[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verstärkung eines Akustiksignals
insbesondere für ein Hörgerät durch Aufnehmen eines Grenzverstärkungsfrequenzgangs
der Verstärkungseinrichtung, welcher die Grenze für Rückkopplungspfeifen darstellt.
Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes Akustiksystem.
[0002] Um ein Hörgerät auf den Hörverlust anzupassen, werden basierend auf dem gemessenen
Hörverlust Sollverstärkungskurven berechnet. Diese schreiben für im Allgemeinen drei
Eingangspegel im Frequenzbereich die entsprechenden Verstärkungswerte vor. Durch die
Umgebungsbedingungen beim Tragen eines Hörgeräts ist es möglich, dass das vom Hörgerätehörer
abgegebene, verstärkte Signal durch die Hörgerätemikrophone erneut aufgenommen wird.
Dies ist insbesondere der Fall bei offener Versorgung und bei Undichtigkeiten im Falle
einer geschlossenen Versorgung. Ist die Rückkopplungsschleife Mikrophon-Hörer-Feedbackpfad-Mikrofon
bei irgendeiner Frequenz nicht dämpfend, so tritt Pfeifen auf.
[0003] Das Rückkopplungspfeifen ist nicht nur für den Hörgerätehörer selbst, sondern auch
für die in seiner Umgebung befindlichen Personen störend. Um das Pfeifen zu vermeiden
wird üblicherweise die Sollverstärkungskurve etwas gesenkt. Hierzu wird dem Amplitudengang
der Rückkopplungsschleife nach deren Auftrennen an einer Stelle gemessen und für jede
Frequenz diejenige Verstärkung bestimmt, welche die Grenze für Feedback- bzw. Rückkopplungspfeifen
darstellt. Um Pfeifen zu verhindern, muss diese Grenzverstärkung immer unterschritten
sein. Da Feedbackpfade nur bedingt statisch sind, und somit die Grenzverstärkung temporär
überschritten werden kann, wird gängigerweise die Verstärkung soweit reduziert, dass
immer ein Mindestabstand zur gemessenen Grenzverstärkungskurve vorliegt.
[0004] Der in den oberen beiden Abschnitten beschriebene Stand der Technik kann beispielsweise
der Druckschrift DE 101 31 964 A1 entnommen werden. Zur Vermeidung eines Pfeifens
schlägt die Druckschrift ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts vor, bei dem eine
Verstärkungsabsenkung vorgenommen wird, sobald ein Störgeräusch als solches erkannt
wird.
[0005] In der Druckschrift 101 59 928 A1 ist ein Verfahren zum Vermeiden rückkopplungsbedingter
Oszillationen in einem Hörgerät beschrieben. Bei erkannten rückkopplungsbedingten
Oszillationen wird die Verstärkung in einem Bereich niedriger Signalpegel des Eingangssignals
abgesenkt und in einem Bereich höherer Signalpegel des Eingangssignals weniger stark
oder nicht abgesenkt.
[0006] Trotz einer aus dem Stand der Technik bekannten Reduzierung der Sollverstärkungskurve
kann es insbesondere im Bereich von Resonanzen dennoch zu Rückkopplungspfeifen kommen,
da sich beispielsweise die Resonanzfrequenzen in Abhängigkeit der Umgebungsbedingungen
dynamisch ändern können.
[0007] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, ein Verfahren vorzuschlagen,
mit dem Rückkopplungspfeifen sicherer verhindert werden kann. Darüber hinaus soll
ein entsprechendes Akustiksystem angegeben werden.
[0008] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Verstärkung eines
Akustiksignals insbesondere für ein Hörgerät durch Aufnehmen eines Grenzverstärkungsfrequenzgangs
der Verstärkungseinrichtung, welcher die Grenze für Rückkopplungspfeifen darstellt,
und Erstellen eines Sollverstärkungsfrequenzgangs mit mehreren Stützpunkten, bei dem
jeder Stützpunkt zu dem Grenzverstärkungsfrequenzgang in mindestens zwei verschiedenen
Richtungen im Verstärkungs-Frequenzdiagramm einen jeweils vorgegebenen Minimalabstand
besitzt.
[0009] Darüber hinaus ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Akustiksystem mit einer Verstärkungseinrichtung
und einer Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme eines Grenzverstärkungsfrequenzgangs der
Verstärkungseinrichtung, welche die Grenze für Rückkopplungspfeifen darstellt, sowie
einer Recheneinrichtung zum Erstellen eines Sollverstärkungsfrequenzgangs mit mehreren
Stützpunkten, bei dem jeder Stützpunkt zu dem Grenzverstärkungsfrequenzgang in mindestens
zwei verschiedenen Richtungen im Verstärkungs-Frequenzdiagramm einen jeweils vorgegebenen
Minimalabstand besitzt, und zum Einspeisen des Sollverstärkungsfrequenzgangs in die
Verstärkungseinrichtung.
[0010] Entsprechend der vorliegenden Erfindung wird damit sichergestellt, dass der Amplitudengang,
d.h. der Verstärkungsfrequenzgang, des Feedbackpfades sich aufgrund dynamischer Prozesse
nicht nur in Verstärkungsrichtung ändern darf, sondern auch Verschiebungen von Resonanzen
in der Frequenzrichtung toleriert werden können.
[0011] Vorzugsweise ist der jeweilige Minimalabstand des Sollverstärkungsfrequenzgangs von
dem Grenzverstärkungsfrequenzgang in horizontaler und vertikaler Richtung vorgegeben.
Damit sind Minimalabstände in Verstärkungsrichtung und in Frequenzrichtung zwingend
eingehalten.
[0012] Der Abstand zwischen dem Sollverstärkungsfrequenzgang und dem Grenzverstärkungsfrequenzgang
kann zumindest in einem Teilbereich des Frequenzgangs mit Hilfe eines Kreises bestimmt
werden, dessen Mittelpunkt auf der Kurve des Sollverstärkungsfrequenzgangs verschoben
wird und der die Kurve des Grenzverstärkungsfrequenzgangs dabei stets tangiert. Auf
diese Weise lässt sich der Sollverstärkungsfrequenzgang in Abhängigkeit von dem Grenzverstärkungsfrequenzgang
unter Einhaltung eines Mindestabstands senkrecht zu der Kurve des Sollverstärkungsfrequenzgangs
leicht berechnen. In bestimmten anderen Teilbereichen des Frequenzgangs kann die Sollverstärkung
nach anderen Kriterien höher oder niedriger gewählt werden.
[0013] Alternativ kann der Abstand zwischen dem Sollverstärkungsfrequenzgang und dem Grenzverstärkungsfrequenzgang
zumindest in einem Teilbereich des Frequenzgangs auch mit Hilfe einer Ellipse bestimmt
werden, deren Mittelpunkt auf der Kurve des Sollverstärkungsfrequenzgangs verschoben
wird und die die Kurve des Grenzverstärkungsfrequenzgangs dabei stets tangiert. Dadurch
kann erreicht werden, dass sich der Mindestabstand in horizontaler Richtung von dem
Mindestabstand in vertikaler Richtung unterscheidet.
[0014] Darüber hinaus kann vorgesehen sein, dass der Abstand zwischen dem Sollverstärkungsfrequenzgang
und dem Grenzverstärkungsfrequenzgang in mindestens zwei Frequenzbereichen unterschiedlich
eingestellt wird. Damit kann auf das dynamische Verhalten des Akustiksystems gezielter
reagiert werden. Insbesondere kann in Frequenzbereichen, die wenig von Dynamikänderungen
betroffen sind, der Mindestabstand der beiden Frequenzgänge geringer gehalten werden.
[0015] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert,
die verschiedene Sollverstärkungsfrequenzgänge für einen gemessenen Grenzverstärkungsfrequenzgang
widerspiegelt.
[0016] Das nachfolgend näher geschilderte Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar.
[0017] Entsprechend dem hier gewählten Beispiel soll die Verstärkung in Abhängigkeit des
gemessenen Amplitudengangs so angepasst werden, dass zweidimensional ein Mindestabstand
eingehalten wird. Das heißt, dass die Verstärkungskurve nicht nur vertikal, sondern
auch horizontal einen bestimmten Mindestabstand einhalten muss. In der FIG ist hierzu
ein gemessener Grenzverstärkungsfrequenzgang g für ein Hörgerät dargestellt. Im Bereich
von 2,5 kHz und 6 kHz liegen Resonanzen, die durch das Hörgerät im eingesetzten Zustand
bedingt sind. In diesen Bereichen ist daher die Grenzverstärkung, bei der keine Dämpfung
im Rückkopplungskreis auftritt, verhältnismäßig gering.
[0018] Damit die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Rückkopplungspfeifen reduziert wird,
kann entsprechend dem Stand der Technik ein Sollverstärkungsfrequenzgang sv ermittelt
werden, der gegenüber dem Grenzverstärkungsfrequenzgang g vertikal nach unten, d.h.
in Verstärkungsrichtung, verschoben ist. Dabei wird beispielsweise die Verstärkung
bei jeder Frequenz um 6 dB reduziert.
[0019] Aus der Grafik ist ohne weiteres zu entnehmen, dass in steilen Bereichen der Frequenzgänge
g und sv der horizontale Abstand zwischen beiden Kurven nur sehr gering sein kann.
Dies hat zur Folge, dass bei einem Verschieben des tatsächlichen Grenzverstärkungsfrequenzgangs,
beispielsweise infolge einer Veränderung der Position des Hörgeräts, der Sollverstärkungsfrequenzgang
sv in einem oder mehreren Spektralbereichen über dem aktuellen Grenzverstärkungsfrequenzgang
liegt. In diesem Fall tritt dann Pfeifen im Hörgerät auf.
[0020] Erfindungsgemäß wird daher der Sollverstärkungsfrequenzgang selektiv weiter reduziert,
so dass sich der Sollverstärkungsfrequenzgang se ergibt. Dieser Sollverstärkungsfrequenzgang
se hält auch in horizontaler Richtung, d.h. in Frequenzrichtung einen Mindestabstand
zu dem Grenzverstärkungsfrequenzgang g ein.
[0021] Im vorliegenden Beispiel ist die Kurve se mit Hilfe einer Ellipse ermittelt, deren
Hauptachsen den vertikalen und horizontalen Abstand definieren. Darüber hinaus legt
die Ellipse auch die Mindestabstände in den von der horizontalen und der vertikalen
abweichenden Winkeln fest. Mit anderen Worten, wenn die Ellipse mit ihrem Mittelpunkt
entlang der Kurve se verschoben wird, berührt sie die Kurve g stets nur tangential.
[0022] Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Ellipse über die gemessene Kurve g verschoben
wird. Die Sollverstärkungskurve se schneidet dann die Ellipse nie.
[0023] Anstelle einer Ellipse könnte zur Ermittlung des Sollverstärkungsfrequenzgangs se
auch ein Kreis oder ein anderes Gebilde bzw. eine andere Funktion verwendet werden.
Ein Kreis würde beispielsweise einen Orthogonalabstand zwischen den beiden Kurven
g und se sicherstellen.
[0024] In dem oben dargestellten Beispiel ist der Minimalabstand der beiden Frequenzgänge
über dem gesamten Frequenzbereich auf die gleiche Weise ermittelt. Entsprechend einer
alternativen Ausführungsform kann der Abstand in ein oder mehreren Teilen des Frequenzbereichs
mit unterschiedlichen Methoden festgelegt werden. Beispielsweise könnte der Abstand
im niederen Frequenzbereich, wo kaum Resonanzen zu erwarten sind, verhältnismäßig
niedrig und im höheren Frequenzbereich entsprechend höher gewählt werden.
[0025] Ein wesentlicher Vorteil der erfindungsgemäßen Wahl des Sollverstärkungsfrequenzgangs
ist, dass der vertikale Abstand zum Grenzverstärkungsfrequenzgang eventuell nicht
so groß ausfallen muss, da im Fall einer reinen vertikalen Beabstandung entsprechend
der Kurve sv für die Erreichung eines genügenden Horizontalabstands der vertikale
Abstand wesentlich größer sein müsste.
1. Verfahren zur Verstärkung eines Akustiksignals insbesondere für ein Hörgerät durch
- Aufnehmen eines Grenzverstärkungsfrequenzgangs (g) der Verstärkungseinrichtung,
welcher die Grenze für Rückkopplungspfeifen darstellt,
gekennzeichnet durch
- Erstellen eines Sollverstärkungsfrequenzgangs (se) mit mehreren Stützpunkten, bei
dem jeder Stützpunkt zu dem Grenzverstärkungsfrequenzgang in mindestens zwei verschiedenen
Richtungen im Verstärkungs-Frequenzdiagramm einen jeweils vorgegebenen Mindestabstand
besitzt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei der jeweilige Minimalabstand des Sollverstärkungsfrequenzgangs
(se) von dem Grenzverstärkungsfrequenzgang (g) in horizontaler und vertikaler Richtung
vorgegeben ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Abstand zwischen Sollverstärkungsfrequenzgang
(se) und Grenzverstärkungsfrequenzgang (g) zumindest in einem Teilbereich des Frequenzgangs
mit Hilfe einer Ellipse bestimmt wird, deren Mittelpunkt die Kurve des Sollverstärkungsfrequenzgangs
definiert, wenn sie entlang der Kurve des Grenzverstärkungsfrequenzgangs verschoben
wird und letzteren dabei stets tangiert.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Abstand zwischen Sollverstärkungsfrequenzgang
(se) und Grenzverstärkungsfrequenzgang(g) zumindest in einem Teilbereich des Frequenzgangs
mit Hilfe eines Kreises bestimmt wird, dessen Mittelpunkt auf der Kurve des Sollverstärkungsfrequenzganges
(se) verschoben wird und der die Kurve des Grenzverstärkungsfrequenzgangs (g) dabei
stets tangiert.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der Abstand zwischen Sollverstärkungsfrequenzgang
(se) und Grenzverstärkungsfrequenzgang (g) in mindestens zwei Frequenzbereichen unterschiedlich
eingestellt wird.
6. Akustiksystem mit
- einer Verstärkungseinrichtung und
- einer Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme eines Grenzverstärkungsfrequenzgangs (g)
der Verstärkungseinrichtung, welche die Grenze für Rückkopplungspfeifen darstellt,
gekennzeichnet durch
- eine Recheneinrichtung zum Erstellen eines Sollverstärkungsfrequenzgangs (se) mit
mehreren Stützpunkten, bei dem jeder Stützpunkt zu dem Grenzverstärkungsfrequenzgang
(g) in mindestens zwei verschiedenen Richtungen im Verstärkungs-Frequenzdiagramm einen
jeweils vorgegebenen Minimalabstand besitzt, und zum Einspeisen des Sollverstärkungsfrequenzgangs
in die Verstärkungseinrichtung.
7. Akustiksystem nach Anspruch 6, wobei in der Recheneinrichtung der jeweilige Minimalabstand
des Sollverstärkungsfrequenzgangs (se) von dem Grenzverstärkungsfrequenzgang (g) in
horizontaler und vertikaler Richtung vorgebbar ist.
8. Akustiksystem nach Anspruch 6 oder 7, wobei in der Recheneinrichtung der Abstand zwischen
dem Sollverstärkungsfrequenzgang (se) und dem Grenzverstärkungsfrequenzgang (g) zumindest
in einem Teilbereich des Frequenzgangs mit Hilfe einer Ellipse bestimmbar ist, deren
Mittelpunkt auf der Kurve des Sollverstärkungsfrequenzgangs (se) verschiebbar ist
und die die Kurve des Grenzverstärkungsfrequenzgangs (g) dabei stets tangiert.
9. Akustiksystem nach Anspruch 6 oder 7, wobei in der Recheneinrichtung der Abstand zwischen
dem Sollverstärkungsfrequenzgang (se) und dem Grenzverstärkungsfrequenzgang (g) zumindest
in einem Teilbereich des Frequenzgangs mit Hilfe eines Kreises bestimmbar ist, dessen
Mittelpunkt auf der Kurve des Sollverstärkungsfrequenzgangs (se) verschiebbar ist
und der die Kurve des Grenzverstärkungsfrequenzgangs (g) dabei stets tangiert.
10. Akustiksystem nach einem der Ansprüche 6 bis 9, wobei mit Hilfe der Recheneinrichtung
der Abstand zwischen dem Sollverstärkungsfrequenzgang (se) und dem Grenzverstärkungsfrequenzgang
(g) in mindestens zwei Frequenzbereichen unterschiedlich einstellbar ist.