[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörhilfegerät mit einer Messeinrichtung zum
Messen eines Rückkopplungspfads und einer Bedieneinrichtung zum Bedienen des Hörgeräts
durch den Hörgeräteträger.
[0002] Bislang sind zwei Ansätze bekannt, ein Hörhilfegerät an eine individuelle Rückkopplungssituation
anzupassen. Bei einem ersten Ansatz ist der tatsächliche Rückkopplungs- bzw. Feedbackpfad
bzw. seine Eigenschaften nicht bekannt und es läuft ständig eine sogenannte Adaption,
wobei die Gefahr von Artefakten sehr hoch ist. Gemäß dem zweiten Ansatz wird zunächst
der tatsächliche Feedbackpfad durch einen Anpasscomputer oder ein Programmiergerät
gemessen. Aus dieser Messung ergeben sich Grundwerte für die Feedbackreduktion und
es muss nur noch eine minimale kontinuierliche Adaption durch das Hörgerät ausgehend
von diesen Grundwerten durchgeführt werden oder es wird auf diese Feinadaption gänzlich
verzichtet. Da für das Messen des Feedbackpfads ein spezieller Anpasscomputer notwendig
ist, wird die Messung nur von einem Akustiker, nie jedoch von einem Hörgeräteträger
selbst durchgeführt.
[0003] Aus dem US-Patent US 4 783 818 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur adaptiven
Filterung von akustischen Rückkopplungssignalen bekannt. Zur Identifikation der akustischen
Rückkopplungsparameter wird die Konfiguration des Kommunikationssystems von einem
üblichen Betriebsmodus in einen Parameteridentifikationsmodus gewechselt. Dabei wird
der Verstärker in üblicher Weise von dem Mikrofon und dem Lautsprecher getrennt und
durch einen Identifikationsschaltkreis ersetzt. Zwischen den beiden Modi wird automatisch
in Abhängigkeit eines Schwellwerts hin- und hergeschaltet. Nachteilig daran ist, dass
das Hörgerät dann für den normalen Hörbetrieb unter Umständen sehr häufig ausfällt,
nämlich immer dann, wenn es in den Identifikationsmodus wechselt.
[0004] Ferner sind aus den Druckschriften EP 0 415 677 B1, EP 0 634 084 B1 und WO 94/09604
Hörgeräte mit Feedbackunterdrückung bekannt. Dabei werden teilweise eigene Geräuschquellen
eingesetzt.
[0005] Darüber hinaus ist in der Patentschrift DE 41 28 172 C2 ein digitales Hörgerät beschrieben,
bei dem ein akustischer Sensor eine otoakustische Reaktion des Innenohrs des Hörgeräteträgers
auf die von einem elektroakustischen Wandler abgegebenen Messtöne erfasst. Ein Mikrorechner
nimmt anhand der jeweiligen Sensorspannung einen Vergleich und eine Korrektur der
Übertragungsfunktion vor. Eingeleitet wird der Mess- und Korrekturvorgang beispielsweise
durch Betätigen einer mit dem Mikrorechner verbundenen Taste, die die Funktion eines
Schalters hat.
[0006] In dem Artikel Bisgaard, Nikolai; Dyrlund, Ole; "DFS - ein neues digitales System
zur Rückkopplungsunterdrückung in Hörgeräten"; in Audiologische Akustik 5/91, Seiten
166, 168 und 173 - 177 ist ein digitales System zur Rückkopplungsunterdrückung in
Hörgeräten beschrieben. Hier ist das Rückkopplungssignal als der Teil des Ausgangssignals
definiert, der zum Mikrofon zurückgeführt wird. Die Rückführung erfolgt entweder durch
eine Belüftungsrille oder eine Undichtigkeit zwischen Ohrpassstück und Gehörgang.
Ist die Dämpfung auf der Strecke des Rückkopplungssignals geringer als die Verstärkung
des Hörgeräts, treten im System Schwingungen mit einem sehr hohen Schalldruckpegel
auf. Das digitale Rückkopplungsunterdrückungssystem misst laufend den Frequenzgang
der Rückkopplungsstrecke und erzeugt ein Korrektursignal, das mit dem Eingangssignal
überlagert wird, um die Rückkopplung zu unterdrücken. Dieses System weist jedoch auch
die oben genannten Nachteile eines ständig adaptierenden Systems auf.
[0007] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Feedbackreduktion für den
Nutzer einer Hörvorrichtung so komfortabel wie möglich zu gestalten.
[0008] Erfindungsgemäß wird hierzu bereitgestellt eine Hörvorrichtung mit einer Messeinrichtung
zum Messen eines Rückkopplungspfads der Hörvorrichtung und einer Bedieneinrichtung
zum Bedienen der Hörvorrichtung durch den Träger, wobei mit der Bedieneinrichtung
ein Messzyklus zum Bestimmen mindestens einer Eigenschaft des Rückkopplungspfads auslösbar
ist.
[0009] Die Erfindung basiert auf dem Gedanken, eine Hörvorrichtung und insbesondere ein
Hörgerät mit einem Feedback-Kompensator zu schaffen, der sich selbsttätig nach bewusster
Aktivierung durch den Träger bzw. Hörgeräteträger initialisiert. Hierzu kann beispielsweise
eine Art adaptives Filtern zur Feedback-Kompensation verwendet werden, welches jedoch
nicht permanent, sondern nur während einer Einmessphase adaptiert. Danach werden die
so ermittelten Parameter dauerhaft festgehalten. Dies bedeutet, dass ein Hörhilfegerät
auf Veranlassung des Hörgeräteträgers hin selbstständig den aktuellen Feedbackpfad
messen und (programmabhängig) dauerhaft im Hörgerät abspeichern kann, ohne dass dazu
ein Programmiergerät an das Hörhilfegerät angeschlossen oder irgendeine Verbindung
zu einem externen Computer hergestellt sein muss.
[0010] Vorzugsweise ist die Bedieneinrichtung der Hörvorrichtung als Fernbedienung realisiert.
Damit kann auf einen eigenen Schaltmechanismus für das Auslösen der Messphase verzichtet
werden.
[0011] Die Bedieneinrichtung kann mehrere Tasten aufweisen, wobei der Messzyklus durch eine
Tastenkombination auslösbar ist. Der Messzyklus kann aber auch durch eine vorgegebene
zeitliche Abfolge einer Betätigung einer Taste ausgelöst werden. Auf diese Weise können
für das Auslösen des Messzyklus Tasten verwendet werden, die auch für andere Funktionalitäten
eingesetzt sind.
[0012] Entsprechend einer ebenfalls bevorzugten Ausführungsform ist die Bedieneinrichtung
von außen unsichtbar in der Schale des Hörhilfegeräts bzw. der Hörvorrichtung angeordnet.
Hierzu kann die Bedieneinrichtung beispielsweise ein Reedrelais als Magnetfelddetektor
oder einen Hochfrequenzdetektor umfassen. Beide ermöglichen eine Bediendung des Hörgeräts
durch die Hörgeräteschale hindurch.
[0013] Vorteilhaft ist auch, wenn die erfindungsgemäße Hörvorrichtung einen Signalgenerator
zur Ausgabe eines Kontrolltons bei Aktivierung und/oder bei Beendigung des Messzyklus
aufweist. Alternativ oder zusätzlich kann ein Kontrollton auch bei erfolgreicher/nicht
erfolgreicher Durchführung des Messzyklus ausgegeben werden. Anstelle des Kontrolltons
eignen sich auch optische oder taktile Signale zur Kontrolle des Messzyklus.
[0014] In einer speziellen Ausgestaltung weist die Bedieneinrichtung einen Schallempfänger
auf, so dass der Messzyklus durch einen Ton oder eine Abfolge von Tönen auslösbar
oder beeinflussbar ist. Damit kann der Messzyklus beispielsweise mit Hilfe eines Handy
ausgelöst werden, das entsprechende Tastentöne ausgibt.
[0015] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert,
die ein Flussdiagramm für das Einmessen eines Hörhilfegeräts wiedergibt.
[0016] Das nachfolgend näher geschilderte Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar.
[0017] In einem erfindungsgemäßen Hörgerät ist eine spezielle Steuerung implementiert, die
durch eine vorgegebene Bedienung des Hörgeräts zur Durchführung eines Einmessvorgangs
aktiviert wird. Die gemessenen Koeffizienten werden in einen nicht flüchtigen Speicher
des Hörgeräts geschrieben. Ab diesem Zeitpunkt, auch nach Ausschalten und Batteriewechsel
bleibt der im Hörgerät vorhandene Feedbackalgorithmus mit den gemessenen Parametern
voreingestellt. Dadurch ist sofort eine wirksame Feedbackreduktion gegeben. Da der
Feedbackalgorithmus nicht mehr adaptieren muss, gibt es keine Adaptionsartefakte.
[0018] Der Vorzug der erfindungsgemäßen Einmessmethode besteht darin, dass auch bei nicht
programmierbaren Geräten (z. B. Headsets) oder bei Geräten, bei denen die Anpassung
nicht über einen Akustiker geschieht, so komplexe Algorithmen wie ein Feedbackkompensator
individuell eingemessen und voreingestellt werden können. Dadurch werden Einmessvorgänge
nutzerfreundlicher.
[0019] Im Einzelnen erfolgt der Einmessvorgang entsprechend den Schritten aus der Figur.
Der Schritt S1 deutet symbolisch an, dass die Hörvorrichtung oder speziell das Hörgerät
zum Durchführen eines Einmessvorgangs bereit ist. In einem Schritt S2 löst der Benutzer
den Einmessvorgang durch bewusste Bedienung aus. Hierzu gibt gegebenenfalls eine Bedienungsanleitung
oder eine anderweitige Information dem Hörgeräteträger die notwendigen Hinweise und
Erläuterungen zu dem System. Beispielsweise muss eine spezielle Tastenkombination
oder ein Bedienelement in einer bestimmten zeitlichen Abfolge betätigt werden. Dies
kann sowohl direkt am Hörgerät oder an einer eventuell vorhandenen Fernbedienung ausgeführt
werden. Eine weitere Alternative besteht, wie bereits erwähnt, darin, ein nicht sichtbares
Bedienelement, z. B. ein Reedrelais oder einen RFID-Detektor am Hörgerät vorzusehen
und den Einmessvorgang darüber zu starten.
[0020] Nach dem Start des Einmessvorgangs gibt das Hörgerät günstigerweise ein Kontrollsignal
aus (Schritt S3), das dem Hörgeräteträger den Start des Einmesssystems anzeigt. Dieses
Kontrollsignal kann ein Ton, aber auch ein optisches Signal sein. In einem anschließenden
Schritt S4 wird das Hörgerät in den Messzustand versetzt. Dabei werden eventuell spezielle
Geräteeinstellungen vorgenommen.
[0021] Der Messvorgang ist somit gemäß Schritt S5 gestartet und es wird ein Messsignal ausgegeben.
Beispielsweise wird ein definiertes Rauschen über den Hörer abgegeben. Von einem Eingangswandler,
z. B. einem Mikrofon wird der zurückkommende Anteil des Messgeräuschs gemäß Schritt
S6 aufgenommen und einer Analyseeinheit zugeführt.
[0022] In einem Schritt S7 wird überprüft, ob die Messung erfolgreich beendet wurde. Dabei
wird beispielsweise überwacht, ob eine Messzeit abgelaufen und/oder ein Fehlerparameter
unter eine bestimmte Grenze gesunken ist. Nach erfolgreicher Messung werden die gemessenen
Parameter für das aktuelle Programm dauerhaft in einem nicht flüchtigen Speicher des
Hörgeräts entsprechend Schritt S8 abgelegt. Anschließend kehrt das Hörgerät wieder
in den ursprünglichen Betriebszustand gemäß Schritt S9 zurück. Das Feedbacksystem
arbeitet nun jedoch mit den neu gemessenen Parametern. Daraufhin gibt das Hörgerät
entsprechend Schritt S10 ein Kontrollsignal an den Hörgeräteträger über die erfolgreiche
Messung aus. Auch dieses Kontrollsignal kann optischer, akustischer oder aber auch
taktiler Natur sein. Der Feedbackalgorithmus steht nun mit den aktualisierten Voreinstellungen
zur Verfügung und kann ohne Artefakte arbeiten, da eine zusätzliche Adaption nicht
oder nur in sehr geringem Umfang notwendig ist.
[0023] Sollte später aufgrund von Änderungen des Sitzes der Otoplastik oder des Hörgeräts
ein erneutes Einmessen notwendig sein, so kann dies leicht durch Wiederholung des
oben genannten Ablaufs getan werden. Der Ablauf ist prinzipiell beliebig oft wiederholbar.
[0024] Ist die Messung nach Schritt S7 noch nicht beendet, so werden entsprechend Schritt
S11 ein oder mehrere Abbruchkriterien überprüft. Dazu zählt beispielsweise die Zeitüberschreitung
oder das Vorliegen einer bestimmten Fehlerbedingung. Sind die Abbruchkriterien nicht
erfüllt, so geht die Messung mit Schritt S5 weiter. Ist die Erfüllung eines Abbruchkriteriums
hingegen gegeben, so kehrt entsprechend Schritt S12 das Hörgerät in den ursprünglichen
Betriebszustand zurück, aber es werden keine Parameter abgespeichert. Dies bedeutet,
dass das Feedbacksystem mit den alten Parametern weiter arbeitet.
[0025] Auch bei der nicht erfolgreichen Messung wird gemäß Schritt S13 ein Kontrollsignal
optischer, akustischer oder taktiler Natur ausgegeben und dem Benutzer dadurch angedeutet,
dass das Einmessen, d. h., das Messen des Rückkopplungs- bzw. Feedbackpfads, gescheitert
ist. Das Ende des gesamten Messvorgangs wird in der Grafik durch Schritt S14 symbolisiert.
[0026] Das beschriebene Verfahren zum Einmessen eines Hörhilfegeräts hinsichtlich eines
Rückkopplungspfads kann für beliebige Hörgeräte, aber auch für nicht programmierbare
Headsets und dergleichen verwendet werden. In jedem Fall kann durch das Einmessen
eine statische, aktuell optimierte Kompensation der Rückkopplung erreicht werden.
In vielen Fällen erübrigt sich dadurch eine dynamische Kompensation, oder aber die
dynamische Kompensation kann in sehr geringem Rahmen durchgeführt werden.
1. Hörvorrichtung mit
- einer Messeinrichtung zum Messen eines Rückkopplungspfads der Hörvorrichtung und
- einer Bedieneinrichtung zum Bedienen der Hörvorrichtung durch den Träger,
dadurch gekennzeichnet, dass
- mit der Bedieneinrichtung ein Messzyklus zum Bestimmen mindestens einer Eigenschaft
des Rückkopplungspfads auslösbar (S2) ist.
2. Hörvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Bedieneinrichtung eine Fernbedienung ist.
3. Hörvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Bedieneinrichtung mehrere Tasten
aufweist und der Messzyklus durch eine Tastenkombination auslösbar (S2) ist.
4. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der Messzyklus durch
eine vorgegebenen zeitliche Abfolge einer Betätigung einer Taste auslösbar ist.
5. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Bedieneinrichtung
von außen unsichtbar in der Schale der Hörvorrichtung angeordnet ist.
6. Hörvorrichtung nach Anspruch 5, wobei die Bedieneinrichtung einen Magnetfelddetektor
oder einen Hochfrequenzdetektor umfasst.
7. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, das einen Signalgenerator
zur Ausgabe (S3, S10, S13) eines Kontrolltons bei Aktivierung und/oder bei Beendigung
des Messzyklus aufweist.
8. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, das einen Signalgenerator
zur Ausgabe (S3, S10, S13) eines Kontrolltons bei erfolgreicher und eines weiteren
Kontrolltons bei nicht erfolgreicher Durchführung des Messzyklus (S7) aufweist.
9. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, das eine optische Signalisierungseinrichtung
und/oder einen Bewegungsgeber zur Ausgabe (S3, S10, S13) eines Kontrollsignals bezüglich
der Durchführung eines Messzyklus aufweist.
10. Hörvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Bedieneinrichtung einen Schallempfänger
aufweist, so dass der Messzyklus durch einen Ton oder eine Abfolge von Tönen auslösbar
oder beeinflussbar ist.