(19)
(11) EP 1 719 688 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.11.2006  Patentblatt  2006/45

(21) Anmeldenummer: 06090035.4

(22) Anmeldetag:  08.03.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 15/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 28.04.2005 DE 102005020698

(71) Anmelder: Faiveley Transport Leipzig GmbH & Co. KG
04435 Schkeuditz (DE)

(72) Erfinder:
  • Gensert, Himar
    04849 Bad Düben (DE)
  • Pilorge, Freddy
    04105 Leipzig (DE)

(74) Vertreter: Effert, Udo 
Effert, Bressel & Kollegen Patentanwälte Radickestrasse 48
12489 Berlin
12489 Berlin (DE)

   


(54) Datenkommunikationssystem für Schienenfahrzeuge


(57) Datenkommunikationssystem für Klimasteuerungs- und Regelungssysteme in Schienenfahrzeugen, wobei im Wagen oder Zug intelligente Ein- und Ausgabemodule (lO) angeordnet sind, die durch eine modulare und dezentrale Schaltung mit einem Wagen- oder Zugbussystem (CAN, TMS) verbunden sind, wodurch eine einfache oder mehrfache Redundanz des Systems bildbar ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Datenkommunikationssystem für Schienenfahrzeuge, welches eine oder mehrere Redundanzen aufweist, insbesondere im Wagen oder Zug, durch einen Wagen oder Zugbus sowie intelligente Ein- und Ausgabebaugruppen. Das erfindungsgemäße Datenkommunikationssystem bezieht sich dabei auf Klimasteuerungs- und Regelungssysteme im Schienenverkehr, wobei durch eine modulare und dezentrale Schaltung in Verbindung mit intelligenten Baugruppen Redundanz des Systems entsteht, wodurch die Systemkomponenten reduziert werden. Unter Redundanz soll in diesem Zusammenhang das Anlegen zusätzlicher mitunter überflüssiger Informationen oder Funktionen verstanden werden, die zum Zweck der Fehlertoleranz bewusst angelegt werden. Bei Ausfall von besonderen Komponenten wird deren Funktion von anderen übernommen, beim Ausfall derer wiederum eventuell von weiteren. Der Begriff "Null - Redundanz" bedeutet fehlende Redundanz.

[0002] Die aktuellen Steuerungskonzepte im Schienenverkehr mit einer Systemsteuerung am Wagen stützten sich auf eine "zentralisierte" Schaltung. Alle funktionsentscheidenden Regler des Heizungs- und Klimasystems wie Relais, Schütze, Sensoren (TS) usw. sind mit einem Hauptklimaregler verbunden, um die Datenerfassung und Systemregelung zu gewährleisten (siehe Figur 1).
Die Schaltung hat ein relativ einfaches und leicht umsetzbares Konzept. Sie weißt jedoch zwei gravierende Schwachstellen in der Redundanz und der Verkabelung auf:
  • Wenn der Klimaregler defekt ist, fällt das gesamte Heizungs- und Klimasystem (HVAC) aus.
  • Die Verkabelung einer solchen "sternförmigen" Schaltung zwingt zur Verlegung von Anschlüssen (DI, DO, AI ...) zwischen jeder Systemkomponente und dem Klimaregler CR. Bekanntermaßen hat ein Wagen im Allgemeinen eine durchschnittliche Länge von 15 bis 25 Metern. Daraus folgt, dass einige Kilometer Kabel verlegt werden
  • müssen. Diese Verkabelung ist sehr anfällig auf elektromagnetische Störungen (PEM), die in einem Schienenfahrzeug häufig vorgefunden werden, wobei die Empfindlichkeit mit der Länge zunimmt. Die digitalen und analogen Informationen können somit leicht verfälscht werden, wenn keine Maßnahmen (CEM) gegen diese Störungen getroffen werden. Es ist selbstredend, dass diese Vorsichtsmaßnahmen entscheidende Mehrkosten in der Konzeption des elektrischen Systems und den Kabelbündeln mit sich bringen. Die Kosten für die Sternverkabelung (Material und Einbau) sind ebenso erheblich.


[0003] Bei einer Systemsteuerung am Zug ist die Klimaregler (CR) - und Informations- und Diagnoseschnittstellen (LID) - Schaltung üblicherweise "klassisch" aufgebaut (siehe Figur 2).
Jede Heizungs- und Klimaanlage (HVAC) ist lokal über den LID-Anschluss an ein Zuginformations- und Kontrollsystem (TMS) angeschlossen (vorrangig an einen Feldbus des Typs CAN, MVB, LON, Ethernet ...). Dies setzt mindestens einen LID-Anschluss pro Wagen und Klimasystem voraus (mehrere, wenn das System redundant sein soll). An den Informations-, Diagnose- und
Instandhaltungssystemen (TMS und CID) des Zuges erweist sich diese in Figur 2 beschriebene bekannte Schaltung für Redundanz und Kosten ebenfalls als nachteilig. Jede Störung oder Netzunterbrechung (TMS) birgt die Gefahr eines sofortigen Informationsverlustes zwischen den verschiedenen Wagen; bei einer Null-Redundanz ist das Komfortverhalten gestört. Jeder Wagen muss mit einem LID ausgerüstet sein (MVB oder LON Anschluss beispielsweise), was die Gesamtkosten des Systems stark beeinflusst.

[0004] In der DE 4307 897 A1 wird eine Steuerungs- und Kontrolleinrichtung in zu einem Zugverband zusammengestellten Schienenfahrzeugen beschrieben, wobei durch Verschaltung von Steuerungs- und Diagnoseeinrichtungen Redundanz in der Bedienung durch zusätzliche fahrzeugeigene Steuergeräte erzeugt wird.

[0005] Aus der EP 1 010 601 B1 ist ein Datenkommunikationssystem im Zug, mit einem Zugbus zur Kommunikation zwischen Fahrzeugen des Zuges und jedem Fahrzeug zugeordneten Fahrzeugbussystemen bekannt, die über jeweils ein Gateway an den Zugbus angekoppelt sind, wobei von wenigstens einem Fahrzeug eine Master-Funktion zur Steuerung im Zug übernehmbar ist. Es soll darin die Redundanz eines Fahrzeugbusses als Master-Fahrzeugbus geschützt werden, wenn parallel zum Master-Fahrzeugbus mindestens ein weiterer Fahrzeugbus als Master-Fahrzeugbus angeordnet ist, der ausschließlich auf Systemkomponenten mit primär Stellwert erzeugenden Funktionen gekoppelt ist.

[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die im vorausgehenden Absatz beschriebenen Schwachstellen der gegenwärtig bekannten Datenkommunikationssysteme für Klimasteuerungs- und Regelungssysteme, wie fehlende Redundanz (Null-Redundanz), sensible Verkabelung und hohe Kosten, zu überwinden.

[0007] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den zugehörigen Ansprüchen enthalten.
Die Erfindung beinhaltet demnach ein Datenkommunikationssystem für Klimasteuerungs- und Regelungssysteme in Schienenfahrzeugen, wobei im Wagen oder Zug intelligente Ein- und Ausgabemodule (IO) angeordnet sind, die durch eine modulare und dezentrale Schaltung mit einem Wagen- und/oder Zugbussystem (CAN, TMS) verbunden sind, wodurch eine Redundanz des Systems entsteht.
Die Vorteile der Erfindung werden anhand der Zeichnungen und den nachfolgenden Ausführungsbeispielen näher beschrieben.
Die in den Fig. 3a und 3b dargestellten Schaltungen sind modular und dezentral und betreffen die Systemsteuerung am Wagen.
Jedes Modul (IO) und jeder Sensor ist über ein lokales CAN-Netz (Control area network) mit einem zentralen Regler (Hauptregler MC) (Fig. 3a) oder direkt mit dem Zugnetz (TMS) verbunden, wenn beide Netze miteinander kompatibel sind (Fig.3b).
Der Vorteil dieser Lösung besteht in drei Punkten:
  1. 1. Die Verkabelung ist geringer, da sich jedes Modul physisch «so nah wie möglich» am Steuerungsbauteil befindet. Die Module sind untereinander nur mit einer 2adrigen lokalen CAN "Schleife" verbunden.
  2. 2. Die Verringerung der Kabellänge hat deutlichen Einfluss auf eine verbesserte CEM an den Steuerbauteilen und dem lokalen Netz, das sozusagen unempfindlich auf Störungen (PEM) wird, da es sich um ein Netz kompletter Informationen (frames) handelt, einschließlich Kontrolle der Sendung, des Empfanges und der Integrität der Daten (trifft auf einen 2adrigen Ein-Aus-Anschluss zum Beispiel nicht zu).
  3. 3. Bei Unterbrechung des lokalen CAN-Netzes oder einem versagenden MC verfügt jedes I/OModul über eigene "interne" Intelligenz, durch die die HVAC Hauptbauteile lokal in einem geschlossenen Ring kontrolliert werden können, um so ein zufriedenstellendes Komfortniveau zu erreichen. Das System ist insofern redundant, als dass eine Unterbrechung des CAN-Netzes oder ein MC-Ausfall keinen kompletten Systemausfall verursacht (es wird auf der Stufe "abgestuft" gearbeitet) (Fig. 3c).


[0008] Die erfindungsgemäße Schaltung nach der Figur 4a erweitert das vorherige Konzept nicht nur am einzelnen Wagen sondern auch am gesamten Zug, wobei das Ziel in der Gewährleistung einer Redundanz des Informationsaustausches über TMS und in der Verringerung der Anzahl von LID und eventuell von MC Schnittstellen besteht.

[0009] Die Fig. 4a zeigt ein System zur Reduzierung der LID auf zwei Einheiten am gesamten Zug. Jeder Wagen verfügt dabei über einen lokalen Klimaregler (CR). Bei Ausfall eines CRs, kann die Kontrolle von einem anderen CR gemäß Fig. 4b übernommen werden.
Bei Ausfall aller CRs kann der zentrale Zugrechner die Steuerung übernehmen (siehe Fig. 4c), oder es tritt die im o.g. Abschnitt beschriebene Situation gemäß Fig. 3c ein. Bei Ausfall des CAN Netzwerkes tritt die im o.g. Abschnitt gemäß Fig. 3c beschriebene Situation ein: -> zweifache Redundanz.

[0010] Im Falle eines TMS-Ausfalls "übernimmt" das CAN-Netz den Informationsaustausch. Im Falle eines MC-Ausfalls "übernimmt" ein weiterer Regler den Informationsaustausch.
Doppelte Redundanz des Zuginformationssystems: Die Informationen sind über TMS und das CAN-Netz verfügbar: Die Kontroll- und Informationsfunktionen sind abgesichert.
Die Figur 4d zeigt ebenso ein System zur Verringerung der LID-Anzahl, jedoch ohne lokale Klimaregler. Das Kontroll-/Steuerungssystem eines jeden Wagens ist durch die beiden MC für den gesamten Zug doppelt abgesichert. Sobald ein MC ausfällt, sichert der zweite die Funktionen ab. Das bedeutet Redundanz. Bei Ausfall des TMS "übernimmt" das CAN-Netz den Informationsaustausch. - Redundanz des HVAC Informationssystems, (siehe Figur 4e).
Bei Ausfall eines MCs übernimmt der andere Regler den Informationsaustausch über das TMS und CAN-Netz (siehe Figur 4f).
Doppelte Redundanz des Zuginformationssystems: Die Informationen sind über TMS und das CAN-Netz verfügbar: Die Kontroll- und Informationsfunktionen sind gewährleistet: .

[0011] Liste der verwendeten Bezugszeichen:
CC:
Kontrolle/Steuerung
LID:
Informations- und Diagnoseschnittstelle
TMS:
Zugüberwachungssystem - Zuginformations- und Kontrollsystem (im allgemeinen "Zugnetz" genannt)
HVAC:
Heizungs- und Klimaanlage
CR:
Klimaregler
DI:
digitaler Ausgang: 2-Leiter-Ausgang Ein-Aus
DO:
digitaler Eingang: 2-Leiter-Eingang Ein-Aus
Al:
analoger Eingang: Eingang analoges Signal
EV:
Magnetventil
PEM:
elektromagnetische Störungen
CEM:
elektromagnetische Kompatibilität
IO:
digitales Eingangs-/Ausgangsmodul
MC:
Zentraler Regler
TS
Temperatursensor



Ansprüche

1. Datenkommunikationssystem für Klimasteuerungs- und Regelungssysteme in Schienenfahrzeugen, dadurch gekennzeichnet, dass im Wagen oder Zug intelligente Ein- und Ausgabemodule (IO) angeordnet sind, die durch eine modulare und dezentrale Schaltung mit einem Wagen- oder Zugbussystem (CAN, TMS) verbunden sind, wodurch eine einfache oder mehrfache Redundanz des Systems bildbar ist.
 
2. Datenkommunikationssystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Wagen oder Zug mit nur einem Klimaregler (HVAC-CR) ausgerüstet ist.
 
3. Datenkommunikationssystem nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die intelligenten Ein- und Ausgabemodule (IO) und im Wagen angeordnete Sensoren (TS) über ein lokales Netz (CAN) mit dem zentralen Klimaregler (HVAC-CR) verbunden sind.
 
4. Datenkommunikationssystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Zug weniger Klimarechner als Wagen oder Klimaanlagen aufweist, die mit dem Zugnetz (TMS) und dem lokalen Netz (CAN) in Verbindung stehen.
 
5. Datenkommunikationssystem nach einem der o.g. Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass jedes intelligente Ein- und Ausgabemodule (IO) über eine eigene interne Intelligenz verfügt, durch die die Bauteile der Heizungs- und Klimaanlage lokal kontrollierbar sind.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente