[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Materialbahnrolle,
bei dem die Materialbahnrolle gedreht wird und Schwingungen erfaßt werden, wobei die
Drehzahl der Materialbahnrolle vermindert wird, wenn eine Schwingung eine vorbestimmte
Stärke übersteigt. Ferner betrifft die Erfindung eine Wickelvorrichtung zum Aufwickeln
einer Materialbahn zu einer Materialbahnrolle mit einem Rollenantrieb, der mit einer
Steuereinrichtung verbunden ist, und einer Sensoranordnung zum Erfassen von Schwingungen,
die mit der Steuereinrichtung verbunden ist, wobei die Steuereinrichtung bei einem
Signal der Sensoranordnung, das eine kritischen Schwingung anzeigt, die Drehzahl der
Materialbahnrolle herabsetzt
[0002] Ein derartiges Verfahren und eine derartige Vorrichtung sind aus
WO 02/094696 A1 bekannt.
[0003] Die Erfindung wird im folgenden anhand einer Papierbahn als Beispiel für eine Materialbahn
beschrieben. Sie ist aber bei anderen Materialbahnen gleichfalls anwendbar.
[0004] Papierbahnen werden quasi endlos hergestellt. Um später für eine Verbraucher handhabbar
zu bleiben, werden sie in einem der letzten Herstellungsschritte auf die notwendige
Breite geschnitten und kurz danach aufgewikkelt. Hierzu wird ein Rollenkern beziehungsweise
eine sich auf dem Rollenkern bildende Materialbahnrolle gedreht. Der Rollenkern zieht
dabei die Materialbahn auf sich. Damit verbunden ist ein Zuwachs des Durchmessers.
Die Geschwindigkeiten, mit denen eine Papierbahn auf eine Rolle aufgewickelt wird,
liegen durchaus im Bereich von weit über 2000 m/min.
[0005] Es hat sich nun gezeigt, daß beim Wickeln Schwingungen entstehen können. Diese Schwingungen
können unterschiedliche Ursachen haben. Auch wenn dies noch nicht restlos geklärt
ist, nimmt man an, daß zumindest einige der Schwingungen durch die zulaufende Materialbahn
induziert sind. Beispielsweise können Schwankungen in der Dicke der Materialbahn zu
einer unrunden Materialbahnrolle führen. Derartige Schwingungen können sich in einem
Resonanzbereich verstärken, und zwar so weit, daß die Materialbahnrolle aus der Wickelvorrichtung
herausspringt. Eine derartige Situation muß zuverlässig vermieden werden können, weil
eine Wickelrolle mit einer Masse von mehreren 100 kg und einer hohen Drehzahl, die
aus der Wickelvorrichtung herausspringt, erhebliche Schäden anrichten kann.
[0006] Man hat daher in der oben genannten
WO 92/094696 A1 vorgeschlagen, bei Auftreten einer kritischen Schwingung die Drehzahl der Materialbahnrolle
durch Reduzierung der Zulaufgeschwindigkeit der Materialbahn auf ein niedrigeres konstantes
Niveau herabzusetzen. Damit wird das schwingungsfähige System in der Wickelvorrichtung
geändert. Beispielsweise wird die Anregungsfrequenz vermindert. Allerdings hat diese
Vorgehensweise den Nachteil, daß sich die Zeit, die zum Aufwickeln einer vorbestimmten
Länge der Materialbahn notwendig ist, verlängert, da die Zulaufgeschwindigkeit auf
ein niedrigeres konstantes Niveau gesetzt wird. Dies vermindert die Produktivität
der Wickelvorrichtung.
[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine hohe Produktivität beim Wickeln zu
erreichen.
[0008] Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren der eingangs genannten Art dadurch gelöst,
daß nach dem Vermindern der Drehzahl die Zulaufgeschwindigkeit der Materialbahn erhöht
wird.
[0009] Man nutzt also die Vorteile der Drehzahlverminderung, die darin bestehen, daß sich
die Schwingungsneigung ebenfalls vermindert. Damit wird ein Auswerfen der Rolle aus
der Wickelvorrichtung zuverlässig vermieden. Gleichzeitig vermeidet man aber zumindest
teilweise die Nachteile, die mit der verminderten Drehzahl einhergehen. Man erhöht
nämlich nach und nach die Zulaufgeschwindigkeit der Materialbahn, so daß man trotz
einer anfänglichen oder wiederholten Drehzahlverminderung eine relativ hohe Wickelgeschwindigkeit
erzielen kann. Die Gesamtzeit, die man zum Wickeln einer Materialbahnrolle benötigt,
wird dabei zwar etwas länger, als wenn man die Drehzahl überhaupt nicht vermindern
würde. Sie ist aber deutlich geringer als in einer Situation, bei der man die Materialbahn
nur mit einer konstant verminderten Geschwindigkeit der Materialbahnrolle zuführt.
[0010] Bevorzugterweise wird nach dem Vermindern der Drehzahl die Drehzahl der Materialbahnrolle
konstant gehalten.
[0011] Man vermindert also die Drehzahl so weit, daß keine kritische Schwingungsneigung
mehr besteht, und hält die Drehzahl der Wickelrolle auf dem nunmehr sicheren niedrigen
Niveau konstant. Aufgrund des zunehmenden Durchmessers der Materialbahnrolle durch
das Wachstum der Materialbahnrolle wird dann automatisch die Zulaufgeschwindigkeit
der Materialbahn erhöht. Dies ist eine relativ einfache Möglichkeit, die Zulaufgeschwindigkeit
zu steigern. Man benötigt also keine aufwendigen Steueralgorithmen, mit denen man
sich an eine zulässige Drehzahl sozusagen herantastet. Wenn die Drehzahl der Materialbahnrolle
konstant gehalten wird, besteht praktisch keine Gefahr, daß sich wieder kritische
Schwingungszustände ergeben.
[0012] Auch ist von Vorteil, wenn man die Materialbahnrolle zu Beginn eines Wickelvorgangs
mit einer maximalen Beschleunigung antreibt. Neben den Schwingungen, die möglicherweise
durch die Materialbahn induziert sind, gibt es in jeder Wickelvorrichtung kritische
Schwingungsbereiche, die den Eigenschwingungen der Vorrichtung entsprechen. Trifft
die Drehzahl der Wickelrolle mit der kritischen Eigenschwingung der Wickelvorrichtung
zusammen, kann dies zu Schwingungsamplituden führen. Je langsamer sich eine Drehzahländerung
der Wickelrolle in einem solchen Drehzahlbereich vollzieht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit
einer hohen Schwingungsamplitude. Die Eigenschwingungen einer Wickelvorrichtung kann
man im voraus ermitteln. Ein Antrieb für die Wickelrolle muß in der Regel so ausgelegt
sein, daß er beispielsweise nach einem Bahnabriß auch eine relativ große Materialbahnrolle
in einer vorbestimmten Zeit wieder auf die gewünschte Wickelgeschwindigkeit beschleunigen
kann. Dementsprechend ist der Materialbahnantrieb für die Beschleunigung des Rollenkerns
und einer sich darauf bildenden Wickelrolle im Prinzip überdimensioniert. Man kann
nun diese Leistungsreserve ausnutzen, um die Wickelrolle zu Beginn des Wickelvorgangs
sehr schnell durch die kritischen Schwingungsbereiche hindurchzufahren. Dies hat zwei
Vorteile. Zum einen wird die Wickelzeit weiter verkürzt. Zum anderen ist die Gefahr,
daß sich in den Resonanzbereichen Schwingungen ausbilden und hochschaukeln können,
relativ gering.
[0013] Auch ist von Vorteil, wenn man die Materialbahnrolle nach Erreichen der Höchstdrehzahl
unabhängig vom tatsächlichen Auftreten einer Schwingung kurzzeitig abbremst. Ist der
Beschleunigungsvorgang durch Ausnutzung von Rampen maximaler Beschleunigung so weit
optimiert, daß kritische Schwingungsbereiche der Wickelvorrichtung in kürzest möglicher
Zeit durchfahren werden, kann es im weiteren Verlauf des Wickelvorgangs mit dann konstanter
Zulaufgeschwindigkeit wiederum zu einem Zusammentreffen zwischen kritischem Schwingungsbereich
der Wickelvorrichtung und der Drehzahl der Wickelrolle kommen. Durch stetigen Durchmesserzuwachs
der Wickelrolle reduziert sich langsam die Drehzahl der Wickelrolle. Das hat zur Folge,
daß sich die Wickeldrehzahl langsam "von oben" einem kritischen Schwingungsbereich
der Wikkelvorrichtung annähert, welcher zuvor während des Beschleunigungsvorgangs
"von unten" schnell durchfahren wurde. Daher ist es angebracht, auch während des weiteren
Wickelvorgangs solche kritischen Schwingungsbereiche schnell zu durchfahren. Dies
kann beim Wickeln mit bereits maximaler Zulaufgeschwindigkeit nur durch Verringern
der Geschwindigkeit erfolgen. Dadurch wird die Drehzahl der Wickelrolle reduziert
und im weiteren Verlauf auf geringerem Niveau konstant gehalten. Wie vorher beschrieben,
erhöht sich danach die Zulaufgeschwindigkeit wieder stetig bis zum Maximalwert. Damit
können vorbeugend kritische Situationen weitgehend vermieden werden, da die Gefahr
des Aufschaukelns von Schwingungen beim Annähern an kritische Schwingungsbereiche
der Wickelvorrichtung reduziert wird.
[0014] Bevorzugterweise vermindert man beim Auftreten einer kritischen Schwingung die Drehfrequenz
der Materialbahnrolle um ein vorbestimmtes Inkrement. Dies vereinfacht die Steuerung.
Das stufenweise Herabsetzen der Drehfrequenz erlaubt eine gute Kontrolle darüber,
nach wieviel Stufen die Schwingungsneigung so weit vermindert worden ist, daß keine
kritischen Situationen mehr entstehen.
[0015] Vorzugsweise liegt das Inkrement im Bereich von 1 bis 3 Hz. Obwohl dieses Inkrement
relativ klein ist, kann man damit doch erreichen, daß die Wickelvorrichtung einen
kritischen Schwingungszustand wieder verläßt.
[0016] Die Aufgabe wird bei einer Wickelvorrichtung der eingangs genannten Art dadurch gelöst,
daß die Steuereinrichtung nach dem Herabsetzen der Drehzahl der Materialbahnrolle
die Geschwindigkeit der Materialbahn steigert. Damit werden kritische Zustände weitgehend
vermieden. Die Drehzahl der Materialbahnrolle ist nicht mehr kritisch. Gleichwohl
kann die Geschwindigkeit der zugeführten Materialbahn gesteigert werden, um ein möglichst
schnelles Fertigstellen der Materialbahnrolle zu erreichen.
[0017] Hierbei ist bevorzugt, daß die Steuereinrichtung nach dem Herabsetzen der Drehzahl
den Rollenantrieb mit konstanter Drehzahl betreibt. Die Steuereinrichtung kann also
relativ einfach aufgebaut sein. Sie muß keine komplizierten Drehzahlkurven nachfahren.
Es reicht vielmehr aus, eine konstante Drehzahl der Materialbahnrolle zu erzeugen.
Dies ist für eine handelsübliche Steuereinrichtung relativ einfach.
[0018] Auch ist von Vorteil, daß die Steuereinrichtung den Rollenantrieb zu Beginn eines
Wickelvorgangs mit maximaler Beschleunigung steuert. Damit lassen sich kritische Frequenzbereiche,
die durch Eigenschwingungen der Wickelvorrichtung bedingt sind, schnell durchfahren.
Zu Beginn des Wickelvorgangs ist die Masse der Wickelrolle noch gering. In diesem
Verfahrensstadium hat der Antrieb für eine stärkere Beschleunigung noch genügend Reserve.
[0019] Bevorzugterweise weist die Steuereinrichtung eine Drehzahlerfassungseinrichtung und
einen Speicher auf, in dem ein kritischer Drehzahlbereich abgelegt ist, wobei die
Steuereinrichtung spätestens bei Erreichen einer Grenze des Drehzahlbereichs von außen
den Rollenantrieb mit maximaler Beschleunigung oder Verzögerung steuert.
[0020] Ein kritischer Drehzahlbereich oder mehrere kritische Drehzahlbereiche sind bei einer
Wickelvorrichtung in der Regel durch Eigenfrequenzen vorgegeben. Bei Eigenfrequenzen
reichen vielfach bereits kleine Anregungen aus, um das System aus Wickelvorrichtung
und Wickelrolle in Schwingungen zu versetzen. Wenn die Steuereinrichtung feststellt,
daß man sich einem derartigen Drehzahlbereich annähert, dann kann sie die Wickelrolle
maximal beschleunigen oder entsprechend verzögern, um den Drehzahlbereich von unten
nach oben (bei Beschleunigung) oder von oben nach unten (beim Verzögern) in möglichst
kurzer Zeit zu durchfahren. Je kürzer die Zeit ist, in der sich die Wickelvorrichtung
in einem kritischen Zustand befindet, desto geringer ist die Gefahr des Aufschwingens.
[0021] Vorzugsweise weist die Steuereinrichtung einen Inkrementgeber auf, der die Drehzahl
des Rollenantriebs bei Auftreten einer kritischen Schwingung jeweils um ein festes
Inkrement vermindert. Die Steuereinrichtung muß also, wie oben gesagt, keine komplizierten
Drehzahlkurven nachfahren können. Sie wird mit festen Stufen angesteuert, so daß sie
trotz eines vergleichsweise einfachen Steueralgorithmus als intelligente Steuerung
aufgebaut sein kann.
[0022] Die Erfindung wird im folgenden anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen in Verbindung
mit der Zeichnung beschrieben. Hierin zeigen:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einer Rollenwickeleinrichtung,
- Fig. 2
- einen herkömmlichen Wickelverlauf ohne Störungen,
- Fig. 3
- einen herkömmlichen Wickelverlauf mit Störungen,
- Fig. 4
- einen herkömmlichen Wickelverlauf mit Störungen und Vermeidung von Resonanzschwingungen,
- Fig. 5
- einen erfindungsgemäßen Wickelverlauf mit Störungen,
- Fig. 6
- einen erfindungsgemäßen Wickelverlauf bei Vermeidung eines Resonanzbereichs,
- Fig. 7
- eine Darstellung zur Erläuterung eines Wikkelverlaufs mit höherer Beschleunigung,
- Fig. 8
- eine Darstellung nach Fig. 7 mit Störungen und Vermeidung von Resonanzschwingungen,
- Fig. 9
- eine Ansicht entsprechend Fig. 7 mit einer stärkeren Beschleunigung und
- Fig.10
- ein Verlauf nach Fig. 9 mit Störungen.
[0023] Fig. 1 zeigt in schematischer Darstellung eine Wickelvorrichtung 1 zum Aufwickeln
einer Materialbahn 2 zu einer Wickelrolle 3. Die Wickelrolle 3 ruht dabei in einem
Wickelbett 4, das durch eine erste Tragwalze 5 und eine zweite Tragwalze 6 gebildet
ist. Die erste Tragwalze 5 weist einen ersten Antrieb 7 und die zweite Tragwalze 6
weist einen zweiten Antrieb 8 auf. Die beiden Antriebe 7, 8 sind von einer Steuereinrichtung
9 gesteuert.
[0024] Die Steuereinrichtung ist mit einer Sensoranordnung verbunden, die im vorliegenden
Fall aus einem ersten Schwingungssensor 10 an der ersten Tragwalze 5, einem zweiten
Schwingungssensor 11 an der zweiten Tragwalze 6 und einem dritten Schwingungssensor
12 an der Wickelrolle 3 besteht. Der dritte Schwingungssensor 12 ist beispielsweise
an einen Spannkopf zum Halten der Wikkelhülse 13 gekoppelt, auf die die Materialbahn
2 zur Bildung der Wickelrolle 3 aufgewickelt wird.
[0025] Die Sensoranordnung mit den Schwingungssensoren 10-12 ist hier nur beispielsweise
zu verstehen. In vielen Vorrichtungen gibt es auch noch eine sogenannte Reiter- oder
Belastungswalze, die die Wickelrolle 3 in das Wikkelbett 4 hineindrückt. Auch dort
kann ein Schwingungssensor angeordnet sein. Man kann unter Umständen auch auf einen
oder zwei Schwingungssensoren verzichten, wenn es beispielsweise ausreicht, die Schwingung
nur an der Wickelrolle 3 zu ermitteln.
[0026] Anhand der Fig. 2 bis 10 sollen nun typische Situationen erläutert werden, die sich
beim Wickeln einer Wikkelrolle ergeben. Die Fig. 2 bis 10 zeigen in übereinstimmender
Weise jeweils den Verlauf der Drehzahl n der Wickelrolle, die Zunahme des Durchmessers
D, die Beschleunigung a, mit der die Wickelrolle 3 beschleunigt wird und die Geschwindigkeit
v, mit der die Materialbahn 2 zugeführt wird, über der Zeit t. Ferner ist ein Frequenzbereich
F eingezeichnet, der kritische Eigenfrequenzen der Wickelvorrichtung 1 umfaßt.
[0027] In allen Fällen wird das Wickeln einer Materialbahn 2 aus Papier nachgebildet, das
ein Flächengewicht von 80 g/m
2 und eine Dichte von 0,7 kg/dm
3 hat. Der Außendurchmesser der Wickelhülse 13 beträgt 177 mm und der Durchmesser der
fertigen Wickelrolle 3 beträgt 1300 mm.
[0028] Fig. 2 zeigt einen idealen Verlauf eines Wickelvorgangs, bei dem die Geschwindigkeit
v etwa die Form eines Trapez hat. Die Wickelrolle 3 wird mit einer Beschleunigung
von 40 m/min/s auf 2500 m/s beschleunigt. Der kritische Frequenzbereich F wird nicht
beachtet. Am Ende des Wickelvorgangs wird die Wickelrolle 3 wieder mit der gleichen
Beschleunigung, diesmal negativ, abgebremst, so daß sich eine Gesamtwickelzeit T =
340 s ergibt.
[0029] In Fig. 3 ist ein ähnlicher Wickelverlauf dargestellt, wie er bislang realisiert
wurde. An drei Zeitpunkten t1, t2, t3 haben sich kritische Schwingungen ergeben.
[0030] Zu jedem Zeitpunkt wurde daher die Wickelrolle 3 mit der maximal möglichen Verzögerung
von -40 m/min/s abgebremst. Die Geschwindigkeit reduziert sich entsprechend. Nach
jedem Abbremsen wird die Materialbahn 2 mit konstanter, aber verringerter Geschwindigkeit
zugeführt.
[0031] Mit dieser bislang praktizierten Fahrweise einer einfachen Geschwindigkeitsreduzierung
ergibt sich eine Gesamtwickelzeit T = 374 s, also 34 Sekunden mehr als im Idealfall.
[0032] Fig. 4 zeigt eine Vorgehensweise entsprechend Fig. 3. Allerdings wird hier zusätzlich
die Zuführgeschwindigkeit der Papierbahn so gesteuert, daß die Beschleunigungsphase
unterbrochen wird, kurz bevor ein kritischer Schwingungsbereich der Wickelvorrichtung
erreicht wird.
[0033] Dabei sinkt die Drehzahl n ab und die Geschwindigkeit bleibt ohne Beschleunigung
etwa konstant. Diese Fahrweise wird in der Regel experimentell ermittelt und die Geschwindigkeit
so lange konstant gehalten, daß die Wickeldrehzahl beim anschließenden Beschleunigen
nicht mehr den kritischen Schwingungsbereich der Wickelvorrichtung erreichen kann.
Dementsprechend verlängert sich die Wickelzeit auf T = 380 s.
[0034] Fig. 5 zeigt nun die erfindungsgemäße Vorgehensweise. Die Steuereinrichtung 9 löst
die Schwingungsproblematik "intelligent" auf. Bei der Vorgehensweise nach Fig. 5 wird
die Reaktion auf den Wickelverlauf gemäß Fig. 3 dargestellt.
[0035] Zu dem Zeitpunkten t1, t2, t3 treten wiederum kritische Schwingungen auf, so daß
die Wickelrolle mit der maximal möglichen Verzögerung von -40 m/min/s verzögert wird.
Danach wird die Drehzahl n allerdings konstant gehalten bis zum nächsten kritischen
Zeitpunkt t2, t3. Durch den zunehmenden Durchmesser der Wickelrolle 3 steigt die Geschwindigkeit
v wieder auf den maximalen Wert von 2500 m/min. Nach jedem Herabsetzen der Drehzahl
wird die Materialbahn 2 also wieder beschleunigt. Dadurch verkürzt sich die Wickelzeit
auf T = 346 s. Der Zeitgewinn gegenüber der Vorgehensweise nach Fig. 3 beträgt 28
s.
[0036] Fig. 6 zeit eine Vorgehensweise, die gegenüber dem Wikkelverlauf nach Fig. 5 modifiziert
ist, um den kritischen Frequenzbereich F zu vermeiden. Fig. 6 stellt also die Reaktion
auf den Wickelverlauf gemäß Fig. 4 dar.
[0037] Kurz bevor die Drehzahl n den kritischen Frequenzbereich erreicht, wird die Beschleunigung
a vermindert, beispielsweise auf 20 m/min/s. Dadurch bleibt die Drehzahl n unterhalb
des kritischen Frequenzbereichs etwa konstant, die Zulaufgeschwindigkeit nimmt aber
weiter zu. Der kritische Frequenzbereich wird also umfahren.
[0038] An den Zeitpunkten t1, t2, t3 treten wiederum kritische Schwingungen auf, die dadurch
beseitigt werden, daß man die Drehzahl herabsetzt. Hierzu wird die Rolle mit der maximalen
Verzögerung von -40 m/min/s verzögert. Nach erfolgter Verzögerung bleibt die Drehzahl
konstant, so daß die Geschwindigkeit v wieder bis zur maximalen Geschwindigkeit von
2500 m/min zunehmen kann.
[0039] Die Wickelzeit ist hier nur um 2 Sekunden länger als bei Fig. 5. Sie beträgt T =
348 s. Die Wickelzeit ist hier allerdings um 32 s kürzer als bei Fig. 4, welche als
Vergleichsbasis herangezogen werden muß.
[0040] Fig. 7 zeigt einen Wickelverlauf, bei dem die Hochlaufbeschleunigung erhöht wird.
Sie beträgt nun 50 m/min/s. Dies ist möglich, weil die leere Wickelhülse 13 und die
sich darauf bildende Wickelrolle 3 ein vergleichsweise geringes Trägheitsmoment haben.
Der Antrieb 7, 8, der auch in der Lage sein muß, eine nahezu vollbewickelte Wickelrolle
3 zu beschleunigen, ist also durchaus in der Lage, eine wesentlich größere Beschleunigung
zu fahren.
[0041] Ohne Störungen und ohne Beachtung des kritischen Frequenzbereichs F ergibt sich hier
eine deutlich verkürzte Wickelzeit von T = 330 s. Der kritische Frequenzbereich wird
jedenfalls bei der Zunahme der Drehzahl schneller durchfahren als bei einer Beschleunigung
von a = 40 m/min/s.
[0042] In Fig. 8 wird nun die stärkere Beschleunigung von a = 50 m/min/s kombiniert mit
der Beschleunigung der Materialbahn 2 nach einer Herabsetzung der Drehzahl der Wickelrolle
3 zu den Zeitpunkten t1, t2, t3. Nach jeder Verzögerung der Drehzahl n wird die Materialbahn
2 wieder beschleunigt auf den maximalen Wert der Geschwindigkeit von V = 2500 m/min.
[0043] Der kritische Frequenzbereich F wird berücksichtigt. Unter Ausnutzung der Antriebsreserve
beim Anwickeln wird, wie oben erwähnt, die maximale Beschleunigung auf a = 50 m/min/s
gesetzt, so das der kritische Frequenzbereich von unten nach oben relativ schnell
durchfahren wird.
[0044] Wenn sich die Drehzahl n dem kritischen Frequenzbereich F von oben annähert, wird
die Wickelrolle 3 kurzzeitig mit einer Verzögerung von a = -40 m/min/s verzögert,
so daß der kritische Frequenzbereich F auch von oben nach unten relativ schnell durchlaufen
werden kann. Danach kann die Wickelrolle 3 wieder mit a = 50 m/min/s beschleunigt
werden, solange die Drehzahl n unterhalb des kritischen Frequenzbereichs F verbleibt.
[0045] Mit dieser Vorgehensweise ergibt sich eine Wickelzeit T = 340 s.
[0046] Der Zeitgewinn gegenüber der Vorgehensweise nach Fig. 4, die hier als Vergleichsmaßstab
heranzuziehen ist, beträgt 40 s. Dies entspricht dem ursprünglich als ideal bezeichneten
Wickelverlauf der Fig. 2.
[0047] In vielen Fällen kann man, wie dies aus Fig. 9 hervorgeht, auch eine noch größere
Beschleunigung wählen, nämlich a = 60 m/min/s. In Fig. 9 ist ein derartiges Wickelverhalten
ohne Einschränkungen dargestellt. Die Wickelzeit beträgt hier T = 326 s.
[0048] Hier wird davon ausgegangen, daß keine Störungen auftreten.
[0049] Werden hingegen auch Störungen berücksichtigt, ergibt sich das Verhalten, das in
Fig. 10 dargestellt ist.
[0050] Hier wird zu den Zeiten t1, t2 und t3 die Drehzahl vermindert, indem die Wickelrolle
3 mit einer Verzögerung von a = -40 m/min/s abgebremst wird. Nach jeder Verzögerung
wird die Drehzahl konstant gehalten, so daß sich die Geschwindigkeit der Materialbahn
2 wieder auf die maximale Geschwindigkeit von 2500 m/min erhöht.
[0051] Der kritische Frequenzbereich F wird beim Hochlaufen schnell genug durchfahren, so
daß keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind. Auch beim Vermindern der Drehzahl
n wird der kritische Frequenzbereich F schnell genug durchfahren, so daß hier keine
zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind.
[0052] Der Zeitgewinn gegenüber der Vorgehensweise nach Fig. 4 beträgt 44 s. Dies entspricht
bei den oben genannten Papierdaten einem Produktivitätsgewinn von ca. 65 Tonnen pro
Tag.
[0053] Die Drehfrequenz wird jeweils um ein festes Inkrement herabgesetzt, beispielsweise
1,5 Hz. Dies hat den Vorteil, daß die Steuerung relativ einfach ausgebildet sein kann.
[0054] Die vom Antrieb 7, 8 abverlangte Maximallast, für die der Antrieb 7, 8 ausgelegt
sein muß, tritt nur in Extremsituationen auf, beispielsweise Bahnriß, Anwickeln und
Beschleunigen großer Wickelrollen in der Aufrollung unter maximalem Bahnzug. Während
des normalen Wickelvorgangs stehen daher dem Antrieb 7, 8 je nach aktueller Fahrsituation
ausreichend Reserven zur Verfügung. Diese Reserven macht sich die intelligente Steuereinrichtung
9 zunutze, um kritische Vibrationen, insbesondere beim Wickeln von Papieren mit hohen
Reibwerten, zum Beispiel holzfreie ungestrichene Papiere, Verpakkungspapiere und ungestrichene
Kartons, zu bekämpfen.
[0055] Man kann die bisher übliche trapezförmige Fahrweise weiterverwenden. Die Gewohnheiten
der Bedienpersonen müssen sich also nicht übermäßig ändern. Bei auftretenden Schwingungen
wird die Drehfrequenz des Schwingungserregers, also hier der Wickelrolle 2, relativ
schnell verändert und in unkritische Bereiche verschoben.
[0056] Durch fortwährende Ermittlung verfügbarer Reserven ist es möglich, anhand der aktuellen
Fahrsituation im voraus zu berechnen, wie lange es dauern würde, einen aufkommenden
Vibrationsbereich beziehungsweise ein Frequenzband hoher Schwingungsamplitude durch
Beschleunigung oder Verzögerung zu durchfahren. Man kann die tolerierte Zeitdauer
sowie die Breite des Frequenzbandes ermitteln und diese als Toleranzbereiche in der
Steuereinrichtung 9 hinterlegen.
[0057] Die Steuereinrichtung 9 ist also in der Lage, den Beschleunigungszustand der Wickelrolle
permanent zu verändern. Dies hat auf die Zugregelung einen gewissen Einfluß. Vorzugsweise
wird daher die Wickelrolle so gesteuert, daß Übergänge zwischen den unterschiedlichen
Beschleunigungen bestmöglich verschliffen werden.
[0058] Die Sensoranordnung kann Sensoren aufweisen, die als Beschleunigungsaufnehmer an
den Zentrierköpfen sowie der Reiterwalzentraverse angeordnet sind. Man kann auch Beschleunigungsaufnehmer
an den Tragwalzenlagern anordnen. Damit sind alle unmittelbar am Wickelprozeß beteiligten
Bauteile schwingungstechnisch erfaßt und können ausgewertet werden.
1. Verfahren zum Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Materialbahnrolle, bei dem die
Materialbahnrolle gedreht wird und Schwingungen erfaßt werden, wobei die Drehzahl
der Materialbahnrolle vermindert wird, wenn eine Schwingung eine vorbestimmte Stärke
übersteigt, dadurch gekennzeichnet, daß nach dem Vermindern der Drehzahl die Zulaufgeschwindigkeit der Materialbahn erhöht
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß nach dem Vermindern der Drehzahl die Drehzahl der Materialbahnrolle konstant gehalten
wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man die Materialbahnrolle zu Beginn eines Wickelvorgangs mit einer maximalen Beschleunigung
antreibt.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß man die Materialbahnrolle nach Erreichen der Höchstdrehzahl unabhängig vom tatsächlichen
Auftreten einer Schwingung kurzzeitig abbremst.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man beim Auftreten einer kritischen Schwingung die Drehfrequenz der Materialbahnrolle
um ein vorbestimmtes Inkrement vermindert.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Inkrement im Bereich von 1 bis 3 Hz liegt.
7. Wickelvorrichtung zum Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Materialbahnrolle mit
einem Rollenantrieb, der mit einer Steuereinrichtung verbunden ist, und einer Sensoranordnung
zum Erfassen von Schwingungen, die mit der Steuereinrichtung verbunden ist, wobei
die Steuereinrichtung bei einem Signal der Sensoranordnung, das eine kritischen Schwingung
anzeigt, die Drehzahl der Materialbahnrolle herabsetzt, dadurch gekennzeichnet, daß die Steuereinrichtung (9) nach dem Herabsetzen der Drehzahl (n) der Materialbahnrolle
(3) die Geschwindigkeit (v) der Materialbahn (2) steigert.
8. Wickelvorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Steuereinrichtung (9) nach dem Herabsetzen der Drehzahl (n) den Rollenantrieb
(7, 8) mit konstanter Drehzahl (n) betreibt.
9. Wickelvorrichtung nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Steuereinrichtung (9) den Rollenantrieb (7, 8) zu Beginn eines Wickelvorgangs
mit maximaler Beschleunigung steuert.
10. Wickelvorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Steuereinrichtung (9) eine Drehzahlerfassungseinrichtung und einen Speicher aufweist,
in dem ein kritischer Drehzahlbereich abgelegt ist, wobei die Steuereinrichtung spätestens
bei Erreichen einer Grenze des Drehzahlbereichs von außen den Rollenantrieb mit maximaler
Beschleunigung oder Verzögerung steuert.
11. Wickelvorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Steuereinrichtung (9) einen Inkrementgeber aufweist, der die Drehzahl des Rollenantriebs
bei Auftreten einer kritischen Schwingung jeweils um ein festes Inkrement vermindert.