Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung befaßt sich mit der Injektion von Baugrund mittels Manschettenrohren
zum Zwecke der Hohlraumverfüllung, Verdichtung oder Verdrängung des Bodens (wie z.B.
bei Kompensationsinjektionen)
Stand der Technik
[0002] Durch die intensive Nutzung des Baugrundes in Ballungsgebieten sowie durch den Bau
moderner Infrastruktur werden vermehrt innerstädtische Tunnelbaumaßnahmen notwendig,
bei denen auch setzungsempfindliche Bauwerke unterfahren werden müssen. Die Anbindung
an bestehende, oberflächennah liegende Infrastruktur sowie geologische oder wirtschaftliche
Belange verhindern oftmals eine ausreichende Tieflage eines solchen Tunnels, um eine
Beeinflussung der darüber befindlichen Bebauung zu reduzieren.
[0003] Setzungen und Senkungen von Bauwerken sind dabei tunnelbau- und vortriebstechnisch
nicht immer in einem bauwerksverträglichen Maße zu halten, so daß die Kompensation
von Verformungen des Baugrundes eine mögliche Variante zur Sicherung der Gebrauchstauglichkeit
der betroffenen Bauwerke darstellt.
[0004] Eine Möglichkeit zur Setzungsminderung stellt die Kompensationsinjektion mit Manschettenrohren
dar, bei der wiederholt jeweils geringe Mengen Injektionsgut mit niedrigem Druck in
einem engen Raster unter das Bauwerk injiziert werden.
[0005] Wesentlich für den Erfolg dieser Injektionstechnik sind die genaue Kenntnis des Baugrunds
und der im injizierten Boden ablaufenden Verformungen in Verbindung mit den Gebäudeverschiebungen.
[0006] Kompensationsinjektionen sind dadurch gekennzeichnet, daß in der Regel aus nahezu
horizontalen Bohrungen über Manschettenrohre eine aushärtende Zement-Suspension in
den Untergrund eingepreßt wird, die eingetretene Senkungen des Bauwerks über einen
Volumenausgleich kompensiert. Aufgrund der Vielzahl an Manschetten fallen sehr große
Datenmengen an, die wiederum mit der über ein Meßsystem registrierten Verformungsreaktion
des Bauwerks abgeglichen werden müssen.
[0007] Insbesondere bei maschinellen Tunnelvortrieben werden zudem große Vortriebsleistungen
erreicht, so daß für die Kompensation der eingetretenen Setzungen nur kurze Reaktionszeiten
zur Verfügung stehen. Die Herausforderung bei der technischen Begleitung von Hebungsinjektionen
wird somit geprägt durch:
- große Mengen an Injektionsdaten,
- Zusammenführung von Daten aus der Setzungsmessung und den Injektionsvorgängen und
Bewertung der aktuellen Situation verbunden mit der Vorbereitung neuer Injektionsangaben
- Dokumentation und Archivierung von Meß- und Injektionsdaten
[0008] Auch bedingt durch andere geologische Situationen (Abdeckinjektionen bzw. Verfüllinjektionen,
etc.) können Manschettenrohrinjektionen erforderlich werden, die nur über ein geeignetes
Auswertverfahren gesteuert werden können.
[0009] Anstehende Projekte mit umfangreichen Injektionsarbeiten (Nord-Süd-Stadtbahn Köln,
Randstad Rail Rotterdam, Metro Amsterdam) werden in den kommenden Jahren ausgeführt.
Es handelt sich dabei um Baumaßnahmen, bei denen die Setzungskompensation von Pfahlgründungen
oder die Stabilisierung verflüssigungsgefährdeter Sandschichten mit Hart- und Weichgel
erforderlich werden.
[0010] Z.B. müssen in Amsterdam an sechs verschiedenen Standorten Gebäude mit unterschiedlichen
Gründungssystemen gesichert werden, was enormen Aufwand zur Steuerung der Injektionen
erfordert. Hinzu kommt, daß Bauherren immer stärker ein Instrument zur Qualitätssicherung
und -kontrolle der Injektionstechnik fordern, die in ihren Augen eine Art undurchschaubare
"blackbox" darstellt.
[0011] Daher ergibt sich die Notwendigkeit für die Entwicklung eines leistungsfähigen Verfahrens
zur Steuerung der Injektionen auch daraus, eine zeitnahe und prüffähige Aufstellung
und Abrechnung der Injektionsarbeiten gegenüber dem Auftraggeber bei Einheitspreisverträgen
zu besitzen.
Aufgabe der Erfindung
[0012] Aufgabe der Erfindung ist Optimierung der Steuerung von Injektionen für Kompensationsinjektionen,
aber auch für gewöhnliche Verfüllinjektionen.
Darstellung der Erfindung
[0013] Die Aufgabe wird durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale gelöst.
[0014] Dies geschieht erfindungsgemäß durch die Visualisierung der Injektionsmengen sowie
der vorhandenen Injektionsdrücke als Voraussetzung zur Steuerung der Kompensationsinjektion.
Sowohl Bauherr als auch Baufirma sind dadurch in der Lage, das Ausführungs- und Kostenrisiko
zu minimieren und die Effizienz der Injektionen zu erhöhen.
[0015] Der immense Aufwand zur Steuerung der Injektionen erfordert nämlich eine Systematisierung
der Injektionsvorgaben und ermöglicht dadurch in der Folge eine gezielte Bewertung
und Auswertung des Injektionsvorganges.
[0016] Im einzelnen sieht die Erfindung vor, die Injektionskörper, die in der Regel komplexe
räumliche Strukturen sind, in einfache Untereinheiten (Cluster) aufzuspalten, die
vereinfacht mit wenigen Parametern beschrieben werden. Diese Grundidee hat Ähnlichkeit
zur Finite-Element-Methode (FEM):
Bei der FEM werden Spannungen und Dehnungen an der geometrischen Struktur (FE-Netz)
sichtbar gemacht.
Bei der Injektionstechnologie fallen dementsprechend Daten in Form von Mengen und
Drücken an. Die Parameter Druck, Menge, Zeit etc. werden erfindungsgemäß als Dateninformation
einem definiertem Cluster (Manschette mit zugehörigem Bodenvolumen), vergleichbar
einem FE-Element zugeordnet.
Aufgrund dieser formalen Analogie lassen sich dann erfindungsgemäß auch die für die
FEM eigens entwickelten Prozessoren direkt für die Injektionstechnologie verwenden,
wodurch enorme Entwicklungskosten für Spezialhardware eingespart werden können. Auch
die FEM-Software kann auf einfache Weise an den neuen Verwendungszweck angepaßt werden
und liefert daher bevorzugt das Rückgrat für die benötigten Rechenprogramme.
Die Visualisierung geschieht z.B. durch einen FEM-Postprozessor. Ein solcher ist z.B.
Tecplot.
Aufgrund des großen Datenanfalls (je nach Größe des Bauvorhabens teilweise über 1
Million Datensätze) ist eine strukturierte, stabile und schnelle Datenbank für die
Abwicklung des Verfahrens erforderlich.
Vorgehensweise (beispielhaft)
[0017] Am Beginn wird bei komplizierten Geometrien der Injektionskörper mit einem externen
CAD-Programm konstruiert. Bei einfachen Geometrien ist auch eine tabellarische Beschreibung
über Koordinaten möglich. Im Anschluß erfolgt die Übergabe der Geometriedaten (z.B.
Schacht- und Manschettenrohrgeometrie, Bauwerksgrundriß, Hebefläche, Teilflächen der
Meßpunkte) an einen Rechner mit geeigneter Software (FEM-basiert).
[0018] Die Definition der Manschettenrohre geschieht im Rechnerprogramm über Vollrohr- und
Ventilrohrlängen, sowie den Ventilabstand (dieser beträgt häufig etwa 30 bis 50 Zentimeter).
Im Anschluß wird die Geometrie über Visualisierungsfunktionen der Software geprüft.
[0019] Im nächsten Schritt wird die Injektionsrezeptur eingegeben, so daß eine automatische
Mengenermittlung für den Bauleiter erstellt wird.
[0020] Das verwendete Programm erlaubt weiterhin die Vorgabe von Verformungsgrenzwerten
als zweistufige Warn- und Alarmwerte (maximale Hebung und Setzung, zulässige Schiefstellung).
[0021] In der letzten Phase der Injektionsvorbereitung werden Menge und Nettodruck ganzen
Manschettenrohren oder einzelnen Ventilbereichen zugeordnet. Ein Druckverlust kann
separat eingegeben werden.
[0022] Nach Prüfung der kompletten Eingabedaten wird ein Eingabefile für den Injektionscontainer
erzeugt, der die SOLL-Werte für die Pumpensteuerung definiert.
[0023] Auf dem Überwachungsbildschirm wird bevorzugt der Gebäudegrundriß mit den symbolisierten
Meßpunkten dargestellt. Die Abfrage der Meßdaten aus dem Schlauchwaagensystem erfolgt
über eine direkte Verbindung mit der Meßwarte automatisch in einem wählbaren Zeit-Intervall.
Die Anzeige von Warn- oder Grenzwertüberschreitungen geschieht bevorzugt durch Färbung
der betroffenen Meßpunkte und Teilflächen im Grundriß. Die aktuellen Injektionsdaten
werden bevorzugt manuell in das Rechnerprogramm eingepflegt, z.B. aktuelle bzw. kumulierte
Injektionsmengen je Hebefläche, aktuelle Wirkungsgrade der Injektion.
[0024] Der Ingenieur übernimmt die Bewertung der aktualisierten Daten und liefert SOLL-Vorgaben
für neue Injektionsstufen. Das verwendete Rechenprogramm kann auf der Grundlage des
vorhandenen Wirkungsgrads das Ergebnis der SOLL-Werte prognostizieren und entsprechend
visualisieren. Die SOLL-Werte können iterativ solange verändert werden bis die gewünschte
Hebung erreicht ist. Danach werden die SOLL-Werte durch den Techniker bestätigt und
das Rechenprogramm erzeugt eine neue Eingabedatei für den Injektionscontainer.
[0025] Der Techniker vor Ort hat die sofortige Kontrolle über die Hebungsergebnisse, da
alle wesentlichen Daten auf dem Überwachungsbildschirm visualisiert werden. Kritische
Setzungsbereiche werden bei erfolgreicher Injektion automatisch auf "unbedenklich"
zurückgestuft und dies am Bildschirm durch Farbänderung visualisiert.
[0026] Ein zentraler Bestandteil des verwendeten Rechenprogramms ist die Auswertung der
angefallenen Injektionsdaten. Grundlage der Auswertung sind die Summendaten jedes
Injektionsvorgangs: Zeit - Anfang - Ende, Dauer, Injektionsvolumen, Enddruck, Mitteldruck,
Pumpennummer, etc.
[0027] Darüber hinaus können je nach Aufzeichnung des Injektionssystems auch Momentandaten
über einen Injektionsvorgang (z.B. Erfassung in 5 sec Intervallen) eingelesen werden.
Damit kann auch der Verlauf jedes Injektionsvorgangs detailliert nachvollzogen werden.
[0028] Für die Baustelle von besonderer Bedeutung ist die Erstellung von Baustellenberichten,
in denen die Daten nach Zeit, Geometrie, Injektionsstufe, Schicht und Pumpe sortiert
werden. Die Visualisierung der Momentandaten (Ventildaten) in Diagrammform z.B. Druck,
Menge oder Pumprate über die Zeit ist ebenso möglich, wie die Darstellung beliebiger
Parameter einzeln oder kumuliert als Diagramm über die Bohrlochlänge.
[0029] Das verwendete FEM-basierte Rechenprogramm ermöglicht erstmals die Visualisierung
beliebiger Injektionsparameter an der räumlichen Struktur oder in beliebigen Schnitten
analog zur Darstellung von Ergebnissen einer FE-Berechnung. Auf diese Weise lassen
sich bei komplizierten räumlichen Geometrien die Ergebnisse sehr gut veranschaulichen,
da der Injektionskörper aus allen Raumrichtungen betrachtet werden kann. Mit Hilfe
der Schnittfunktionen werden auch im Innern der Struktur Schwachstellen, z.B. bei
Verfüllinjektionen, lokalisiert und im Sinne der Qualitätssicherung dann nachinjiziert.
[0030] Wichtige Randbedingungen für die verwendete Software waren eine komfortable Benutzung
mittels graphischer Oberfläche (GUI) und Robustheit als Voraussetzung für den Baustelleneinsatz.
[0031] Für die Visualisierung der Injektionsdaten wird dabei auf bereits bestehende kommerzielle
Software aus dem Bereich der Finiten-Elemente zurückgegriffen.
[0032] Eine weitere wichtige Forderung war die Betriebssystemunabhängigkeit der Software.
Sie wird so gewählt und angepaßt, daß sie sowohl Linux- als auch Windows-tauglich
ist, um breitere Anwendbarkeit in Unternehmen zu gewährleisten.
[0033] Die eindeutige Beschreibung der Bohrlöcher und Ventile/Manschetten erfolgt über den
Anfangs- und Endpunkt der Manschettenrohre sowie deren Einordnung in die Projekthierarchie,
z.B. Tunnel, Schirm, Fächer, etc.
[0034] Abhängig von der Komplexität der Manschettenrohranordnung kann die Manschettenrohr-
bzw. Bohrlochgeometrie über ein spezielles Tabellenformat oder über eine CAD-Schnittstelle
(GID) importiert werden. Nach Einlesen der Geometrie wird der Anwender bevorzugt über
ein Fenster durch die erforderliche Manschettendefinition geführt .
[0035] Für die graphische Darstellung der Injektions- und Meßdaten wird auf bereits bestehende
kommerzielle Software und Hardware, z.B. einen externen Finiten-Elemente-Postprozessor
zurückgegriffen.
[0036] Daß die erfinderische Aufgabe dergestalt gelöst wird, daß bereits bestehende Software
und vor allem auch (ansonsten nur sehr teuer spezifisch fertigbare) Hardware direkt
aus dem Finite-Elemente Bereich verwendet werden können, ist ein sehr großer Vorzug
der Erfindung und war auch ein Ziel derselben.
Zusammengefaßt läßt sich sagen:
[0037] Die Erfindung sieht vor, die Kompensationsinjektionen und Verfüllinjektionen mittels
Manschettenrohre dadurch zu optimieren, daß die große Anzahl an Parametern solcher
Injektionen visualisiert dargestellt werden, denn Menschen sind leichter und schneller
in der Lage, Bilder zu deuten, als bloße Zahlenkolonnen.
[0038] Hierzu werden die Manschettenrohre, vergleichbar der Belastbarkeitsberechnung von
Baukörpern in der Finite-Elemente-Methode FEM, in Untereinheiten aufgeteilt, für die
nur einige wenige Parameter definiert werden.
[0039] Dadurch ist es möglich, auf kostengünstige bereits verfügbare Software und Hardware
aus eben diesem Bereich (FEM) zurückzugreifen.
[0040] Über die Visualisierung werden dann nach dem ersten Injektionszyklus für jede Untereinheit
Injektionswirkungsgrade errechnet, die vorhersagen, wieviel Injektionsmaterial im
nächsten Injektionszyklus injiziert werden muß, um einen bestimmten Zweck zu erreichen,
sei es eine Anhebung oder bloße Verfüllung zu Abdichtungszwecken. Ein geringer Injektionsdruck
im ersten Zyklus weist z.B. auf poröses Gestein hin, das viel Injektionsmaterial aufnehmen
wird, bevor eine Hebung erzielt wird oder eine Abdichtungwirkung eintritt.
[0041] Messungen im Gebäude über der Verfüllfläche werden zeitgleich oder sehr zeitnah (binnen
Sekunden) dargestellt und zeigen die Wirkung der Injektion an.
[0042] Dadurch kann bei Injektionen nicht nur mit geringerem Material- und Zeitaufwand,
sondern auch deutlich exakter als bisher gearbeitet werden.