Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft eine Berstschutzvorrichtung für den Radialverdichter eines
Abgasturboladers, wie sie durch die Merkmale des Oberbegriffes des Anspruchs 1 beschrieben
ist sowie einen Radialverdichter und einen Abgasturbolader mit einer solchen Berstschutzvorrichtung.
Stand der Technik
[0002] In Abgasturboladern werden Radialverdichter eingesetzt, die mit hoher Umfangsgeschwindigkeit
rotieren. Im Bauteil ist dadurch eine hohe kinetische Energie gespeichert. Mit den
zunehmenden Anforderungen an Abgasturbolader hinsichtlich der Druckverhältnisse, ist
auch die Gefahr des Berstens des Verdichterrades infolge immensen Fliehkräften gestiegen.
Damit weder Personen noch Sachwerte gefährdet werden, wird gefordert, dass im Fall
des Berstens des Verdichterrades keine Trümmer mit ihrer grossen kinetischen Energie
durch die das Rad umschliessenden Gehäuse nach aussen gelangen.
[0003] WO 02/090722 A1 beschreibt eine Berstschutzvorrichtung für einen Radialverdichter eines Turboladers,
bei der das Verdichterrad von Gehäuseteilen umgeben ist, die in der Lage sind, die
im Verdichterrad gespeicherte Energie aufzunehmen. Das Verhindern von aus dem Verdichtergehäuse
austretenden Bruchstücken wird als ,Containment' bezeichnet. Beim Bersten des Verdichterrades
werden die das Verdichterrad umschliessenden Gehäuseteile, insbesondere die den Strömungskanal
begrenzende Einsatzwand des Verdichters, in mindestens zwei Teile zertrennt. Einen
radialen Teil im Bereich der Strömungsumlenkung aus der axialen in die radiale sowie
einen axialen Ring, welcher den Eintrittsbereich stromauf des Verdichterrades umschliesst.
Ein grosser Teil der Energie wird über radial auf die Einsatzwand einwirkenden Kräfte
abgebaut. Beim Bersten des Verdichterrades entstehen aber auch Axialkräfte. Diese
können dazu führen, dass Teile des Verdichtergehäuses axial in Richtung Verdichtereintritt
verschoben werden. Um eine unzulässige Verschiebung zu verhindern werden im allgemeinen
axial wirkende Verschraubungen oder formschlüssige Elemente verwendet. Die aus
WO 02/090722 bekannte Berstschutzvorrichtung weist Bremsen auf, die auf sich axial verschiebende
Gehäuseteile wirken und abbremsen sollen. Dabei wird die Einsatzwand an einer Rippe
einer Verdichtergehäuse-Zwischenwand oder gleichzeitig an mehreren Rippen gebremst.
[0004] Da die im Schadensfall wirkenden Kräfte nicht genau bekannt sind, ist die richtige
Dimensionierung der Bremselemente, die auf die Bauteile wirken und sie axial zurückhalten
sollen, keine leichte Aufgabe. Sind die Elemente überdimensioniert, können zu hohe
Kräfte entstehen, die nicht beherrscht werden können. Sind sie hingegen unterdimensioniert,
dürfte die Rückhaltewirkung nicht ausreichen um das Austreten einzelner Verdichterradteile
in axialer Richtung aus dem Gehäuse zu verhindern.
Kurze Darstellung der Erfindung
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine Berstschutzvorrichtung für einen Radialverdichter
eines Abgasturboladers zu schaffen, mit der die axiale Verschiebung von Verdichtergehäuseteilen
auch ohne exakte Kenntnis der wirkenden Kräfte in einem vorgegebenen Bauraum begrenzt
werden kann.
[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch eine Berstschutzvorrichtung eines Radialverdichters
eines Turboladers gemäss den Merkmalen des Anspruches 1.
[0007] Erfindungsgemäss wird das Ziel dadurch erreicht, dass zwei oder mehrere Rückhaltemassnahmen
nacheinander, also zeitlich und räumlich getrennt voneinander zur Wirkung gelangen.
Dadurch wird die Energie stufenweise abgebaut und gleichzeitig verhindert, dass die
wirkenden Kräfte auf ein unkontrollierbar hohes Niveau ansteigen.
[0008] Sollte ein erstes Rückhalteelement überwunden werden, so verschiebt sich der von
der restlichen Einsatzwand getrennte, axiale Ring in axialer Richtung weg von der
Turbinenwelle, bis ein zweites Rückhalteelement in Eingriff kommt.
[0009] Der sich verschiebenden Einsatzwand bleibt nach dem Eingreifen des ersten Rückhalteelements
und bevor ein zweites Rückhalteelement zum Eingriff kommt für die axiale Verschiebung
ausreichend Platz. Damit ist innerhalb des Verdichtergehäuses genügend Platz vorhanden,
um die kinetische Energie des geborstenen Verdichterrades abzubauen.
[0010] Bei Bedarf können dritte oder weitere Rückhalteelemente in Eingriff gebracht werden.
[0011] Ein erfindungsgemässer Turbolader mit einem Radialverdichter, der eine oben beschriebene
erfindungsgemässe Berstschutzvorrichtung aufweist, stellt im Falle eines Verdichterradberstens
eine geringere Gefahr für sich beim Turbolader aufhaltende Menschen und benachbarte
Anlagen dar.
[0012] Weitere Vorteile ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0013] Nachfolgend wird die erfindungsgemässe Berstschutzvorrichtung anhand von Figuren
genauer erläutert. Hierbei zeigt
- Fig. 1
- einen Schnitt durch das Verdichtergehäuse eines Abgasturboladers mit einer erfindungsgemässen
Berstschutzvorrichtung, und
- Fig. 2
- eine schematische, vergrösserte Darstellung der Rückhaltevorrichtung der erfindungsgemässen
Berstschutzvorrichtung nach Fig. 1.
Weg zur Ausführung der Erfindung
[0014] Fig. 1 zeigt einen Schnitt durch den Verdichter eines Abgasturboladers. Der Strömungsverlauf
der zu verdichtenden Luft ist in den Figuren mit Pfeilen angedeutet. Die Bezeichnungen
stromaufwärts und stromabwärts beziehen sich auf diesen Strömungsverlauf. Gestrichelt
angedeutet ist auf der Drehachse A angeordnet das Verdichterrad 60, welches von verschiedenen
Gehäuseteilen umgeben ist. Die Bezeichnungen radial, axial und koaxial beziehen sich
auf die Drehachse A.
[0015] Unmittelbar radial ausserhalb des auf und durch das Verdichterrad führenden Strömungskanals
40 ist die Einsatzwand 10 angeordnet. Die Einsatzwand 10 begrenzt den Strömungskanal
radial aussen und führt, je nach Art der Befestigung der Einsatzwand an den äusseren
Gehäuseteilen, von stromauf des Verdichterrades 0bis über das Verdichterrad hinaus
in den Bereich des Diffusors, welcher stromabwärts des Verdichterrades angeordnet
ist. Radial ausserhalb der Einsatzwand ist eine äussere Verdichtergehäusewand 20 angeordnet,
über welche beispielsweise ein Filterschalldämpfer 50 oder ein Ansaugstutzen für die
Zuführung der zu verdichtenden Luft am Verdichtergehäuse befestigt ist. Die Aussenwand
20 ist im Bereich des Diffusors, direkt oder über weitere Gehäuseteile, mit der Einsatzwand
10 verbunden.
[0016] Die erfindungsgemässe Berstschutzvorrichtung soll im Fall des Berstens des Verdichterrades
60 die im Bereich des Verdichterrades abgetrennte Einsatzwand in axialer Richtung
abbremsen und so am axialen Austritt aus dem Verdichtergehäuse hindern. Hierfür ist
an der Einsatzwand ein radial nach aussen abstehender, koaxial angeordneter Rückhaltevorsprung
11 vorgesehen, welcher Im Fall des Berstens des Verdichterrades mit Bremselementen
zusammenwirken soll. Diese Bremselemente sind als mit einer zentralen Öffnung ausgebildete,
ringförmige Rückhalteelemente 31 und 21 ausgebildet. Ein erstes Rückhalteelement 31
ist an einem zwischen der Einsatzwand 10 und der Aussenwand 20 angeordneten Zwischenwand
30 befestigt. Das erste Rückhalteelement 31 ist in der Ausführungsform gemäss Fig.
1 in direktem Kontakt mit dem Rückhaltevorsprung der Einsatzwand, so dass im Fall
des Berstens des Verdichterrades die Einsatzwand unmittelbar ein erstes mal in ihrer
axialen Bewegung gebremst wird. Rückhaltevorsprung und Rückhalteelement können mit
einem Bund oder aufeinander auflaufenden Keilflächen oder gar über eine Verschraubung
miteinander verbunden sein. Alternativ kann zwischen dem Rückhaltevorsprung und dem
ersten Rückhalteelement 31 auch ein geringfügiger axialer Abstand bestehen. In diesem
Fall greift die erste Bremsstufe der Berstschutzvorrichtung erst nachdem sich die
Einsatzwand bereits in die axiale Richtung verschoben hat. Diese Ausführungsform hat
den Vorteil, dass ein erster Schlag auf die Einsatzwand, welcher in der Regel zum
oben beschriebenen Bruch der Einsatzwand führt, sich nicht direkt auf die Bremsvorrichtung
auswirkt und etwa direkt das erste Rückhalteelement 31 beschädigt.
[0017] Ein zweites Rückhalteelement 21 ist gegenüber dem ersten Rückhalteelement 31 in axialer
Richtung versetzt angeordnet. Es umfasst einen koaxial angeordneten umlaufenden Ring
mit einer zentralen Öffnung. Der umlaufende Ring ist die radial innere Begrenzung
einer Stützwand 22, welche an der Aussenwand 20 befestigt ist. Die Stützwand kann
zur zusätzlichen Versteifung gewellt ausgebildet sein, wie dies in Fig. 1 angedeutet
ist.
[0018] Die relativen Abmessungen von Rückhaltevorsprung 11 und Rückhalteelement 21 und 31
lassen sich anhand der schematischen Darstellung in Fig. 2 erläutern. Der Rückhaltevorsprung
hat einen maximalen Aussenradius R
11. Der maximale Aussenradius R
11 bezeichnet den grössten Radius des koaxial angeordneten Rückhaltevorsprungs. Ist
der Rückhaltevorsprung wie in der Figur angedeutet mit einer Keilfläche versehen,
ist der maximale Aussenradius R
11 der Radius der äussersten Keilspitze. Die Rückhalteelemente 21 bzw. 31 haben einen
minimalen Innenradius R
21 bzw. R
31. Der minimale Innenradius bezeichnet jeweils den kleinsten Radius der Öffnungen in
den Rückhalteelementen. Sind die Öffnungen der Rückhalteelemente wie in der Figur
angedeutet mit einer Keilfläche versehen, ist der minimale Innenradius der Radius
der innersten Keilspitze bzw. die engste Stelle der koaxial angeordneten Öffnung.
[0019] Damit der Rückhaltevorsprung mit den Rückhalteelementen zusammenwirken kann, muss
der maximale Aussenradius R
11 grösser sein als die minimalen Innenradien R
21 und R
31 Nur so ist gewährleistet, dass der Rückhaltevorsprung die Einsatzwand auf dem Weg
in axialer Richtung durch eingreifen in die Rückhalteelemente bremsen kann. Vorteilhafterweise
ist der Öffnungsradius des zweiten Rückhalteelements 21, also der minimale Innenradius
R
21, kleiner als der Öffnungsradius des ersten Rückhalteelements 31, also der minimale
Innenradius R
31. Sollte der Rückhaltevorsprung 11 an der stärksten Stelle beim Durchschlagen des
ersten Rückhalteelements 31 auf die Abmessungen der Öffnung des ersten Rückhaltelements
31, den minimalen Innenradius R
31, reduzierte worden sein, so würde das zweite Rückhalteelement dank dem kleineren
Öffnungsradius dem Rückhaltevorsprung 11 dennoch entgegenstehen und somit seine Bremswirkung
entfalten können.
[0020] Der Rückhaltevorsprung 11 ist grundsätzlich als zylinderförmiger, umlaufender Ring
ausgebildet. Alternativ kann der Rückhaltevorsprung auch entlang des Umfangs in zwei
oder mehrere Abschnitte unterteilt sein, so dass sich im Fall des Berstens des Verdichterrades
die auf den Rückhaltvorsprung wirkenden Kräfte und die dadurch verursachten Spannungen
nicht über den gesamten Umfang ausbreiten können.
[0021] Bei Bedarf können dritte oder weitere Rückhalteelemente vorgesehen sein, welche entweder
in dem Bereich zwischen dem ersten und zweiten Rückhalteelement oder weiter stromaufwärts
des zweiten Rückhalteelements angeordnet sind.
Bezugszeichenliste
[0022]
- 10
- Einsatzwand
- 11
- Rückhaltevorsprung
- 20
- Verdichtergehäuse-Aussenwand
- 21
- Rückhalteelement
- 22
- Stützwand
- 30
- Verdichtergehäuse-Zwischenwand
- 31
- Rückhalteelement
- 40
- Strömungskanal
- 50
- Ansauggehäuse
- 60
- Verdichterrad
- A
- Drehachse des Verdichterrades
- R11
- maximaler Aussenradius des Rückhaltevorsprungs
- R21, R31
- minimaler Innenradius der Rückhalteelementes
1. Berstschutzvorrichtung eines Radialverdichters eines Turboladers mit einer Verdichtergehäuse-Einsatzwand
(10), welche einen Strömungskanal (40) über den Laufschaufeln des Verdichterrades
radial aussen begrenzt, und mit einer Verdichtergehäuse-Aussenwand (20), welche die
Einsatzwand (10) radial aussen umgibt,
wobei an der Einsatzwand (10) ein radial nach aussen ragender Rückhaltevorsprung (11)
angeordnet ist und zwischen der Einsatzwand und der Aussenwand mindestens zwei, in
axialer Richtung versetzte, ringförmige Öffnungen formende Rückhalteelemente (21,
31) zum Zurückhalten des Rückhaltevorsprungs (11) der Einsatzwand bei axialer Verschiebung
der Einsatzwand (10) angeordnet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
die beiden Rückhalteelemente (21, 31) derart voneinander getrennt angeordnet sind,
dass sie bei axialer Verschiebung der Einsatzwand (10) nacheinander mit dem Rückhaltevorsprung
(11) der Einsatzwand zusammenwirken.
2. Berstschutzvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Rückhalteelemente (21, 31) von einander getrennt am Verdichtergehäuse
befestigt sind.
3. Berstschutzvorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Rückhalteelemente (21, 31) in axialer Richtung von einander getrennt am
Verdichtergehäuse befestigt sind.
4. Berstschutzvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass ein erstes Rückhalteelement (31) Teil einer zwischen der Einsatzwand (10) und der
Aussenwand (30) des Verdichtergehäuses angeordneten Zwischenwand (22) ist.
5. Berstschutzvorrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass ein zweites Rückhalteelement (21) an der Aussenwand (20) des Verdichtergehäuses befestigt
und Teil einer radial nach innen geführten Stützwand (22) ist.
6. Berstschutzvorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Stützwand (22) in Umfangsrichtung gewellt ausgebildet ist.
7. Berstschutzvorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Rückhalteelemente (21, 31) ringförmige Öffnungen begrenzen, und dass der Rückhaltevorsprung
(11) einen maximalen Aussenradius (R11) aufweist, welcher grösser ist, als die beiden minimalen Innenradien (R21, R32) der durch die Rückhalteelemente begrenzten, ringförmigen Öffnungen.
8. Berstschutzvorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der minimale Innenradius der Öffnung des weiter stromaufwärts angeordneten Rückhalteelementes
(R21) kleiner ist als der minimale Innenradius des anderen Rückhalteelementes (R31).
9. Radialverdichter, gekennzeichnet durch eine Berstschutzvorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche.
10. Abgasturbolader, gekennzeichnet durch einen Radialverdichter nach Anspruch 9.