[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerät mit einer Speichereinrichtung zur
Speicherung von Daten charakteristisch für eine erste Sprache und einer Verarbeitungseinrichtung
zum Verarbeiten eines Eingangssignals. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung
ein Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts.
[0002] Die Verstärkung bei der Signalverarbeitung im Hörgerät ist üblicherweise in den einzelnen
Frequenzbändern des Hörspektrums unterschiedlich hoch gewählt. Dies hat vielfache
Ursachen. Unter anderem soll hierdurch die Sprachverständlichkeit gefördert werden.
[0003] Moderne Hörgeräte sind häufig auch mit Automatikmechanismen ausgestattet, die es
zuverlässig gewährleisten, unterschiedliche Hörsituationen zu erkennen. So soll beispielsweise
die Hörsituation "Sprechen" automatisch von der Hörsituation "Musik" unterschieden
werden können, so dass in ein entsprechendes Hörprogramm, eine spezielle Mikrofonkonfiguration
oder einen spezifischen Störgeräuschunterdrückungsmechanismus geschaltet werden kann,
ohne dass der Hörgeräteträger eingreifen muss.
[0004] Der Betrieb des Hörgeräts hängt somit auf vielfache Weise von der Sprache des Hörgeräteträgers
ab. Aufgrund der Vielzahl möglicher Sprachen sollte das Hörgerät auch sprachspezifisch
betrieben werden. Der Grund hierfür ist, dass tonale Sprachen, wie etwa das Chinesische,
anders strukturiert sind als europäische Sprachen.
[0005] Die Signalverarbeitung der Hörgeräte ist vielfach für europäische Sprachen optimiert.
Beispielhaft ist hier das Erkennen der Hörsituation "Sprechen in Umgebungsgeräusch"
zu nennen, bei der die Sprache unmittelbar berücksichtigt werden muss. Diese sprachabhängige
Optimierung führt zu einer suboptimalen Ausnützung der Signalverarbeitung mit Benachteiligung
des ostasiatischen Hörgeräteträgers wegen Auswirkungen, z. B. auf die Sprachverständlichkeit.
[0006] Viele südostasiatische und afrikanische Sprachen sind tonale Sprachen. Diese Sprachen
nutzen eine Anhebung der Tonhöhe, um einen Bedeutungsunterschied zwischen Worten zu
signalisieren (vgl.
Avery, Peter and Susan Ehrlich, Teaching American English Pronunciation, Oxford University
Press: Oxford, 1992, Seite 77). Diese Variationen der Tonhöhe sind ein wichtiger Teil der Sprache, wie die Dehnung
und geeignete Wortreihenfolge in anderen Sprachen sind. In diesen Sprachen hängt die
Wortbedeutung oder die grammatikalische Kategorie, wie etwa die Zeitform, von der
Tonhöhe ab (vgl.
Catford, J.C., A Practical Introduction to Phonetics, Clarendon Press: Oxfort, 1988,
Seite 183). Eine Einführung in tonale Sprachen wird in dem Artikel von Amy Stafford gegeben.
[0007] Aus der Druckschrift
DE 103 93 463 T5 ist eine Hörhilfe bekannt, die ein geräuschvocodiertes Sprachschallsignal erzeugt,
das dadurch erhalten wird, dass mindestens ein Teil eines Eingangsschallsignals in
ein Frequenzbandsignal unterteilt wird und eines der Frequenzbandsignale mit einem
Geräuschsignal multipliziert wird, so dass ein entsprechendes geräuschvocodiertes
Sprachsignal entsteht. Dabei kann die Anzahl der Bandfilter zur Unterteilung von Frequenzbandsignale
oder die Frequenz einer Frequenzbandgrenze durch automatische Spracherkennung geändert
werden.
[0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Hörgerät vorzuschlagen,
das für Hörgeräteträger aus verschiedenen Sprachräumen gleichermaßen geeignet ist.
Darüber hinaus soll ein entsprechendes Verfahren bereitgestellt werden, mit dem ein
Hörgerät für Hörgeräteträger aus unterschiedlichen Sprachräumen gleich komfortabel
betrieben werden kann.
[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Hörgerät nach Anspruch 1 mit
einer Speichereinrichtung zur Speicherung erster Daten charakteristisch für eine erste
Sprache und einer Verarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten eines Eingangssignals,
wobei in der Speichereinrichtung mindestens zweite Daten, die für eine zweite Sprache
charakteristisch sind, abspeicherbar sind und das Eingangssignal wahlweise in Abhängigkeit
von den ersten oder den zweiten Daten verarbeitbar ist.
[0010] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren nach Anspruch 8 zum Betreiben
eines Hörgeräts durch automatisches Ermitteln einer Sprachinformation, die für eine
Sprache charakteristisch ist, Speichern mehrerer Verarbeitungsinformationen in dem
Hörgerät, Auswählen einer der mehreren Verarbeitungsinformationen anhand der ermittelten
Sprachinformation und Verarbeiten eines Hörgeräteeingangssignals in Abhängigkeit der
ausgewählten Verarbeitungsinformation.
[0011] Hierbei umfassen die charakteristischen Daten ein sprachspezifisches Verstärkungsmuster
mit jeweils einem Verstärkungswert für mehrere Frequenzbänder. Damit ist es möglich,
die Verstärkung des Hörgeräts gezielt sprachabhängig einzustellen.
[0012] Das Hörgerät kann über eine Spracherkennungseinrichtung zum automatischen Erkennen
der Sprache des Eingangssignals verfügen. Dadurch muss das Hörgerät nicht speziell
für den Markt eingestellt werden, in dem es verkauft wird.
[0013] Das Erkennen der Sprache bzw. Landessprache kann anhand der Tonalität dieser Sprache
durchgeführt werden. Die Tonalität stellt ein aussagekräftiges Kriterium dar, bestimmte
Sprachtypen sicher zu erkennen.
[0014] Die Verarbeitungseinrichtung des erfindungsgemäßen Hörgeräts kann über mehrere Hörprogramme
verfügen, in die in Abhängigkeit der Sprache geschaltet wird. So können beispielsweise
zum Erkennen der Hörsituation "Sprechen" mit entsprechender Wahl des Hörprogramms
bei einer ersten Sprache andere Filter verwendet werden als bei einer zweiten Sprache,
so dass diese Hörsituation sicherer erkannt werden kann.
[0015] Vorzugsweise werden auch andere Hörgeräteeinstellungen wie beispielsweise ein Störgeräuschunterdrückungsmechanismus,
eine Mikrofonkonfiguration oder dergleichen am Hörgerät sprachunterschiedlicher Sprachen
durch den Hörgeräteträger erhöht werden.
[0016] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
die eine Prinzipskizze zu einem erfindungsgemäßen Hörgerät darstellt.
[0017] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0018] Das in der Figur dargestellte Hörgerät HG verfügt über eine Verarbeitungseinheit
VE. Die Verarbeitungseinrichtung, mit der die Mikrofonsignale des Hörgeräts entsprechend
verstärkbar sind, besitzt eine nicht dargestellte Spracherkennungseinheit. Diese nutzt
zur Spracherkennung die Umhüllende U eines Schallsignals. Durch die Implementierung
einer typischen Umhüllenden oder anderer Eigenschaftsdaten tonaler Sprachen, etwa
der chinesischen, als Grundlage der Spracherkennung kann der Akustiker optional bei
der Programmierung des Hörgeräts bestimmte Einstellungen des Geräts, wie z. B. die
Verstärkung, der Sprache des Hörgeräteträgers anpassen.
[0019] In dem graphisch dargestellten Beispiel verfügt das Hörgerät HG über einen Speicher
S. In diesem sind zwei Verstärkungssätze VS1 und VS2 gespeichert. Jeder Verstärkungssatz
beinhaltet die Verstärkungswerte für die Frequenzbänder des Hörspektrums, da die Verarbeitung
im Hörgerät typischerweise frequenzbandabhängig erfolgt. Wird nun anhand der Umhüllenden
U eine bestimmte Sprache des empfangenden Signals festgestellt, so wird der entsprechende
Verstärkungsdatensatz VS1, VS2 aus der Speichereinrichtung S in die Verarbeitungseinrichtung
VE geladen und dort zur Verstärkung verwendet.
[0020] Anstelle oder zusätzlich zu Verstärkungsdaten können in der Speichereinrichtung S
andere Einstelldaten, beispielsweise für einen Störgeräuschunterdrückungsmechanismus
gespeichert sein. Um die jeweilige Sprache sicher von einem Störgeräusch unterscheiden
zu können, ist es sinnvoll, den Störgeräuschunterdrückungsmechanismus exakt auf die
verwendete Sprache abzustimmen. Daher können beispielsweise Filterdaten in der Speichereinrichtung
S abgelegt und sprachabhängig für die Verarbeitungseinrichtung VE ausgelesen werden.
[0021] Auch andere Einstellungen des Hörgeräts, etwa die Mikrofonkonfiguration, können mit
dem dargestellten Aufbau eines Hörgeräts HG angepasst werden. Eine Anpassung der Mikrofonkonfiguration
ist notwendig, um Nachteile in der Sprachverständlichkeit zu vermeiden, die beispielsweise
dadurch entstehen, dass Mikrofone fälschlicherweise von einem direktionalen Betrieb
in einen omnidirektionalen Betrieb umgeschaltet werden. Dies könnte dann der Fall
sein, wenn Sprachsignale in tonalen Sprachen als Musik erkannt werden.
[0022] In dem oben dargestellten Ausführungsbeispiel erfolgt das Umschalten des Hörgeräts
von einer Sprache in eine andere Sprache automatisch durch Spracherkennung. Bei einer
vereinfachten Variante eines erfindungsgemäßen Hörgeräts wird die Verarbeitungseinrichtung
VE durch einen Akustiker vorab fest auf Softwarebasis oder Hardwarebasis für die jeweilige
Sprache, beispielsweise per Knopfdruck oder Programmierflag, eingestellt. Dies bedeutet,
dass für sämtliche Märkte ein einziges Hörgerät hergestellt werden kann, in dessen
Speichereinrichtung S die jeweiligen sprachspezifischen Einstelldaten gespeichert
sind und das für die jeweilige Sprache vorprogrammiert wird.
[0023] In dem oben dargestellten Beispiel wurden Daten für zwei verschiedene Sprachen in
der Speichereinrichtung S gespeichert. Selbstverständlich können entsprechende Einstelldaten
auch für drei, vier oder mehr Sprachen in der Speichereinrichtung abgelegt werden,
sofern die Speichereinrichtung über ausreichend Speicherplatz verfügt.
[0024] Ergänzend sei hier noch erwähnt, dass das erfindungsgemäße Hörgerät sowohl als Hinter-dem-Ohr-Hörgerät
als auch als Indem-Ohr-Hörgerät ausgestaltet sein kann.
1. Hörgerät mit
- einer Speichereinrichtung zur Speicherung (S) erster Daten (VS1) charakteristisch
für eine erste Sprache und
- einer Verarbeitungseinrichtung (VE) zum Verarbeiten eines Eingangssignals, wobei
- in der Speichereinrichtung (S) mindestens zweite Daten (VS2), die für eine zweite
Sprache charakteristisch sind, abspeicherbar sind und
- das Eingangssignal wahlweise in Abhängigkeit von den ersten (VS1) oder den zweiten
Daten (VS2) verarbeitbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
- die charakteristischen Daten (VS1, VS2) ein sprachspezifisches Verstärkungsmuster
mit jeweils einem Verstärkungswert für jedes von mehreren Frequenzbändern umfassen.
2. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, das eine Spracherkennungseinrichtung
zum automatischen Erkennen der Sprache des Eingangssignals, insbesondere anhand einer
Umhüllenden eines Signalspektrums, aufweist.
3. Hörgerät nach Anspruch 2, wobei das Erkennen der Sprache anhand der Tonalität einer
Sprache durchführbar ist.
4. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Verarbeitungseinrichtung
(VE) mehrere Hörprogramme aufweist, in die in Abhängigkeit der Sprache geschaltet
werden kann.
5. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Verarbeitungseinrichtung
(VE) mehrere Störgeräusch-Unterdrückungsmechanismen aufweist, die sprachabhängig auswählbar
sind.
6. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Verarbeitungseinrichtung
(VE) mehrere Mikrofonkonfigurationen aufweist, die sprachabhängig auswählbar sind.
7. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei eine Verstärkung des Hörgeräteeingangssignals
in mehreren Frequenzbändern durch die Verarbeitungseinrichtung (VE) in Abhängigkeit
von der jeweiligen Sprache erfolgt.
8. Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts, durch
- automatisches Ermitteln einer Sprachinformation, die für eine Sprache charakteristisch
ist,
- Speichern mehrerer Verarbeitungsinformationen (VS1, VS2) in dem Hörgerät,
- Auswählen einer der mehreren Verarbeitungsinformationen (VS1, VS2) anhand der ermittelten
Sprachinformation und
- Verarbeiten eines Hörgeräteeingangssignals in Abhängigkeit der ausgewählten Verarbeitungsinformation,
dadurch gekennzeichnet, dass
- das Hörgeräteeingangssignal in mehreren Frequenzbändern unterschiedlich und charakteristisch
für eine Sprache verstärkt wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei die charakteristische Sprachinformation aus einer
Umhüllenden eines Sprachsignalspektrums gewonnen wird.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, wobei zum Verarbeiten des Hörgeräteeingangssignals
eine Wahl eines von mehreren Hörgeräteprogrammen, einer von mehreren Störgeräuschunterdrückungsmechanismen
und/oder einer von mehreren Mikrofonkonfigurationen sprachabhängig erfolgt.