(19)
(11) EP 1 705 951 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.09.2006  Patentblatt  2006/39

(21) Anmeldenummer: 06111369.2

(22) Anmeldetag:  20.03.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 21.03.2005 DE 102005012983

(71) Anmelder: Siemens Audiologische Technik GmbH
91058 Erlangen (DE)

(72) Erfinder:
  • Grafenberg, Esfandiar, Dr.
    91090 Effeltrich (DE)
  • Hamacher, Volkmar
    91077 Neunkirchen (DE)

(74) Vertreter: Berg, Peter 
Siemens AG Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Hörgerät mit sprachspezifischer Einstellung und entsprechendes Verfahren


(57) Es soll ein Hörgerät für Hörgeräteträger unterschiedlicher Landessprachen entwickelt werden. Hierzu ist vorgesehen, ein Hörgerät mit einer Speichereinrichtung (S) zur Speicherung erster Daten (VS1) charakteristisch für eine erste Sprache und eine Verarbeitungseinrichtung (VE) zum Verarbeiten eines Eingangssignals auszustatten. In der Speichereinrichtung (S) sind mindestens zweite Daten (VS2), die für eine zweite Sprache charakteristisch sind, abspeicherbar. Somit ist das Eingangssignal wahlweise in Abhängigkeit von den ersten oder den zweiten Daten verarbeitbar. Hierdurch lässt sich beispielsweise die Störgeräuschunterdrückung oder die Mikrofonkonfiguration sprachabhängig einstellen.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerät mit einer Speichereinrichtung zur Speicherung von Daten charakteristisch für eine erste Sprache und einer Verarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten eines Eingangssignals. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts.

[0002] Die Verstärkung bei der Signalverarbeitung im Hörgerät ist üblicherweise in den einzelnen Frequenzbändern des Hörspektrums unterschiedlich hoch gewählt. Dies hat vielfache Ursachen. Unter anderem soll hierdurch die Sprachverständlichkeit gefördert werden.

[0003] Moderne Hörgeräte sind häufig auch mit Automatikmechanismen ausgestattet, die es zuverlässig gewährleisten, unterschiedliche Hörsituationen zu erkennen. So soll beispielsweise die Hörsituation "Sprechen" automatisch von der Hörsituation "Musik" unterschieden werden können, so dass in ein entsprechendes Hörprogramm, eine spezielle Mikrofonkonfiguration oder einen spezifischen Störgeräuschunterdrückungsmechanismus geschaltet werden kann, ohne dass der Hörgeräteträger eingreifen muss.

[0004] Der Betrieb des Hörgeräts hängt somit auf vielfache Weise von der Sprache des Hörgeräteträgers ab. Aufgrund der Vielzahl möglicher Sprachen sollte das Hörgerät auch sprachspezifisch betrieben werden. Der Grund hierfür ist, dass tonale Sprachen, wie etwa das Chinesische, anders strukturiert sind als europäische Sprachen.

[0005] Die Signalverarbeitung der Hörgeräte ist vielfach für europäische Sprachen optimiert. Beispielhaft ist hier das Erkennen der Hörsituation "Sprechen in Umgebungsgeräusch" zu nennen, bei der die Sprache unmittelbar berücksichtigt werden muss. Diese sprachabhängige Optimierung führt zu einer suboptimalen Ausnützung der Signalverarbeitung mit Benachteiligung des ostasiatischen Hörgeräteträgers wegen Auswirkungen, z. B. auf die Sprachverständlichkeit.

[0006] Viele südostasiatische und afrikanische Sprachen sind tonale Sprachen. Diese Sprachen nutzen eine Anhebung der Tonhöhe, um einen Bedeutungsunterschied zwischen Worten zu signalisieren (vgl. Avery, Peter and Susan Ehrlich, Teaching American English Pronunciation, Oxford University Press: Oxford, 1992, Seite 77). Diese Variationen der Tonhöhe sind ein wichtiger Teil der Sprache, wie die Dehnung und geeignete Wortreihenfolge in anderen Sprachen sind. In diesen Sprachen hängt die Wortbedeutung oder die grammatikalische Kategorie, wie etwa die Zeitform, von der Tonhöhe ab (vgl. Catford, J.C., A Practical Introduction to Phonetics, Clarendon Press: Oxfort, 1988, Seite 183). Eine Einführung in tonale Sprachen wird in dem Artikel von Amy Stafford gegeben.

[0007] Aus der Druckschrift DE 103 93 463 T5 ist eine Hörhilfe bekannt, die ein geräuschvocodiertes Sprachschallsignal erzeugt, das dadurch erhalten wird, dass mindestens ein Teil eines Eingangsschallsignals in ein Frequenzbandsignal unterteilt wird und eines der Frequenzbandsignale mit einem Geräuschsignal multipliziert wird, so dass ein entsprechendes geräuschvocodiertes Sprachsignal entsteht. Dabei kann die Anzahl der Bandfilter zur Unterteilung von Frequenzbandsignale oder die Frequenz einer Frequenzbandgrenze durch automatische Spracherkennung geändert werden.

[0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Hörgerät vorzuschlagen, das für Hörgeräteträger aus verschiedenen Sprachräumen gleichermaßen geeignet ist. Darüber hinaus soll ein entsprechendes Verfahren bereitgestellt werden, mit dem ein Hörgerät für Hörgeräteträger aus unterschiedlichen Sprachräumen gleich komfortabel betrieben werden kann.

[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Hörgerät nach Anspruch 1 mit einer Speichereinrichtung zur Speicherung erster Daten charakteristisch für eine erste Sprache und einer Verarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten eines Eingangssignals, wobei in der Speichereinrichtung mindestens zweite Daten, die für eine zweite Sprache charakteristisch sind, abspeicherbar sind und das Eingangssignal wahlweise in Abhängigkeit von den ersten oder den zweiten Daten verarbeitbar ist.

[0010] Ferner ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren nach Anspruch 8 zum Betreiben eines Hörgeräts durch automatisches Ermitteln einer Sprachinformation, die für eine Sprache charakteristisch ist, Speichern mehrerer Verarbeitungsinformationen in dem Hörgerät, Auswählen einer der mehreren Verarbeitungsinformationen anhand der ermittelten Sprachinformation und Verarbeiten eines Hörgeräteeingangssignals in Abhängigkeit der ausgewählten Verarbeitungsinformation.

[0011] Hierbei umfassen die charakteristischen Daten ein sprachspezifisches Verstärkungsmuster mit jeweils einem Verstärkungswert für mehrere Frequenzbänder. Damit ist es möglich, die Verstärkung des Hörgeräts gezielt sprachabhängig einzustellen.

[0012] Das Hörgerät kann über eine Spracherkennungseinrichtung zum automatischen Erkennen der Sprache des Eingangssignals verfügen. Dadurch muss das Hörgerät nicht speziell für den Markt eingestellt werden, in dem es verkauft wird.

[0013] Das Erkennen der Sprache bzw. Landessprache kann anhand der Tonalität dieser Sprache durchgeführt werden. Die Tonalität stellt ein aussagekräftiges Kriterium dar, bestimmte Sprachtypen sicher zu erkennen.

[0014] Die Verarbeitungseinrichtung des erfindungsgemäßen Hörgeräts kann über mehrere Hörprogramme verfügen, in die in Abhängigkeit der Sprache geschaltet wird. So können beispielsweise zum Erkennen der Hörsituation "Sprechen" mit entsprechender Wahl des Hörprogramms bei einer ersten Sprache andere Filter verwendet werden als bei einer zweiten Sprache, so dass diese Hörsituation sicherer erkannt werden kann.

[0015] Vorzugsweise werden auch andere Hörgeräteeinstellungen wie beispielsweise ein Störgeräuschunterdrückungsmechanismus, eine Mikrofonkonfiguration oder dergleichen am Hörgerät sprachunterschiedlicher Sprachen durch den Hörgeräteträger erhöht werden.

[0016] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, die eine Prinzipskizze zu einem erfindungsgemäßen Hörgerät darstellt.

[0017] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar.

[0018] Das in der Figur dargestellte Hörgerät HG verfügt über eine Verarbeitungseinheit VE. Die Verarbeitungseinrichtung, mit der die Mikrofonsignale des Hörgeräts entsprechend verstärkbar sind, besitzt eine nicht dargestellte Spracherkennungseinheit. Diese nutzt zur Spracherkennung die Umhüllende U eines Schallsignals. Durch die Implementierung einer typischen Umhüllenden oder anderer Eigenschaftsdaten tonaler Sprachen, etwa der chinesischen, als Grundlage der Spracherkennung kann der Akustiker optional bei der Programmierung des Hörgeräts bestimmte Einstellungen des Geräts, wie z. B. die Verstärkung, der Sprache des Hörgeräteträgers anpassen.

[0019] In dem graphisch dargestellten Beispiel verfügt das Hörgerät HG über einen Speicher S. In diesem sind zwei Verstärkungssätze VS1 und VS2 gespeichert. Jeder Verstärkungssatz beinhaltet die Verstärkungswerte für die Frequenzbänder des Hörspektrums, da die Verarbeitung im Hörgerät typischerweise frequenzbandabhängig erfolgt. Wird nun anhand der Umhüllenden U eine bestimmte Sprache des empfangenden Signals festgestellt, so wird der entsprechende Verstärkungsdatensatz VS1, VS2 aus der Speichereinrichtung S in die Verarbeitungseinrichtung VE geladen und dort zur Verstärkung verwendet.

[0020] Anstelle oder zusätzlich zu Verstärkungsdaten können in der Speichereinrichtung S andere Einstelldaten, beispielsweise für einen Störgeräuschunterdrückungsmechanismus gespeichert sein. Um die jeweilige Sprache sicher von einem Störgeräusch unterscheiden zu können, ist es sinnvoll, den Störgeräuschunterdrückungsmechanismus exakt auf die verwendete Sprache abzustimmen. Daher können beispielsweise Filterdaten in der Speichereinrichtung S abgelegt und sprachabhängig für die Verarbeitungseinrichtung VE ausgelesen werden.

[0021] Auch andere Einstellungen des Hörgeräts, etwa die Mikrofonkonfiguration, können mit dem dargestellten Aufbau eines Hörgeräts HG angepasst werden. Eine Anpassung der Mikrofonkonfiguration ist notwendig, um Nachteile in der Sprachverständlichkeit zu vermeiden, die beispielsweise dadurch entstehen, dass Mikrofone fälschlicherweise von einem direktionalen Betrieb in einen omnidirektionalen Betrieb umgeschaltet werden. Dies könnte dann der Fall sein, wenn Sprachsignale in tonalen Sprachen als Musik erkannt werden.

[0022] In dem oben dargestellten Ausführungsbeispiel erfolgt das Umschalten des Hörgeräts von einer Sprache in eine andere Sprache automatisch durch Spracherkennung. Bei einer vereinfachten Variante eines erfindungsgemäßen Hörgeräts wird die Verarbeitungseinrichtung VE durch einen Akustiker vorab fest auf Softwarebasis oder Hardwarebasis für die jeweilige Sprache, beispielsweise per Knopfdruck oder Programmierflag, eingestellt. Dies bedeutet, dass für sämtliche Märkte ein einziges Hörgerät hergestellt werden kann, in dessen Speichereinrichtung S die jeweiligen sprachspezifischen Einstelldaten gespeichert sind und das für die jeweilige Sprache vorprogrammiert wird.

[0023] In dem oben dargestellten Beispiel wurden Daten für zwei verschiedene Sprachen in der Speichereinrichtung S gespeichert. Selbstverständlich können entsprechende Einstelldaten auch für drei, vier oder mehr Sprachen in der Speichereinrichtung abgelegt werden, sofern die Speichereinrichtung über ausreichend Speicherplatz verfügt.

[0024] Ergänzend sei hier noch erwähnt, dass das erfindungsgemäße Hörgerät sowohl als Hinter-dem-Ohr-Hörgerät als auch als Indem-Ohr-Hörgerät ausgestaltet sein kann.


Ansprüche

1. Hörgerät mit

- einer Speichereinrichtung zur Speicherung (S) erster Daten (VS1) charakteristisch für eine erste Sprache und

- einer Verarbeitungseinrichtung (VE) zum Verarbeiten eines Eingangssignals, wobei

- in der Speichereinrichtung (S) mindestens zweite Daten (VS2), die für eine zweite Sprache charakteristisch sind, abspeicherbar sind und

- das Eingangssignal wahlweise in Abhängigkeit von den ersten (VS1) oder den zweiten Daten (VS2) verarbeitbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- die charakteristischen Daten (VS1, VS2) ein sprachspezifisches Verstärkungsmuster mit jeweils einem Verstärkungswert für jedes von mehreren Frequenzbändern umfassen.


 
2. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, das eine Spracherkennungseinrichtung zum automatischen Erkennen der Sprache des Eingangssignals, insbesondere anhand einer Umhüllenden eines Signalspektrums, aufweist.
 
3. Hörgerät nach Anspruch 2, wobei das Erkennen der Sprache anhand der Tonalität einer Sprache durchführbar ist.
 
4. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Verarbeitungseinrichtung (VE) mehrere Hörprogramme aufweist, in die in Abhängigkeit der Sprache geschaltet werden kann.
 
5. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Verarbeitungseinrichtung (VE) mehrere Störgeräusch-Unterdrückungsmechanismen aufweist, die sprachabhängig auswählbar sind.
 
6. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Verarbeitungseinrichtung (VE) mehrere Mikrofonkonfigurationen aufweist, die sprachabhängig auswählbar sind.
 
7. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei eine Verstärkung des Hörgeräteeingangssignals in mehreren Frequenzbändern durch die Verarbeitungseinrichtung (VE) in Abhängigkeit von der jeweiligen Sprache erfolgt.
 
8. Verfahren zum Betreiben eines Hörgeräts, durch

- automatisches Ermitteln einer Sprachinformation, die für eine Sprache charakteristisch ist,

- Speichern mehrerer Verarbeitungsinformationen (VS1, VS2) in dem Hörgerät,

- Auswählen einer der mehreren Verarbeitungsinformationen (VS1, VS2) anhand der ermittelten Sprachinformation und

- Verarbeiten eines Hörgeräteeingangssignals in Abhängigkeit der ausgewählten Verarbeitungsinformation,

dadurch gekennzeichnet, dass

- das Hörgeräteeingangssignal in mehreren Frequenzbändern unterschiedlich und charakteristisch für eine Sprache verstärkt wird.


 
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei die charakteristische Sprachinformation aus einer Umhüllenden eines Sprachsignalspektrums gewonnen wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, wobei zum Verarbeiten des Hörgeräteeingangssignals eine Wahl eines von mehreren Hörgeräteprogrammen, einer von mehreren Störgeräuschunterdrückungsmechanismen und/oder einer von mehreren Mikrofonkonfigurationen sprachabhängig erfolgt.
 




Zeichnung








Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur