[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Zugsignalisierung, bei dem eine
von einem Positionsbestimmungssystem ermittelte Zugposition an eine Signalisierungseinheit
gesendet wird, in der Streckenpunkte und zugeordnete Signalisierungsdaten hinterlegt
sind, und bei Übereinstimmung der Zugposition mit einem hinterlegten Streckenpunkt
von der Signalisierungseinheit dem Streckenpunkt zugeordnete Signalisierungsdaten
an die Zugsteuereinheit gesendet werden, die die Signalisierungsdaten auswertet. Weiterhin
betrifft die vorliegende Erfindung ein System zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Derzeit zwingen länderspezifische und daher unterschiedliche Zugsicherungssysteme
für den schienengebundenen Verkehr noch zu kostenintensiven Mehrfachausrüstungen auf
Triebfahrzeugen für den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa. Deshalb wird ein
System entwickelt, das im Hinblick auf eine einheitliche Lösung zur weiteren Standardisierung
von Sicherungsanlagen auf Triebfahrzeugen beiträgt und damit zugleich Kosten senkt.
Dieses neue European Train Control System (ETCS) im European Railed Transport Management
System (ERTMS) bildet die technische Grundlage für den interoperablen Bahnbetrieb
in Europa.
[0003] Die ETCS-Spezifikation umfasst drei zentrale technische Ausrüstungslevel, die von
1 bis 3 durchnummeriert sind. Darüber hinaus wird die Fahrt in nicht ausgerüsteten
Regionen bzw. Streckenabschnitten vereinfachend als Level 0 bezeichnet. Diese Level
stellen keine Evolution oder Migrationsreihenfolge dar, sondern den Bereich der möglichen
Anpassung an nationale, regionale oder betriebliche Anforderungen. In der ETCS-Spezifikation
werden je nach Level verschiedene infrastrukturseitige bzw. gleisseitige wie zugseitige
Komponenten vorgeschrieben, zu denen in Level 1 bis 3 infrastrukturseitig sogenannte
Balisen gehören.
[0004] Eine Balise ist ein passiver Transponder, der bei der Überfahrt durch einen Zug angeregt
wird und anschließend Nachrichten an den Zug sendet. Eine an dem Zug angeordnete Antenne
aktiviert während der Überfahrt die Balise durch Aussenden eines Energiesignals. Die
Balise nutzt diese Energie, um Informationen zu senden, die im Zug empfangen und über
einen internen Datenbus an eine Zugsteuereinheit zur Auswertung weitergeleitet werden.
[0005] Man unterscheidet hierbei generell zwei Typen der Balisen. Erstens Festdatenbalisen,
die einen festen Datensatz, beispielsweise einen Ortscode, übertragen. Die Daten sind
fest in der Balise gespeichert, lassen sich aber unter Verwendung eines Programmiergerätes
kontaktlos umprogrammieren. Und zweitens transparente bzw. schaltbare Balisen, die
an eine Signalquelle gekoppelt sind und in Abhängigkeit vom anliegenden Signal verschiedene
Datensätze übertragen können. Dies können beispielsweise aus der Signalstellung resultierende
Anweisungen zur Geschwindigkeitssteuerung sein.
[0006] Balisen werden u. a. zur Übermittlung einer Identität zur topologischen Ortsreferenzierung
("elektronischer Kilometerstein") verwendet, können aber auch umfangreichere Nachrichten
übermitteln. Die Empfangseinrichtung im Zug wird als Balisenübertragungseinheit (Balise
Transmission Modul - BTM) bezeichnet, die selbst wieder an das ETCS-Fahrzeuggerät
bzw. die Zugsteuereinheit angeschlossen ist, welches u. a. die empfangenen Signalinformationen
verarbeitet. Das ETCS-Fahrzeuggerät kann damit die Signalinformationen, beispielsweise
ein Stopsignal, sowie die Positionsinformationen auswerten. Das ETCS-Fahrzeuggerät
steht darüber hinaus temporär über eine bahnspezifisch modifizierte Mobilfunkverbindung
durch eine so genannte Radio Infill Unit (RIU) mit dem zuständigen ETCS Radio Block
Center in Verbindung. Das ETCS Radio Block Center ist eine Zentrale zur Steuerung
des schienengebundenen Verkehrs.
[0007] Die Verbauung der Balisen in der Infrastruktur führt allerdings zu relativ hohen
Kosten. Das führt beispielsweise dazu, dass zwar der Ausrüstungsgrad der europäischen
Hauptstrecken mit Balisen recht hoch ist und somit die Blockgröße angemessen klein
ist. Mit Blockgröße wird hierbei der Abstand zwischen zwei verbauten Balisen bezeichnet.
Auf Nebenstrecken ist jedoch aufgrund des Kostendrucks die Dichte der Verbauung wesentlich
geringer. Dies führt zu einer ungenaueren und inhärent diskreten Zugortung und folglich
zu einer schlechteren Ausnutzung der Kapazität der Strecke.
[0008] In vielen Regionen, beispielsweise in neuen EU-Ländern und in Südosteuropa, ist ferner
die betriebliche Interoperabilität nicht gewährleistet, da viele Regional- und Nebenverkehrstrecken
als Strecken mit ETCS-Level 0 überhaupt nicht mit Balisen ausgerüstet sind. In diesen
Regionen drohen gar durch die Forderung nach Interoperabilität mit ETCS-Level 1 bis
3 ein massiver Streckenabbau und eine Verlagerung des Verkehrs auf die Straße.
[0009] Weiterhin ist von Nachteil, dass die örtliche Veränderung von Balisen sehr unflexibel
und teuer ist. Derzeit werden Balisen - sofern an der richtigen Stelle vorhanden -
auch zusätzlich dazu verwendet, herannahenden Zügen anzuzeigen, dass sich im weiteren
Gleisbereich Bauarbeiter aufhalten bzw. Bauarbeiter vor herannahenden Zügen zu warnen.
Eine Ummontage der Balisen ist sehr aufwendig. Deshalb müssen die Bauarbeiter üblicherweise
Gleiskontakte auslegen und diese über zum Teil einige Kilometer lange Kabel mit einer
Hornanlage verbinden. Bei einem Überfahren der Kontakte durch den Zug wird diese Hornanlage
ausgelöst und dadurch den Bauarbeitern akustisch angezeigt, dass sie nur noch wenig
Zeit haben, üblicherweise nur wenige Sekunden, um den Gefahrenbereich der Gleisbaustelle
sicher und ungefährdet zu verlassen.
[0010] In dem Artikel "The RUNE Projekt: Design and Demonstration of a GPS/EGNOS-Based Railway
User Navigation Equipment" von Angelo Ganghi et al., ION GPS/GNSS 2003, 9-12 September
2003, Portland, OR, wird ein System zur Bestimmung von dem zurückgelegten Weg und
der Geschwindigkeit auf der Basis der GNSS-Information beschrieben. An bestimmten,
vorher festgelegten Referenzpunkten werden definierte Ereignisse ausgelöst. Durch
die festgelegten Referenzpunkte, sind auf die Weise virtuelle Balisen implementiert.
Nachteil des RUNE-Projektes ist, dass die Referenzpunkte vor dem Fahrtbeginn festgelegt
werden und erst verändert werden können, wenn das System bei einem Stillstand des
Zuges neu implementiert wird. Folglich ist es mit einer virtuellen Balise gemäß dem
RUNE-Projekt nicht möglich, zeitnah die Zugsignalisierung an aktuelle Umstände anzupassen.
[0011] Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Zugsignalisierung
anzugeben, durch die eine Anpassung an besondere Situationen zeitnah ermöglicht ist.
[0012] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch
ein System mit den Merkmalen des Anspruchs 7 gelöst.
[0013] Erfindungsgemäß können bei einem gattungsgemäßen Verfahren die der Signalisierungseinheit
hinterlegten Streckenpunkte und/oder zugeordnete Signalisierungsdaten modifiziert
werden.
[0014] Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird eine zeitnahe Anpassung der virtuellen
Balise generiert, d.h. die Zugsteuereinheit erhält die erforderliche Information,
die die aktuelle und besondere Situation berücksichtigt. Hierzu sind in der Signalisierungseinheit
Ortskoordinaten der festgelegten Streckenpunkte gespeichert, für die jeweilige Signalisierungsdaten
hinterlegt sind. Die von dem Positionsbestimmungssystem an die Signalisierungseinheit
übermittelten Zugpositionen werden von dieser überwacht und bei dem Durchfahren einer
Position, die zu einem bestimmten Streckenpunkt gehört, werden die entsprechenden
Signalisierungsdaten an die Zugsteuereinheit gesendet. Die Zugsteuereinheit wird nun
die empfangenen Signalisierungsdaten genauso auswerten, wie im Stand der Technik die
von im Streckennetz verbauten physikalischen Balisen bei dem Überfahren an das Triebfahrzeug
gesendeten Nachrichten. Durch die zeitnahe Anpassung können Veränderungen in der Verkehrsplanung
bzw. Streckenführung berücksichtigt werden.
[0015] Hierdurch können auch Streckenabschnitte mit einem schwachen und mäßigen Verkehr
(SMV), für die eine Verbauung mit physischen Balisen aus Kostengründen unwirtschaftlich
und nicht sinnvoll wäre, für den schienengebundenen Verkehr genutzt werden.
[0016] In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die in der Signalisierungseinheit
hinterlegten Streckenpunkte und/oder Signalisierungsdaten über eine Funkverbindung
von einer Zentrale aus modifiziert werden können, beispielsweise über eine bahn-spezifisch
modifizierte Funkverbindung wie GSM-R von dem zuständigen ETCS Radio Block Center.
Dadurch ist eine Anpassung auch nach Fahrtantritt ermöglicht.
[0017] Bei einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen,
dass die Streckenpunkte in Abhängigkeit aktueller Randbedingungen dynamisch bestimmt
werden. Diese Randbedingungen werden vorteilhaft von am Zug vorgesehenen Sensoren
erfasst. Parameter können beispielsweise aktuelle Zuggeschwindigkeit, Höchstgeschwindigkeit,
maximales Beschleunigungs- und Bremsvermögen aber auch Zuglänge und witterungsabhängige
Einflüsse sein.
[0018] Bevorzugt wird zur Positionsbestimmung ein Satellitennavigationssystem (Global Navigation
Satellite System - GNSS), beispielsweise Galileo, verwendet. Dies ermöglicht die Ausführung
des Verfahrens auf allen Streckenabschnitten, die nicht überbaut sind (Tunnel o. ä.),
in dem gesamten grenzüberschreitenden Gebiet, in dem Signale von Galileo-Satelliten
empfangen werden können.
[0019] Eine weitere bevorzugte Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor,
dass von der Zugsteuereinheit in Abhängigkeit von den Signalisierungsdaten die Aussendung
eines Funksignals zur Verkehrssteuerung und/oder Warnung ausgelöst wird.
[0020] Schließlich ist bei einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
vorgesehen, dass bei einem Überfahren einer physischen Balise die von der Balise übertragenen
Daten anhand der in der Signalisierungseinheit hinterlegten und dem Streckenpunkt
zugeordneten Signalisierungsdaten überprüft werden. Dies eröffnet die Möglichkeit,
die virtuelle Balise zur Überwachung und Kontrolle physischer Balisen einzusetzen.
[0021] Das System zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens weist ein Positionsbestimmungssystem
zur Ermittlung der Zugposition, eine Signalisierungseinheit, in der Streckenpunkte
und zugeordnete Signalisierungsdaten modifizierbar hinterlegt sind, und eine Zugsteuereinheit
zur Auswertung der Signalisierungsdaten auf. Hierdurch wird ein triebfahrzeug- bzw.
zugseitiges System geschaffen, das durch fahrzeugseitige Ermittlung der aktuellen
Zugposition und Abgleich der Zugposition mit fahrzeugseitig hinterlegten Streckenpunkten
Signalisierungsdaten für die Zugsignalisierung einer Zugsteuereinheit unter Berücksichtigung
besonderer Situationen zur Verfügung stellt. Das hier geschaffene System ist unabhängig
von möglichen im Streckennetz verbauten Balisen.
[0022] Bevorzugt weist das Positionsbestimmungssystem ein Satellitennavigationssystem auf.
[0023] Vorteilhaft ist das erfindungsgemäße System mit einer Zugsteuereinheit ausgerüstet,
die zu dem European Train Control System (ETCS) im European Rail Transport Management
System (ERTMS) kompatibel ist. Hierdurch wird die Möglichkeit für ein europaweit einheitliches
Zugsignalisierungssystem geschaffen.
[0024] Bevorzugt weist das erfindungsgemäße System ein Sende/Empfangsgerät zum Empfangen
von Funknachrichten zur Modifizierung der hinterlegten Streckenpunkte und/oder Signalisierungsdaten
und/oder zum Senden von Steuerdaten an eine Zentrale oder einer Warnnachricht an eine
Warneinrichtung auf. Hierdurch besteht die Möglichkeit, zeitnah und situationsabhängig
den Schienenverkehr zu steuern.
[0025] Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels und
den beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Diese zeigen in:
- Figur 1 -
- eine schematische Darstellung des erfindungsgemäßen Systems zur Zugsignalisierung,
- Figur 2 -
- in der Draufsicht eine vereinfachte Darstellung eines Zugstreckenabschnitts.
[0026] In Figur 1 ist ein erfindungsgemäßes System zur Zugsignalisierung schematisch skizziert.
In der Figur ist ein schienengebundenes Triebfahrzeug 1 gezeigt. Das Triebfahrzeug
1 weist in seinem vorderen Bereich einen Steuerstand 2 auf, an dem das Triebfahrzeug
1 durch einen Triebfahrzeug- bzw. Zugführer 3 gesteuert und bedient wird. Bei dem
hier gezeigten Triebfahrzeug 1 handelt es sich um eine auf Schienen 4 fahrende Elektrolok
mit Stromabnehmern 5. In den Schienen 4 ist ein Gleisstromkreis integriert. Ferner
sind herkömmlich bekannte Balisen 6 und 7 gezeigt. Die Balisen 6 und 7 sind passive
Transponder, die bei einer Überfahrt durch das Triebfahrzeug 1 angeregt werden und
anschließend Nachrichten an den Zug senden.
[0027] An der Unterseite des Triebfahrzeugs 1 ist eine Empfangseinrichtung 8 angeordnet,
die auch als Balisenübertragungseinheit (Balise Transmission Modul - BTM) bezeichnet
wird. Die Empfangseinrichtung 8 ist über einen zuginternen Datenbus mit einer Zugsteuereinheit
9 verbunden, die im vorliegenden Beispiel ein ETCS-Fahrzeuggerät ist. Die Zugsteuereinheit
9 wertet die von der Balise 6 gesendeten Signalisierungsdaten aus und leitet ausgewertete
Signalinformationen an den Fahrzeugstand 2 weiter.
[0028] Die Figur 1 zeigt ferner eine Signalquelle 10, die über eine Leitung 11 mit einem
Stellwerk 12 verbunden ist und von dem Stellwerk 12 gesteuert wird. Ferner ist die
Signalquelle 10 mit einer gleisseitig angeordneten elektronischen Einheit 13 (Lineside
Electronic Unit - LEU) verbunden, die über eine Leitung 14 mit der schaltbaren Balise
7 verbunden ist. Bei einem Überfahren der Balise 7 durch das Triebfahrzeug 1 werden
von dieser Datensätze in Abhängigkeit des an der Signalquelle 10 anliegenden Signals
übertragen.
[0029] Das Triebfahrzeug 1 weist ferner ein Positionsbestimmungssystem 15 auf, das über
eine Antenne 16 Satellitensignale zur Positionsbestimmung empfängt. Zur Vereinfachung
ist in der Figur 1 lediglich ein Satellit 17 gezeigt, der beispielsweise Bestandteil
des Satellitennavigationssystems Galileo ist. Die vorstehend beschriebenen Bestandteile
des Systems sind bereits im Stand der Technik bekannt. Nachfolgend werden die erfindungsgemäß
zusätzlichen Komponenten und ihre Funktion beschrieben.
[0030] Die ermittelten Positionsdaten werden von dem Positionsbestimmungssystem 15 an eine
Signalisierungseinheit 18 weitergeleitet. Die Signalisierungseinheit 18 bildet die
übermittelte Positionsinformation auf die zugseitig gemäß ETCS-Spezifikation vorhandene
topologische Streckenkarte ab. Die Signalisierungseinheit 18 kann dann an in der Signalisierungseinheit
18 hinterlegten, frei wählbaren Streckenpunkten diesen zugeordnete Signalisierungsdaten
an die Zugsteuereinheit 9 absetzen, die von der Zugsteuereinheit 9 in der üblichen
Weise ausgewertet und weitergeleitet werden. Die Streckenpunkte und/oder die Signalisierungsdaten
sind dabei unter Berücksichtigung aktueller Ereignisse und Randbedingungen modifizierbar.
Da auf diese Weise die Zugsteuereinheit 9 ortsspezifische Signalisierungsdaten empfängt,
ohne dass notwendigerweise eine der beiden Balisen 6, 7, die im Schienennetz 4 verbaut
sind, eine entsprechende Signalnachricht senden, kann die Signalisierungseinheit 18
auch als virtuelle Balise bezeichnet werden.
[0031] Die Zugsteuereinheit 9 wertet die Signalisierungsinformation sowie die Positionsinformation
aus. Ferner kann die Zugsteuereinheit 9 zeitweise über eine bahnspezifisch modifizierte
Mobilfunkverbindung (GSM-R) durch eine an dem Triebfahrzeug 1 angeordnete Radio Infill
Unit (RIU) 19 mit einer zuständigen externen Zentrale 20, beispielsweise ein ETCS
Radio Block Center, in Verbindung stehen. Über diese Funkverbindung kann die Zugposition
sowie weitere Fahrparameter der Zentrale 20 übermittelt werden, wodurch in der Zentrale
20 die Informationen über mehrere Züge entsprechend zur Steuerung des Gesamtverkehrs
verwendet werden können. Die Ausnutzung der Streckenkapazitäten ist somit optimiert
und Wartezeiten einzelner Züge können auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert
werden.
[0032] Da die Zentrale 20 auch weitere Bahninfrastruktur ansteuert, beispielsweise Weichen
und Bahnübergänge, können diese zu einem optimalen Zeitpunkt angesteuert werden. Dieser
Zeitpunkt ist in der Regel abhängig von der Zugposition und den Fahrparametern. Unnötiges
langes Warten von Straßenfahrzeugen vor einem Bahnübergang kann somit vermieden werden.
[0033] Die Hinterlegung der den Streckenpunkten zugeordneten Signalisierungsdaten in der
zugseitigen Signalisierungseinheit 18 kann statisch oder dynamisch erfolgen, beispielsweise
per Eingabe durch den Fahrzeugführer 3 am Fahrzeugstand 2 oder über die modifizierte
Mobilfunkverbindung von dem zuständigen externen ETCS Radio Block Center 20 aus. Auch
können von zugseitig vorhandenen Sensoren ermittelte Parameter im System Berücksichtigung
finden.
[0034] Im statischen Fall bildet die virtuelle Balise bzw. die Signalisierungseinheit 18
einen Ersatz für physische, verbaute Balisen. Mit Hilfe des Positionsbestimmungssystems
15 werden an bestimmten Streckenpunkten, die vorher festgelegt werden, die jeweiligen
Signalisierungsdaten an die Zugsteuereinheit 9 übergeben. Im dynamischen Fall werden
diese Streckenpunkte, die bestimmte Signalisierungsdaten erfordern dynamisch ermittelt.
Die Anforderungen, nach denen die dynamische Ermittlung erfolgt, sind unter anderem
abhängig von den Fahrparametern des Zuges, beispielsweise die aktuelle Geschwindigkeit,
die Höchstgeschwindigkeit, maximales Brems- sowie Beschleunigungsvermögen. Somit werden
die Streckenpunkte für eine Auslösung bestimmter Signalisierungsdaten auch in Abhängigkeit
von dem Verhalten des Fahrzeugs oder Zuges bestimmt.
[0035] Der dynamische Fall erlaubt ferner die zeitnahe Anpassung der Signalisierungsdaten
an besondere verkehrstechnische Situationen. Dies kann beispielsweise eine stetig
aktualisierte Kennzeichnung einer Gleiswanderbaustelle sein. Der Einsatz der virtuellen
Balise bzw. die Signalisierungseinheit 18 bei einer stetig verändernden Ortsposition
eines Streckenpunktes ist vom Aufwand her in keiner Weise mit der Ummontage physischer
Balisen 6, 7 zu vergleichen. Die Verwendung virtueller dynamischer Balisen erlaubt
es, auf ETCS-Level 0 Strecken einen gewissen Grad an Interoperabilität zu erreichen,
so dass durch geeignete betriebliche Maßnahmen zwei ETCS-Level 1 bis 3 Strecken durch
eine so ausgestattete ETCS-Level 0 Strecke miteinander verbunden werden können.
[0036] Damit ist die operative Durchgängigkeit gewährleistet, sofern keine sonstigen Hindernisse,
beispielsweise veränderliche Spurbreiten oder unterschiedliche Stromsysteme, vorliegen.
Das Verfahren ist somit auch eine Verbesserung der Migrationsfähigkeit vorhandener
Systeme auf Kompatibilität zu der ETCS-Spezifikation. Eine satellitengestützte Lösung
bietet ferner die Chance, ohne Antastung der bestehenden Systeme eine neue einheitliche
Lösung zu schaffen.
[0037] Die hier vorgestellte virtuelle Balise bzw. die Signalisierungseinheit 18 kann zusätzlich
zur Verifikation und Überwachung verbauter, physischer Balisen 6, 7 dienen. Hierzu
sind in der Zugsteuereinheit 9 Prüfroutinen hinterlegt, die in einem normaloperativen
Betrieb die korrekte Funktionsfähigkeit physischer Balisen 6, 7 überprüfen. Die von
den Balisen 6, 7 empfangenen Signalisierungsdaten werden mit den Signalisierungsdaten
verglichen, die für die definierten Streckenpunkte bzw. für die geografischen Positionsangaben
in der Signalisierungseinheit 18 hinterlegt sind. Diese Überwachung führt zu einer
höheren Sicherheit für den schienengebundenen Verkehr.
[0038] Anhand der Figur 2 wird die Erfindung am Beispiel einer zu sichernden Wanderbaustelle
21 beschrieben. Es ist eine stark vereinfachte Draufsicht auf einen Streckenabschnitt
mit Gleisen 4 zu erkennen, auf dem ein Zug mit einem Triebfahrzeug 1 in Richtung des
Pfeils 22 fährt. Zur Positionsbestimmung empfängt das Triebfahrzeug 1 Signale eines
Satellitennavigationssystems, das hier durch den Satelliten 17 repräsentiert wird.
Es ist in der Figur 2 eine physische Balise 6 dargestellt, die bei einem Überfahren
eine Signalisierung auslöst und zusätzlich mittels einer Hornanlage 25 an der Wanderbaustelle
21 ein akustisches Wamsignal auslöst. Hierfür ist an der Position der Balise 6 zusätzlich
ein mit der Hornanlage verbundener Gleiskontakt vorgesehen.
[0039] In dem Fall, dass der Zug sich bereits hinter der letzten physischen Balise 6 befindet,
aber die Fahrt nicht normal fortgesetzt hat, beispielsweise weil er nach einer Notbremsung
und längerem Stillstand wieder anfährt, ist eine Warnung für die Wanderbaustelle 21
nicht mehr auslösbar. Mit Hilfe der virtuellen Balise, die in der Figur 2 durch ein
Balisensymbol 23 dargestellt wird, kann sichergestellt werden, dass bei dem Überfahren
des der virtuellen Balise 23 zugeordneten Streckenpunktes durch den Zug die Hornanlage
25 ausgelöst wird.
[0040] Die Position der virtuellen Balise kann zusammen mit den üblichen Parametern vor
Beginn der Abfahrt eines Zuges definiert werden. Diese statische Vorgehensweise berücksichtigt
allerdings nicht, dass die Wanderbaustelle 21 ihre Position während der Fahrt des
Zuges verändern kann. Besser ist daher eine dynamische Anpassung der definierten Position
bzw. der Streckenpunkte zur Auslösung einer Signalisierung noch während der Zugfahrt.
Dies kann beispielsweise per Cell-Broadcast im GSM-R (in entsprechend funktechnisch
abgedeckten Gebieten) oder per Geocast (beispielsweise DVB-T/S, DAB) erfolgen. Insbesondere
könnte hier auch das mit Galileo eingeführte Two-Way-Messaging-Verfahren gewinnbringend
eingesetzt werden, da dieses System inhärent eine globale Abdeckung haben wird und
die verfügbare Bandbreite für diese Art der Anwendung absolut ausreichen würde.
[0041] Durch ein geeignetes Konfigurationsterminal wäre bei einem dynamischen Verfahren
der Bautrupp selbst in die Lage versetzt, die virtuelle Warnbalise entsprechend der
Bedürfnisse in ausreichendem Abstand hinter sich herzuziehen. Dies bedeutet, dass
nach einer Verschiebung bzw. Wanderung der Gleisbaustelle 21 in Fahrtrichtung 22 des
Zuges die Signalisierung erst an einem späteren Streckenpunkt ausgelöst wird, der
mit der Bezugsziffer 24 als virtuelle Balise in der Figur 2 dargestellt ist.
[0042] Die Auslösung der Hornanlage 25 kann wiederum auch auf verschiedenen Kommunikationswegen
erfolgen. So kann die virtuelle Balise 23 bzw. 24 die Hornanlage 25 beispielsweise
direkt per Funk ansprechen, wenn diese sich in der Reichweite einer entsprechenden
zusätzlichen Sende- und Empfangseinrichtung im Zug befindet. Ebenso kann die mit ETCS
zugseitig vorhandene GSM-R Sende- und Empfangseinrichtung (RIU) bei entsprechender
Netzabdeckung in der Region dazu verwendet werden, die im Profil der virtuellen Balise
23, 24 hinterlegte Telefonnummer der zu alarmierenden Hornanlage 25 anzurufen.
[0043] Optimal im Sinne der Verfügbarkeit ist jedoch die Auslösung per erweitertem Galileo-SAR-Dienst,
in dem die Auslösung als spezifische SAR Distressed Message erfolgt und der mit Galileo
neu eingeführte SAR Rückkanal dazu verwendet wird, sowohl dem Zug das Absetzen der
Meldung zu bestätigen, als auch gleichzeitig die Hornanlage über die Auslösung zu
informieren. Hierbei ist insbesondere von Vorteil, dass der Galileo SAR Rückkanal
als Geocast angesehen werden kann und in plausiblen Szenarien immer davon auszugehen
ist, dass sich die Hornanlage 25 im gleichen geografischen Gebiet wie die auslösende
Balise 24 befindet.
[0044] Bei allen genannten Kommunikationsverfahren zur Auslösung der Hornanlage 25 ist die
maximale Verbindungsaufbauzeit zu beachten, da hier jede Verzögerung bei schnell fahrenden
Zügen die Vorwarnzeit des Bautrupps minimiert. Das hier beschriebene Verfahren geht
von der Grundlage aus, dass bestimmte Reaktionen nach definierten zeitlichen oder
räumlichen Anforderungen bestimmt werden, die auch von festen Randbedingungen des
Fahrzeugs oder Zugs abhängen, beispielsweise Höchstgeschwindigkeit und maximales Beschleunigungs-
und Bremsvermögen. Hiermit ergeben sich die Möglichkeiten, Einschalt- und Ausschaltpunkte
- allgemeine Refferenzpunkte für die Auslösung von Ereignissen - dynamisch in Abhängigkeit
vom Verhalten des Fahrzeugs oder Zugs zu bestimmen. Konkret wird die Warnung des Bautrupps
der Wanderbaustelle 21 genau in dem Moment ausgelöst, an dem die minimale Zeit bis
zur Ankunft an der Baustelle 21 für genau diesen Zug erreicht ist.
1. Verfahren zur Zugsignalisierung, bei dem eine von einem Positionsbestimmungssystem
ermittelte Zugposition an eine Signalisierungseinheit (18) gesendet wird, in der Streckenpunkte
und zugeordnete Signalisierungsdaten hinterlegt sind, und bei Übereinstimmung der
Zugposition mit einem hinterlegten Streckenpunkt von der Signalisierungseinheit (18)
dem Streckenpunkt zugeordnete Signalisierungsdaten an die Zugsteuereinheit (9) gesendet
werden, die die Signalisierungsdaten auswertet, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Signalisierungseinheit (18) hinterlegten Streckenpunkte und/oder Signalisierungsdaten
modifiziert werden können.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Signalisierungseinheit hinterlegten Streckenpunkte und/oder Signalisierungsdaten
über eine Funkverbindung von einer Zentrale modifiziert werden können.
3. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Streckenpunkte und/oder Signalisierungsdaten in Abhängigkeit aktueller Randbedingungen
dynamisch bestimmt werden.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zur Positionsbestimmung ein Satellitennavigationssystem verwendet wird.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass von der Zugsteuereinheit in Abhängigkeit von den Signalisierungsdaten die Aussendung
eines Funksignals zur Verkehrssteuerung und/oder Warnung ausgelöst wird.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Überfahren einer physischen Balise die von der Balise übertragenen Daten
anhand der in der Signalisierungseinheit hinterlegten und dem Streckenpunkt zugeordneten
Signalisierungsdaten überprüft werden.
7. System zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6, mit einem
Positionsbestimmungssystem (15) zur Ermittlung der Zugposition, einer Signalisierungseinheit
(18), in der Streckenpunkte und zugeordnete Signalisierungsdaten modifizierbar hinterlegt
sind, und einer Zugsteuereinheit (9) zur Auswertung der Signalisierungsdaten.
8. System nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Positionsbestimmungssystem (15) ein Satellitennavigationssystem aufweist.
9. System nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Zugsteuereinheit (9) zu dem European Train Control System (ETCS) im European
Rail Transport Management System (ERTMS) kompatibel ist.
10. System nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sende-/Empfangsgerät (19) zum Empfangen von Funknachrichten zur Modifizierung
der hinterlegten Streckenpunkte und/oder Signalisierungsdaten und/oder zum Senden
von Steuerdaten an eine Zentrale oder einer Warnnachricht an eine Warneinrichtung
vorgesehen ist.