[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerätesystem mit einem linken Hörgerät
zur Versorgung des linken Ohrs eines Hörgeräteträgers und einem rechten Hörgerät zur
Versorgung des rechten Ohrs eines Hörgeräteträgers. Darüber hinaus betrifft die vorliegende
Erfindung ein entsprechendes Verfahren zur binauralen Versorgung eines Hörgeräteträgers.
[0002] Bei hörbehinderten Personen bestehen häufig Probleme bei der Wahrnehmung von Schall,
der die Person lediglich von einer Seite erreicht, da die Hörschädigung in der Regel
seitenspezifisch ist. Speziell treten bei der Sprachwahrnehmung Probleme auf. In diesen
Situationen haben Personen ohne Hörschädigung deutliche Vorteile, da Sprachsignale
durch binaurale Wahrnehmung deutlich besser erkannt werden können.
[0003] Die Problematik verstärkt sich bei einseitigen Schallquellen wie beispielsweise beim
Telefonieren. Wenn dabei die Versorgung des telefonierenden Ohrs nicht ausreichend
ist, ist die Sprachwahrnehmung umso mehr reduziert, da hier das andere Ohr keinerlei
Beitrag leisten kann.
[0004] Aus der Druckschrift
DE 696 31 781 T2 ist ein digitales Hörhilfesystem mit zwei Hörelementen bekannt. Jedes Hörelement
weist ein Mikrofon auf. Der Ausgang des Mikrofons ist mit dem Eingang eines AD-Wandlers
im Hörelement und über eine Kommunikationsverbindung auch mit dem Ausgang eines AD-Wandlers
im Hörelement verbunden. Der Ausgang des Mikrofons im zweiten Hörelement ist ebenso
mit den Eingängen beider AD-Wandler verbunden. In einem jeweils nachfolgenden Digitalprozessor
wird in Abhängigkeit von der Anforderung durch einen Benutzung entweder ein Mono-
oder Stereosignal erzeugt. Nur wenn Stereosignalverarbeitung angefordert wurde, werden
in beiden Digitalprozessoren jeweils die Signale beider Mikrofone verarbeitet. Wenn
Monosignalverarbeitung angefordert wurde, wird in dem einen Digitalprozessor nur das
Ausgangssignal des einen Mikrofons verarbeitet und in dem anderen Digitalprozessor
nur das Ausgangssignal des zweiten Mikrofons.
[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Wahrnehmung und insbesondere
die Sprachwahrnehmung bei einseitigen Schallquellen für hörbehinderte Personen zu
verbessern.
[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Hörgerätesystem mit einem linken
Hörgerät zur Versorgung des linken Ohrs eines Hörgeräteträgers und einem rechten Hörgerät
zur Versorgung des rechten Ohrs des Hörgeräteträgers, wobei die beiden Hörgeräte jeweils
eine Übertragungseinrichtung aufweisen, mit denen das Eingangssignal jedes der Hörgeräte
an das jeweilige andere der Hörgeräte insbesondere drahtlos übertragbar ist, und die
beiden Hörgeräte jeweils eine Signalverarbeitungseinrichtung aufweisen, mit denen
aus den beiden Eingangssignalen in beiden Hörgeräten jeweils ein Monosignal erzeugbar
ist.
[0007] Darüber hinaus ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren zum binauralen Versorgen
eines Hörgeräteträgers durch Aufnehmen eines linken Eingangssignals durch ein Hörgerät
am linken Ohr eines Hörgeräteträgers und Aufnehmen eines rechten Eingangssignals durch
ein Hörgerät am rechten Ohr des Hörgeräteträgers sowie Übertragen des jeweiligen Eingangssignals
zum anderen Hörgerät insbesondere drahtlos, und Erzeugen jeweils eines Monosignals
aus beiden Eingangssignalen für jedes Ohr.
[0008] Mit der erfindungsgemäßen Technologie ist es möglich, auch bei einseitigen Schallquellen
beide Ohren eines Hörgeräteträgers mit einem entsprechend aufbereiteten Monosignal
zu versorgen. Dadurch steigt insbesondere die Wahrscheinlichkeit, dass die Sprache
korrekt wahrgenommen werden kann.
[0009] Vorzugsweise ist in der jeweiligen Signalverarbeitungseinrichtung der Hörgeräte des
Hörgerätesystems das Monosignals mit Hilfe einer Durchschnittsbildung beider Eingangssignale
erzeugbar. Damit kann beispielsweise der Eingangspegelwert beider Eingangssignale
gemittelt und für die weitere Signalverarbeitung der beiden Hörgeräte als gemeinsames
Eingangssignal verwendet werden.
[0010] Entsprechend einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist in jeder Signalverarbeitungseinrichtung
das Eingangssignal, das am zugehörigen Hörgerät empfangen wird, stärker für die Erzeugung
des Monosignals gewichtbar als das Eingangssignal vom anderen Hörgerät. Auf diese
Weise kann eine gewisse Seitenselektivität erreicht werden, womit sich ein Kompromiss
zwischen Stereo- und Monoempfang erzielen lässt.
[0011] Günstigerweise werden die beiden Eingangssignale für die Erzeugung des Monosignals
im Verhältnis 2:1 gewichtet. Damit ist eine gewisse Stereowahrnehmung möglich, und
es ist gleichzeitig eine Monogrundversorgung gewährleistet.
[0012] Bei einer speziellen Ausführungsform kann in jeder der beiden Signalverarbeitungseinrichtungen
ein Vergleich der Eingangssignale durchgeführt und das Monosignal jeweils ausschließlich
aus Spektralanteilen der Eingangssignale erzeugt werden, die im jeweiligen Frequenzbereich
den höheren Pegel besitzen. Damit kann der Hörgeräteträger stets an beiden Seiten
optimiertes Signal wahrnehmen.
[0013] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- den Signalverlauf bei einer Monoschaltung;
- FIG 2
- den Signalverlauf bei einer gewichteten Monoschaltung; und
- FIG 3
- den Signalverlauf bei einer sogenannten Maximal-Monoschaltung.
[0014] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0015] Entsprechend einem ersten Ausführungsbeispiel werden die empfangenen Signale, d.
h. die Eingangssignale von beiden Hörgeräten eines Hörgerätesystems mit einem drahtlosen
Audioübertragungssystem zum jeweils anderen Hörgerät übertragen. Grundsätzlich kann
die Übertragung jedoch auch drahtgebunden erfolgen. Für die drahtlose Übertragung
sind beliebige Funkstandards oder auch nicht standardisierte Systeme verwendbar. Auch
kann die Übertragung zwischen den Hörgeräten über ein zusätzliches Steuergerät erfolgen.
[0016] In FIG 1 ist das Eingangssignal EL für das linke Ohr und das Eingangssignal ER für
das rechte Ohr über der Frequenz mit ihren jeweiligen Pegeln aufgetragen. Aus den
beiden Eingangssignalen EL und ER wird nun in jedem Hörgerät ein Monosignal generiert.
Hierzu wird ein Durchschnittssignal DM aus beiden Eingangssignalen EL und ER gebildet.
Dieses Durchschnittssignal DM wird für die weitere Signalverarbeitung als Eingangssignal
verwendet. Somit kann an beiden Ohren das gleiche Monosignal präsentiert werden.
[0017] An dieser Stelle sei angemerkt, dass die in FIG 1 dargestellten Signale auch Ausgangssignale
der jeweiligen Signalverarbeitung des entsprechenden Hörgeräts darstellen können.
[0018] Entsprechend einer zweiten Ausführungsform wird aus den Eingangssignalen EL und ER
anstelle eines Durchschnitts-Monosignals ein sogenanntes Teil-Monosignal erzeugt.
Auch hier werden die von beiden Hörgeräten empfangenen Eingangssignale EL und ER mit
drahtloser Audioübertragung zum jeweils anderen Hörgerät übertragen. In jedem Hörgerät
wird dann das direkt empfangene Eingangssignal stärker gewichtet als das vom anderen
Hörgerät empfangene Eingangssignal.
[0019] In FIG 2 sind die Signalspektren der Eingangssignale EL und ER für das linke und
rechte Ohr sowie des daraus erzeugten Teil-Monosignals TM wiedergegeben. Im vorliegenden
Fall sind die beiden Eingangssignale für die Erzeugung des Teil-Monosignals im Verhältnis
2:1 gewichtet, wobei das Eingangssignal EL des linken Ohrs das höhere Gewicht erhielt,
da das dargestellte Teil-Monosignal TM für das linke Ohr erzeugt wurde. Hierbei ist
zu erkennen, dass das Teil-Monosignal TM näher an dem Eingangssignal EL für das linke
Ohr liegt.
[0020] Der Übersicht halber ist hier das Teil-Monosignal für das rechte Ohr, das in dem
rechten Hörgerät erzeugt wird, in FIG 2 nicht eingezeichnet. Dieses Teil-Monosignal
für das rechte Ohr liegt aufgrund des Gewichtungsverhältnisses 2:1 näher am Eingangssignal
ER für das rechte Ohr.
[0021] Durch diese Gewichtung kann ein Kompromiss zwischen einem Stereo- und Monoempfang
erzielt werden, denn an jedem Ohr wird derjenige Schall für das Monosignal mehr berücksichtigt,
der an diesem Ohr eintrifft. Beim Gewichtungsverhältnis von unendlich wäre der reine
Stereofall gegeben. Das Gewichtungsverhältnis 1:1 entspricht dem ersten Ausführungsbeispiel
gemäß FIG 1.
[0022] Bei einer dritten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird ein sogenanntes
Maximal-Monosignal erzeugt. Wiederum werden die von beiden Hörgeräten empfangenen
Signale drahtlos zum jeweils anderen Hörgerät übertragen. Das im jeweiligen Spektralteil
stärkere Signal, d. h. dasjenige mit dem höheren Pegel, wird für diesen Spektralteil
zur Erzeugung eines Monosignals verwendet.
[0023] FIG 3 dient zur Erläuterung der Erzeugung des Maximal-Monosignals MM. In dem Spektralbereich
vor der Frequenz f1 ist das Eingangssignal ER am rechten Ohr größer als das Eingangssignal
EL am linken Ohr. Folglich wird das Eingangssignal ER in diesem Frequenzabschnitt
für das Monosignal MM verwendet. Zwischen den Frequenzen f1 und f2 ist das linke Eingangssignal
EL größer als das rechte Eingangssignal ER, so dass hier das erstere für das Maximal-Monosignal
MM herangezogen wird. Nach der Frequenz f2 ist wieder das rechte Eingangssignal ER
größer als das linke Eingangssignal EL, so dass hier der Spektralanteil des rechten
Eingangssignals ER für die Erzeugung des Monosignals MM verwendet wird. Durch diese
Signalerzeugung kann sichergestellt werden, dass stets an beiden Hörgeräten ein möglichst
starkes Eingangssignal als Monosignal präsentiert wird.
[0024] Durch die Monoschaltungen bzw. Monoprogramme entsprechend den oben dargestellten
Ausführungsformen, mit denen Durchschnitts-, Teil- oder Maximal-Monosignale für binaurale
Hörgeräte erzeugt werden können, kann gewährleistet werden, dass hörbehinderte Personen
beispielsweise beim Telefonieren auf beiden Ohren hören. Dies verbessert die Sprachwahrnehmung
deutlich.
[0025] Eine Variante der oben dargestellten Ausführungsformen besteht darin, dass nur im
Bereich der Sprachfrequenzen ein Monosignal generiert wird, während die übrigen Frequenzen
herausgefiltert bzw. dort eine Stereowiedergabe ermöglicht wird. Dies fördert auch
die verbesserte Wahrnehmung von Sprache.
[0026] Eine weitere Variante der oben dargestellten Ausführungsform besteht darin, dass
ein Hörgerät ausgewählt wird, dessen Eingangssignale auf beide Geräte übertragen werden.
Dies entspräche dem Fall, dass das Eingangssignal des nicht ausgewählten Hörgeräts
mit Null gewichtet wird. Dadurch ist beispielsweise eine Ausblendung des Schalls möglich,
der an einem nicht telefonierenden Ohr empfangen wird.
1. Hörgerätesystem mit
- einem linken Hörgerät zur Versorgung des linken Ohrs eines Hörgeräteträgers,
- einem rechten Hörgerät zur Versorgung des rechten Ohrs des Hörgeräteträgers,
dadurch gekennzeichnet, dass
- die beiden Hörgeräte jeweils eine Übertragungseinrichtung aufweisen, mit denen das
Eingangssignal (EL, ER) jedes der Hörgeräte an das jeweilige andere der Hörgeräte
übertragbar ist, und
- die beiden Hörgeräte jeweils eine Signalverarbeitungseinrichtung aufweisen, mit
denen aus den beiden Eingangssignalen (EL, ER) in beiden Hörgeräten jeweils ein Monosignal
(DM, TM, MM) erzeugbar ist.
2. Hörgerätesystem nach Anspruch 1, wobei in der jeweiligen Signalverarbeitungseinrichtung
das Monosignal (DM) mit Hilfe einer Durchschnittsbildung beider Eingangsignale (EL,
ER) erzeugbar ist.
3. Hörgerätesystem nach Anspruch 1 oder 2, wobei in jeder Signalverarbeitungseinrichtung
das Eingangssignal (EL, ER), das am zugehörigen Hörgerät empfangen wird, stärker für
die Erzeugung des Monosignals (TM) gewichtbar ist, als das Eingangssignal vom anderen
Hörgerät.
4. Hörgerätesystem nach Anspruch 3, wobei die beiden Eingangsignale (EL, ER) für die
Erzeugung des Monosignals (TM) im Verhältnis 2:1 gewichtet werden.
5. Hörgerätesystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in jeder der beiden
Signalverarbeitungseinrichtungen ein Vergleich der Eingangssignale (EL, ER) durchführbar
ist und das Monosignal (MM) aus den Spektralanteilen mit jeweils höheren Pegeln der
Eingangssignale erzeugbar ist.
6. Hörgerätesystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Übertragungseinrichtungen
der beiden Hörgeräte zur drahtlosen Übertragung der Eingangssignale ausgelegt sind.
7. Verfahren zum binauralen Versorgen eines Hörgeräteträgers durch
- Aufnehmen eines linken Eingangssignals (EL) durch ein Hörgerät am linken Ohr eines
Hörgeräteträgers und
- Aufnehmen eines rechten Eingangssignals (ER) durch ein Hörgerät am rechten Ohr des
Hörgeräteträgers,
gekennzeichnet durch
- Übertragen des jeweiligen Eingangssignals (EL, ER) zum anderen Hörgerät, und
- Erzeugen jeweils eines Monosignals (DM, TM, MM) aus beiden Eingangssignalen (EL,
ER) für jedes Ohr.
8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei das Monosignal (DM) mit Hilfe einer Durchschnittsbildung
beider Eingangssignale erzeugt wird.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, wobei das am Hörgerät unmittelbar empfangene Eingangssignal
für die Erzeugung des Monosignals (TM) stärker gewichtet wird als das Eingangssignal
vom anderen Hörgerät.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9, wobei die beiden Eingangssignale (EL,
ER) verglichen werden und zur Erzeugung des Monosignals (MM) ausschließlich Spektralanteile
der Eingangssignale mit den im jeweiligen Frequenzbereich höheren Pegeln verwendet
werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 10, wobei das Übertragen des jeweiligen Eingangssignals
drahtlos erfolgt.