(19)
(11) EP 1 741 497 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.01.2007  Patentblatt  2007/02

(21) Anmeldenummer: 06012029.2

(22) Anmeldetag:  12.06.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21D 17/00(2006.01)
B21D 22/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 14.06.2005 DE 102005027584

(71) Anmelder: Ulrich Huperz Schweisstechnik GmbH & Co. KG
57439 Attendorn (DE)

(72) Erfinder:
  • Arcidiacone, Franco
    59846 Sudern (DE)
  • Huperz, Ulrich
    57439 Attendorn (DE)

(74) Vertreter: Wenzel & Kalkoff 
Flasskuhle 6
58452 Witten
58452 Witten (DE)

   


(54) Verfahren und Werkzeug zur spanlosen Herstellung von Werkstücken mit einer Kerbe und Werkstück mit einer Kerbe


(57) Ein Werkzeug zum Prägen einer Kerbe mit einem Stempel (2), der die Kontur der Kerbe nachbildet und mit einer Matrize (3), ist zum Kerben mit vielfältigen Formen, dadurch gekennzeichnet, daß die Matrize (3) im Bereich des Kerbgrunds (6) einen Steg (4) aufweist und daß die Matrize (3) im Bereich des Übergangs vom Kerbgrund zu mindestens einer Seitenfläche eine Ausnehmung (5a,5b) aufweist. Ein Werkstück (1) mit einer Oberseite und mit einer Unterseite und mit einer nicht spanend hergestellten Kerbe, die Seitenflächen und einen Kerbgrund (6) aufweist, ist dadurch gekennzeichnet, daß die Kerbe sich mindestens von der Oberseite bis zur Unterseite des Werkstücks (1) erstreckt. Ein Verfahren zum nichtspanenden Herstellen von Kerben durch Rollen und ggf. Prägen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Werkstück mit einer nicht-spanend erzeugten Kerbe und ein Werkzeug zum nicht-spanenden Einbringen einer Kerbe in ein Werkstück sowie ein Verfahren zum Herstellen einer nicht-spanend erzeugten Kerbe.

[0002] Das Einbringen von Kerben in Werkstücke ist bekannter Stand der Technik. Dabei werden durch diese nicht-spanende Bearbeitung von Werkstücken Kerben in Werkstücken bzw, in der Wand von Werkstücken, typisch z. B. durch Prägen oder Rollen, erzeugt. Als Werkstücke kommen dabei insbesondere solche aus Metall in Frage. Typische Werkstücke sind neben flächigen Produkten auch Rohre.

[0003] Bei bekannten Verfahren zum Herstellen von nicht-spanend erzeugten Kerben wird z. B. durch Prägen oder Rollen Material aus dem Bereich der Kerbe entfernt, um dadurch die gewünschte Kontur zu erstellen. Der bisher bekannte Stand der Technik ermöglicht es jedoch nicht, sämtliche von Konstrukteuren geforderten Kerben zu formen. Vor allem tiefe Kerben und Kerben mit annähernd U-förmiger Geometrie sind nicht mit zufriedenstellender Qualität herstellbar. Solche Profile werden oft mit spanabhebenden Verfahren hergestellt. Bei Kerben in Rohren, deren Tiefe die Stärke der Rohrwand übersteigt, kommen jedoch auch spanabhebende Verfahren an ihre Grenzen.

[0004] Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Werkzeug bereitzustellen, mit dem sich Werkstücke auf vielfältige Form Kerben lassen sowie ein Werkstück mit solchen Kerben vorzuschlagen und ein Verfahren zur Herstellung von nicht-spanend hergestellten Kerben anzugeben.

[0005] Die vorstehende Aufgabe wird gelöst mit einem Werkstück nach Anspruch 1 und einem Werkzeug nach Anspruch 8 und ein Verfahren nach Anspruch 15.

[0006] Das erfindungsgemäße Werkstück weist eine Oberseite und eine Unterseite auf, sowie eine nicht-spanend hergestellte Kerbe. Diese Kerbe weist Seitenflächen und einen Kerbgrund auf; die Kerbe erstreckt sich von der Oberseite bis zur Unterseite des Werkzeugs. Anders als aus dem Stand der Technik bekannt, durchsetzt die Kerbe die gesamte Stärke des Werkstücks, sie erstreckt sich von der Oberseite bis zur Unterseite des Werkstücks.

[0007] Es wird dabei also zumindest im Bereich des Kerbgrunds, in der Regel aber auch im Bereich der Seitenflächen Material des Werkstücks über die Unterseite des Werkstücks hinaus verschoben. Die Tiefe der Kerbe, also die Distanz von der Oberseite des Werkstücks, an der die Kerbe ansetzt, bis zum Kerbgrund, kann dabei größer sein als die Stärke des Werkstücks selbst, also die Distanz zwischen Ober- und Unterseite des Werkstücks. Die Tiefe der Kerbe kann mindestens 10%, vorzugsweise mindestens 20%, bevorzugt mindestens 40%, besonders bevorzugt mindestens 50% mehr betragen als die Stärke des Werkstücks. Die die Stärke des Wandstücks übersteigende Tiefe der Kerbe wird als Kerbwand bezeichnet, die demzufolge an die Seitenflächen anschließt und den Kerbgrund mit umfasst.

[0008] Das Werkstück kann erfindungsgemäß mit Kerben versehen sein, deren Querschnitt ― bezogen auf die Oberseite des Werkstücks- annähernd U-förmig ist, bei denen also die Seitenflächen, bezogen auf die Oberseite des Werkstücks, annähernd in einem rechten Winkel angeordnet sind. Es handelt sich folglich um Kerben mit einem im wesentlichen flächigen, vorzugsweise ebenen Kerbgrund. Die Seitenflächen der Kerbe können ―bezogen auf die Oberseite des Werkstücks vor dem Kerben -in einem Winkel α von mehr als 70°, bevorzugt von mehr als 80°, besonders bevorzugt von mehr als 85° angeordnet sein. Es ist erfindungsgemäß also möglich, die Kerbe in einem erfindungsgemäßen Werkstück mit mindestens abschnittsweise annähernd rechtwinklig zur Oberseite angeordneten Seitenflächen anzuordnen. Bevorzugt erstrecken sich die annähernd rechtwinkligen Abschnitte der Seitenflächen bis an die Oberseite des Werkstücks.

[0009] Kerben mit annähernd U-förmigem Querschnitt werden bei der Konstruktion eines Werkstücks oft dann vorgeschrieben, wenn sie Bestandteil von Verriegelungsanordnungen sind. Es liegt auf der Hand, dass bei Verriegelungsanordnungen der Sicherheitsaspekt eine besondere Rolle spielt, so dass die Kerbengeometrie zuverlässig eingehalten werden muss. Typischer Anwendungsfall für solche Kerben ist die Vorgabe, Rohre von Kopfstützen mit tiefen, U-förmigen Kerben zu versehen. Am Autositz angebrachte Riegel greifen in diese Kerben ein, so dass der feste Sitz der Kopfstützen gewährleistet ist. Die vorbeschriebenen Kerben können in jede Art von Werkstück, also auch in rohrförmige Werkstücke eingebracht werden.

[0010] Nach einer weiter bevorzugten Ausführungsform wird erfindungsgemäß ein Werkstück bereitgestellt, das mit einer Kerbe versehen ist, deren Einfallswinkel β bis zu 10° beträgt. Der Einfallswinkel β wird gemessen zwischen der Oberseite des Werkstücks vor dem Kerben (waagerecht) und der Oberseite des Werkstücks nach dem Kerben. Vorzugsweise beträgt der durch das Kerben entstehende Einfallswinkel bis zu 5°, besonders bevorzugt bis zu 3°, vorteilhaft bis zu 1°. Ein geringer Einfallswinkel muss häufig dann eingehalten werden, wenn die Seitenflächen der Kerbe annähernd senkrecht zur Oberseite des Werkstücks angeordnet sind. Durch das Einhalten eines geringen Einfalls- winkels wird der Abschnitt der Seitenfläche, der annähernd rechtwinklig zur Oberseite des Werkstücks angeordnet ist, maximiert. Je geringer der Einfallswinkel gehalten werden kann, desto besser ist die Kerbe als Element einer Verriegelungsanordnung geeignet. Es wird als besonderer Vorteil der Erfindung angesehen, dass Werkstücke mit Kerben entwickelt wurden, die einen besonders tiefen, ausgeprägt U-förmigen Querschnitt aufweisen, also einen möglichst groß gewählten Winkel α und einem möglichst gering gewählten Winkel β aufweisen.

[0011] Nach einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung weist die Kerbwand in dem Bereich, in dem sich die Kerbe über die Unterseite des Werkstücks hinaus erstreckt, im Bereich des Kerbgrunds, also auf der der Kerbe zugewandten Seite der Kerbwand, eine andere Kontur auf als die Unterseite der Kerbwand. Die Kerbe wird in diesem Fall mit einem Werkzeug erzeugt, dass aus Stempel und Matrize zusammengesetzt ist. Der Querschnitt der Kerbe auf der "Innenseite" ist durch die Kontur des Stempels vorgegeben. Der Stempel wird nach den Anforderungen an die Kerbengeometrie geformt, beispielsweise nach den Anforderungen an die Länge und Ausrichtung der Seitenflächen, die Kontur des Kerbgrunds oder den Einfallswinkel. Die Matrize unterliegt dagegen in der Regel nicht so strengen Anforderungen an die Form. Sie kann erfindungsgemäß je nach Material des Werkstücks verhältnismäßig frei geformt sein. Es ist erfindungsgemäß von Vorteil, wenn die durch die Matrize geformte Unterseite der Kerbwand eine andere Kontur aufweist als die durch den Stempel geformte Innenseite der Kerbwand.

[0012] Weiter wird bevorzugt, wenn die Kerbwand und ggf. auch der Kerbgrund in dem Bereich, in dem sich die Kerbe über die Unterseite des Werkstücks hinaus erstreckt, Abschnitte unterschiedlicher Wandstärke aufweist.

[0013] Es hat sich herausgestellt, dass sowohl das unterschiedliche Formen von Innenseite und Unterseite der Kerbwand als auch das Vorsehen von Abschnitten unterschiedlicher Wandstärke sich sehr vorteilhaft auf die Möglichkeiten zur Gestaltung der Kerbe auswirken. Insbesondere die durch nicht-spanendes Bearbeiten bisher nicht herstellbaren Kerben mit U-förmigem Querschnitt und vor allem mit tiefem U-förmigem Querschnitt, bei denen die Kerbe sich von der Oberseite bis zur Unterseite des Werkstücks oder darüber hinaus erstreckt, können zuverlässig mittels spanloser Bearbeitung hergestellt werden, wenn die Kerbwand Abschnitte unterschiedlicher Kontur und Wandstärke aufweist.

[0014] Dabei ist es für zahlreiche Ausführungsformen sinnvoll, wenn die Wandstärke der Kerbwand zu den Seitenflächen hin ansteigt. Eine geringe Wandstärke der Kerbwand im Bereich zwischen den Seitenflächen oder im Abstand von den Seitenflächen kann ohne weiteres für die meisten Ausführungsformen akzeptiert werden. Gerade beim Übergang von den Seitenflächen, die im Bereich der Wandstärke des Werkstücks liegen, zur Kerbwand, die aus dem Bereich der Wandstärke des Werkstücks heraus verschoben ist, ist es vorteilhaft, eine größere Wandstärke vorzusehen, um ein Fließen des Materials des Werkstücks in die Kerbwand hinein zu ermöglichen. Gerade diese Gestaltung trägt dazu bei, dass besonders tiefe Kerben geprägt werden können.

[0015] Die Erfindung betrifft weiter ein Werkzeug zum Prägen einer Kerbe. Das Werkzeug weist einen Stempel, der in das Werkstück eindringt und dort die Kontur der Kerbe im Werkstück abbildet und eine Matrize auf, die die Unterseite der Kerbe bzw. des Kerbgrunds prägt, dadurch, dass der Stempel das Werkstück gegen die Matrize drückt. Erfindungsgemäß weist die Matrize im Bereich des Kerbgrunds einen Steg auf. Außerdem weist die Matrize im Bereich des Übergangs vom Kerbgrund zu mindestens einer Seitenfläche der Kerbe eine Ausnehmung auf.

[0016] Die Ausbildung der Matrize mit Steg und Ausnehmung ist wesentliche Voraussetzung für das Ausbilden insbesondere tiefer, u-förmiger Kerben in Werkstücken. Kerben, die sich über die gesamte Stärke des Werkstücks erstrecken, erfordern ein Verschieben von Material des Werkstücks über die Unterseite des Werkstücks hinaus. Je größer dabei der Winkel α zwischen Oberseite und Seitenfläche der Kerbe ist, desto eher bewirkt ein spanloses Verformen des Werkstücks ein Abscheren oder Schneiden des Materials. Es hat sich überraschenderweise herausgestellt, dass diesem Abscheren oder Schneiden sehr wirksam begegnet werden kann, wenn die Ausnehmung in der Matrize ausreichend Material des Werkstücks aufnehmen kann, das durch den eindringenden Stempel verschobenen wird. Dieses Material fließt vorzugsweise in die Ausnehmung hinein und steht dann zum Formen des Kerbgrunds zur Verfügung.

[0017] Um trotzdem ein präzises Formen von Kerbgrund und Seitenflächen durch den Stempel zu gewährleisten, ist erfindungsgemäß vorgesehen, einen Steg in der Matrize anzuordnen. Der Steg befindet sich vorteilhaft in der Mitte des Kerbgrunds in gleichmäßigem Abstand von den Seitenflächen. Der Steg gewährleistet, dass der Kerbgrund kontrolliert durch den Stempel geformt werden kann.

[0018] Nach einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist die Matrize so ausgebildet, dass sich die Ausnehmung im Bereich der Seitenflächen der Kerbe bis über den Steg hinaus erstreckt. Die Ausnehmung, die bevorzugt im Übergangsbereich zwischen Kerbgrund und Seitenflächen der Kerbe angeordnet ist, erstreckt sich nach dieser bevorzugten Ausführung also nicht nur über die Tiefe der Kerbe bzw. des Kerbgrunds, die durch den Steg definiert wird hinaus. Die Matrize ist in diesem Fall also im Querschnitt annähernd wie ein "W" gestaltet, bei dem sich die Ausnehmung über die obere Kante des Stegs hinaus bis in den Bereich der Seitenflächen der Kerbe erstreckt. Sie schafft insbesondere dort, wo sich die Kerbe über die Stärke des Werkstücks hinaus erstreckt, im Bereich der Seitenflächen Raum für das Fließen des Materials des Werkstücks. Da-mit eignet sich eine solche Matrize besonders für das Herstellen tiefer, u-förmiger Kerben.

[0019] Weist bei dieser Ausführungsform die Tiefe der Ausnehmung mindestens die Stärke der Kerbwand auf, so wird ein Abscheren oder Schneiden des Materials des Werkstücks beim Ausformen der Kerbe wirksam vermieden.

[0020] Ist die Ausnehmung mit einer gerundeten Kontur versehen, so trägt dies ebenfalls dazu bei, das Fließen des Materials des Werkstücks zu unterstützen. Vor allem eine Rundung beim Übergang von den Seitenflächen in die Ausnehmung hinein und beim Übergang vom Steg in die Ausnehmung hinein bewähren sich gerundete Übergänge in der Kontur der Ausnehmung.

[0021] Eine vorteilhafte Ausführung des erfindungsgemäßen Werkzeugs sieht vor, dass Stempel und Matrize in der Weise zusammenwirken, dass der Kerbgrund auf oder unter der Unterseite des Werkstücks angeordnet ist. Auf diese Weise können besonders tiefe Kerben geprägt werden.

[0022] Bevorzugt sind Stempel und Matrize so ausgelegt, dass sie bei vorgegebenem Druck zum Einbringen des Stempels im vorgegebenen Abstand zueinander angeordnet sind und dadurch die Wandstärke der Kerbwand vorgeben. Dabei können Stempel und Matrize unterschiedliche Konturen aufweisen, so dass der Abstand von Stempel und Matrize abschnittsweise weiter oder geringer ist.

[0023] Insbesondere beim Prägen von Kerben in Rohren wird bevorzugt eine zweiteilige Matrize eingesetzt. Eine zweigeteilte Matrize erlaubt ein einfaches Einführen und Entfernen der Matrize im Rohrinneren.

[0024] Die Erfindung umfasst weiter ein Verfahren zum nicht-spanenden Herstellen von Kerben in einem Werkstück. Dieses Verfahren setzt in seiner grundlegenden Konzeption folgende Schritte voraus:
  • Verformen des Werkstücks durch mindestens ein erstes Werkzeug, dass sich in einer ersten Arbeitsrichtung tangential oder in der Ebene des Werkstücks abschnittsweise in das Werkstück hinein bewegt
  • Verformen des Werkstücks durch mindestens ein zweites Werkzeug, dass sich in einer zweiten Arbeitsrichtung tangential oder in der Ebene des Werkstücks abschnittsweise in das Werkstück hinein bewegt, wobei die zweite Arbeitsrichtung der ersten Arbeitsrichtung entgegengesetzt ist.


[0025] Es wird als wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens angesehen, dass nicht Material aus der zu schaffenden Kerbe herausgefördert wird, sondern im Gegenteil hinein. Bei bekannten Verfahren wurde z. B. beim Rollen von Kerben durch eineVielzahl in gleicher Arbeitsrichtung wirkender Rollen Material aus dem Bereich der zu schaffenden Kerbe herausgerollt. Das überschüssige Material wurde dann an einem Ende der Kerbe abgeschnitten.

[0026] Beim Prägen der Kerbe wurde zu verdrängendes Material des Werkstücks in Richtung auf die Seitenflächen verschoben.

[0027] Der erfindungsgemäße Vorteil des Verfahrens nach Anspruch 15 zeigt sich insbesondere beim Kerben von Rohren. Tiefe Kerben und Kerben von annähernd U-förmigem Querschnitt sind mit den bisher bekannten Verfahren nur eingeschränkt oder aufwändig herzustellen. Dies deshalb, weil in der Regel für derart tiefe Kerben in Rohren nicht genug Material für die Kerbwand zur Verfügung steht. Der Kerbgrund ist bei den Kerben, die tiefer sind als die Rohrwand, eine Schwachstelle. Besonders bemerkbar macht sich diese Schwachstelle z. B. dann, wenn bei Crashtests für Fahrzeuge die Kopfstütze, die in einer solchen Kerbe gehalten ist, beim Aufprall abreißt, weil das Rohr im Kerbgrund bzw. in der Kerbwand zu wenig Material aufweist, um dem Aufprall standzuhalten.

[0028] Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird verdrängtes Material in Richtung auf den Kerbgrund oder die zu schaffende Kerbwand verschoben. Es wird also Material genau dorthin gefördert, wo es aus Festigkeitsgründen und um Kerben mit extrem großer Kerbtiefe zu schaffen, erforderlich ist.

[0029] Nach einer bevorzugten Ausführungsform wird das erfindungsgemäße Verfahren so angelegt, dass sich die Abschnitte in dem Werkstück, die von dem ersten und dem zweiten Werkzeug verformt werden, überlappen. Damit wird von vornherein eine möglichst gleichmäßige Verformung erreicht. Zwingend erforderlich ist eine solche Überlappung der Wegstrecken der Werkzeuge nicht, weil -wie weiter unten ausgeführt wirdauch noch andere Möglichkeiten der spanlosen Verformung in das erfindungsgemäße Verfahren einbezogen werden können. Es erweist sich aber als vorteilhaft, insbesondere dann, wenn ausschließlich das oder die ersten und zweiten Werkzeuge zur Herstellung der Kerbe eingesetzt werden.

[0030] Als Werkzeuge werden erfindungsgemäß bevorzugt Rollen oder Schieber eingesetzt. Rollenwerkzeuge und Schieber sind zum nicht-spanenden Herstellen von Kerben an sich bekannt. Sie werden aber stets nur in einer Richtung und meist in einer Folge von mehreren Werkzeugen nacheinander eingesetzt, um eine Kerbe gewünschter Kontur herzustellen. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird es bevorzugt, möglichst wenig Werkzeuge einzusetzen. Trotzdem können natürlich, insbesondere dann, wenn viel Material zu verformen ist oder wenn eine komplexe Kontur zu erstellen ist, verschiedene Werkzeuge eingesetzt werden, darunter auch Werkzeuge, die in gleicher Arbeitsrichtung arbeiten, die aber eine unterschiedliche Kontur aufweisen. Als vorteilhaft beim Einsatz von Rollen ist anzusehen, dass ohne Probleme ein Einfallswinkel β von weniger als 5°, bevorzugt von weniger als 3°, besonders bevorzugt von weniger als 1° eingehalten werden kann, weil beim Rollen des Werkzeugs kein Einziehen des Materials in die Kerbe hinein erfolgt, wie es z. B. für das Prägen typisch ist.

[0031] Nach einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens verformen ein oder mehrere erste und zweite Werkzeuge das Werkstück in mehreren Arbeitsgängen. Bevorzugt wird ein ortsfest angeordnetes Werkstück bearbeitet. Die ersten und zweiten Werkzeuge sind beweglich, z. B. auf Schienen oder auf einem Schlitten angebracht und bewegen sich relativ zu dem Werkstück. Sie verformen das Werkstück nicht in einem Arbeitsgang sondern in mehreren Schritten, beispielsweise wird zunächst eine flache Kerbe hergestellt, die dann in weiteren Arbeitsgängen vertieft wird bis sie ihre endgültige Kontur erreicht hat. Auf diese Weise können auch Kerben mit komplexen und/oder präzisen Konturen hergestellt werden und es können Kerben hergestellt werden, bei denen große Mengen an Material zu verformen sind.

[0032] Nach einer besonders bevorzugten Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das zu kerbende Werkstück nach dem Verformen durch das erste und das zweite Werkzeug weiter durch Prägen verformt, um die Kerbe herzustellen. Das Prägen erweist sich als zweiter Bearbeitungsschritt, insbesondere zum Herstellen der endgültigen Kerbtiefe, als vorteilhaft. Nachdem die Kontur zwischen Oberseite des Werkstücks und Seitenflächen durch einen tangentialen oder lateralen Kraftangriff der ersten und zweiten Werkzeuge geschaffen ist, bewirkt der radiale Kraftangriff in einer dritten Arbeitsrichtung des Prägestempels mit wenig Aufwand das Ausformen des Kerbgrundes.

[0033] Es wird noch einmal angemerkt, dass bei einer zunächst zur Rollen oder Schieben vorbereiteten Kerbe wesentlich mehr Material für das Schaffen einer Kerbwand und damit für eine besonders hohe Kerbtiefe verfügbar ist. Es gehört damit zu den besonderen Vorteilen der Erfindung, dass in einigen Fällen allein ein Prägestempel einzusetzen ist, um eine Kerbe mit großer Kerbtiefe fertigzustellen. Insbesondere dann, wenn der Kerbwand jedoch besondere Festigkeitseigenschaften zu verleihen sind, ist der Einsatz des vorstehend beschriebenen Werkzeugs, also von Prägestempel und Matrize, vorzuziehen. Es liegt auf der Hand, dass, wenn z. B. das Material es erfordert, auch beliebige andere Werkzeuge einzusetzen sind, die nicht die besonderen Merkmale des erfindungsgemäßen Werkzeugs aufweisen.

[0034] Die Erfindung wird nachstehend anhand eines Ausführungsbeispiels erläutert.

[0035] In den Figuren zeigt
Fig. 1
eine Querschnittsansicht eines Werkstücks vor einem Kerbvorgang zusammen mit einem Werkzeug, bestehend aus Prägestempel und Matrize,
Fig. 2
die Ausführungsform gemäß Fig. 1 in einem ersten Schritt des Kerbvorgangs,
Fig. 3
die Ausführungsform gemäß Fig. 1 in einem zweiten Schritt des Kerbvorgangs,
Fig. 4
eine Querschnittsansicht eines bearbeiteten Werkstücks nach dem Kerbvorgang und
Fig. 5
einen vergrößerten Ausschnitt der Ansicht aus Fig. 5 sowie
Fig. 6
eine perspektivische Darstellung eines nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Werkstücks.


[0036] Fig. 1 zeigt eine Schnittansicht des Werkstücks 1 zusammen mit der Werkzeuganordnung bestehend aus Stempel 2 und Matrize 3. Zur Vereinfachung der Darstellung wurde nur ein Teilausschnitt des Werkstücks 1 gezeigt. Ebenfalls ist der Stempel 2 nur teilweise gezeigt, am oberen, nicht gezeigten Ende des Stempels 2 ist eine geeignete Vorrichtung zur Ausübung eines an das Material des Werkstücks 1 angepassten Drucks angeordnet, wie bspw. ein pneumatisch betätigbarer Druckstempel. Der Stempel 2 und die Matrize 3 bestehen aus gehärtetem Stahl.

[0037] Die Matrize 3 weist einen Steg 4 in ihrer Längserstreckung auf, seitlich dessen zwei Ausnehmungen 5a, 5b angeordnet sind. Der Steg 4 dient dazu, als Anschlag eine kontrollierte Kerbtiefe für den späteren Kerbvorgang vorzugeben.

[0038] Die beiden Ausnehmungen 5a und 5b dienen der Aufnahme von durch den Kerbvorgang verschobenem Material des Werkstücks 1. Die Ausnehmungen 5a, 5b erstrecken sich in Bewegungsrichtung des Stempels 2 über den Steg 4 hinaus und haben eine runde Konturlinie, damit eine Schneidwirkung während des Kerbvorgangs vermieden wird.

[0039] Zum Kerben eines metallischen Werkstücks 1 einer Dicke von 1,5 mm wird eine Kraft von ca. 60 kN durch Stempel 2 und Matrize 3 auf das Werkstück 1 ausgeübt. Hierdurch verdrängt der Stempel 2 das Material des Werkstücks 1 in Richtung der Matrize 2, wie in Fig. 2 gezeigt. Das Material des Werkstücks 1 fließt durch den ausgeübten Druck in die Ausnehmungen 5a, 5b der Matrize 3, welche so ausgelegt sind, dass diese das fließende Material vollständig aufnehmen können. Der vorstehende Steg 4 und der Pressdruck des Stempels 1 legen die Kerbtiefe fest. Je nach Pressdruck des Stempels 1 bildet sich zwischen Stempel 1 und Steg 4 eine Schicht verschobenem Materials definierter Dicke, die einen Kerbgrund 6 bildet, wie in Fig. 3 gezeigt. Die beiden Ausnehmungen 5a und 5b werden nun vollständig durch verschobenes Material ausgefüllt. Die Auslegung der Ausnehmungen 5a, 5b muss so gewählt werden, dass diese ausreichen, um das verschobene Material des Werkstücks 1 aufzunehmen. Je nach Anwendung und gewünschter Geometrie der Kerbe können die Ausnehmungen 5a, 5b jedoch auch größer sein.

[0040] Ein nach dem vorhergehend beschriebenen Verfahren gekerbtes Werkstück zeigt Fig. 4. Die Abbildung zeigt deutlich, dass der Kerbgrund 6 außerhalb der ursprünglichen Unterseite des Werkstücks 1 liegt. Das Verfahren ermöglicht äußerst tiefe Kerben bei vorteilhafter Verwendung von dünnwandigen Werkstücken, wie bspw. Rohren. Die Formung der Ausnehmungen 5a, 5b der Matrize 3 erzeugt an den Kerbwänden Abschnitte unterschiedlicher Wandstärke. Insbesondere in den Bereichen des Übergangs vom Bereich des Kerbgrundes 6 zu den Seitenwänden ist eine dickere Wandstärke bezüglich der mechanischen Stabilität der Kerbe vorteilhaft. Die Ausnehmungen 5a und 5b der Matrize 3 können jedoch an die gewünschte Geometrie der Kerbe angepasst ausgebildet sein.

[0041] Fig. 5 zeigt die Definition des Einfallswinkels β und des Winkels α in einer vergrößerten Teilansicht der Oberfläche des Werkstücks aus Fig. 4. Der Einfallswinkel wird gemessen zwischen der ursprünglichen Oberfläche des Werkstücks und dem durch das Kerben entstandenen Einfall der Oberfläche des Werkstücks an der Kerbe. Der Winkel α wird zwischen Seitenwand der Kerbe und ursprünglicher Oberfläche gemessen.

[0042] Fig. 6 zeigt eine perspektivische Ansicht eines gekerbten Rohrabschnitts 7. Der Rohrabschnitt 7 weist eine Wandstärke W auf. Die Rohrwand ist von einer Kerbe durchsetzt, deren Kerbtiefe T größer ist als die Wandstärke W. Diese Kerbe wurde hergestellt, indem ein an sich bekanntes Rollwerkzeug in einer ersten Arbeitsrichtung A tangential zum Rohrabschnitt 7 bis über den Scheitelpunkt des Rohrabschnitts, aber nicht über die gesamte Länge der Kerbe geführt wurde. Anschließend wurde ein zweites Rollwerkzeug in einer zweiten Arbeitsrichtung B entgegengesetzt der Arbeitsrichtung A, also ebenfalls tangential zum Rohrabschnitt 7 bis über den Scheitelpunkt des Rohrabschnitts, aber nicht über die gesamte Länge der Kerbe geführt. Die an sich bekannten Rollwerkzeuge sind hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht dargestellt.

[0043] Die ersten und zweiten Rollwerkzeuge werden alternierend jeweils fünf Mal in den Rohrabschnitt geführt. Die Kerbtiefe ist dann von gleicher Tiefe wie die Wandstärke. Das Material aus der Rohrwand ist weitgehend zum Kerbgrund hin verschoben worden. Der Prägestempel (nicht dargestellt), der nun aus der dritten Arbeitsrichtung C radial verformt, vergrößert die Kerbtiefe T bis auf das vollständige Maß, das um mehr als 50% über der Wandstärke W liegt. Zum Herstellen der Kerbwand steht durch Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens weit mehr Material zur Verfügung als bei bekannten Verfahren. Entsprechend weist die so hergestellte Kerbe unter anderem eine höhere Festigkeit auf als nach bekannten Verfahren hergestellte Kerben.


Ansprüche

1. Werkstück mit einer Oberseite und mit einer Unterseite und mit einer nicht-spanend hergestellten Kerbe, die Seitenflächen und einen Kerbgrund aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Kerbe sich mindestens von der Oberseite bis zur Unterseite des Werkstücks erstreckt.
 
2. Werkstück nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Tiefe der Kerbe mindestens 10%, vorzugsweise mindestens 20%, bevorzugt mindestens 40%, besonders bevorzugt mindestens 50% tiefer ist als die Stärke des Werkstücks.
 
3. Werkstück nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens eine Seitenfläche der Kerbe bezogen auf die Oberseite des Werkstücks in einem Winkel α von mehr als 70°, bevorzugt von mehr als 80°, besonders bevorzugt von mehr als 85° angeordnet ist.
 
4. Werkstück nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Einfallswinkel β bis zu 10°, vorzugsweise bis zu 5°, besonders bevorzugt bis zu 3°, vorteilhaft bis zu 1° beträgt.
 
5. Werkstück nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kerbe in dem Bereich, der sich über die Unterseite des Werkstücks heraus erstreckt, eine Kerbwand aufweist, bei der die Kontur des Kerbgrunds und die Unterseite der Kerbwand verschieden ausgestaltet sind.
 
6. Werkstück nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kerbwand Abschnitte unterschiedlicher Wandstärke aufweist.
 
7. Werkstück nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Wandstärke der Kerbwand vom Kerbgrund zu den Seitenflächen hin ansteigt.
 
8. Werkzeug zum Prägen einer Kerbe mit einem Stempel, der die Kontur der Kerbe nachbildet und mit einer Matrize, dadurch gekennzeichnet, dass

- die Matrize im Bereich des Kerbgrunds einen Steg aufweist, und dass

- die Matrize im Bereich des Übergangs vom Kerbgrund zu mindestens einer Seitenfläche eine Ausnehmung aufweist.


 
9. Werkzeug nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Ausnehmung im Bereich der Seitenfläche bis über den Steg hinaus erstreckt.
 
10. Werkzeug nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Erstreckung der Ausnehmung über den Steg hinaus mindestens die Stärke der Wand der Kerbe aufweist.
 
11. Werkzeug nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmung eine gerundete Kontur aufweist.
 
12. Werkzeug nach mindestens einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Stempel und die Matrize zum Herstellen einer Kerbe so ausgelegt sind, dass der Kerbgrund auf oder unter der Unterseite des Werkstücks angeordnet ist.
 
13. Werkzeug nach mindestens einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass Stempel und Matrize so ausgelegt sind, dass sie die Wandstärke des Kerbgrunds vorgeben.
 
14. Werkzeug nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass eine zweiteilige Matrize vorgesehen ist.
 
15. Verfahren zum Herstellen einer Kerbe in einem Werkstück aus Metall mit den Schritten:

- Verformen des Werkstücks durch mindestens ein erstes Werkzeug, dass sich in einer ersten Arbeitsrichtung tangential oder in der Ebene des Werkstücks abschnittsweise in das Werkstück hinein bewegt

- Verformen des Werkstücks durch mindestens ein zweites Werkzeug, dass sich in einer zweiten Arbeitsrichtung tangential oder in der Ebene des Werkstücks abschnittsweise in das Werkstück hinein bewegt, wobei die zweite Arbeitsrichtung der ersten Arbeitsrichtung entgegengesetzt ist.


 
16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Abschnitte in dem Werkstück, die von dem ersten und dem zweiten Werkzeug verformt werden, überlappen.
 
17. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass als erstes und/oder zweites Werkzeug ein Schieber oder eine Rolle das Metall verformt.
 
18. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere erste Werkzeuge und ein oder mehrere zweite Werkzeuge das Werkstück in mehreren Arbeitsgängen verformen.
 
19. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Verformen des Werkstücks durch das erste und das zweite Werkzeug das Werkstück durch Prägen weiter verformt wird, um die Kerbe herzustellen.
 
20. Verfahren nach Anspruch 19, dadurch gekennzeichnet, dass als Prägewerkzeug nur ein Prägestempel oder ein Prägestempel und eine damit zusam-menwirkende Matrize eingesetzt werden.
 




Zeichnung