(19)
(11) EP 1 666 824 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.06.2006  Patentblatt  2006/23

(21) Anmeldenummer: 04028684.1

(22) Anmeldetag:  03.12.2004
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR LV MK YU

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Kunz, Christian
    81479 München (DE)
  • Rottmann, Dietrich
    81737 München (DE)
  • Wetzelsperger, Wolfgang
    83026 Rosenheim (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
LINDE AG Zentrale Patentabteilung
82049 Höllriegelskreuth
82049 Höllriegelskreuth (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft


(57) Das Verfahren und die Vorrichtung dienen zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Destilliersystem, das ein Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung mit einer Niederdrucksäule (5) sowie eine Mischsäule (39) und eine Rohargon-Rektifikation (61) aufweist. Ein erster Einsatzluftstrom (1, 3) wird in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeführt. Eine erste sauerstoffreiche Fraktion (29, 31, 33) wird in flüssigem Zustand aus der Niederdrucksäule (5) entnommen und auf die Mischsäule (39) aufgegeben. Eine Unrein-Sauerstoff-Fraktion (47) wird aus dem oberen Bereich der Mischsäule (39) abgezogen. Eine erste flüssige Fraktion (43, 44) wird aus dem unteren Bereich der Mischsäule (39) abgezogen und in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeleitet. Ein Wärmeträgerstrom (40, 41, 42), insbesondere ein zweiter Einsatzluftstrom, wird in den unteren Bereich der Mischsäule (39) eingeleitet und in Gegenstromkontakt mit der ersten sauerstoffreichen Fraktion (29, 31, 33) gebracht. Eine argonhaltige Fraktion (60) wird aus der Niederdrucksäule (5) entnommen und in die Rohargon-Rektifikation (61) eingeleitet. Eine Rohargonfraktion (65) wird aus der Rohargon-Rektifikation (61) entnommen. Eine zweite sauerstoffreiche Fraktion (34, 36, 37, 38) wird mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden unterhalb der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion (29) in flüssigem Zustand aus der Niederdrucksäule (5) abgezogen (34) und mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden oberhalb der Zuspeisung der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion (33) in die Mischsäule eingeleitet (38).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Destilliersystem, das ein Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung mit einer Niederdrucksäule sowie eine Mischsäule und eine Rohargon-Rektifikation aufweist, mit den Verfahrensschritten, die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 genannt sind.

[0002] Ein Mischsäulen-Verfahren eignet sich insbesondere zur Gewinnung von gasförmigem unreinen Sauerstoff. Als unreiner Sauerstoff wird hier ein Gemisch mit einem Sauerstoffgehalt von 99,5 mol-% oder weniger, insbesondere von 70 bis 99,5 mol-%, beispielsweise von 80 bis 95 mol-% bezeichnet. Bei Einsatz eines Zwei- oder Mehr-Säulen-Prozesses als Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung kann der Mischsäulendruck kleiner oder größer als Betriebsdrucks der Hochdrucksäule oder auch gleich dem Hochdrucksäulendruck sein und beispielsweise bei 2 bis 16 bar, vorzugsweise bei etwa 3 bis 12 bar liegen. Selbstverständlich kann das Druckprodukt bei Bedarf in gasförmigem Zustand weiter verdichtet werden.

[0003] Mischsäulen-Verfahren und -Vorrichtungen sind in EP 697576 A1 und EP 698772 A1, DE 19951521 A1, EP 1139046 A1, EP 1284404 A1, DE 10209421 A1, DE 10217093 A1, EP 1376037 A1 und EP 1387136 A1 gezeigt.

[0004] Das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung der Erfindung kann als Zwei-Säulen-System, beispielsweise als klassisches Doppelsäulen-System, ausgebildet sein, aber auch als Drei- oder Mehr-Säulen-System. Die Niederdrucksäule des Destilliersäulen-Systems zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung wird in vielen Fällen knapp oberhalb des Atmosphärendrucks betrieben; die Erfindung ist jedoch auch auf Systeme mit erhöhtem Betriebsdruck abwendbar, bei dem der Niederdrucksäulendruck deutlich höher ist. Zusätzlich zu den Kolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung können weitere Vorrichtungen zur Gewinnung anderer Luftkomponenten, insbesondere von Edelgasen (beispielsweise Krypton, Xenon und/oder Argon) aufweisen.

[0005] Die erste sauerstoffreiche Fraktion, die als Einsatz für die Mischsäule verwendet wird, weist eine Sauerstoffkonzentration auf, die höher als diejenige von Luft ist und beispielsweise bei 70 bis 99,5 mol-%, vorzugsweise bei 90 bis 98 mol-% liegt. Unter Mischsäule wird eine Gegenstromkontaktkolonne verstanden, in der eine leichterflüchtige gasförmige Fraktion einer schwererflüchtigen Flüssigkeit entgegengeschickt wird.

[0006] Aus EP 531182 A1 ist ein Mischsäulen-Prozess mit Rohargon-Rektifikation bekannt. Oberhalb des Abzugs der ersten sauerstoffreichen Fraktion für die Mischsäule wird eine argonhaltige Fraktion aus der Niederdrucksäule abgezogen, um ein Rohargonprodukt zu gewinnen. Allerdings ist mit dem bekannten Verfahren nur eine begrenzte Argonausbeute zu erreichen.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art und eine entsprechende Vorrichtung anzugeben, die wirtschaftlich besonders günstig sind und sich insbesondere durch eine besonders hohe Argonausbeute auszeichnen.

[0008] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass zusätzlich zu der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion eine zweite sauerstoffreiche Fraktion in flüssigem Zustand aus der Niederdrucksäule abgezogen und in die Mischsäule eingeleitet wird. Die zweite sauerstoffreiche Fraktion wird dabei mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden unterhalb der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion aus der Niederdrucksäule entnommen und mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden oberhalb der Zuspeisung der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion auf die Mischsäule aufgegeben.

[0009] Im Rahmen der Erfindung hat sich herausgestellt, dass bei dem vorbekannten Verfahren ein wesentlicher Teil des in der Einsatzluft enthaltenen Argons mit der ersten sauerstoffreichen Fraktion in die Mischsäule strömt und anschließend mit der Unrein-Sauerstoff-Fraktion, die hier vom Kopf der Mischsäule abgezogen wird, verloren geht und dass sich dieser Effekt wesentlich vermindern lässt, indem eine zweite sauerstoffreiche Fraktion, die weniger Argon als die erste enthält, oberhalb der ersten sauerstoffreichen Fraktion in die Mischsäule eingespeist wird.

[0010] Obwohl die Mischsäule bezüglich des Sauerstoffs als Strippsäule arbeitet (das heißt der Sauerstoffgehalt nimmt von unten nach oben zu), scheint sie bei der Erfindung bezüglich des Argons als Rektifiziersäule tätig zu sein, das heißt die Argonkonzentration nimmt - trotz des unterschiedlichen Siedepunkts gegenüber Sauerstoff - von oben nach unten zu.

[0011] Insbesondere in dem Gegenstrom-Stoffaustausch-Abschnitt zwischen den beiden Zuspeisestellen wird Argon aus dem aufsteigenden Dampf in die herabfließende Flüssigkeit gewaschen, fließt mit der Flüssigkeit innerhalb der Mischsäule nach unten und wird schließlich mit der ersten flüssigen Fraktion aus dem unteren Bereich der Mischsäule abgezogen. Mit dieser Flüssigkeit wird sie in das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung zurückgeleitet und steht damit weiterhin für die Argongewinnung in der Rohargon-Rektifikation zur Verfügung.

[0012] Der Argongehalt in der Unrein-Sauerstoff-Fraktion geht in einem konkreten Beispiel von etwa 2,6 mol-% (bei nur einer Zuspeisung in die Mischsäule gemäß dem Stand der Technik) auf 1,4 mol-% (bei erfindungsgemäßer Doppeleinspeisung) zurück. Die entsprechende Argonmenge verbleibt in der Mischsäule und wird mit der Flüssigkeit aus dem unteren Bereich und gegebenenfalls mit einer Zwischenflüssigkeit der Mischsäule wieder in das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung zurückgeleitet. Die Argonausbeute steigt entsprechend an und kann bei der Erfindung bis zu 30 mol-%, vorzugsweise bis zu 50 mol-% erreichen. Die Argonausbeute liegt bei dem erfindungsgemäßen Verfahren beispielsweise zwischen 30 und 50 mol-%.

[0013] Im Rahmen der Erfindung kann die Argonausbeute bei einem Mischsäulen-Prozess ohne großen Aufwand auf etwa das Dreifache gesteigert werden. Dieser Effekt wird mit steigendem Mischsäulendruck größer.

[0014] Für den Fall, dass in dem betreffenden Abschnitt ausschließlich praktische Böden als Stoffaustauschelemente verwendet werden, gelten hier jeweils die Angaben in praktischen Bodenzahlen; falls Packung, Füllkörper oder Kombinationen verschiedener Typen von Stoffaustauschelementen eingesetzt werden, sind die Angaben in theoretischen Bodenzahlen anzuwenden. Zwischen den Entnahmestellen der beiden sauerstoffreichen Fraktionen liegen beispielsweise 1 bis 25, vorzugsweise 10 bis 17 theoretische beziehungsweise praktische Böden in der Niederdrucksäule; die entsprechende Bodenzahl der Mischsäule zwischen den Einspeisestellen dieser beiden Ströme beträgt beispielssweise 1 bis 10, vorzugsweise 4 bis 6.

[0015] Die Mischsäule wird regelmäßig unter einem höheren Druck als die Niederdrucksäule betrieben. Deshalb werden die erste und die zweite sauerstoffreiche Fraktion vor ihrer Einspeisung in die Mischsäule vorzugsweise flüssig auf einen erhöhten Druck gebracht, insbesondere auf etwa den Betriebsdruck der Mischsäule.

[0016] Die flüssige Fraktion aus dem unteren Bereich der Mischsäule kann grundsätzlich in jede der Säulen des Destilliersäulen-Systems zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeleitet werden, beispielsweise in eine Hochdrucksäule oder Mitteldrucksäule. Häufig ist es jedoch besonders günstig, wenn die flüssige Fraktion aus dem unteren Bereich der Mischsäule in die Niederdrucksäule eingeleitet wird, beispielsweise gemeinsam mit einer Fraktion aus der Hochdrucksäule oder vollständig separat.

[0017] Es kann außerdem vorteilhaft sein, wenn eine zweite flüssige Fraktion aus einem Zwischenbereich der Mischsäule abgezogen und in das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, insbesondere in die Niederdrucksäule, eingeleitet wird, wobei die Zwischenstelle unterhalb der Zuspeisung der ersten sauerstoffreichen Fraktion und oberhalb des Abzugs der ersten Flüssigkeit liegt.

[0018] Der Wärmeträgerstrom wird häufig durch einen zweiten Einsatzluftstrom gebildet. Dieser kann separat vom ersten Einsatzluftstrom oder mindestens teilweise gemeinsam mit dem ersten Einsatzluftstrom verdichtet werden. Dabei kann es günstig sein, wenn der zweite Einsatzluftstrom gemeinsam mit dem ersten Einsatzluftstrom auf einen Druck verdichtet wird, der unterhalb des Betriebsdrucks liegt, und anschließend getrennt von dem ersten Einsatzluftstrom auf etwa den Betriebsdruck der Mischsäule nachverdichtet wird. Der Druck, bis zu dem die beiden Ströme gemeinsam verdichtet werden ist insbesondere etwa gleich dem höchsten Druck im Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, zum Beispiel dem Druck in einer Hochdrucksäule. Im Vergleich zu einem Verfahren, bei dem die gesamte Luft auf einen höheren Mischsäulendruck verdichtet und der erste Einsatzluftstrom anschließend wieder entspannt wird, ergibt sich ein verringerter Energieverbrauch.

[0019] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zur Tieftemperaturzerlegung von Luft gemäß Patentanspruch 7.

[0020] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
ein erstes Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes System, bei dem ein Teil des Sauerstoffprodukts durch Innenverdichtung gewonnen wird,
Figur 2
ein zweites Ausführungsbeispiel mit einem gegenüber Figur 1 erhöhten Mischsäulendruck,
Figur 3
ein weiteres Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes System, bei dem das gesamte Sauerstoffprodukt aus der Mischsäule abgezogen wird,
Figur 4
ein Ausführungsbeispiel für ein erfindungsgemäßes System, das eine relativ hohe Flüssigproduktion ermöglicht,
Figur 5
eine Variante mit hoher Flüssigproduktion und hohen Betriebsdruck der Mischsäule,
Figur 6
ein Ausführungsbeispiel mit Einleitung der Turbinenluft in die Hochdrucksäule und relativ niedrigem Mischsäulendruck und
Figur 7
ein System mit Einleitung der Turbinenluft in die Hochdrucksäule und erhöhtem Mischsäulendruck.


[0021] Ein erster Einsatzluftstrom 1 wird in einem Hauptwärmetauscher 2 auf etwa Taupunkt abgekühlt. Die kalte Luft 3 wird in die Hochdrucksäule 4 eines Destilliersäulen-Systems zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeleitet. Der Betriebsdruck der Hochdrucksäule 4 beträgt in dem Beispiel 5,6 bar. Das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung weist außerdem eine Niederdrucksäule 5 auf, die unter beispielsweise 1,4 bar betrieben wird. Der Kopf der Hochdrucksäule und der Sumpf der Niederdrucksäule 5 stehen über einen gemeinsamen Kondensator-Verdampfer, den Hauptkondensator 6 in wärmetauschender Verbindung. Vor dem Eintritt in den Hauptwärmetauscher 2 wird der erste Einsatzluftstrom 1 auf einen Druck verdichtet (nicht dargestellt), der gleich dem Betriebsdruck der Hochdrucksäule plus Leitungsverlusten ist.

[0022] Sauerstoffangereicherte Sumpfflüssigkeit 7 der Hochdrucksäule 4 wird in einem ersten Unterkühlungs-Gegenströmer 8 abgekühlt, zu einem ersten Teil 9 in einem Drosselventil 10 auf etwa Niederdrucksäulen-Druck entspannt und über Leitung 11 der Niederdrucksäule 5 an einer ersten Zwischenstelle zugeführt. Gasförmiger Stickstoff 12 vom Kopf der Hochdrucksäule 4 wird mindestens zu einem ersten Teil über Leitung 13 dem Hauptkondensator 6 zugeführt und dort im Wesentlichen vollständig kondensiert. Der flüssige Stickstoff 14 aus dem Hauptkondensator dient als Rücklauf 15 für die Hochdrucksäule und gegebenenfalls als Flüssigprodukt 16. Einige Böden unterhalb des Kopfs der Hochdrucksäule 4 wird flüssiger Unrein-Stickstoff 17 abgezogen, strömt durch den ersten Unterkühlungs-Gegenströmer 8, über Leitung 18 und durch Drosselventil 19 und wird schließlich als Rücklauf auf die Niederdrucksäule 5 aufgegeben.

[0023] Gasförmiger Unrein-Stickstoff 27 wird vom Kopf der Niederdrucksäule 5 abgezogen, im ersten Unterkühlungs-Gegenströmer 8 und im Hauptwärmetauscher 2 angewärmt und über Leitung 28 unter etwa Umgebungstemperatur als druckloses gasförmiges Rest- oder Regeneriergas abgeführt.

[0024] Etwas oberhalb des Sumpfs der Niederdrucksäule 5 wird eine erste sauerstoffreiche Fraktion 29 flüssig abgezogen und in einer Pumpe 30 flüssig auf Druck gebracht, nämlich auf einem gegenüber dem Abzug aus der Niederdrucksäule 5 erhöhten Druck (in der Regel gleich dem Mischsäulen-Druck plus Leitungsverlusten und statischem Druck). Die erste sauerstoffreiche Fraktion wird unter dem erhöhten Druck über Leitung 31, durch einen zweiten Unterkühlungs-Gegenströmer 32 und über Leitung 33 zur Mischsäule 39 geführt und dort an einer Zwischenstelle in eingespeist. Die Mischsäule kann unter demselben Druck wie die Hochdrucksäule 4 betrieben werden, das heißt an mindestens einer Stelle innerhalb der Mischsäule herrscht der gleiche Druck wie an mindestens einer Stelle der Hochdrucksäule. In dem Beispiel beträgt der Betriebsdruck der Mischsäule etwa 5,6 bar am Kopf bei einem Kopfdruck von 5,6 bar in der Hochdrucksäule.

[0025] In den Sumpf der Mischsäule wird ein zweiter Einsatzluftstrom 40, 41, 42 als Wärmeträgerstrom eingeblasen, der vorzugsweise unter demselben Druck wie der erste Einsatzluftstrom 1 steht und gemeinsam mit diesem verdichtet wurde (nicht dargestellt). Der zweite Einsatzluftstrom 40 wird im Hauptwärmetauscher 2 abgekühlt, kurz vor dem kalten Ende wieder entnommen und über Leitung 41 dem zweiten Unterkühlungs-Gegenströmer 32 zugeführt. Von dort strömt er über Leitung 42 zum Sumpf der Mischsäule 39. Die Sumpfflüssigkeit 43 - 44 und eine Zwischenflüssigkeit 45 - 46 der Mischsäule 39 werden jeweils in dem zweiten Unterkühlungs-Gegenströmer 32 unterkühlt und an den ihrer Zusammensetzung entsprechenden Stellen in die Niederdrucksäule 5 eingedrosselt. Wenn die Mischsäule 39 unter einem niedrigeren Druck als die Hochdrucksäule 4 betrieben wird, wird der zweite Einsatzluftstrom 40, 41, 42 in einem Drosselventil 80 entsprechend entspannt. Dieses Ventil wird beispielsweise, wie in der Zeichnung dargestellt, im Warmen angeordnet; teurer, aber verfahrenstechnisch günstiger wäre eine Anordnung in einer der kalten Leitungen 41 oder 42.

[0026] Vom Kopf der Mischsäule 39 wird eine Unrein-Sauerstoff-Fraktion 47 abgezogen, im Hauptwärmetauscher 2 auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt und als unreines Drucksauerstoff-Produkt 48 gewonnen.

[0027] Erfindungsgemäß wird außerdem eine zweite sauerstoffreiche Fraktion unterhalb des Abzugs der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion 29 abgezogen, in dem Beispiel unmittelbar vom Sumpf der Niederdrucksäule 5 über Leitung 34. Die zweite sauerstoffhaltige Fraktion wird in einer weiteren Pumpe 35 auf mindestens Mischsäulendruck gebracht und strömt über die Leitungen 36, 37, 38 durch den zweiten Unterkühlungs-Gegenströmer 32 an eine Stelle der Mischsäule 29, die oberhalb der Zuspeisung 33 der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion liegt; in dem Beispiel wird sie unmittelbar auf den Kopf der Mischsäule 29 aufgegeben. In dem Ausführungsbeispiel weisen die Sauerstoff-Fraktionen folgende Sauerstoffbeziehungsweise Argongehalte auf:
Erste sauerstoffhaltige Fraktion 29-31-33 95,82 mol-% O2; 4,18 mol-% Ar
Zweite sauerstoffhaltige Fraktion 34-36-37-38 99,50 mol-% O2; 0,50 mol-% Ar
Unrein-Sauerstoff-Produkt 47-48 95,00 mol-% O2; 1,34 mol-% Ar


[0028] Ein zweiter Teil 50 des in der Pumpe 35 auf Druck gebrachten flüssigen Sauerstoffs 36 kann als reines Druckprodukt 51 durch Innenverdichtung gewonnen werden, indem er im Hauptwärmetauscher 2 verdampft (beziehungsweise bei überkritischem Druck pseudo-verdampft) und auf Umgebungstemperatur angewärmt wird.

[0029] Aus dem Sumpf der Niederdrucksäule 5 kann außerdem ein flüssiges Sauerstoffprodukt 52 gewonnen werden. Als weiteres Produkt kann gasförmiger Druckstickstoff 55, 56 direkt vom Kopf der Hochdrucksäule 4 abgezogen werden.

[0030] Am so genannten Argonübergang wird eine argonhaltige Fraktion 60 aus der Niederdrucksäule 5 abgezogen und in eine Rohargon-Rektifikation eingeführt, die in dem Beispiel durch eine einteilige Rohargonsäule 61 gebildet wird. Der Argonübergang liegt oberhalb des Abzugs der ersten sauerstoffreichen Flüssigkeit 29 zur Mischsäule und unterhalb der Einspeisungen 44, 46 der beiden Flüssigkeiten, die von der Mischsäule 39 in die Niederdrucksäule 5 eingeleitet werden.

[0031] In der Rohargonsäule 61 wird der aufsteigende Dampf durch Gegenstrom-Stoffaustausch an Argon angereichert und an Sauerstoff abgereichert. Kopfgas 62 der Rohargonsäule 61 wird in einem Rohargon-Kondensator 63 teilweise verflüssigt. In dem Ausführungsbeispiel wird der verflüssigte Anteil 64 der Kopffraktion als Rücklauf in die Rohargonsäule 61 zurückgeleitet, während das verbliebene Gas 65 als Rohargonfraktion abgeführt wird. (Alternativ kann die Rohargonfraktion auch direkt aus der Rohargonsäule 61 und/oder in flüssiger Form entnommen werden.) Das gewonnene Rohargon 65 kann beispielsweise in einer Reinargon-Rektifikation weiterverarbeitet werden, die in Figur 1 nicht dargestellt ist. Die Sumpfflüssigkeit 66 der Rohargon-Rektifikation 61 wird in die Niederdrucksäule zurückgeführt.

[0032] Zum Ausgleich von Isolierungs- und Austauschverlusten sowie gegebenenfalls zur Produktverflüssigung muss dem Prozess Kälte zugeführt werden. Dies geschieht in dem Ausführungsbeispiel durch arbeitsleistende Entspannung eines dritten Einsatzluftstroms 70, 71, der in dem Hauptwärmetauscher 2 auf eine Zwischentemperatur abgekühlt, über Leitung 72 entnommen und einer Entspannungsmaschine 73, insbesondere einer Expansionsturbine zugeleitet wird. Der arbeitsleistend entspannte dritte Einsatzluftstrom 74 wird der Niederdrucksäule 5 an einer geeigneten Zwischenstelle zugespeist. Die Entspannungsmaschine 73 treibt einen Nachverdichter 75 an, in dem der dritte Einsatzluftstrom vor seiner arbeitsleistenden Entspannung über den Betriebsdruck der Hochdrucksäule hinaus komprimiert wird. In einem anschließenden Nachkühler 76 wird die Verdichtungswärme entfernt.

[0033] In dem Ausführungsbeispiel der Figur 1 werden die drei Einsatzluftströme 1, 40, 70 gemeinsam auf etwas über den Betriebsdruck der Hochdrucksäule verdichtet und gereinigt (nicht dargestellt). Die Mischsäule 39 wird hier unter etwa demselben Druck wie die Hochdrucksäule 6 zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung betrieben.

[0034] Figur 2 unterscheidet sich hiervon durch einen erhöhten Druck in der Mischsäule 39, der beispielsweise bei 6 bis 20 bar, vorzugsweise bei 8 bis 15 bar liegt. Auf diese Weise ist es möglich, die Unrein-Sauerstoff-Fraktion 47, 48 unter einem entsprechend hohen Produktdruck zu gewinnen, ohne einen Sauerstoff-Verdichter einsetzen zu müssen. Der als Wärmeträgerstrom eingesetzte zweite Einsatzluftstrom 40 muss hier entsprechend hoch verdichtet werden. Hierzu dient im Verfahren der Figur 2 ein Nachverdichter 201 mit Nachkühler 202. Selbstverständlich müssen die Pumpen 30 und 35 die beiden Einsatzflüssigkeiten für die Mischsäule ebenfalls auf einen höheren Druck als in Figur 1 bringen.

[0035] Das erfindungsgemäße Verfahren kann auch ohne Innenverdichtung durchgeführt werden, das heißt ohne die Gewinnung eines Teils 50, 51 des Sauerstoffprodukts in reiner Form. Dies ist in Figur 3 dargestellt, die sich ansonsten nicht von Figur 2 unterscheidet.

[0036] Selbstverständlich kann auch in einem Prozess ohne Innenverdichtung wie Figur 3 die Mischsäule analog zu Figur 1 unter etwa Hochdrucksäulendruck betrieben werden. In diesem Fall entfallen der Nachverdichter 201 für den zweiten Einsatzluftstrom sowie dessen Nachkühler 202.

[0037] Wird eine erhöhte Menge an Flüssigprodukten benötigt, so kann in der Entspannungsmaschine 73 vermehrt Kälte produziert werden, indem der Eintrittsdruck der arbeitsleistenden Entspannung weiter erhöht wird. Dies ist in den Figuren 4 und dargestellt.

[0038] Figur 4 unterscheidet sich von Figur 1 durch einen weiteren extern angetriebenen Nachverdichter 401 für den dritten Einsatzluftstrom 70 mit Nachkühler 402 (und außerdem durch den Verzicht auf die Innenverdichtung analog zu Figur 3). Der Kompressor 401 weist ein Druckverhältnis von beispielsweise 1,2 bis 4, vorzugsweise 1,5 bis 2,5 auf. Selbstverständlich kann auch bei Figur 4 die Mischsäule unter höherem als Hochdrucksäulendruck betrieben werden, wenn der zweite Einsatzluftstrom 40 wie in Figur 2 dargestellt weiter verdichtet wird.

[0039] Bei erhöhtem Mischsäulendruck kann es jedoch günstig sein, den zweiten und den dritten Einsatzluftstrom in einem gemeinsamen Nachverdichter 501 mit Nachkühler 502 zu verdichten, wie es in dem Ausführungsbeispiel von Figur 5 gezeigt ist.

[0040] Bei noch größeren Flüssigkeitsmengen kann der arbeitsleistend entspannte dritte Einsatzluftstrom 674 auch in die Hochdrucksäule 6 eingeleitet (603) werden. Dies ist in den Figuren 6 und 7 ausgeführt. Entsprechend hoch muss der zweite Einsatzluftstrom im Nachverdichter 401 beziehungsweise 703 verdichtet werden. Der Eintrittsdruck der Entspannungsmaschine beträgt hier beispielsweise bei 10 bis 30 bar, vorzugsweise 15 bis 20 bar.

[0041] In jedem der Ausführungsbeispiele kann die Rohargon-Rektifikation auch durch eine geteilte Rohargonsäule gebildet werden, wie sie in EP 628777 B1 (= US 5426946) beschrieben ist. Außerdem kann eine Reinargongewinnung nachgeschaltet sein, in der mittels einer Reinargonsäule restlicher Stickstoff aus dem Rohargon entfernt wird, gegebenenfalls nach Entfemung von Sauerstoff in einer Deoxo-Anlage.


Ansprüche

1. Verfahren zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in einem Destilliersystem, das ein Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung mit einer Niederdrucksäule (5) sowie eine Mischsäule (39) und eine Rohargon-Rektifikation (61) aufweist, bei dem

◆ ein erster Einsatzluftstrom (1, 3) in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeführt wird,

◆ eine erste sauerstoffreiche Fraktion (29, 31, 33) in flüssigem Zustand aus der Niederdrucksäule (5) entnommen und auf die Mischsäule (39) aufgegeben wird,

◆ eine Unrein-Sauerstoff-Fraktion (47) aus dem oberen Bereich der Mischsäule (39) abgezogen wird,

◆ eine erste flüssige Fraktion (43, 44) aus dem unteren Bereich der Mischsäule (39) abgezogen und in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeleitet wird,

◆ ein Wärmeträgerstrom (40, 41, 42), insbesondere ein zweiter Einsatzluftstrom, in den unteren Bereich der Mischsäule (39) eingeleitet und in Gegenstromkontakt mit der ersten sauerstoffreichen Fraktion (29, 31, 33) gebracht wird,

◆ eine argonhaltige Fraktion (60) aus der Niederdrucksäule (5) entnommen und in die Rohargon-Rektifikation (61) eingeleitet wird und bei dem

◆ eine Rohargonfraktion (65) aus der Rohargon-Rektifikation (61) entnommen wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

◆ eine zweite sauerstoffreiche Fraktion (34, 36, 37, 38) mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden unterhalb der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion (29) in flüssigem Zustand aus der Niederdrucksäule (5) abgezogen (34) und mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden oberhalb der Zuspeisung der ersten sauerstoffhaltigen Fraktion (33) in die Mischsäule eingeleitet (38) wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste und die zweite sauerstoffreiche Fraktion vor ihrer Einspeisung in die Mischsäule flüssig auf einen erhöhten Druck gebracht werden (30, 35).
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die erste flüssige Fraktion (43, 44) aus der Mischsäule (39) in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, insbesondere in die Niederdrucksäule (5) oder in eine Hochdrucksäule (6), eingeleitet wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass eine zweite flüssige Fraktion (45, 46) von einer Zwischenstelle der Mischsäule (39) abgezogen und in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, insbesondere in die Niederdrucksäule (5), eingeleitet wird, wobei die Zwischenstelle unterhalb der Zuspeisung der ersten sauerstoffreichen Fraktion (33) und oberhalb des Abzugs der ersten flüssigen Fraktion (43) liegt.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Wärmeträgerstrom durch einen zweiten Einsatzluftstrom (40, 41, 42) gebildet wird, der separat vom ersten Einsatzluftstrom (1, 3) oder mindestens teilweise gemeinsam mit dem ersten Einsatzluftstrom (1, 3) verdichtet wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Einsatzluftstrom (40, 41, 42) gemeinsam mit dem ersten Einsatzluftstrom (1, 3) auf einen Druck verdichtet wird, der unterhalb des Betriebsdrucks der Mischsäule (39) liegt, und anschließend getrennt von dem ersten Einsatzluftstrom auf etwa den Betriebsdruck der Mischsäule nachverdichtet (201, 501) wird.
 
7. Vorrichtung zur Gewinnung von Argon durch Tieftemperaturzerlegung von Luft mit einem Destilliersystem, das ein Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung mit einer Niederdrucksäule (5) sowie eine Mischsäule (39) und eine Rohargon-Rektifikation (61) aufweist, sowie mit

◆ einer ersten Einsatzluftstrom-Leitung (1, 3) zur Einleitung eines ersten Einsatzluftstroms in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung,

◆ einer ersten Flüssigsauerstoff-Leitung (29, 31, 33) zum Überleiten einer ersten sauerstoffreichen Fraktion aus der Niederdrucksäule (5) in die Mischsäule (39),

◆ eine Unrein-Sauerstoff-Leitung (47) zum Entnehmen einer Unrein-Sauerstoff-Fraktion aus dem oberen Bereich der Mischsäule (39),

◆ einer erste Flüssigkeitsrückleitung (43, 44) zum Überleiten einer ersten flüssigen Fraktion aus dem unteren Bereich der Mischsäule (39) in das Destilliersäulen-System (4, 5) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung,

◆ einer Wärmeträgerstrom-Leitung (40, 41, 42) zur Einleitung eines Wärmeträgerstroms , insbesondere eines zweiten Einsatzluftstroms, in den unteren Bereich der Mischsäule (39),

◆ einer Argonübergangs-Leitung (60) zur Überleitung einer argonhaltigen Fraktion aus der Niederdrucksäule (5) in die Rohargon-Rektifikation (61) und mit

◆ einer Rohargon-Leitung (65) zum Abführen einer Rohargonfraktion aus der Rohargon-Rektifikation (61),
gekennzeichnet durch

◆ eine zweite Flüssigsauerstoff-Leitung (34, 36, 37, 38) zum Überleiten einer zweiten sauerstoffreichen Fraktion aus der Niederdrucksäule (5) in die Mischsäule (39), wobei die zweite Flüssigsauerstoff-Leitung (34, 36, 37, 38) mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden unterhalb der ersten Flüssigsauerstoff-Leitung (29, 31, 33) mit der Niederdrucksäule (5) und mindestens einen theoretischen beziehungsweise praktischen Boden oberhalb der ersten Flüssigsauerstoff-Leitung (29, 31, 33) mit der Mischsäule verbunden ist.


 




Zeichnung

























Recherchenbericht