[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerät mit mehreren Mikrofonen, einer Rauschdetektionseinrichtung
zur Detektion eines durch Wind hervorgerufenen Rauschens und zur Ausgabe eines entsprechenden
Detektionssignals sowie einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Ansteuern der mehreren
Mikrofone in Abhängigkeit von dem Detektionssignal. Darüber hinaus betrifft die vorliegende
Erfindung ein entsprechendes Verfahren zum Steuern von mehreren Mikrofonen eines Hörgeräts.
[0002] Hörgeräte, die auch richtungsabhängiges Hören erlauben, haben prinzipiell durch die
nach vorne gezogene Position der Mikrofone eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Wind.
Besonders bemerkbar macht sich dabei der durch turbulente Strömungen am Kopf und an
der Ohrmuschel (Pinna) bzw. dem Rand der Ohrmuschel (Helix) verursachte tieffrequente
Pseudoschall. Dieser Pseudoschall ist nur im Nahfeld hörbar und tritt an der Pinna
und im hinteren Kopfbereich auf. Da nun die Mikrofone funktionsbedingt unmittelbar
neben der Pinna liegen, wird dieser Pseudoschall durch das Hörgerät verstärkt aufgenommen
und führt zu einem unangenehmen Geräusch ("Rumpeln").
[0003] Bislang hat man mit Hilfe zweier aktiver Mikrofone bei einem direktionalen Hörgerät
Wind detektiert und das Hörgerät von dem Direktional-Modus in den Omni-Direktional-Modus
automatisch umgeschaltet. Bei Bedarf wird zusätzlich im Omni-Direktional-Modus die
Verstärkung in den tiefen Frequenzbändern reduziert. Damit lässt sich eine nicht immer
ausreichende Reduktion des unangenehmen Geräusches erzielen.
[0004] Ein ähnliches Hörgerät ist beispielsweise aus der Druckschrift
WO 03/059010 A1 bekannt. Dieses Hörgerät besitzt zwei Mikrofone, die unterschiedliche Empfindlichkeit
gegenüber Windgeräuschen besitzen. Der Windgeräuschpegel von einem der Mikrofone wird
aufgenommen und anhand dieses Signals wird entschieden, welches der beiden Mikrofone
das Eingangssignal für die weitere Signalverarbeitung liefern soll. Es kann jedoch
nicht sichergestellt werden, ob das Mikrofon mit der prinzipiell geringeren Windempfindlichkeit
in der konkreten Situation auch tatsächlich ein geringeres Windgeräuschsignal liefert.
[0005] Weiterhin ist aus der Druckschrift
EP 1 196 009 A2 ein Hörgerät mit adaptiver Anpassung der Eingangswandler bekannt. Wenn beispielsweise
Wind detektiert wird, werden nicht nur die Wandler, sondern beispielsweise auch die
Signalfilterung angepasst. Konkret wird vorgeschlagen, dass von dem direktionalen
Betrieb in den omnidirektionalen Betrieb umgeschaltet wird, wenn ein Windgeräusch
detektiert wird.
[0006] Ferner ist aus der Druckschrift
WO 2004/103020 A1 bekannt, ein Hörgerät mit einem zusätzlichen Mikrofon auszustatten, das gegen Windeinflüsse
abgeschottet ist. Dementsprechend kann bei Detektion von Windgeräuschen das gegen
Wind abgeschottete Mikrofon als Eingangswandler verwendet werden.
[0007] Schließlich ist aus der Druckschrift
US 2002/0037088 A1 bekannt, beim Auftreten von Windgeräusch eines oder mehrere Mikrofone abzuschalten.
[0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, die Empfindlichkeit von
Hörgeräten gegenüber störendem Wind weiter zu reduzieren.
[0009] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Hörgerät mit einer Mikrofoneinrichtung
mit mehreren Mikrofonen, einer Rauschdetektionseinrichtung zur Detektion eines durch
Wind hervorgerufenen Rauschens und zur Ausgabe eines entsprechenden Detektionssignals
und einer Signalverarbeitungseinrichtung zum Ansteuern der Mikrofoneinrichtung in
Abhängigkeit von dem Detektionssignal, wobei durch die Rauschdetektionseinrichtung
jeweils ein Rauschpegel von mindestens zwei der mehreren Mikrofone detektierbar ist
und in der Signalverarbeitungseinrichtung die mindestens zwei Rauschpegel miteinander
vergleichbar und ein entsprechendes Ansteuersignal an die Mikrofoneinrichtung ausgebbar
ist.
[0010] Darüber hinaus ist erfindungsgemäß vorgesehen ein Verfahren zum Steuern von mehreren
Mikrofonen eines Hörgeräts durch Detektieren eines durch Wind hervorgerufenen Rauschens
und Ausgeben eines entsprechenden Detektionssignals und Ansteuern der mehreren Mikrofone
in Abhängigkeit von dem Detektionssignal, wobei jeweils ein Rauschpegel von mindestens
zwei der mehreren Mikrofone detektiert wird, die mindestens zwei Rauschpegel miteinander
verglichen und die Mikrofone entsprechend dem Vergleichsergebnis angesteuert werden.
[0011] Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, den durch Wind hervorgerufenen tatsächlichen
Rauschpegel an mehreren Mikrofonen des Hörgeräts zu messen und abhängig davon die
Mikrofone zu steuern. Damit wird die Windgeräuschintensität, wie sie tatsächlich gegeben
ist, an mehreren Hörgerätestellen gemessen und das Hörgerät entsprechend gesteuert.
[0012] Vorzugsweise ist das Ansteuersignal ein Signal zum Ansteuern der Mikrofone in einen
Omnidirektionalbetrieb. Durch diese Maßnahme kann eine Steigerung des Signal-Rausch-Abstands
erzielt werden.
[0013] Darüber hinaus ist es vorteilhaft, wenn mit der Rauschdektionseinrichtung das insbesondere
durch Wind hervorgerufene Rauschen ständig detektierbar ist und die Mikrofone durch
die Signalverarbeitungseinrichtung entsprechend fortlaufend ansteuerbar sind. Dadurch
können die Mikrofone situationsabhängig gesteuert und geschaltet werden.
[0014] Entsprechend einer besonderen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Hörgeräts ist durch
die Signalverarbeitungseinrichtung das Mikrofon mit dem geringsten Rauschpegel erkennbar,
dieses Mikrofon für den Omnidirektionalbetrieb nutzbar und das/die übrigen Mikrofone
ausschaltbar. Dadurch lässt sich für die Signalverarbeitung ausschließlich dasjenige
Mikrofon nutzen, das vom Wind am wenigsten beeinflusst wird.
[0015] Darüber hinaus kann die Signalverarbeitungseinrichtung einen Klassifikator zur Auswahl
des/der Mikrofone für die weitere Signalverarbeitung anhand der Rauschpegel aufweisen.
Auf diese Weise lassen sich die Mikrofone zielgerichtet in den entsprechenden Betrieb
schalten.
[0016] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- den windinduzierten Frequenzgang bei drei Mikrofonen eines Hörgeräts;
- FIG 2
- ein Prinzipschaltbild eines erfindungsgemäßen Hörgeräts.
[0017] Das nachfolgend näher geschilderte Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar.
[0018] Direktionale Hörgeräte besitzen mehrere Mikrofone, die funktionsbedingt nicht an
derselben Stelle des Hörgeräts ihre Austrittsöffnung haben. Daher sind die Austrittsöffnungen,
wenn das Hörgerät getragen wird, am Ohr des Trägers auch nicht an derselben Stelle
des Kopfes bzw. der Pinna platziert. Folglich zeigen die einzelnen Mikrofone, wie
dies in FIG 1 dargestellt ist, eine unterschiedliche Windempfindlichkeit abhängig
von der Lage am Ohr und natürlich auch von der Form der Pinna. In dem vorliegenden
Beispiel wird mit dem Mikrofon-Array im Hörgerät (zwei bis drei Mikrofone) nicht nur
der Wind detektiert, sondern auch gleichzeitig durch interne Pegelmesser jeweils frequenzspezifisch
das Windgeräusch gemessen. Entsprechend FIG 1 ergibt sich für ein erstes Mikrofon
ein erstes Rauschspektrum R1, für ein zweites Mikrofon ein zweites Rauschspektrum
R2 und für ein drittes Mikrofon ein drittes Rauschspektrum R3. Der Pegel des dritten
Rauschspektrums R3 des dritten Mikrofons liegt hier in sämtlichen Spektralbereichen
unterhalb den Rauschpegeln der beiden anderen Mikrofone. Ein entsprechender Vergleich
würde also zu dem Ergebnis führen, dass das dritte Mikrofon von dem Wind im gesamten
Spektralbereich am wenigsten beeinflusst wird. Demnach sollte es in der aktuellen
Situation als alleiniges omnidirektionales Mikrofon verwendet werden.
[0019] Aus FIG 1 ist weiterhin zu entnehmen, dass das Rauschspektrum R2 im mittleren Frequenzbereich
höher als das Rauschspektrum R1 und im höheren Frequenzbereich niedriger als dieses
ist. Wäre ein Hörgerät nur mit diesen beiden Mikrofonen ausgestattet, so könnten diese
beiden Mikrofone in der aktuellen Windsituation so geschaltet werden, dass das zweite
Mikrofon im niedrigen und mittleren Frequenzbereich und das erste Mikrofon im höheren
Frequenzbereich als Omnidirektionalmikrofon dient. Dies bedeutet, dass die Mikrofone
für die jeweilige Windsituation frequenzspezifisch angesteuert bzw. geschaltet werden.
[0020] Der Vergleich der Pegelspektren kann beispielsweise mit Hilfe einstellbarer Schwellenwerte
erfolgen. Mit Hilfe eines Klassifikators lässt sich dann das für die Windsituation
geeignetere omni-direktionale Mikrofonsignal bzw. eine Kombination von Mikrofonsignalen
(z. B. Summe von zwei oder drei Mikrofonsignalen) auswählen. Somit lässt sich adaptiv
eine weitere Reduktion des Windgeräusches induziert durch Pseudoschall bewirken und
zwar abhängig von der Windgeschwindigkeit/Turbulenzstärke und Lage der Mikrofone am
Kopf. Messungen am Kopf mit einem Windaufbau für Geschwindigkeiten bis 20 km/h zeigten,
dass zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen (automatisches Umschalten von Direktional-
in Omnidirektional-Betrieb und Reduktion der Verstärkung bei tieferen Frequenzen)
durch gegebenenfalls frequenzselektive Auswahl des jeweils rauschärmeren omnidirektionalen
Mikrofons weitere Verbesserungen bis zu 15 dB erreicht werden können.
[0021] Der prinzipielle Aufbau eines erfindungsgemäßen Hörgeräts ist in FIG 2 wiedergegeben.
Demnach besitzt das Hörgerät drei Mikrofone M1, M2 und M3. Die Rauschsignale aller
drei Mikrofone M1, M2 und M3 werden in einem Pegelmesser P gemessen. Ein nachgeschalteter
Comparator C vergleicht die Pegelspektren gegebenenfalls mit bestimmten Schwellwerten.
Ein nachfolgender Klassifikator K entscheidet dann anhand der Vergleiche, welches
Mikrofon für die Signalverarbeitung im Hörgerät als Eingangssignalwandler verwendet
werden soll. Gesteuert durch das Signal vom Klassifikator K schaltet ein Multiplexer
M das entsprechende Signal für den Omnidirektionalbetrieb für die weitere Signalverarbeitung
durch.
[0022] Parallel hierzu stellt ein Winddetektor W fest, ob überhaupt ein Windgeräusch an
den Mikrofonen vorliegt. Nur dann, wenn Wind detektiert wird, wird der Multiplexer
M aktiviert und es wird das geeignetere Mikrofon gegebenenfalls frequenzspezifisch
durchgeschaltet. Wird hingegen kein Wind detektiert, so werden die Signale sämtlicher
Mikrofone für die Erzielung einer Richtwirkung benutzt. Es kann auch sinnvoll sein,
ein reines omni-direktionales Signal, gebildet aus Signalen von M1 oder einer beliebigen
Kombination M1 und Mn, in ein windreduziertes omni-direktionales Signal von einem
anderen Mikrofon M2 oder M3 umzuschalten.
1. Hörgerät mit
- einer Mikrofoneinrichtung mit mehreren Mikrofonen (M1, M2, M3),
- einer Rauschdetektionseinrichtung (P) zur Detektion eines durch Wind hervorgerufenen
Rauschens und zur Ausgabe eines entsprechenden Detektionssignals und
- einer Signalverarbeitungseinrichtung (C, K) zum Ansteuern der Mikrofoneinrichtung
in Abhängigkeit von dem Detektionssignal,
dadurch gekennzeichnet, dass
- durch die Rauschdetektionseinrichtung (P) jeweils ein Rauschpegel von mindestens
zwei der mehreren Mikrofone detektierbar ist und
- in der Signalverarbeitungseinrichtung (C, K) die mindestens zwei Rauschpegel miteinander
vergleichbar und ein entsprechendes Ansteuersignal an die Mikrofoneinrichtung ausgebbar
ist.
2. Hörgerät nach Anspruch 1, wobei das Ansteuersignal ein Signal zum Ansteuern der Mikrofoneinrichtung
in einen Omnidirektionalbetrieb ist.
3. Hörgerät nach Anspruch 1 oder 2, wobei mit der Rauschdetektionseinrichtung (P) ständig
Rauschen detektierbar ist und die Mikrofoneinrichtung durch die Signalverarbeitungseinrichtung
(C, K) entsprechend fortlaufend ansteuerbar ist.
4. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei durch die Signalverarbeitungseinrichtung
(C, K) das Mikrofon mit dem geringsten Rauschpegel erkennbar ist, dieses Mikrofon
für den Omnidirektionalbetrieb nutzbar ist und das/die übrigen Mikrofone ausschaltbar
ist/sind.
5. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Signalverarbeitungseinrichtung
(C, K) einen Klassifikator (K) zur Auswahl des/der Mikrofone (M1, M2, M3) für die
weitere Signalverarbeitung anhand der Rauschpegel aufweist.
6. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei mit der Rauschdetektionseinrichtung
(P) für jedes der mehreren Mikrofone (M1, M2, M3) ein Rauschpegelspektrum aufnehmbar
ist und in bestimmbaren Spektralbereichen jeweils ein Mikrofon mit dem geringsten
Rauschpegel feststellbar ist, so dass die Mikrofone (M1, M2, M3) in den verschiedenen
Spektralbereichen entsprechend unterschiedlich ansteuerbar sind.
7. Verfahren zum Steuern von mehreren Mikrofonen (M1, M2, M3) eines Hörgeräts durch
- Detektieren eines durch Wind hervorgerufenen Rauschens und Ausgeben eines entsprechenden
Detektionssignals und
- Ansteuern der mehreren Mikrofone (M1, M2, M3) in Abhängigkeit von dem Detektionssignal,
dadurch gekennzeichnet, dass
- jeweils ein Rauschpegel von mindestens zwei der mehreren Mikrofone (M1, M2, M3)
detektiert wird,
- die mindestens zwei Rauschpegel miteinander verglichen und
- die Mikrofone (M1, M2, M3) entsprechend dem Vergleichsergebnis angesteuert werden.
8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei die Mikrofone (M1, M2, M3) in Abhängigkeit von den
einzelnen Rauschpegeln in einen Omnidirektionalbetrieb geschaltet werden.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, wobei an den mehreren Mikrofonen (M1, M2, M3) der
jeweilige Rauschpegel ständig detektiert wird und die Mikrofone entsprechend fortlaufend
angesteuert werden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9, wobei das Mikrofon mit dem geringsten
Rauschpegel ermittelt wird, dieses Mikrofon für den Omnidirektionalbetrieb genutzt
wird und das/die übrigen Mikrofone ausgeschaltet wird/werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 10, wobei die Rauschpegel der mehreren Mikrofone
(M1, M2, M3) klassifiziert und eines oder mehrere der Mikrofone (M1, M2, M3) dementsprechend
für die weitere Signalverarbeitung ausgewählt wird/werden.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 11, wobei für jedes der mehreren Mikrofone
(M1, M2, M3) ein Rauschsignalspektrum aufgenommen und in bestimmbaren Spektralbereichen
jeweils ein Mikrofon mit dem geringsten Rauschpegel festgestellt wird, so dass die
Mikrofone in den verschiedenen Spektralbereichen entsprechend unterschiedlich angesteuert
werden können.