[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verbesserung der akustischen Eigenschaften
von Klangholz für Musikinstrumente, weiterhin Klangholz, das nach diesem Verfahren
behandelt wurde, sowie Musikinstrumente, vorzugsweise Streichinstrumente, deren Resonanzplatten
aus derartigem Klangholz bestehen.
[0002] Klangholz für Musikinstrumente (sogenanntes Resonanzholz) soll möglichst leicht sein,
gleichzeitig aber einen hohen Elasitizitätsmodul (E-Modul bzw. Young's Modul) und
eine hohe Schallgeschwindigkeit besitzen. Es soll ferner astfrei sein und schmale,
homogene Jahrringe sowie einen geringen Spätholzanteil (<20%) aufweisen. Nur wenige,
sorgfältig ausgewählte Holzsortimente erfüllen diese strengen Qualitätskriterien.
[0003] Musikinstrumente, die während des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts gebaut wurden,
besitzen im Vergleich zu zeitgenössischen Instrumenten vielfach bessere Qualitätseigenschaften.
Zur Erklärung dieses Qualitätsunterschiedes wurden bereits viele Hypothesen aufgestellt;
eine davon führt die besondere Holzqualität dieser Instrumente auf die als Maunder-Minimum
bezeichnete Klimasituation zurück, die zwischen 1645 und 1715 herrschte und in der
die längeren Winter und kühleren Sommer offenbar eine langsamere und gleichmäßigere
Holzbildung und damit einen geringen Spätholzanteil bewirkten. Der berühmte Geigenbauer
Antonio Stradivari verwendete in den letzten Dekaden seines Schaffens (der sogenannten
"goldenen Ära") vorwiegend Fichtenholz von Bäumen, die während des Maunder-Minimums
gewachsen waren. Diese Instrumente gelten seit langem als ein nur ganz selten wieder
erreichtes Klangideal.
[0004] Die (akustische) Materialqualität Mq von Klangholz wird allgemein durch den Quotienten
c/
ρ definiert, wobei c die Schallgeschwindigkeit und p die Rohdichte des Klangholzes
bedeuten. Die Schallgeschwindigkeit entspricht der Quadratwurzel aus dem Verhältnis
von E-Modul (für Biegung längs zur Faser) zu Dichte. Der E-Modul ist ein von der Geometrie
unabhängiger Materialwert; das Produkt aus E-Modul und Flächenmoment ergibt die Biegesteifigkeit
des Werkstücks.
[0005] Die Schallgeschwindigkeit von Fichtenholz beträgt in Längsrichtung 4800 bis 6200
m/s, die Rohdichte 320 bis 420 kg/m
3.
[0006] Von besonderem Interesse bei allen Maßnahmen zur Verbesserung der Materialqualität
Mq ist der Einfluss, den relative Änderungen von E-Modul und Rohdichte auf die Schallgeschwindigkeit
haben: Verändert sich bei einer bestimmten Maßnahme der E-Modul (in %) etwa proportional
zur Veränderung der Rohdichte (in %), so bleibt die Schallgeschwindigkeit annähernd
gleich (die Materialqualität erhöht sich dann etwa umgekehrt proportional zu einer
Verringerung der Rohdichte); ein solches Verhältnis relativer Änderungen von E-Modul
und Rohdichte wird als "eng" bezeichnet. Verringert sich dagegen bei einer bestimmten
Maßnahme der E-Modul (in %) wesentlich weniger als die Rohdichte (in %), so wird die
Schallgeschwindigkeit erhöht (die Materialqualität steigt dann mehr als umgekehrt
proportional zu einer Verringerung der Rohdichte); ein solches Verhältnis relativer
Änderungen von E-Modul und Rohdichte wird als "weit" oder "groß" bezeichnet und ist
zur Erzielung einer hohen Materialqualität Mq von Klangholz sehr erwünscht. Klangholz
mit einem weiten E-Modul-Rohdichte-Verhältnis ist jedoch in der Natur selten und folglich
teuer.
[0007] Traditionell werden im Geigenbau verschiedene Methoden eingesetzt, um die Materialqualität
von Resonanzplatten aus Holz (insbesondere von Fichtenholz, das für die Decke des
Korpus meist verwendet wird) zu verbessern. Studien zeigen allerdings, dass diese
konventionellen Behandlungsmethoden (unter Verwendung von Grundierungen, Lacken und
Mineralstoffen) zwar durchaus den E-Modul erhöhen, jedoch durch den mit der Behandlung
verbundenen Zellverschluss häufig auch zu einer Vergrößerung der Dichte bzw. Schwingungsmasse
des Holzes führen.
[0008] Eine spürbare und zuverlässige Verbesserung der Materialqualität des Klangholzes
lässt sich mit diesen Methoden im allgemeinen nicht erreichen.
[0009] Sofern die Resonanzplatte des Musikinstrumentes nicht aus Vollholz bestehen, sondern
als Faserverbund-Sandwichplatte ausgebildet werden soll, beschreibt die
EP 01 119 531 einen aussichtsreichen Vorschlag zur Verbesserung der akustischen Qualität des Instruments.
Hierbei findet eine Faserverbund-Sandwichplatte mit einem hohen Quotienten von Schallgeschwindigkeit
zu Dichte Verwendung, wobei der vom Umriss der Resonanzplatte umgrenzte Flächeninhalt
der Resonanzplatte so groß gewählt ist, dass die Frequenz der Hauptkorpusresonanz
in einem klangidealen Bereich liegt.
[0010] Die vorliegende Erfindung hat sich demgegenüber zur Aufgabe gesetzt, ein Verfahren
zu entwickeln, mit dem sich die akustischen Eigenschaften von Klangholz für Musikinstrumente
verbessern lassen.
[0011] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass das Klangholz während einer
begrenzten Behandlungsdauer der Einwirkung einer holzzersetzenden Pilzart ausgesetzt
wird, wobei die Pilzart und die Behandlungsdauer derart gewählt werden, dass durch
die Behandlung einerseits eine Vergrößerung des Verhältnisses von Schallgeschwindigkeit
des Holzes zu Rohdichte des Holzes erreicht wird und andererseits vorgegebene Mindestfestigkeitswerte
des Klangholzes nicht unterschritten werden.
[0012] Durch die holzzersetzende Wirkung der Pilze wird die Rohdichte des Holzes deutlich
vermindert, der E-Modul dagegen nicht nennenswert herabgesetzt. Es ergibt sich damit
eine Erhöhung der Schallgeschwindigkeit bei gleichzeitiger Verringerung der Dichte.
Hieraus resultiert nach den eingangs genannten Beziehungen eine deutliche Verbesserung
der Materialqualität des Klangholzes. Das mit einem solchen Holzabbauprozess erzielte
grössere E-Modul-Rohdichte-Verhältnis führt zu einer ähnlichen Materialqualität des
Klangholzes wie sie Holz von Bäumen besitzt, die während des Maunder-Minimums gewachsen
sind.
[0013] Fig. 1 veranschaulicht schematisch die unterschiedliche Holzstruktur von normalem
Nadelholz (Fig. 1A), von besonders hochwertigem, überaus seltenen Klangholz (Fig.
1B) und von erfindungsgemäß behandeltem Klangholz (Fig.1C):
In Fig. 1A ist eine Zellreihe von normalem Nadelholz schematisch dargestellt. Man
erkennt breite Jahrringe mit gleichmässigem Anteil von dickwandigen Spätholztracheiden
und dünnwandigen Frühholztracheiden.
Fig. 1B zeigt besonders hochwertiges, altes Fichten-Klangholz, das während des Maunder-Minimums
gewachsen ist. Die Jahrringe sind schmal und bestehen vorwiegend aus Frühholztracheiden
mit nur einer Zellreihe Spätholztracheiden.
Fig. 1C veranschaulicht schließlich modernes Klangholz, das nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren mit holzzersetzenden Pilzen behandelt wurde. Es sind nebeneinander zwei
Stadien der Holzzersetzung dargestellt:
[0014] Fig. 1C zeigt links ein frühes Stadium der Holzzersetzung mit wenigen Kavernen. Der
Jahrring ist schmal. Erste Strukturveränderungen durch holzzersetzende Pilze sind
erkennbar. In diesem Stadium ist bereits eine gewisse Minderung der Rohdichte festzustellen.
In Fig. 1C rechts ist ein spätes Stadium der Holzzersetzung (mit vielen Kavernen)
dargestellt. Die Zellwände des Spät- und Frühholzes sind merklich dünner geworden.
[0015] Während der holzzersetzenden Pilzbehandlung nimmt also die Rohdichte des Holzes mit
zunehmendem Zersetzungsgrad ab. Bei gleichzeitigem Erhalt oder nur geringer Verringerung
des E-Moduls erhöht sich daher die Schallgeschwindigkeit im Holz und infolgedessen
auch die Materialqualität Mq.
[0016] Es muss jedoch bei der holzzersetzenden Pilzbehandlung gleichzeitig darauf geachtet
werden, dass das Holz nach der Behandlung noch die für den Geigenbau erforderlichen
vorgegebenen Mindestfestigkeitswerte besitzt. Hierzu gehört insbesondere ein bestimmter
Mindestwert des E-Moduls (für Biegung längs zur Faser) sowie gewisse Mindestwerte
der Druckfestigkeit (längs und quer zur Faser). Zweckmäßig sollten insoweit folgende
Mindestfestigkeitswerte des Klangholzes nicht unterschritten werden:
E-Modul für Biegung längs zur Faser (in GPa)
Fichte: 7, vorzugsweise 10,
Ahorn: 4, vorzugsweise 5.8,
Pappel: 4, vorzugsweise 5.5,
Druckfestigkeit längs zur Faser (in N/mm2 bzw. MPa)
Fichte: 24, vorzugsweise 34,
Ahorn: 27, vorzugsweise 38,
Pappel: 16, vorzugsweise 23
Druckfestigkeit quer zur Faser (in N/mm2 bzw. MPa)
Fichte: 3, vorzugsweise 4.2,
Ahorn: 6, vorzugsweise 11,
Pappel: 1.5, vorzugsweise 2.1.
[0017] Die vorstehend genannten unteren Mindestfestigkeitswerte entsprechen etwa 50% und
die bevorzugten angehobenen Mindestfestigkeitswerte etwa 70% der Festigkeitswerte
des unbehandelten Klangholzes.
[0018] Die Zeitdauer der holzzersetzenden Pilzbehandlung wird also erfindungsgemäß zweckmäßig
so lang gewählt, bis einerseits das Verhältnis von Schallgeschwindigkeit zu Rohdichte
einen Höchstwert erreicht (was etwa dann der Fall ist, wenn das Volumen der Kavernen
ein Maximum aufweist), andererseits jedoch die vorgegebenen Mindestfestigkeitswerte
des Holzes nicht unterschritten werden.
[0019] Das erfindungsgemäße Verfahren verbessert nicht nur die akustischen Eigenschaften
des Klangholzes, sondern führt noch zu einem weiteren wesentlichen Vorteil, der gerade
bei einer Verwendung dieses Klangholzes für Musikinstrumente von erheblicher praktischer
Bedeutung ist. Durch die holzzersetzende Wirkung der Pilze werden nämlich auch die
hygroskopischen Eigenschaften des Holzes deutlich verbessert. Holz ist bekanntlich
hygroskopisch, wobei die Aufnahme oder Abgabe von Feuchtigkeit (in Anpassung an das
Umgebungsklima) zum Quellen bzw. Schwinden des Holzes und damit auch zu mehr oder
weniger großen Formveränderungen führt. Unter extremen Umweltbedingungen, z.B. in
klimatisierten Räumen, in Flugzeugen oder Konzertsälen, können so starke und abrupte
Änderungen der relativen Luftfeuchtigkeit auftreten, dass es zu starken Spannungen
in den Resonanzplatten von Musikinstrumenten, zu Rissen und gravierenden Beeinträchtigungen
der akustischen Eigenschaften kommt.
[0020] Bei der erfindungsgemäßen holzzersetzenden Pilzbehandlung werden nun die für das
Quellen und Schwinden des Holzes verantwortlichen Hydroxylgruppen des Holzes durch
enzymatische Prozesse abgespalten, wodurch die Hygroskopizität des Klangholzes merklich
verringert wird. Musikinstrumente, deren Klangholz nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
behandelt wurde, sind daher gegenüber starken Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit
der Umgebung weitaus weniger anfällig als Musikinstrumente, deren Resonanzplatte aus
herkömmlichem Klangholz besteht.
[0021] Die Erfindung wird im folgenden an Hand einiger Ausführungsbeispiele und Versuchsergebnisse
näher erläutert.
[0022] Für das erfindungsgemäße Verfahren sind besonders diejenigen Pilzarten interessant,
die Moderfäulen verursachen. Ihre fadenähnlichen Hyphen wachsen bevorzugt innerhalb
der sogenannten Sekundärwand der Zellen. Die Holzzersetzung führt in der Sekundärwand
zur Bildung von Kavernen, wodurch die Dichte des Holzes abnimmt.
[0023] Die Zellwände werden gewissermaßen von innen zersetzt, während die Mittelschicht,
bestehend aus Mittellamelle und Primärwand, erhalten bleibt. Sie enthält Lignin und
Pektin, eine kleberartige Substanz, die die Zellen zusammenhält. Eine intakte Mittelschicht
ist wichtig für einen hohen E-Modul des Klangholzes. Ein Pilz, der selektiv die Sekundärwand
abbaut, führt somit zu leichterem Holz, das jedoch trotzdem über einen relativ hohen
E-Modul verfügt. Auf diese Weise lassen sich gezielt gerade die Eigenschaften erreichen,
die besonders gutes Klangholz auszeichnen.
[0024] Bei den der Erfindung zu Grunde liegenden, umfangreichen Versuchen wurden zur Verbesserung
der akustischen Eigenschaften von Klangholz (sterilisierte Holzproben von Ahorn und
Fichte) insbesondere Asco- und Basidiomyceten (Klasse) aus der Familie der
Leotiaceae, Polyporaceae, Schizophyllaceae, Tricholomataceae und
Xylariaceae zur Inkubation der Holzproben verwendet. Nähere Angaben zu verwendeten Pilzarten
finden sich in nachfolgender Tabelle 1. Sie enthält die Pilzarten, die Familie, die
Stammkulturnummern und die bevorzugte Holzart (Wirt), die zum Zweck der Vergütung
von Klangholz eingesetzt werden.
| Pilzart |
Familie |
Quelle |
Wirt |
| Xylaria longipes |
Xylariaceae |
Empa Stammkultur 651 |
Ahorn |
| Kretzschmaria deusta |
Xylariaceae |
Empa Stammkultur 652 |
Ahorn |
| Armillaria cepistipes |
Trichlomataceae |
Empa Stammkultur 655 |
Ahorn, Fichte |
| Climacocystis borealis |
Polyporaceae |
Empa Stammkultur 656 |
Fichte |
| Climacocystis borealis |
Polyporaceae |
Empa Stammkultur 657 |
Fichte |
| Phialocephala fortinii |
Leotiaceae |
Empa Stammkultur 658 |
Fichte |
| Phialocephala fortinii |
Leotiaceae |
Empa Stammkultur 659 |
Fichte |
| Schizophyllum commune |
Schizophyllaceae |
Empa Stammkultur 595 |
Ahorn, Fichte |
| Polyporus squamosus |
Polyporaceae |
Empa Stammkultur 650 |
Ahorn |
[0025] Die ausgewählten Pilzarten treten natürlich an Fichte (
Picea abies) und Ahorn (
Acer platanoides und
Acer psedolatanus) auf, d.h. an Hölzern, die traditionell als Resonanzplatten (Decke und Boden) im
Geigenbau verwendet werden. Eigene Studien zeigen, dass im Vergleich zu vielen anderen
Fäuleerregern das Holzzersetzungsmuster der ausgewählten Pilzarten die Ausbreitung
der Schallwellen im zersetzten Holz nicht nennenswert verändert. Dies erklärt sich
damit, dass während des Holzabbaus die Rohdichte stärker vermindert wird als der E-Modul.
Ausserdem weist die Mittelschicht der Holzzellen eine sehr hohe Konzentration von
Guaiacyl-Lignin auf, das besonders dauerhaft gegenüber den ausgewählten Pilzarten
ist. Aus diesem Grund bleibt selbst im Spätstadium der Holzzersetzung ein stark lignifiziertes
Gerüst erhalten, das aus den Zellwänden der Gefäße, der Mittelschicht der Fasern,
aus Holzstrahlen und Parenchymzellen besteht.
[0026] Fig. 2 veranschaulicht diese Zusammenhänge in schematischer Form etwas näher:
[0027] Wie Fig. 2A zeigt, dringen bei der Holzbehandlung einzelne Hyphen H in die Zellwand
ein und wachsen innerhalb der Zellwand entlang der Ausrichtung der (auf der lichtmikroskopischen
Ebene nicht sichtbaren) Zellulosemikrofibrillen.
[0028] Die Fig. 2B und 2C veranschaulichen den enzymatischen Abbau der Zellwand um die Hyphen
H herum. Er führt zur Entstehung von Kavernen K mit kegelförmig ausgebildeten Enden.
[0029] Im Spätstadium der Holzzersetzung (Fig. 2D) ist die Sekundärwand Sw nahezu völlig
abgebaut, die Mittelschicht ist dagegen erhalten geblieben. Das verbleibende Gerüst
und die Tatsache, dass keine Bohrlöcher von Hyphen H verursacht werden, verleihen
dem Holz auch im späten Abbaustadium noch einen sehr hohen E-Modul.
[0030] Fig. 3 zeigt schematisch eine einfache Einrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens. Die Inkubation von Holzproben P erfolgt in einem geschlossenen Kunststoffbehälter
B über zuvor infizierten Futterbrettchen F, die sich über Vermiculit V befinden. Von
den infizierten Futterbrettchen aus erfolgt die Besiedlung der Holzproben durch den
kausalen Fäuleerreger. Das Mineralgestein Vermiculit dient als Feuchtigkeitsquelle
für die Hyphen des Pilzes.
[0031] Die Futterbrettchen werden zunächst mit Ethylenoxid sterilisiert (1h; 0.65 bar; 55°
C; ca. 1200 mg C2H4O/1). Kolleschalen mit 75 ml 2.5 % MEA (Malzextraktagar) werden
mit Reinkulturen der verwendeten Pilzarten beimpft. Nachdem die Kolleschalen vom Pilzmyzel
nach 4 Wochen bewachsen sind, werden die sterilisierten Ahorn- und Fichten-Futterbrettchen
(50 x 25 x 15 mm) für 6 Wochen bei 70 % RH und 22°C inkubiert.
[0032] Als Feuchtigkeitssubstrat wird Vermiculit verwendet (VTT Vermisol Typ M, Korngrösse
1 - 3 mm; Teilchen unter 1 mm werden ausgesiebt). Der Wassergehalt von Vermiculit
wird mit Pufferlösung (950 ml 0,1 M KCl + 50 ml 0,1 M HCl) auf eine Feuchte eingestellt,
die 100% vom mittleren Wasserrückhaltevermögen (whc1) entspricht.
[0033] Pro Versuchsgefäss wird 60 g Vermiculit (ca. 500 ml) eingefüllt und leicht zusammengepresst.
Die Proben werden bei 22 ± 1°C und 70 ± 5 % rel. Luftfeuchtigkeit und während 4, 8
und 12 Wochen exponiert. Nach der Behandlung und dem Entfernen der anhaftenden Pilzmyzelreste
wird der Gewichtsverlust durch Pilzangriff anhand von Anfangs- und Enddarrgewicht
ermittelt. Die Verbesserung der Materialqualität Mq wird mittels Eigenfrequenzmessungen
bestimmt.
[0034] Fig. 4 zeigt die Veränderung der Materialqualität Mq von Fichte-Klangholz bei Behandlung
mit drei in Tabelle 1 genannten Pilzarten. Die prozentuale Verbesserung der Materialqualität
Mq der untersuchten Fichte-Klangholzproben ist am ausgeprägtesten bei Behandlung mit
Schizophyllum commune 595 und einer Behandlungsdauer von 8 Wochen.
[0035] Fig. 5 veranschaulicht die Veränderung der Materialqualität Mq von Ahorn-Klangholz
mit drei anderen, in Tabelle 1 genannten Pilzarten. Die prozentuale Verbesserung der
Materialqualität Mq der untersuchten Ahorn-Klangholzproben ist besonders ausgeprägt
bei Behandlung mit
Xylaria longipes 651 oder mit
Kretschmaria deusta 652, jeweils bei einer Behandlungsdauer von 12 Wochen. Bei Verwendung von
Polyporus squamosus 650 ist bei einer Expositionsdauer von mehr als 8 Wochen wieder ein Abfall der Materialqualität
Mq festzustellen.
[0036] Nachstehende Tabelle 2 zeigt die Abmessungen von Klangholzproben vor und nach der
Pilzbehandlung und den eingetretenen Masseverlust (Verringerung der Dichte). Dabei
bedeuten AL = Ahorn-Längsproben, FL = Fichte-Längsproben.
| Probe |
Holz-art |
Pilz |
Vor der Pilzbehandlung |
Nach der Pilzbehandlung |
| |
|
|
Dicke [mm] |
Breite [mm] |
Länge [mm] |
Gewicht [g] |
Dichte [kg/m3] |
Dichte [kg/m3] |
Masseverlust [%] |
| AL14 |
Ahorn |
651 |
2.73 |
25.51 |
155.95 |
7.27 |
637 |
609 |
6.85 |
| AL19 |
Ahorn |
651 |
2.79 |
25.46 |
156.04 |
7.46 |
654 |
574 |
12.00 |
| AL22 |
Ahorn |
652 |
2.88 |
25.53 |
155.63 |
7.56 |
665 |
561 |
13.16 |
| AL29 |
Ahorn |
652 |
2.84 |
25.41 |
156.16 |
7.27 |
636 |
504 |
17.81 |
| AL33 |
Ahorn |
650 |
2.89 |
25.40 |
156.17 |
7.68 |
657 |
641 |
6.41 |
| FL16 |
Fichte |
656 |
3.05 |
27.20 |
149.8 |
5.57 |
448 |
422 |
4.09 |
| FL40 |
Fichte |
659 |
3.02 |
27.23 |
150.54 |
5.66 |
457 |
446 |
1.31 |
| FL50 |
Fichte |
595 |
2.93 |
27.18 |
150.50 |
5.35 |
446 |
429 |
2.32 |
| FL51 |
Fichte |
595 |
2.93 |
27.27 |
150.69 |
5.33 |
443 |
423 |
2.10 |
[0037] In der folgenden Tabelle 3 sind der E-Modul, die Schallgeschwindigkeit und die Materialqualität
Mq der Holzproben vor und nach der Pilzbehandlung aufgeführt. Hierbei bedeuten AL
= Ahorn-Längsproben, FL = Fichten-Längsproben.
| Probe |
Vor der Pilzbehandlung |
Nach der Pilzbehandlung |
| |
E-Modul [MPa] |
Schallgeschwindigkeit Erste Mode [m/s] |
Materialqualität Mq |
E-Modul [MPa] |
Schallgeschwindigkeit Erste Mode [m/s] |
Materialqualität Mq |
| AL14 |
8480 |
3648 |
5.7 |
8770 |
3797 |
6.2 |
| AL19 |
7900 |
3476 |
5.3 |
7170 |
3533 |
6.2 |
| AL22 |
9210 |
3721 |
5.6 |
6320 |
3355 |
6.0 |
| AL29 |
10600 |
4077 |
5.4 |
6970 |
3721 |
7.4 |
| AL33 |
8600 |
3618 |
5.5 |
9400 |
3829 |
9.0 |
| FL16 |
12645 |
5412 |
11.8 |
11083 |
5225 |
12.1 |
| FL40 |
14099 |
5572 |
12.1 |
13243 |
5490 |
12.2 |
| FL50 |
12059 |
5218 |
11.6 |
11021 |
5095 |
11.8 |
| FL51 |
11873 |
5217 |
11.7 |
10662 |
5058 |
11.9 |
[0038] Die Untersuchungen zeigen damit, dass aufgrund der unterschiedlichen Verringerung
von Rohdichte, E-Modul und Schallgeschwindigkeit die Materialqualität Mq mit zunehmender
Inkubationszeit (Pilzexposition) zunächst steigt und dann wieder abfällt. Mit fortschreitender
Dauer ist daher die Verringerung der Rohdichte unzureichend, um die Verkleinerung
der Schallgeschwindigkeit zu kompensieren. Die Festigkeitswerte des Klangholzes (E-Modul
und Druckfestigkeit) bleiben mit zunehmender Inkubationszeit zunächst etwa gleich
und fallen dann ab.
[0039] Die genaue Wahl der Behandlungsdauer für die jeweils eingesetzte Pilzart ist somit
von großer Bedeutung. Die Pilzart und die Behandlungsdauer werden derart aufeinander
abgestimmt, dass durch die Behandlung einerseits ― im Vergleich zum unbehandelten
Ausgangszustand ― eine Vergrößerung des Verhältnisses von Schallgeschwindigkeit des
Holzes zu Rohdichte des Holzes (d.h. eine Vergrößerung der akustischen Materialqualität
Mq) erreicht wird, andererseits jedoch vorgegebene Mindestfestigkeitswerte des Klangholzes
nicht unterschritten werden.
[0040] Die Bestimmung der Schallgeschwindigkeit c und des E-Moduls E wird an Hand folgender
Formeln vorgenommen:

wobei bedeuten:
c die Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen in m/s,
L die Länge eines Probestreifens in m (zum Beispiel 0.2 m)
f die Eigenfrequenz der ersten Biegemode in Hertz (zum Beispiel 459 Hz)
d die Dicke des Probestreifens in m (zum Beispiel 0.003 m)
[0041] Bei dem genannten Beispiel ergibt sich:

wobei bedeuten:
E den Elastizitätsmodul für Biegung ("E-Modul" bzw. "Young's Modulus")
c die Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen in m/s
δ die Dichte in kg/m3 (zum Beispiel 400 kg/m3)
[0042] Bei dem genannten Beispiel ergibt sich:

[0043] Eine Holzzersetzung über die gewünschte Behandlungsdauer hinaus wird vorzugsweise
durch eine Sterilisation der Holzproben mit Ethylenoxid (1h; 0.65 bar; 55° C; ca.
1200 mg C
2H
4O/l) unterbunden. Nach einer solchen Sterilisation stellen die Pilze ihre Aktivität
ein. Das Klangholz behält dann dauerhaft die erreichte akustische Materialqualität
Mq und seine Festigkeitswerte.
[0044] Die bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zugleich erreichte Verbesserung der hygroskopischen
Eigenschaften lässt sich aus Fig. 6 entnehmen (dabei bedeuten AL = Ahorn-Längsproben,
FL = Fichte-Längsproben, AQ = Ahorn-Querproben, FQ = Fichte-Querproben). Fig. 6 zeigt
die Verminderung der Wasseraufnahme (bezogen auf das Darrgewicht) nach 12 Wochen Pilzbehandlung.
Im Vergleich zu den unbehandelten Proben (Kontrolle) ergibt sich bei den pilzbehandelten
Querproben eine signifikante Verminderung der Wasseraufnahme, die hygroskopischen
Eigenschaften (d.h. das Quellen und Schwinden des Holzes) sind also wesentlich verbessert.
Dabei ist zu beachten, dass Quellen und Schwinden nicht nur eine Vergrößerung oder
Verkleinerung des Holzkörpers an sich bedeuten, sondern auch eine Veränderung der
Form aufgrund unterschiedlicher Schwindmaße in Längs-, Radial- und Tangentialrichtung.
[0045] Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelte Klanghölzer wurden als Resonanzplatten
(Decke und Boden) von Streichinstrumenten verwendet. Untersuchungen der Klangqualität
dieser Instrumente ergaben u.a. folgende optimale Varianten für die Wahl der Pilzart
und der Behandlungsdauer des jeweils für die Decke bzw. den Boden des Streichinstrumentes
vorgesehenen Klangholzes:
a) Die Pilzart und die Behandlungsdauer für die als Decke bzw. Boden zu verwendenden
Hölzer werden so gewählt, dass sich der Quotient aus der Veränderung der Schallgeschwindigkeit
der Longitudinalwellen in Längsrichtung zur Holzfaser zur Veränderung der Schallgeschwindigkeit
der Longitudinalwellen in Querrichtung zur Holzfaser des für die Decke verwendeten
Holzes um maximal 25%, vorzugsweise um 8 bis 12%, vom entsprechenden Quotienten des
für den Boden verwendeten Holzes unterscheidet.
b) Die Pilzart und die Behandlungsdauer für die als Decke bzw. Boden zu verwendenden
Hölzer werden so gewählt, dass sich die Veränderung der Schallgeschwindigkeit der
Longitudinalwellen in Längsrichtung zur Holzfaser des für die Decke verwendeten Holzes
um maximal 25%, vorzugsweise um 8 bis 12%, von der entsprechenden Veränderung des
für den Boden verwendeten Holzes unterscheidet.
c) Die Pilzart und die Behandlungsdauer für die als Decke bzw. Boden zu verwendenden
Hölzer werden so gewählt, dass sich die Veränderung der Schallgeschwindigkeit der
Longitudinalwellen in Querrichtung zur Holzfaser des für die Decke verwendeten Holzes
um maximal 25%, vorzugsweise um 8 bis 12%, von der entsprechenden Veränderung des
für den Boden verwendeten Holzes unterscheidet.
1. Verfahren zur Verbesserung der akustischen Eigenschaften von Klangholz für Musikinstrumente,
dadurch gekennzeichnet, dass das Klangholz während einer begrenzten Behandlungsdauer der Einwirkung einer holzzersetzenden
Pilzart ausgesetzt wird, wobei die Pilzart und die Behandlungsdauer derart gewählt
werden, dass durch die Behandlung einerseits eine Vergrößerung des Verhältnisses von
Schallgeschwindigkeit des Holzes zu Rohdichte des Holzes erreicht wird und andererseits
vorgegebene Mindestfestigkeitswerte des Klangholzes nicht unterschritten werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Pilzarten Verwendung finden, die in der Natur an Fichte (Picea abies) und Ahorn (Acer platanoides und Acer psedolatanus) auftreten, vorzugsweise Asco- und Basidiomyceten aus der Familie der Leotiaceae, Polyporaceae, Schizophyllaceae, Trichlomataceaeund Xylariaceae.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass folgende Mindestfestigkeitswerte des Klangholzes nicht unterschritten werden:
a) E-Modul für Biegung längs zur Faser (in GPa)
Fichte: 7, vorzugsweise 10,
Ahorn: 4, vorzugsweise 5.8,
Pappel: 4, vorzugsweise 5.5,
b) Druckfestigkeit längs zur Faser (in N/mm2 bzw. MPa)
Fichte: 24, vorzugsweise 34,
Ahorn: 27, vorzugsweise 38,
Pappel: 16, vorzugsweise 23
c) Druckfestigkeit quer zur Faser (in N/mm2 bzw. MPa)
Fichte: 3, vorzugsweise 4.2,
Ahorn: 6, vorzugsweise 11,
Pappel: 1.5, vorzugsweise 2.1.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Behandlungsdauer so lang gewählt wird, dass das bei Einhaltung der vorgegebenen
Mindestfestigkeitswerte des Klangholzes größtmögliche Verhältnis von Schallgeschwindigkeit
des Holzes zu Rohdichte des Holzes erreicht wird.
5. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Klangholz bei einer Temperatur von 18 bis 26°C, vorzugsweise 21 bis 23°C, und
einer relativen Luftfeuchte von 60 bis 80 %, vorzugsweise von 65 bis 75 %, während
einer Zeitdauer von 6 bis 15 Wochen, vorzugsweise von 8 bis 12 Wochen, mit der holzzersetzenden
Pilzart behandelt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1 zur Verbesserung der akustischen Eigenschaften von Klanghölzern,
die als Decke und Boden eines Streichinstrumentes Verwendung finden, dadurch gekennzeichnet, dass Pilzart und Behandlungsdauer für die als Decke bzw. Boden zu verwendenden Hölzer
so gewählt werden, dass sich der Quotient aus der Veränderung der Schallgeschwindigkeit
der Longitudinalwellen in Längsrichtung zur Holzfaser zur Veränderung der Schallgeschwindigkeit
der Longitudinalwellen in Querrichtung zur Holzfaser des für die Decke verwendeten
Holzes um maximal 25%, vorzugsweise um 8 bis 12%, vom entsprechenden Quotienten des
für den Boden verwendeten Holzes unterscheidet.
7. Verfahren nach Anspruch 1 zur Verbesserung der akustischen Eigenschaften von Klanghölzern,
die als Decke und Boden eines Streichinstrumentes Verwendung finden, dadurch gekennzeichnet, dass Pilzart und Behandlungsdauer für die als Decke bzw. Boden zu verwendenden Hölzer
so gewählt werden, dass sich die Veränderung der Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen
in Längsrichtung zur Holzfaser des für die Decke verwendeten Holzes um maximal 25%,
vorzugsweise um 8 bis 12%, von der entsprechenden Veränderung des für den Boden verwendeten
Holzes unterscheidet.
8. Verfahren nach Anspruch 1 zur Verbesserung der akustischen Eigenschaften von Klanghölzern,
die als Decke und Boden eines Streichinstrumentes Verwendung finden, dadurch gekennzeichnet, dass Pilzart und Behandlungsdauer für die als Decke bzw. Boden zu verwendenden Hölzer
so gewählt werden, dass sich die Veränderung der Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen
in Querrichtung zur Holzfaser des für die Decke verwendeten Holzes um maximal 25%,
vorzugsweise um 8 bis 12%, von der entsprechenden Veränderung des für den Boden verwendeten
Holzes unterscheidet.
9. Klangholz für Musikinstrumente, mit vorgegebenen Mindestfestigkeitswerten des Klangholzes,
vorzugsweise Resonanzplatte für Streichinstrumente, gekennzeichnet durch eine das Verhältnis von Schallgeschwindigkeit des Holzes zu Rohdichte des Holzes
vergrößernde, zeitlich begrenzte Behandlung mittels einer holzzersetzenden Pilzart.
10. Musikinstrument, insbesondere Streichinstrument, mit wenigstens einer Klangholz-Resonanzplatte
vorgegebener Mindestfestigkeitswerte, gekennzeichnet durch eine das Verhältnis von Schallgeschwindigkeit des Holzes zu Rohdichte des Holzes
vergrößernde, zeitlich begrenzte Behandlung mittels einer holzzersetzenden Pilzart.