[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Starten einer Dampfturbinenanlage, die wenigstens
eine Dampfturbine und wenigstens eine Dampferzeugungsanlage zum Erzeugen von die Dampfturbine
antreibendem Dampf aufweist, wobei die Dampfturbinenanlage zumindest ein Bezugs-Bauteil
aufweist, das zu einem Startzeitpunkt eine Ausgangtemperatur von größer 250°C aufweist,
wobei die Temperatur des Dampfes und des Bezugs-Bauteils fortlaufend gemessen wird,
wobei das Bezugs-Bauteil der Dampfturbinenanlage ab dem Startzeitpunkt mit Dampf beaufschlagt
wird.
[0002] Zum Starten einer Dampfturbinenanlage wird üblicherweise der in einem Abhitzedampferzeuger
erzeugte Dampf zunächst nicht dem Dampfturbinenteil einer Dampfturbinenanlage zugeführt,
sondern über Umleitstationen an der Turbine vorbeigeführt und direkt einem Kondensator
zugeführt, welcher den Dampf zu Wasser kondensiert. Das Kondensat wird dann wieder
als Speisewasser dem Dampferzeuger zugeführt oder über ein Dach abgeblasen, falls
keine Umleitstation vorhanden ist. Erst dann, wenn bestimmte Dampfparameter in den
Dampfleitungen des Wasser-Dampfkreislaufes bzw. in den zu dem Turbinenteil der Dampfturbinenanlage
führenden Dampfleitungen, beispielsweise bestimmte Dampfdrücke und -temperaturen,
eingehalten sind, wird die Dampfturbine zugeschaltet. Das Einhalten dieser Dampfparameter
soll mögliche Spannungen in dickwandigen Bauteilen auf einem niedrigen Niveau halten
und unzulässige Relativdehnungen vermeiden.
[0003] Wenn eine Dampfturbine über eine gewisse Zeit bei Betriebstemperaturen beansprucht
wird, weisen die dickwandigen Bauteile der Dampfturbine nach Nachtstillständen oder
auch nach Wochenendstillständen noch hohe Ausgangstemperaturen auf. Dickwandige Bauteile
sind hierbei z. B. ein Ventilgehäuse oder ein Hochdruck-Teilturbinen-Gehäuse oder
eine Hochdruck- bzw. Mitteldruckwelle. Nach Nachtstillständen, die etwa 8 Stunden
dauern bzw. Wochenendstillständen, die etwa 48 Stunden dauern, liegen die Ausgangstemperaturen
typischerweise zwischen 300° und 500°C.
[0004] Wenn die dickwandigen Bauteile einer Dampfturbinenanlage nach einem Heißstart bzw.
einem Warmstart, d.h. nach einem Nachtstillstand bzw. einem Wochenendstillstand, mit
dem ersten zur Verfügung stehenden Dampf, den der Dampferzeuger bzw. Kessel liefert,
beaufschlagt wird, besteht die Gefahr, dass die dickwandigen Bauteile zu schnell abgekühlt
werden, da in der Regel der erste Dampf eine vergleichsweise niedrige Temperatur gegenüber
dem dickwandigen Bauteil aufweist.
[0005] Aus den großen Temperaturunterschieden zwischen dem Dampf und den dickwandigen Bauteilen
können sehr große thermische Spannungen entstehen, die zu einer Ermüdung des Materials
und dadurch zu einer Verkürzung der Lebensdauer führt.
[0006] Zudem können zwischen der Welle und dem Gehäuse unzulässig hohe Relativdehnungen
auftreten, die zu einer Spielüberdrückung führen können.
[0007] Um das Risiko von zu großen Temperaturunterschieden zwischen dem Dampf und den dickwandigen
Bauteilen, die zu großen thermischen Spannungen führen, gering zu halten, werden derzeit
in einer Dampfturbinenanlage die Stellventile so lange geschlossen gehalten, bis der
Dampferzeuger bzw. Kessel Dampf mit entsprechend hoher Temperatur liefert. Diese Temperaturen
liegen in etwa 50°C über einer Ausgangstemperatur einzelner dickwandiger Bauteile.
Als Nachteil wird hier die lange Wartezeit bis zur Verfügbarkeit der Dampfturbinenanlage
angesehen.
[0008] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Starten einer Dampfturbinenanlage
der eingangs genannten Art anzugeben, das zu einer schnellen Verfügbarkeit der Dampfturbinenanlage
führt.
[0009] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Starten einer Dampfturbinenanlage,
die wenigstens eine Dampfturbine und wenigstens eine Dampferzeugungsanlage zum Erzeugen
von die Dampfturbine antreibendem Dampf aufweist, wobei die Dampfturbinenanlage zumindest
ein Bezugs-Bauteil aufweist, das zu einem Startzeitpunkt eine Ausgangstemperatur von
größer als 250°C aufweist, wobei die Temperatur des Dampfes und des Bezugs-Bauteils
fortlaufend gemessen wird, wobei das Bezugs-Bauteil der Dampfturbinenanlage ab dem
Startzeitpunkt mit Dampf beaufschlagt wird, wobei die Starttemperatur des Dampfes
niedriger ist als die Temperatur des Bezugs-Bauteils und die Temperatur des Dampfes
mit einem Start-Transienten erhöht wird und die Starttemperatur und der Start-Transienten
derart gewählt werden, dass die Temperaturänderung pro Zeiteinheit des Bezugs-Bauteils
unter einem vorgegebenen Grenzwert liegt, wobei die Temperatur des Bezugs-Bauteils
zunächst niedriger wird bis ein Minimum erreicht wird und anschließend höher wird.
Die Temperaturänderung pro Zeiteinheit des Bezug-Bauteils liegt hierbei bei Werten
größer oder gleich 5K/min.
[0010] Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass die dickwandigen Bauteile einer Dampfturbinenanlage
trotz der im Vergleich zur Temperatur des Dampfes hohen Ausgangstemperaturen mit dem
Dampf beaufschlagt werden kann, dessen Temperatur unter der Ausgangstemperatur einzelner
Bezugs-Bauteile liegt. Die Temperatur des Dampfes muss hierzu mit einem hinreichenden
Transienten erhöht werden, so dass die mittlere integrale Temperatur der dickwandigen
Bezugs-Bauteile nur eine vernachlässigbar geringe Abkühlung erfahren unter einem Transienten
ist eine Änderung, insbesondere Temperaturänderung pro Zeiteinheit zu verstehen (°K/min).
Wohingegen unter einem Gradienten eine Änderung, insbesondere Temperaturänderung pro
Wegstrecke (°K/min) zu verstehen ist. Dadurch können auch Relativdehnungsprobleme
ausgeschlossen werden. Die Erfindung geht somit von der Erkenntnis aus, dass eine
sehr schnelle Startzeit der Dampfturbinenanlage möglich ist, wenn auch das Erfordernis
eines Dampfes aus dem Dampferzeuger bzw. Kessels der etwa 50 Kelvin über der Ausgangstemperatur
der Bezugs-Bauteile liegt, verzichtet wird und mit einem Dampf beaufschlagt wird,
dessen Temperatur unter der Ausgangstemperatur der Bezugs-Bauteile liegt. Allerdings
muss die Ausgangstemperatur des Dampfes nach Beaufschlagung der Bezugs-Bauteile mit
einem hinreichenden und geeigneten Start-Gradienten gesteigert werden.
[0011] Ein zu niedriger Start-Gradient würde zu einer zu geringen Erhöhung der Temperatur
des Dampfes führen und dadurch besteht die Gefahr, dass sich die dickwandigen Bauteile
zu sehr abkühlen.
[0012] In einer vorteilhaften Ausgestaltung wird die Temperatur des Bezugs-Bauteils an einer
Oberfläche dessen gemessen, die dem Dampf zugewandt ist. Naturgemäß kühlt ein Bezugs-Bauteil
zunächst an der Oberfläche ab, und die weiter innen liegenden Bauteile kühlen vergleichsweise
langsam ab. Dies führt zu einem Temperaturunterschied in der Dicke der Bezugs-Bauteile,
die zu thermischen Spannungen führen können. Daher ist es von Vorteil, wenn die Temperatur
des Bauteils direkt an der Oberfläche gemessen wird, die dem Dampf zugewandt ist.
[0013] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung wird das Verfahren dahingehend erweitert,
dass eine weitere Temperatur an einer Stelle des Bezugs-Bauteils gemessen wird, die
dem Dampf abgewandt ist, wobei die Ausgangstemperatur und der Start-Gradient derart
gewählt werden, dass ein Temperaturunterschied zwischen der Temperatur an der Oberfläche
und der weiteren Temperatur unter einem vorgegebenen Temperaturunterschiedsgrenzwert
liegt.
[0014] Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass gerade ein hoher Temperaturunterschied
zwischen der Temperatur der Oberfläche eines Bezugs-Bauteils und der Temperatur an
einer benachbarten Stelle des Bezugs-Bauteils schädlich ist. Mit der Messung von zwei
Temperaturen an einem Bezugs-Bauteil, wobei die eine Temperatur an der Oberfläche
gemessen wird, die dem Dampf zugewandt ist und die andere Temperatur an einer Stelle
gemessen wird, die dem Dampf abgewandt ist, besteht sofort die Möglichkeit, den aufkommenden
Temperaturunterschied zu erfassen, um geeignete Maßnahmen zu treffen, d.h. ggf. den
Start- Transienten des Dampfes anzupassen.
[0015] Idealerweise wird die weitere Temperatur an einer Oberfläche des Bezugs-Bauteils
gemessen, die der vom Dampf beaufschlagten Oberfläche gegenüberliegt.
[0016] In einer weiteren vorteilhaften Weitergestaltung wird die weitere Temperatur im Wesentlichen
in der Mitte des Bezugs-Bauteils gemessen. Da die dickwandigen Bezugs-Bauteile der
Dampfturbinenanlage bei einer Temperaturerhöhung sich relativ träge verhalten, was
bedeutet, dass die Temperaturerhöhung in der Wanddickenrichtung sehr langsam erfolgt,
ist es von Vorteil, wenn die weitere Temperatur im wesentlichen in der Mitte des Bezugs-Bauteils
gemessen wird. Dadurch ist eine sehr frühe Überwachung der Temperaturentwicklung der
dickwandigen Bezugs-Bauteile möglich.
[0017] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung wird der StartTransient derart gewählt,
dass dessen Wert bei größer oder gleich 5K/min liegt. Der Wert kann konstant oder
variabel sein. Dadurch ist es möglich, mit relativ einfachen verfahrenstechnischen
Mitteln eine Dampfturbinenanlage zu starten.
[0018] In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird die Temperatur des
Dampfes nach Erreichen eines Übernahmegrenzwertes mit einem Führungs-Gradienten erhöht,
wobei der Wert des Führungs-Gradienten niedriger ist als der Wert des Start-Gradienten.
Die Erfindung geht hierbei von dem Gedanken aus, dass zunächst ein im Vergleich zur
Ausgangstemperatur des Bezugs-Bauteils kühlerer Dampf das Bezugs-Bauteil beaufschlagt.
Dies führt zu einer Abkühlung der dem Dampf zugewandten Oberfläche des Bezugs-Bauteils.
Die Starttemperatur des Dampfes darf hierbei nicht zu niedrig gegenüber der Starttemperatur
des Bezugs-Bauteils sein. Auch muss die Erhöhung der Temperatur des Dampfes mit einem
geeigneten Transienten erfolgen. Eine zu langsame Erhöhung der Temperatur des Dampfes
führt zu einer Schädigung der Bezugs-Bauteile. Das dickwandige Bezugs-Bauteil kühlt
sich zunächst ab, bis die Temperatur des Bezugs-Bauteils ein Minimum erreicht. Nach
Erreichen dieses Minimums erhöht sich die Temperatur des Bezugs-Bauteils. Die Temperatur
des Dampfes wird anschließend mit dem Start- Transienten bis zu einem Übernahmegrenzwert
erhöht. Nach Erreichen des Übernahmegrenzwertes wird die Temperatur des Dampfes mit
einem Führungs- Transienten weiter erhöht, wobei der Wert des Führungs- Transienten
niedriger ist als der Wert des Start-Transienten. Eine zu schnelle Erhöhung der Temperatur
des Dampfes würde dazu führen, dass sich die dem Dampf zugewandten Oberfläche gegenüber
der dem Dampf abgewandten Oberfläche des Bezugs-Bauteils zu schnell erwärmt und dadurch
zu einem zu großen Temperaturunterschied zwischen der Oberfläche, die dem Dampf zugewandt
ist und der Oberfläche, die dem Dampf abgewandt ist, führt. Dies führt zu unterwünschten
Schädigungen des Bezugs-Bauteils. Durch die Wahl eines geeigneten Führungs- Transienten,
der niedriger sein muss als der Start- Transienten, ist eine Entwicklung eines zu
großen Temperaturunterschiedes zwischen der dem Dampf zugewandten Seite und der dem
Dampf abgewandten Seite verhindert.
[0019] In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung erfolgt die Änderung der Temperatur
des Dampfes durch externe Wassereinspritzung. Dadurch ist eine vergleichsweise einfache
Möglichkeit gegeben, den Transienten der Temperaturerhöhung zu beeinflussen.
[0020] Vorteilhafterweise liegen die Ausgangstemperaturen der Bezugs-Bauteile zwischen 300°
bis 450°C. Vorteilhafterweise liegt die Starttemperatur des Dampfes bis zu 150°C unter
der Ausgangstemperatur. In einer vorteilhaften Weiterbildung liegt der Wert des Start-
Transienten größer oder gleich 5 Kelvin pro Minute, insbesondere liegt er bei 13 Kelvin
pro Minute. Nach einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung liegt der Wert des Führungs-
Transienten zwischen 0 und 15 Kelvin pro Minute, insbesondere liegt der Wert bei 1
Kelvin pro Minute. Die Erfinder haben erkannt, dass diese Werte im heutigen Dampfturbinenbau
geeignet sind, um das weiter oben beschriebene Verfahren auszuführen.
[0021] Anhand der Beschreibung und der Figuren werden Ausführungsbeispiele der Erfindung
beschrieben. Dabei haben mit denselben Bezugszeichen versehene Komponenten die gleiche
Funktionsweise.
[0022] Es zeigen
- Figur 1
- eine schematische Darstellung einer Gas- und Dampfturbinenanlage,
- Figur 2
- eine grafische Darstellung der Temperaturerhöhungen,
- Figur 3
- eine zeitliche Entwicklung der Verfügbarkeitsrate der Dampfturbine.
[0023] Die in Figur 1 schematisch dargestellte kombinierte Gas- und Dampfturbinenanlage
1 umfasst eine Gasturbinenanlage 1a sowie eine Dampfturbinenanlage 1b. Die Gasturbinenanlage
1a ist mit einer Gasturbine 2, einem Verdichter 4 sowie wenigstens einer zwischen
dem Verdichter 4 und der Gasturbine 2 geschalteten Brennkammer 6 ausgestattet. Mittels
des Verdichters 4 wird Frischluft L angesaugt, verdichtet und über die Frischluftleitung
8 einem oder mehreren Brennern der Brennkammer 6 zugeführt. Die zugeführte Luft wird
mit über eine Brennstoffleitung 10 zugeführtem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff
B gemischt und das Gemisch entzündet. Die dabei entstehenden Verbrennungsabgase bilden
das Arbeitsmedium AM der Gasturbinenanlage 1a, welches der Gasturbine 2 zugeführt
wird, wo es unter Entspannung Arbeit leistet und eine mit der Gasturbine 2 gekoppelte
Welle 14 antreibt. Die Welle 14 ist außer mit der Gasturbine 2 auch mit dem Luftverdichter
4 sowie einem Generator 12 gekoppelt, um diesen anzutreiben. Das entspannte Arbeitsmedium
AM wird über eine Abgasleitung 34 an einen Abhitzedampferzeuger 30 der Dampfturbinenanlage
1b abgeführt. Im Abhitzedampferzeuger 30 wird das von der Gasturbine 1a mit einer
Temperatur von ca. 500° bis 600°C ausgegebene Arbeitsmedium zum Erzeugen und Überhitzen
von Dampf verwendet.
[0024] Die Dampfturbinenanlage 1b umfasst neben dem Abhitzedampferzeuger 30, der insbesondere
als Zwangsdurchlaufsystem ausgebildet sein kann, eine Dampfturbine 20 mit Turbinenstufen
20a, 20b, 20c und einen Kondensator 26. Der Abhitzedampferzeuger 30 und der Kondensator
26 bilden zusammen mit Kondensatleitungen bzw. Speisewasserleitungen 35, 40 sowie
mit Dampfleitungen 48, 53, 64, 70, 80, 100 ein Dampfsystem, welches zusammen mit der
Dampfturbine 20 einen Wasserdampfkreislauf bildet.
[0025] Wasser aus einem Speisewasserbehälter 38 wird mittels einer Speisewasserpumpe 42
einem Hochdruck-Vorwärmer 44, auch Economizer genannte, zugeführt und von dort an
einen ausgangsseitig mit dem Economizer 44 verbundenen, für einen Durchlaufbetrieb
ausgelegten Verdampfer 46 weitergeleitet. Der Verdampfer 46 ist seinerseits ausgangsseitig
über eine Dampfleitung 48, in die ein Wasserabscheider 50 geschaltet ist, an einen
Überhitzer 52 angeschlossen. Über eine Dampfleitung 43 ist der Überhitzer 52 ausgangsseitig
mit dem Dampfeingang 54 der Hochdruckstufe 20a der Dampfturbine 20 verbunden.
[0026] In der Hochdruckstufe 20a der Dampfturbine 20 treibt der vom Überhitzer 52 überhitzte
Dampf die Dampfturbine an, bevor er über den Dampfausgang 56 der Hochdruckstufe 20a
an einen Zwischenüberhitzer 58 weitergegeben wird.
[0027] Nach der Überhitzung im Zwischenüberhitzer 58 wird der Dampf über eine weitere Dampfleitung
81 an den Dampfeingang 60 der Mitteldruckstufe 20b der Dampfturbine 20 weitergeleitet,
wo er die Turbine antreibt.
[0028] Der Dampfausgang 62 der Mitteldruckstufe 20b ist über eine Überströmleitung 64 mit
dem Dampfeinlass 66 der Niederdruckstufe 20c der Dampfturbine 20 verbunden. Nach dem
Durchströmen der Niederdruckstufe 20c und den damit verbundenen Antrieben der Turbine
wird der abgekühlte und entspannte Dampf über den Dampfausgang 68 der Niederdruckstufe
20c an die Dampfleitung 70 ausgegeben, die ihn zum Kondensator 26 führt.
[0029] Der Kondensator 26 wandelt den eingehenden Dampf in Kondensat um und gibt das Kondensat
über die Kondensatleitung 35 mittels einer Kondensatpumpe 36 an den Speisewasserbehälter
38 weiter.
[0030] Neben den bereits genannten Elementen des Wasser-Dampf-Kreislaufs umfasst dieser
außerdem eine Bypassleitung 100, die so genannte Hochdruckumleitung, die von der Dampfleitung
53 abzweigt, bevor diese den Dampfeinlass 54 der Hochdruckstufe 20a erreicht. Die
Hochdruckumleitung 100 umgeht die Hochdruckstufe 20a und mündet in die Zuleitung 80
zum Zwischenüberhitzer 58. Eine weitere Bypassleitung, die so genannte Mitteldruckumleitung
200, zweigt von der Dampfleitung 81, bevor diese in den Dampfeinlass 60 der Mitteldruckstufe
20b mündet. Die Mitteldruckumleitung 200 umgeht sowohl die Mittedruckstufe 20b als
auch die Niederdruckstufe 20c und mündet in die zum Kondensator 26 führende Dampfleitung
70.
[0031] In die Hochdruckumleitung 100 und die Mitteldruckumleitung 200 sind ein Absperrventil
102, 202 eingebaut, mit welchen sie sich absperren lassen. Ebenso befinden sich Absperrventile
104, 204 in der Dampfleitung 53 bzw. in der Dampfleitung 81, und zwar jeweils zwischen
dem Abzweigpunkt der Bypassleitung 100 bzw. 200 und dem Dampfeinlass 54 der Hochdruckstufe
20a bzw. dem Dampfeinlass 60 der Mitteldruckstufe 20a.
[0032] Ein Absperrventil befindet sich in der Dampfleitung 53, und zwar zwischen dem Abzweigpunkt
der Bypassleitung 100 und dem Dampfeinlass 54 der Hochdruckstufe 20a der Dampfturbine
20.
[0033] Die Bypassleitung 100 und die Absperrventile 102, 104 dienen dazu, während des Anfahrens
der Gas- und Dampfturbinenanlage 1 einen Teil des Dampfes zur Umgehung der Dampfturbine
2 umzuleiten.
[0034] Zu Beginn des Verfahrens liegt die Dampfturbinenanlage 1b in einem abgekühlten Zustand
vor und es soll ein Heiß- bzw. Warmstart durchgeführt werden. Unter einem Heißstart
wird typischerweise ein Start nach einem Nachtstillstand von etwa 8 Stunden bezeichnet,
wohingegen ein Start nach einem Wochenendstillstand von etwa 48 Stunden als Warmstart
bezeichnet wird. Die dickwandigen Bauteile der Dampfturbine 1b weisen dabei noch hohe
Ausgangstemperaturen von 300° bis ca. 500°C auf. Die dickwandigen Bauteile können
auch als Bezugs-Bauteile bezeichnet werden. Dickwandige Bauteile sind hierbei z. B.
Ventil- und Hochdruck-Gehäuse, Hochdruck- und Mitteldruck-Wellen. Es sind aber auch
andere dickwandige Bauteile denkbar.
[0035] Zumindest hat zu einem Startzeitpunkt das Bezugs-Bauteil eine Ausgangstemperatur
von größer als 250°C. In einem Verfahrensschritt wird die Temperatur des Dampfes und
des Bezugs-Bauteils fortlaufend gemessen. Die Dampfturbinenanlage 1b wird ab einem
Startzeitpunkt mit Dampf beaufschlagt.
[0036] Die Starttemperatur des Dampfes ist dabei niedriger als die Temperatur des Bezugs-Bauteils.
Die Temperatur des Dampfes wird anschließend mit einem regelbaren Start- Transienten
erhöht, wobei die Starttemperatur und der Starttransient derart gewählt werden, dass
die Temperaturänderung pro Zeiteinheit des Bezugs-Bauteils unter einem vorgegebenen
Grenzwert liegt, wobei die Temperatur des Bezugs-Bauteils zunächst niedriger wird,
bis ein Minimum erreicht ist und anschließend höher wird.
[0037] In der Figur 2 ist der Temperaturverlauf des Dampfes 205 in Abhängigkeit der Zeit
dargestellt. Ebenso ist der Temperaturverlauf an einer dem Dampf zugewandten Oberfläche
202 eines dickwandigen Bauteils dargestellt. Ebenso dargestellt wird in Figur 2 eine
mittlere integrale Temperatur 204 des dickwandigen Bauteils.
[0038] Unter der mittleren integralen Temperatur 204 ist zum Beispiel die Temperatur gemeint,
die im Wesentlichen in der Mitte des Bezugs-Bauteils herrscht.
[0039] Nach dem Startzeitpunkt 200 wird die Temperatur des Dampfes 205 mit einem Start-
Transienten, der wie in der in Figur 2 dargestellt, konstant ist, erhöht. Der konstante
StartTransient führt zu einem linearen Verlauf der Temperatur bis zu einem Übernahmegrenzwert
201. Ab dem Übernahmegrenzwert 201 erfolgt die Erhöhung der Temperatur des Dampfes
205 mit einem Führungs- Transienten, der niedriger ist als der Wert des Start- Transienten.
Die Ausgangstemperatur des dickwandigen Bezugs-Bauteiles weist einen Wert von größer
250°C auf und liegt in diesem Ausführungsbeispiel bei ca. 500°C. Durch die Beaufschlagung
des dickwandigen Bauteils mit Dampf, dessen Temperatur niedriger ist als die Temperatur
des dickwandigen Bauteiles, wird die Temperatur der Oberfläche des dickwandigen Bauteils
zunächst niedriger, bis ein Minimalwert 202 erreicht wird. Nach diesem Minimum 202
wird die Temperatur des dickwandigen Bauteils höher und steigt vergleichsweise stark
an bis zu dem Zeitpunkt 206, bei dem die Temperatur des Dampfes den Übernahmegrenzwert
erreicht und anschließend mit dem Führungs- Transienten moderater erhöht wird. Die
Temperatur des Dampfes kann hierzu durch Wassereinspritzung beeinflusst werden.
[0040] Die mittlere integrale Temperatur 204 des Bezugs-Bauteiles folgt prinzipiell ebenso
dem Verlauf wie die mit 203 bezeichnete Kurve des dickwandigen Bauteils. Zunächst
sinkt die Temperatur bis ein Minimalwert 204 erreicht wird. Anschließend steigt die
Temperatur an.
[0041] In der Figur 3 ist die Verfügbarkeit bzw. Leistung solch einer erfindungsgemäßen
Gas- und Dampfturbinenanlage zu sehen. Die gepunktet dargestellten Kurven zeigen den
Verlauf einer herkömmlichen, gemäß dem Stand der Technik vorhandenen Gas- und Dampfturbinenanlage.
Die durchgezogenen Linien zeigen den Verlauf einer Gas- und Dampfturbinenanlage, die
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gestartet wurde. Auf der X-Achse ist die Zeit
aufgetragen und auf der Y-Achse die Verfügbarkeit bzw. die Leistung der Dampfturbinenanlage
in Prozent. Die Kurven 300 und 301 zeigen den Verlauf für eine Gasturbinenanlage (CT
= Combustion Turbine) und die Kurven 400 und 401 zeigen den Verlauf für eine Dampfturbinenanlage
(ST = Steam Turbine). Zu erkennen ist, dass bei einer herkömmlichen Gas- und Dampfturbinenanlage
eine Verfügbarkeit von 30% relativ früh, aber eine 100%ige Verfügbarkeit erst nach
einer Zeit t1, die in dem ausgewählten Beispiel bei ca. 50 Minuten liegt, erreicht
wird. Bei der erfindungsgemäßen Anlage liegt eine Verfügbarkeit von ca. 30% ebenfalls
relativ früh vor, nämlich zu einem Zeitpunkt t2, der bei ca. 10 Minuten liegt. Eine
100%ige Verfügbarkeit liegt hier allerdings schon nach einem Zeitpunkt t3 vor, der
bei dem ausgewählten Beispiel bei ca. 30 Minuten liegt.
1. Verfahren zum Starten einer Dampfturbinenanlage (1b), die wenigstens eine Dampfturbine
(20a, 20b, 20c) und wenigstens eine Dampferzeugungsanlage (30b, 30, 44, 46, 52, 50)
zum Erzeugen von die Dampfturbine (20a, 20b, 20c) antreibendem Dampf aufweist,
wobei die Dampfturbinenanlage (1b) zumindest ein Bezugs-Bauteil aufweist, das zu einem
Startzeitpunkt eine Ausgangstemperatur von größer als 250°C aufweist,
wobei die Temperatur des Dampfes und des Bezugs-Bauteils fortlaufend gemessen wird,
wobei das Bezugs-Bauteil der Dampfturbinenanlage (1b) ab dem Startzeitpunkt mit Dampf
beaufschlagt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Starttemperatur des Dampfes niedriger ist als die Temperatur des Bezugs-Bauteils
und
die Temperatur des Dampfes mit einem Start- Transienten erhöht wird und
die Starttemperatur und der Start- Transient derart gewählt werden, dass die Temperaturänderung
pro Zeiteinheit des Bezugs-Bauteils unter einem vorgegebenen Grenzwert liegt,
wobei die Temperatur des Bezugs-Bauteils zunächst niedriger wird bis ein Minimum erreicht
wird und anschließend höher wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
bei dem die Temperatur des Bezugs-Bauteils an dessen Oberfläche gemessen wird, die
dem Dampf zugewandt ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
bei dem eine weitere Temperatur an einer Stelle des Bezugs-Bauteil gemessen wird,
die dem Dampf abgewandt ist,
wobei die Starttemperatur und der Start- Transient derart gewählt werden, dass ein
Temperatur-Unterschied zwischen der Temperatur an der Oberfläche und der weiteren
Temperatur unter einem vorgegebenen Temperaturunterschiedsgrenzwert liegt.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
bei dem die weitere Temperatur an einer Oberfläche des Bezugs-Bauteils gemessen wird,
die der vom Dampf beaufschlagten Oberfläche gegenüber liegt.
5. Verfahren nach Anspruch 3,
bei dem die weitere Temperatur im Wesentlichen in der Mitte der Dicke des Bezugs-Bauteils
gemessen wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem der Start- Transient konstant ist.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die Temperatur des Dampfes nach Erreichen eines Übernahmegrenzwertes (201)
mit einem Führungs- Transienten erhöht wird,
wobei der Wert des Führungs- Transienten niedriger ist als der Wert des Start- Transienten.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die Änderung der Temperatur des Dampfes durch externe Wassereinspritzung erfolgt.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
bei dem die Ausgangstemperaturen der Bauteile zwischen 300°C bis 400°C liegen.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Start-Temperatur des
Dampfes bis zu 150 K unter der Ausgangstemperatur liegt.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Start- Transient Werte
größer oder gleich 5 K/min, insbesondere 13 K/min, annimmt.
12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Führungs- Transient
Werte zwischen 0 und 15 K/min, insbesondere 1 K/min, annimmt.