[0001] Die Erfindung betrifft einen Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte.
[0002] Bei kollisionssicheren Schienenfahrzeugen werden am Fahrzeug Verformungszonen angeordnet.
Aufgrund der Dynamik eines Zugverbandes muss ein großer Teil der Kollisionsenergie
an der Fahrzeugspitze, insbesondere im Untergestell absorbiert werden. Bei Fahrzeugen
mit kurzer Spitze - eigentlich bei fast allen Fahrzeugen - ist es erforderlich, einen
Teil der Fahrerkabine in die energieabsorbierende Verformung einzubeziehen. Für den
Fahrer wird dabei ein schwer verformbarer Überlebensraum vorgesehen, während sich
der Rest der Fahrerkabine mehr oder weniger kontrolliert verformt.
[0003] Aus der
DE 198 17 860 A1 ist beispielsweise eine Sicherheitseinrichtung für Fahrzeugführer von Schienenfahrzeugen
bekannt, die aus einer dem Kopfträger vorgelagerten Kollisionsschutzeinrichtung bekannter
Bauart, einer am Kopfträger anschließenden Knautschzone im Bereich des Fahrzeugführerraums,
einem Fahrpult, einem Sitzgestell und einem Fahrersitz besteht. Der Kopfträger, die
Rammschutzkonstruktion, das Fahrpult, das Sitzgestell und der Fahrersitz stehen in
derartiger Wirkverbindung miteinander, dass sie bei Deformation der Knautschzone ihre
Position zueinander nicht in einer den Fahrzeugführer gefährdenden Weise verändern
sollen. Der Kopfträger, die Rammschutzkonstruktion, das Fahrpult, das Sitzgestell
und der Fahrersitz sind derart miteinander verbunden, dass die genannten Bauteile
bei Deformationen der Knautschzone gemeinsam in Richtung Fahrgastraum verschoben werden.
Das Sitzgestell und der Sitz des Fahrzeugführers sind gegenüber dem Höhenniveau der
Knautschzone soweit angehoben, dass sich einerseits die Knautschzone unterhalb des
Sitzes ungehindert verformen kann und andererseits eine ungehinderte Längsverschiebung
zwischen Sitzgestell und Knautschzone ermöglicht wird. Der Sitz ist in seiner Ausgestaltung
gegenüber dem Führerstandpult derart begrenzt verschiebbar vorgesehen, dass der Fahrzeugführer
nicht zwischen Führerstandpult und Sitz eingeklemmt werden kann.
[0004] Aus der
FR 2 747 633 A1 ist eine Wagenkastenstruktur mit Fahrerkabine bekannt, die Deformationsenergie in
den Endbereichen progressiv absorbieren kann, wobei die Richtung des Fortschreitens
der Deformation während eines Stoßes kontrollierbar ist. Dazu weist die Wagenkastenstruktur
zwei energieabsorbierende Zonen, gebildet aus festen oder austauschbaren energieabsorbierenden
Elementen, mit unterschiedlichen mechanischen Widerstandseigenschaften zur plastischen,
dynamischen Deformation auf. Der Innenbereich, insbesondere die Fußbodenplatte spielt
bei der Sicherheitsbetrachtung keine Rolle.
[0005] Der Fußboden in der Kabine stellt bei der Verformung eine Platte dar, die bei einem
auf sie einwirkenden, hinreichenden Längsdruck, wie bei einem Kollisionsfall ausreichender
Stärke gegeben, in ihrer Ebene gestaucht wird. Dieses führt zum Beulen und schließlich
zum Brechen der Platte. Da die Platte im Allgemeinen aus sprödem, geschichtetem Werkstoff
besteht, wird der Fußboden nach einem zufälligen Muster brechen. Die dabei entstehenden,
scharfkantigen Bruchstücke können zu gefährlichen Verletzungen des Fahrers im Bereich
der Beine führen. Eine Verletzungsgefahr ist besonders bei splitternden Werkstoffen
wie Holz gegeben. Da bisher in den Konzepten für passive Sicherheit ausschließlich
das Verformungsverhalten des nicht ausgerüsteten Rohbaus betrachtet wird (siehe vorstehend
DE 198 17 860 A1 und
FR 2 747 633 A1), ist das Problem in bisherigen Konstruktionen nicht berücksichtigt.
[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen
mit Fußbodenplatte dergestalt auszubilden, dass die Fußbodenplatte im Fahrzeugführerraum
in das Sicherheitskonzept mit eingebunden und eine Verbesserung des Verhaltens der
Fußbodenplatte im Kollisionsfall hinsichtlich ihres Gefährdungspotentials für Personen
im Fahrzeugführerraum erreicht wird.
[0007] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst.
[0008] Zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0009] Ein wesentlicher Vorteil der Lösung ist das Erreichen eines gesteuerten Zusammenschiebens/Zusammenrollens
bzw. allgemein einer Verkürzung, so dass der Fußboden im Fall einer Kollision kontrolliert
verformt wird und nicht unkontrolliert splittert. Die Verletzungsgefahr, insbesondere
im Beinbereich für Personal wird reduziert.
[0010] Im Folgenden ist die Erfindung anhand eines Ausführungbeispiels näher erläutert.
In der zugehörigen Zeichnung zeigt:
- Fig. 1
- einen erfindungsgemäßen Fußbodenaufbau mit Segmenten in Seitenansicht im unbeaufschlagten
Zustand;
- Fig. 2
- einen erfindungsgemäßen Fußbodenaufbau mit Segmenten in Seitenansicht im von Fahrzeugende
her beaufschlagten Zustand im Falle einer Kollision mit hinreichender Energie;
- Fig. 3
- eine weitere Ausführungsform der Erfindung mit unterhalb des hinteren Leitsegmentes
angeordneter Sammelbox für Räumsegmente und Rückzieheinrichtung für die Schutzmembran;
- Fig. 4
- eine alternative Lösung mit faltbaren Räumsegmenten in Prinzipdarstellung in Seitenansicht
in Normallage (entfaltet) und
- Fig. 5
- die Lösung gem. Fig. 4 im zusammengeschobenen Zustand (gefaltet).
[0011] Fig. 1 zeigt eine Teilansicht eines Fahrzeugführerraums eines Schienenfahrzeugs mit
Darstellung der Fußbodenausbildung mit einer erfindungsgemäßen Fußbodenplatte 1. Die
weitgehend ebene Fußbodenplatte 1 ist in mehrere Segmente 2 geteilt ausgebildet. Im
vorderen und hinteren Bereich (bezüglich der Fahrzeuglängsrichtung) der Fußbodenplatte
sind Leitsegmente 2a angeordnet. Dazwischen sind streifenartige Räumsegmente 2b im
wesentlichen quer zur Längsachse des Schienenfahrzeuges angeordnet. Die Räumsegmente
2b sind zwischen den Leitsegmenten 2a in einer Ebene in Fahrzeuglängsrichtung hintereinander
angeordnet, wobei deren Längsseiten- bzw. Schnittkanten der Lage der Räumsegmente
2b innerhalb des Fahrzeuges folgend, im Wesentlichen in Fahrzeugquerrichtung ausgerichtet
sind. Kleine von der Querrichtung abweichende Winkel oder gepfeilte Teilungen sollen
durch den Begriff "im Wesentlichen in Fahrzeugquerrichtung" ebenso umfasst sein.
[0012] Direkt oberhalb der Segmente (2) zum Fahrzeugführerraum hin ist eine Schutzmembran
(3) angeordnet, wodurch nach oben zum Fahrzeugführerraum hin die Segmente 2 durch
eine undurchlässige Schutzmembran 3 abgedeckt sind.
[0013] Jedes Räumsegment 2b ist an seinen beiden Längskanten (im Wesentlichen quer zur Fahrzeugquerrichtung
angeordnet) mit derart geneigter Längsseitenfläche 4 ausgebildet, dass ein Auf- oder
Unterschieben eines vorderen Räumsegmentes 2 b auf ein hinter diesem angeordnetes
Räumsegment 2b über die geneigte Längsseitenfläche 4 ermöglicht ist. Ebenso weisen
die Leitsegmente 2a an den den Räumsegmenten 2b zugewandten Längsseitenflächen 4 zum
Anstoßen bzw. zum Bewirken des Vorgangs "Längsverbringen bzw. Auf- oder Unterschieben"
geeignete Längsseitenflächen 4 auf.
[0014] Im hinteren Bereich des Fahrzeugführerraums unterhalb des hinteren Leitsegmentes
2a kann eine Sammelbox 5 für die längsverbrachten Räumsegmente 2b vorgesehen werden.
Auch kann im hinteren Bereich eine Rückzieheinrichtung 6 für die Schutzmembran 3 angeordnet
werden (Fig. 3).
[0015] Kommt es zu einer Kollision, bei der die Längskräfte eine vorgebbare Höhe überschreiten,
kommt es zur Beanspruchung der geteilten Fußbodenplatte 1 in der Ebene und die Räumsegmente
2b verschieben sich in Stoßrichtung (Fig. 2). Dabei beaufschlagt das stoßzugewandte,
vordere Leitsegment 2a, auf dem der Fahrzeugführersitz 9 befestigt ist, das erste
Räumsegment 2a mit seiner Längsseitenfläche die des benachbarten Röumsegmentes 2a
und dieses Räumsegment 2b beaufschlagt in gleicher Weise sein benachbartes, hinterliegendes
Räumsegment 2b. In gleicher Weise werden die weiteren Räumsegmente 2b beaufschlagt
und in Fahrzeuglängsrichtung verschoben. Die Räumsegmente 2b werden bei diesem Vorgang
insgesamt je nach Neigungswinkel bei Bildung eines Stapels übereinander oder untereinander
geschoben.
[0016] Die vertikale Anordnung der Räumsegmente 2 b kann durch Mechanismen, wie hier beschrieben,
durch schiefe Ebenen und Gleitung oder aber durch Faltungen über Gelenke (in Fig.
4 und Fig. 5 dargestellt) oder Aufrollen (nicht dargestellt) verbundener Räumsegmente
2b erreicht werden. Fig. 5 zeigt die gelenkig verbundenen Räumsegmente 2b mit Schutzmembran
3 in Ruhelage, Fig. 5 diese Ausbildung im zusammengeschobenen Zustand nach Längsbeaufschlagung
mit Buckelbildung durch die Schutzmembran 3.
[0017] Das Fahrerpult 10 bleibt durch seine feste Anordnung vor bzw. am vorderen Leitsegment
2a auch im Kollisionsfall im gleichen Abstand zum Fahrzeugführersitz 9.
[0018] Die Schutzmembran 3 dient zum Schutz des Personals, insbesondere der unteren Extremitäten.
Beim Aufschichten der Räumsegmente 2b bildet die Schutzmembran 3 für verletzungsrelevante
Teile des Fußbodens einen undurchdringlichen oberen Abschluss. So führt das Aufschichten
der Räumsegmente zwar zu stumpfen Buckeln, aber nicht zu freiliegenden, spitzen Fußbodenteilen
oder Splittern.
[0019] Im Regelfall wirft die Schutzmembran 3 bei Verformungen lediglich Falten in einer
Ausprägung, dass diese den Beinbereich des Personals nicht gefährden.
[0020] Wenn die Faltenbildung nicht erwünscht bzw. hingenommen werden kann, lässt sich die
Verkürzung der Schutzmembran 3 in Fahrzeuglängsrichtung durch die bereits vorstehend
erwähnte Rückzieheinrichtung 6, z. B. durch eine Rolle bewirken. Auch ist ein Verbringen
der aufgeschichteten Räumsegmente 2b in die vorerwähnte Sammelbox 5 möglich. Neben
dem Aufrollen ist alternativ eine gezielte Faltung der Schutzmembran 3 möglich.
[0021] Falls Einbauten die Räumung der Schutzmembran 3 im Kollisionsfall behindern, kann
auch vorgesehen werden, die Schutzmembran 3 beim Zurückziehen zu zerschneiden. Dazu
ist eine Schneideinrichtung 7 (Messer) an geeigneter Stelle, z.B. an den Leitsegmenten
2a und/oder im hinteren Bereich des Fahrzeugführerraumes zu platzieren.
[0022] Das vorbeschriebene Prinzip kann für Fußbodenplatten 1 verwendet werden, die schwimmend
auf dem Untergestell 8 gelagert sind. Befindet sich unter dem Fußboden ein Gerüst
aus Trägern, kann dieses den beabsichtigten Verformungsvorgaben des Innenbereiches
angepasst werden.
[0023] Insgesamt wird mit der vorbeschriebenen Erfindung erreicht, dass der Fahrzeugführerraum
über die Rohbaubetrachtung hinaus in das Sicherheitskonzept für die passive Sicherheit
bei Schienenfahrzeugen einbezogen wird.
Bezugsziffern
[0024]
- 1
- Fußbodenplatte
- 2
- Segment
- 2a
- Leitsegment
- 2b
- Räumsegment
- 3
- Schutzmembran
- 4
- Längsseitenfläche
- 5
- Sammelbox
- 6
- Rückzieheinrichtung
- 7
- Schneideinrichtung
- 8
- Untergestell
- 9
- Fahrzeugführersitz
- 10
- Fahrzeugführerpult
1. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte (1), dadurch gekennzeichnet, dass die Fußbodenplatte (1) mehrere Segmente (2) aufweist, deren Schnittkanten im wesentlichen
in Fahrzeugquerrichtung ausgerichtet sind, wobei kleine von der Querrichtung abweichende
Winkel oder gepfeilte Teilungen umfasst sind, dass als Segmente (2) Leitsegmente (2a)
und Räumsegmente (2b) vorgesehen sind, wobei die Räumsegmente (2b) unter Längskraftbeaufschlagung
durch die Leitsegmente (2a) geführt in Fahrzeuglängsrichtung verbringbar angeordnet
sind und dass direkt oberhalb der Segmente (2) zum Fahrzeugführerraum hin eine Schutzmembran
(3) angeordnet ist.
2. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Räumsegmente (2b) an beiden Längskanten geneigte Längsseitenflächen (4) aufweisen,
derart, dass ein Auf- oder Unterschieben eines vorderen Räumsegmentes (2b) auf ein
hinter diesem angeordnetes Räumsegment ermöglicht ist.
3. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach Anspruch 1 oder
2, dadurch gekennzeichnet, dass die Leitsegmente (2b) an den den Räumsegmenten (2b) zugewandten Längsseitenflächen
zum Anstoßen bzw. Bewirken des Verbringungs- bzw. des Auf- oder Unterschiebevorgangs
geeignete Längsseitenflächen (4a) auf.
4. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach einem der Ansprüche
1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass im hinteren Bereich des Fahrzeugführerraumes unterhalb der Leitsegmente (2a) eine
Sammelbox (5) für längsverbrachte Räumsegmente (2a) vorgesehen ist.
5. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach einem der Ansprüche
1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass im hinteren Bereich des Fahrzeugführerraumes eine Rückzieheinrichtung (6) für die
Schutzmembran (3) vorgesehen ist.
6. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Rückzieheinrichtung als Aufrolleinrichtung ausgebildet ist.
7. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach einem der Ansprüche
1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Räumsegmente (2b) an ihren Längsseiten verbunden sind, derart, dass eine Faltung
oder ein Aufrollen der Räumsegmente (2b) ermöglicht ist.
8. Fahrzeugführerraum von Schienenfahrzeugen mit Fußbodenplatte nach einem der Ansprüche
1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass eine Schneideinrichtung (7) zum Zerteilen der Schutzmembran (3) vorgesehen ist.