[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Kompaktgraphit aufweisendem
Gusseisen mit Festigkeiten im Bereich von 350 bis 500 MPa aus einer Gusseisenschmelze.
[0002] Bei der Einteilung der verschiedenen Arten von Gusseisen nach ihren Festigkeitseigenschaften
liegt Gusseisen mit Kompaktgraphit, das üblicherweise mit der Kurzbezeichnung "GJV"
bezeichnet wird, mit Festigkeiten im Bereich von 350 bis 500 MPa zwischen Gusseisen
mit Lamellengraphit, das üblicherweise als "GJL" bezeichnet wird und Festigkeiten
im Bereich von 150 bis 350 MPa besitzt, und Gusseisen mit Kugelgraphit, das üblicherweise
unter der Bezeichnung "GJS" geführt wird und Festigkeiten von 350 bis 1000 MPa aufweist.
Der besondere Vorteil von Gusseisen mit Kompaktgraphit besteht dabei in einer günstigen
Kombination von hoher Festigkeit und guter Wärmeleitfähigkeit sowie gutem Dämpfungsverhalten.
[0003] Eine bekannte, verfahrenstechnisch einfach zu beherrschende Möglichkeit der Herstellung
von Gusseisen mit Kompaktgraphit besteht darin, der zu vergießenden Eisenschmelze
ein Seltenerdmetall, beispielsweise Cer in einer Menge zuzugeben, die in Abhängigkeit
vom Schwefelgehalt eingestellt wird. Eine Überdosierung muss dabei jedoch vermieden
werden, um die Bildung unerwünschten Gefüges und die so genannte "Weißerstarrung"
zu vermeiden (Gießerei-Lexikon Ausgabe 2001, 18. Aufl., Seite 573).
[0004] Wie im Einzelnen in der Europäischen Patentschrift EP 1 068 365 B1 beschrieben, wird
neben der Behandlung mit Cer oder anderen Seltenerdmetallen üblicherweise eine Magnesiumbehandlung
der zu vergießenden Eisengussschmelze durchgeführt, um Magnesiumsilikate im Gusseisen
zu erzeugen. Diese Magnesiumsilikate haben sich als besonders wirkungsvolle Keimbildner
herausgestellt. Allerdings wird durch die Zugabe von Magnesium zu der Eisenschmelze
die Schmelze auch desoxidiert. Da die Wirksamkeit der Magnesiumsilikate als Keimbildner
jedoch abhängig ist vom in der Schmelze vorhandenen Sauerstoff, ist demzufolge eine
genaue Kontrolle des Sauerstoffgehaltes der Schmelze von besonderer Bedeutung.
[0005] Die zur treffsicheren Bestimmung des Sauerstoffgehalts einer Eisengussschmelze erforderlichen
Informationen lassen sich beispielsweise aus Thermoanalysen, EMK-Messungen oder anderen
Analyseverfahren gewinnen, die im Zusammenhang mit Keimbildungs- und Keimwachstumsvorgängen
stehen. So ist in der EP 1 068 365 B1 vorgeschlagen worden, zur Einstellung eines
optimalen Sauerstoffgehaltes in einer für die Erzeugung von Kompaktgraphitguss bestimmten
Schmelze zunächst eine Ausgangsschmelze mit einem niedrigen Schwefelgehalt herzustellen,
wie es herkömmliche Praxis bei der Herstellung von nodularen Gusseisen ist. Der Siliziumgehalt
wird dabei niedriger als ein gewünschter Endwert eingestellt, so dass die auf Basis
der C-Gehalte und Si-Gehalte berechnete Schmelzentemperatur "TE", bei der eine weitere
Aufnahme von Sauerstoff zur Bildung von gesättigtem SiO
2 führt, in der Nähe von beispielsweise 1.400 °C liegt. Die tatsächliche Schmelztemperatur
"TM" wird nachfolgend auf einen Wert etwas unterhalb von der Temperatur "TB" eingestellt,
bei der sich Bläschen aufgrund des Austritts von CO-Gas aus der Schmelze bilden. Nach
einer gewissen Zeit bei einer spezifischen Temperatur, während der die Schmelze Sauerstoff
aus der Umgebung aufnimmt, wird der nun erhaltene Sauerstoffgehalt der Schmelze mit
einem thermischen Standardanalyseverfahren gemessen. Dieses muss neben dem Sauerstoffgehalt
auch Informationen bezüglich der Arten des Kristallisationsverhaltens der Schmelze
und deren Oxideinschlüsse liefern. Wenn der Gehalt an Sauerstoff einen Wert von 50
- 100 ppm erreicht hat, wird Silizium zugegeben, bis die jeweils berechnete Temperatur
"TE" nun nur noch ca. 20 °C unter der tatsächlichen Temperatur "TM" der Schmelze liegt.
[0006] In der praktischen Umsetzung erweisen sich die bekannten Wege der Bestimmung der
Mengen an Sauerstoff und Mischoxiden als schwierig handhabbar, die einer Eisenschmelze
zuzugeben sind, um die gewünschte Graphitbildung zu erzielen. Darüber hinaus setzen
sie einen hohen apparativen Aufwand voraus, der nicht nur kostenaufwändig ist, sondern
unter den in der Praxis bestehenden harten Betriebsdingungen auch störungsanfällig
ist.
[0007] Ausgehend von dem voranstehend erläuterten Stand der Technik bestand daher die Aufgabe
der Erfindung darin, ein Verfahren zu schaffen, das bei hoher Betriebssicherheit und
geringem Aufwand die sichere Erzeugung von Eisenguss mit Kompaktgraphit ermöglicht.
[0008] Diese Aufgabe ist durch ein Verfahren zum Herstellen von Kompaktgraphit aufweisendem
Gusseisen mit Festigkeiten im Bereich von 350 bis 500 MPa aus einer Gusseisenschmelze,
bei dem der Gusseisenschmelze beim Vergießen ein Seltenerdmetall-haltiges Vorkonditionierungsmittel
zugegeben wird, erfindungsgemäß dadurch gelöst worden, dass die zugegebene Menge M
REM an Seltenerdmetall in Abhängigkeit von der Menge M
S des in der jeweils vergossenen Menge an Gusseisenschmelze enthaltenen Schwefels nach
folgender Maßgabe bemessen wird:

mit k = 2, 8 - 3, 5;
M
REM, M
S angegeben in kg pro Tonne Eisenschmelze.
[0009] Die Erfindung sieht vor, dem Gusseisen entsprechend der an sich bereits bekannten
Vorgehensweise ein Seltenerdmetall zuzusetzen, mit dem gezielt die Entstehung von
Kompaktgraphit im Gusseisen unterstützt wird. Bei dem Seltenerdmetall handelt es sich
bevorzugt um das für diesen Zweck bereits erfolgreich eingesetzte Cer.
[0010] Anders als bisher im Stand der Technik vorgesehen bemisst sich die zugegebene Menge
an Seltenerdmetall erfindungsgemäß auf Grundlage des Schwefelgehaltes der Eisengussschmelze,
der nach deren Erschmelzung vorhanden ist. Dieser Schwefelgehalt ist abhängig vom
Schwefelgehalt der Materialien, aus denen die zu vergießende Eisenschmelze erschmolzen
wird, und wird standardmäßig im Zuge der Erschmelzung erfasst.
[0011] Es hat sich herausgestellt, dass der auf einfache Weise routinemäßig erfassbare Schwefelgehalt
der Schmelze in einem direkten linearen Zusammenhang mit der Menge an Seltenerdmetall
steht, die für die Vorkonditionierung der Schmelze zur Entstehung des Kompaktgraphits
im Gusseisen erforderlich ist. Anders als von der Fachwelt bisher angenommen, bedarf
es bei der erfindungsgemäßen Vorgehensweise somit keiner aufwändigen Mess- und Regelvorgänge,
um die jeweils erforderliche Menge an Mghaltiger Vorlegierung zu bestimmen, die der
Schmelze zugegeben werden muss, um den gewünschten Graphit im Eisenguss zu bilden.
[0012] Gemäß der Erfindung wird zunächst eine Basisschmelze erschmolzen, die beispielsweise
(in Gew.-%) 3,50 - 3,90 % C, 1,10 - 2,20 % Si, 0,30 - 0,50 % Mn, 0,05 - 0,07 % Cr,
0,005 - 0,025 % S, 0,40 - 0,90 % Cu, 0,09 - 0,10 % Sn, bis zu 0,01 % Ti und als Rest
Eisen sowie unvermeidbare Verunreinigungen enthalten kann. Grundsätzlich kann dabei
die Erschmelzung in einem Kupolofen mit nachgelagerter Entschwefelung durchgeführt
werden. Bevorzugt wird die Gusseisenschmelze jedoch im Elektroofen erzeugt, um möglichst
geringe Schwefelgehalte der Eisenschmelze zu erzielen. Diese liegen vorzugsweise im
Bereich von 0,005 bis 0,020 Gew.-%, wobei sich optimierte Eigenschaften des erhaltenen
Gusseisens einstellen, wenn der S-Gehalt der Eisenschmelze 0,007 bis 0,020 Gew.-%
beträgt. Der typische C-Gehalt von zu Gusseisen mit Kompaktgraphit vergossenen Eisenschmelzen
liegt im Bereich von 3,65 - 3,80 Gew.-%. Der Si-Gehalt solcher Eisenschmelzen beträgt
typischerweise 1,10 bis 2,00 Gew.-%.
[0013] Unmittelbar vor dem Behandeln mit Magnesium wird der Eisengussschmelze dann die in
erfindungsgemäßer Weise ermittelte Menge an Seltenerdmetall zugegeben. Zu diesem Zweck
können die in der Praxis bereits bewährten handelsüblichen Behandlungsmittel eingesetzt
werden. Solche Behandlungsmittels weisen typischerweise (in Gew.-%) 47 - 55 % Ce,
24 - 35 % La, 8 - 15 % Nd und 3 - 8 % Pr auf. Die Zugabe des Behandlungsmittels erfolgt
bevorzugt unmittelbar vor der Magnesiumbehandlung.
[0014] Wird Cer in erfindungsgemäßer Weise als Seltenerdmetall zur Vorkonditionierung der
Eisenschmelze eingesetzt, so sind die Freien Bildungsenthalpien zwischen Cer, Sauerstoff
und Schwefel größer als die Freien Gibbschen Enthalpien zwischen Silizium und Sauerstoff.
Daher kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer vollständigen Umsetzung des
Cers zu Ceroxisulfiden, Cersulfiden und Ceroxiden kommt. Diese Partikel begünstigen
die homogene Keimbildungskatalyse, so dass im Ergebnis ein Gusseisen mit einer für
das angestrebte Eigenschaftsspektrum optimalen Ausprägung des Graphits erhalten wird.
[0015] Praktische Versuche haben ergeben, dass sich optimierte Eigenschaften des Gusseisens
einstellen, wenn die erfindungsgemäße Zugabe an Seltenerdmetall derart vorgenommen
wird, dass der im erhaltenen Gusseisen vorliegende Graphit nur zu 5 bis 30 % in Kugelgestalt
vorliegt.
[0016] Die erfindungsgemäß vorgenommene Zugabe von Seltenerdmetall zu der jeweiligen Eisenschmelze
führt überraschenderweise zur Entstehung von möglichst kleinen und in der Schmelze
gut verteilten Seltenerdpartikeln. Praktische Versuche haben dabei gezeigt, dass sich
bei Verwendung von Cerhaltigem Behandlungsmittel ein Gusseisen mit optimierten Eigenschaften
erzeugen lässt, indem die Cer-Zugabe so vorgenommen wird, dass das erhaltene Gusseisen
10
-2 bis 10
-3 Atom-% Ceroxisulfide enthält.
[0017] Abhängig von der konkreten Zusammensetzung des jeweiligen Behandlungsmittels und
der in Kombination mit dem jeweiligen Seltenerdmetall zugegebenen anderen der Keimbildung
oder Oxidation wirksamen Elementen kann der zur Bestimmung der zugegebenen Menge M
REM angewendete Faktor k zwischen 2,5 und 3,5 variiert werden. Untersuchungen haben gezeigt,
dass sich der Erfolg der Erfindung bei Verwendung von Cer-haltigen Behandlungsmitteln
besonders sicher einstellt, wenn der Faktor k im Bereich von 3,0 bis 3,3 liegt, insbesondere
gleich 3,2 ist.
[0018] An die in erfindungsgemäßer Weise vorgenommene Vorkonditionierung kann sich in an
sich bekannter Weise eine Magnesiumbehandlung anschließen, bei der ein Mg-haltiges
Impfmittel zugegeben wird, um im erhaltenen Gussstück einen Mg-Gehalt einzustellen,
der 0,008 Gew.-% bis 0,014 Gew.-% beträgt. Aufgrund der höheren Abkühlgeschwindigkeit
dünnwandigerer Gussstücke sollte sich der Mg-Gehalt solcher Teile im unteren Abschnitt
dieses Bereichs bewegen, während dickwandigere Gussstücke Mg-Gehalte aufweisen sollten,
die bis zur Obergrenze des genannten Bereichs gehen.
[0019] Die Erfindung ermöglicht eine denkbar einfache Vorgehensweise bei der Vorkonditionierung
einer Gusseisenschmelze. So benötigt der Gießer, der mit dem Behandeln der Schmelze
befasst ist, lediglich eine Angabe über die in der jeweils vergossenen Menge an Eisengussschmelze
enthaltene Schwefelmenge M
S. Basierend auf dieser Mengenangabe kann er dann beispielsweise anhand eines einfachen
Diagramms die jeweils benötigte Menge am jeweils vorgesehenen Seltenerdmetall bestimmen.
Ein Beispiel für ein solches Diagramm ist beigefügt.
[0020] In diesem Diagramm ist der erfindungsgemäß auf Basis der Formel

hergestellte Zusammenhang beispielhaft für ein Cer-haltiges Behandlungsmittel dargestellt,
wobei der Faktor k gleich 3,2 gesetzt ist.
1. Verfahren zum Herstellen von Kompaktgraphit aufweisendem Gusseisen mit Festigkeiten
im Bereich von 350 bis 500 MPa aus einer Gusseisenschmelze, bei dem der Gusseisenschmelze
beim Vergießen ein Seltenerdmetall-haltiges Vorkonditionierungsmittel zugegeben wird,
dadurch gekennzeichnet, dass die zugegebene Menge M
REM an Seltenerdmetall in Abhängigkeit von der Menge M
S des in der jeweils vergossenen Menge an Gusseisenschmelze enthaltenen Schwefels nach
folgender Maßgabe bemessen wird:

mit k = 2,8 - 3,5;
M
REM, M
S angegeben in kg pro Tonne Eisenschmelze.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der im erhaltenen Gusseisen vorliegende Graphit zu 5 bis 30 % in Kugelgestalt vorliegt.
3. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass eine Gusseisenschmelze mit folgender Zusammensetzung vergossen wird (in Gew.-%):
C: 3,50 - 3,90 %
Si: 1,10 - 2,20 %
Mn: 0,30 - 0,50 %
Cr: 0,05 - 0,07 %
S: 0,005 - 0,025 %
Cu: 0,40 - 0,90 %
Sn: 0,09 - 0,10 %
Ti: ≤ 0,01 %
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der C-Gehalt der Eisenschmelze 3,65 - 3,80 Gew.-% beträgt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Si-Gehalt der Eisenschmelze 1,10 bis 2,00 Gew.-% beträgt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der S-Gehalt der Eisenschmelze 0,005 bis 0,020 Gew.-% beträgt.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der S-Gehalt der Eisenschmelze 0,007 bis 0,020 Gew.-% beträgt.
8. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der zur Bestimmung der zugegebenen Menge MREM angewendete Faktor k zwischen 3,0 und 3,3 liegt.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass der zur Bestimmung der zugegebenen Menge MREM angewendete Faktor k gleich 3,2 ist.
10. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Eisengussschmelze nach der Vorkonditionierung ein Mg-haltiges Impfmittel zugegeben
wird, um im erhaltenen Gussstück einen Mg-Gehalt einzustellen, der 0,008 bis 0,014
Gew.-% beträgt.
11. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,dass das Seltenerdmetall Cer ist.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass das erhaltene Gusseisen 10-2 bis 10-3 Atom-% Ceroxisulfide enthält.