehmen.

    [0005] Schließlich wird in der von der Anmelderin eingereichten DE 101 03 912 A1 eine verbrennbare Treibladungshülse offenbart, bei welcher als erosionsmindernde Zusätze ein Oxid eines der Elemente der seltenen Erden, insbesondere La2O3, CeO2, Y2O3, oder eines der Elemente der 6. Nebengruppe des Periodensystems, insbesondere MoO3 oder WO3, oder Polyoxymethylen (POM), oder eine Kombination dieser Stoffe verwendet wird. Der Anteil des erosionsmindernden Zusatzes in der Treibladungshülse sollte dabei zwischen 2 und 15 Gew% liegen.

    [0006] Wie die Anmelderin nämlich festgestellt hat, ist die überraschend gute erosionsmindernde Wirkung der in die Treibladungshülse eingebrachten Oxide nicht etwa darauf zurückzuführen, daß sich an der Innenwand des Waffenrohres eine Schutzschicht bildet, sondern beruht auf einer Reduktion der bei der Verbrennung von Treibladungspulvern erzeugten atomaren Wasserstoffmoleküle (der atomare Wasserstoff greift die Korngrenzen der Chromschicht und des Stahles an und führt zu einer Lockerung des Gefüges sowie zum Ausbrechen einzelner Körner und somit zur Erosion). Denn der sich bei hohen Temperaturen bildende atomare Wasserstoff bildet unter Abgabe von Energie (432 kJ/mol) ein Wassermolekül, und diese Reaktion trägt normalerweise wesentlich zur Aufheizung der Rohrinnenwand bei (2 (H) ⇒ H2 + 432 kJ). Mit den Trioxiden z.B. von Wolfram oder Molybdän reagiert Wasserstoff bei Temperaturen über 800°C oder 1000°C hingegen exotherm:


    (bei 800°C)


    (bei 1000°C)

    [0007] Fein verteiltes WO3 oder MoO3 in der verbrennbaren Hülse erreicht beim Pulverabbrand Temperaturen von über 1000°C und reagiert damit vollständig mit atomarem, aber auch molekularem Wasserstoff.

    [0008] Bei der Reaktion mit atomarem Wasserstoff entfällt die Enthalpie für die Bildung von molekularem Wasserstoff als 432 kJ/mol. Nach Abzug der exothermen Enthalpie bei der Reduktion von WO3 oder MoO3 ergibt sich eine Reduktion der Enthalpie von ca. 426 wobei ein Mol WO3 3 mol H2 reduziert.

    [0009] Bei der Verwendung von MoO3 ergibt sich eine Reduktion der Enthalpie von ca. 395 kJ/mol. Durch Reduktion der Oxidationsmittel WO3 und/oder MoO3 wird ein Teil des beim Pulverabbrand gebildeten atomaren Wasserstoffs verbraucht und kühlt damit das Pulvergas an der Rohrinnenwand sowie die Rohrinnenwand selbst. Der entstandene zusätzliche Wasserdampf aus der Reaktion mit WO3 und/oder MoO3 erzeugt an der Rohrinnenwand eine kühlende Schlauchströmung.

    [0010] Weitere Reaktionspartner für Wasserstoff sind die Oxide des Bismuts, Mangans, Yttrium und insbesondere La2O3 und CeO2 sowie auch organische Verbindungen, die sich leicht in kleine Radikale zersetzen und den atomaren Wasserstoff sofort abfangen. So wird bei der Zersetzung von Polyoxymethylen (POM) in CH2-O Biradikale Energie verbraucht.

    [0011] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine verbrennbare Treibladungshülse anzugeben, welche erosionsmindernde Zusätze enthält, die eine noch bessere Reduzierung der erosiven Wirkung des Treibladungspulvers auf die innere Oberfläche eines Waffenrohres verursacht als bekannte vergleichbare Zusätze.

    [0012] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die Unteransprüche.

    [0013] Die EP 1 110 927 A1 beschreibt ein Additiv insbesondre als Anti-Verschleißmittel. Das Pulver selbst umfasst wenigstens ein Metalloxid. Dessen Korngröße liegt dabei zwischen 4 und 100 nm. Das Pulver als das darin eingebundene Additiv werden als Verschleißschutz für eine Treibladung einer Munition oder für eine brennbare Hülse eines solchen Ladung verwendet.

    [0014] Die eigene Erfindung beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass es sich bei dem erosionsmindemden Zusatz entweder um Polyacetylen oder um eine Mischung von WO3 oder MO3 und CeO2 oder La2O3 oder Y2O3 handelt, wobei die Partikelgröße des erosionsmindernden Zusatzes maximal 30 µm und die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes mindestens 2 m2/g beträgt. Die Partikelgröße des erosionsmindernden Zusatzes sollte bevorzugt zwischen 1 und 10 µm liegen. Dabei kann die Mischung zusätzlich auch Polyoxymethylen (POM) enthalten.

    [0015] Vorzugsweise kann der erosionsmindernde Zusatz aus einer Mischung von 2 - 5% POM, 2 - 10% WO3 oder MO3 und 2 - 5% CeO2 oder La2O3 bestehen, wobei es sich als besonders vorteilhaft erwiesen hat, wenn der erosionsmindernde Zusatz eine Mischung von 3% POM, 8% WO3 oder MO3 und 2% CeO2 oder La2O3 aufweist.

    [0016] Bei einer weiteren Mischung mit guter erosionsmindernden Wirkung besteht der Zusatz aus einer Mischung von 6 - 8 % WO3 und 2% CeO2.

    [0017] Im Falle der Verwendung von Polyacetylen, welches begierig mit Wasserstoff reagiert, bildet das entstehende Ethen und Ethan wie H2O und CH3OH eine Schlauchströmung, welche die Rohrinnenwand abkühlt.

    [0018] Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus dem folgenden anhand einer Figur erläuterten Ausführungsbeispiel.

    [0019] In der Fig. ist ein Abschnitt einer verbrennbaren Treibladungshülse einer aus einem Waffenrohr (nicht dargestellt) verschießbaren Munition dargestellt. Dabei sind mit 1 die Treibladungshülse und mit 2 das in der Treibladungshülse 1 befindliche Treibladungspulver (nur schematisch angedeutet) bezeichnet.

    [0020] Erfindungsgemäß enthäft die Treibladungshülse 1 einen aus einer Vielzahl von Partikeln 3 bestehenden erosionsmindernden Zusatz 4, der, bezogen auf das Gewicht der Treibladungshülse, aus einer Mischung von z.B. 6 - 8% WO3 und 2% CeO2 besteht.

    [0021] Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Treibladungshülse 1 werden 3 - 12 Gew.-% des erosionsmindernden Zusatzes in eine wässrige Aufschlämmung (Pülpe) aus Zellstoff, Nitrocellulose und einem Binder zugegeben. Die WO3- und CeO2-Partikel lösen sich dann teilweise in der Pülpe und kristallisieren um. Dabei werden aus den feinen Partikeln noch feinere Partikel 3 ausgefällt, deren durchschnittliche Größe bevorzugt zwischen 1 -10 µm liegen soll und deren spezifische Oberfläche mindestens 2 m2/g beträgt.

    [0022] Anschließend kann dann in an sich bekannter Weise die Treibladungshülse (z.B. durch Beaufschlagen mit einem Formdorn etc.) hergestellt werden.

    Bezugszeichenliste



    [0023] 
    1
    Treibladungshülse
    2
    Treibladungspulver
    3
    Partikel
    4
    (erosionsmindernder) Zusatz



    Ansprüche

    1. Verbrennbare Treibladungshülse für aus einem Waffenrohr verschießbare Munition mit den Merkmalen:

    a) die Treibladungshülse (1) enthält einen erosionsmindernden Zusatz (4), dessen Anteil, bezogen auf das Gewicht der Treibladungshülse (1), zwischen 2 und 15 Gew.-% liegt;

    b) bei dem erosionsmindernden Zusatz (4) handelt es sich entweder um Polyacetylen oder um eine Mischung von WO3 oder MoO3 und CeO2 oder La2O3 oder Y2O3;

    c) die Größe der Partikel (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4) beträgt maximal 30 µm, wobei die die durchschnittliche Größe der Partikel (3) des erosionsmindernden Zusatzes (4) zwischen 1 und 10 µm liegt,

    d) die spezifische Oberfläche des erosionsmindernden Zusatzes (4) beträgt mindestens 2 m2/g.


     
    2. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der erosionsmindernde Zusatz (4) auch Polyoxymethylen (POM) enthält.
     
    3. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 2 - 5% POM, 2 - 10% WO3 oder MO3 und 2 - 5% CeO2 oder La2O3 besteht.
     
    4. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 3% POM, 8% WO3 oder MO3 und 2% CeO2 oder La2O3 besteht.
     
    5. Verbrennbare Hülse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der erosionsmindernde Zusatz (4) aus einer Mischung von 6 - 8 % WO3 und 2% CeO2 besteht.
     


    Claims

    1. Combustible propellant charge casing for ammunition which can be shot from a barrel of a weapon, with the following features:

    a) the propellant charge casing (1) contains an erosion-reducing additive (4), the proportion of which, based on the weight of the propellant charge casing (1), is between 2 and 15% by weight;

    b) the erosion-reducing additive (4) is either polyacetylene or a mixture of WO3 or MoO3 and CeO2 or La2O3 or Y2O3;

    c) the size of the particles (3) of the erosion-reducing additive (4) is at most 30 µm, the average size of the particles (3) of the erosion-reducing additive (4) being between 1 and 10 µm;

    d) the specific surface area of the erosion-reducing additive (4) is at least 2 m2/g.


     
    2. Combustible casing according to Claim 1, characterized in that the erosion-reducing additive (4) also contains polyoxymethylene (POM).
     
    3. Combustible casing according to Claim 2, characterized in that the erosion-reducing additive (4) consists of a mixture of 2-5% POM, 2-10% WO3 or MO3 and 2-5% CeO2 or La2O3.
     
    4. Combustible casing according to Claim 3, characterized in that the erosion-reducing additive (4) consists of a mixture of 3% POM, 8% WO3 or MO3 and 2% CeO2 or La2O3.
     
    5. Combustible casing according to Claim 1, characterized in that the erosion-reducing additive (4) consists of a mixture of 6-8% WO3 and 2% CeO2.
     


    Revendications

    1. Douille à charge propulsive combustible pour une munition pouvant être tirée depuis un canon d'arme, possédant les caractéristiques suivantes :

    a) la douille à charge propulsive (1) contient un additif atténuateur d'érosion (4) dont la part, rapportée au poids de la douille à charge propulsive (1), est comprise entre 2 et 15 % massiques ;

    b) l'additif atténuateur d'érosion (4) est soit un polyacétylène, soit un mélange de WO3 ou de MO3 et de CeO2 ou de La2O3 ou de Y2O3 ;

    c) la taille des particules (3) de l'additif atténuateur d'érosion (4) est au maximum de 30 µm, la taille moyenne des particules (3) de l'additif atténuateur d'érosion (4) étant comprise entre 1 et 10 µm ;

    d) la surface spécifique de l'additif atténuateur d'érosion (4) est au moins égale à 2 m2/g.


     
    2. Douille combustible selon la revendication 1, caractérisée en ce que l'additif atténuateur d'érosion (4) contient également du polyoxyméthylène (POM).
     
    3. Douille combustible selon la revendication 2, caractérisée en ce que l'additif atténuateur d'érosion (4) se compose d'un mélange de 2 à 5 % de POM, 2 à 10 % de WO3 ou de MO3 et 2 à 5 % de CeO2 ou de La2O3.
     
    4. Douille combustible selon la revendication 3, caractérisée en ce que l'additif atténuateur d'érosion (4) se compose d'un mélange de 3 % de POM, de 8 % de WO3 ou de MO3 et de 2 % de CeO2 ou de La2O3.
     
    5. Douille combustible selon la revendication 1, caractérisée en ce que l'additif atténuateur d'érosion (4) se compose d'un mélange de 6 à 8 % de WO3 et de 2 % de CeO2.
     




    Zeichnung








    Angeführte Verweise

    IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



    Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

    In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente