(19)
(11) EP 1 754 558 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.02.2007  Patentblatt  2007/08

(21) Anmeldenummer: 06016394.6

(22) Anmeldetag:  05.08.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B22D 30/00(2006.01)
C22C 21/00(2006.01)
C22F 1/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 18.08.2005 DE 102005039049

(71) Anmelder:
  • AUDI AG
    85045 Ingolstadt (DE)
  • KS Aluminium-Technologie AG
    74172 Neckarsulm (DE)

(72) Erfinder:
  • Franchini, Manfred
    74193 Schwaigern (DE)
  • Möding, Herbert
    74177 Bad Friedrichshall (DE)
  • Laudenklos, Manfred
    61137 Schöneck 2 (DE)
  • Nutz, Jörg
    92339 Beilngries (DE)

   


(54) Verfahren zur Herstellung eines Gussteils und Zylinderkurbelgehäuse


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Gussteils (10), insbesondere eines Zylinderkurbelgehäuses mit einer Lagerzone (11) für die Lagerung einer Kurbelwelle für eine Verbrennungskraftmaschine, aus einer Al-Si-Legierung, wobei das Gussteil (10) in einer Gussform gegossen wird. Erfindungsgemäß werden nacheinander folgende Schritte ausgeführt:: das Gussteil (10) wird abgegossen und der Gießform entnommen, und das Gussteil (10) wird direkt anschließend in Bereichen, die einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt werden, bei einer Temperatur im Solidusbereich abgeschreckt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Gussteils, insbesondere eines Zylinderkurbelgehäuses mit einer Lagerzone für die Lagerung einer Kurbelwelle, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 und ein Zylinderkurbelgehäuse gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 8.

[0002] Es ist bekannt, zur Verbesserung der Härte und der Rissfestigkeit Gussteile nach dem Guss zu erwärmen und abzuschrecken. Bei Gussteilen aus Aluminiumlegierungen ist es seit langem bekannt, dass diese durch geeignete Wärmebehandlung ausgehärtet werden können. So offenbart die DE10110756A1 ein Gussteil aus einer übereutektischen Al-Si-Legierung, das in einem lokalen Bereich hoher mechanischer Betriebsspannungskonzentration kurzzeitig bis in den schmelzflüssigen Bereich der primären Si-Kristalle erwärmt und dann abgeschreckt wird. Ein ähnliches Verfahren offenbart die EP1239054A1, bei der eine übereutektische Al-Si-Legierung etwa 3 Sekunden oberhalb der Liquidustemperatur bei etwa 650°C erhitzt und anschließend rasch erstarrt wird. Die DE19901508A1 offenbart, dass ein Gussrohling, der nach dem Guss entformt wurde, in hoch belasteten Bereichen lokal einer zusätzlichen Wärmebehandlung von 10-100 Sekunden bei einer Temperatur von 450°C-550°C zu unterziehen. Die auf diese Temperatur erwärmten Bereiche werden anschließend abgeschreckt und der Gussrohling ausgelagert.

[0003] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung eines Gussteils, insbesondere eines Zylinderkurbelgehäuses mit einer Lagerzone für die Lagerung einer Kurbelwelle, verfübgar zu machen, das weniger aufwändig und kostengünstig ist.

[0004] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und des Patentanspruchs 8 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in Unteransprüchen angegeben.

[0005] Die erfindungsgemäße Verfahren sieht neben seinen gattungsbildenden Merkmalen vor, dass das Gussteil abgegossen und aus der Gießform entnommen wird und dass das Gussteil direkt anschließend in Bereichen, die einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt werden, bei einer Temperatur im Solidusbereich abgeschreckt wird. Das Gussteil wird dabei nicht zusätzlich wieder erwärmt, sondern das lokale Abschrecken erfolgt im normalen Abkühlvorgang nach dem Gießen. Das Gussteil besteht bevorzugt aus einer Aluminiumlegierung, insbesondere einer übereutektischen Al-Si-Legierung, besonders bevorzugt aus einer AISi17Cu4Mg-Legierung. Bei dem Abschrecken im Solidusbereich einer AlSiCu-Legierung erfolgt ein Einfrieren des vorher noch gelösten Kupfers aus der AlSiCu-Legierung. Bei einer anschließenden Wärmebehandlung kommt es zu einer Cu-Phasenbildung und damit zur einer Härte- und Festigkeitssteigerung. Es ist kein zusätzlicher Energiebedarf für diese im Prinzip lokale Temperaturbehandlung notwendig, da hierfür die Restwärme des Gussteils außerhalb des abgeschreckten Bereichs zur Verfügung steht, die nach dem Abschrecken den abgeschreckten Bereich erwärmt. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren entfällt außerdem gegenüber dem Stand der Technik ein zusätzliches Aufschmelzen oder Aufwärmen des Gussteils nach dem Gießen, da das lokale Abschrecken im Abkühlvorgang des Gussteils erfolgt. Daher werden erhebliche Energiekosten eingespart sowie die Produktionszeit verkürzt. Das Gussteil ist bevorzugt ein Zylinderkurbelgehäuse, das in einer Lagerzone zur Lagerung einer Kurbelwelle (Lagerstuhl) lokal abgeschreckt wird.

[0006] In einem günstigen Verfahrensschritt wird das Gussteil bei einer Starttemperatur zwischen 380°C und 500°C, bevorzugt 440°C, abgeschreckt. Der Temperaturbereich ist in einer AlSiCu-Legierung für eine Cu-Phasenbildung notwendig, damit noch ausreichend Cu im Al-Mischkristall gelöst ist, das bei der nachfolgenden Anlassbehandlung zur Ausscheidung zur Verfügung steht. Abhängig von der Anlasstemperatur lassen sich Härten von > 150 HB erzielen

[0007] In einem weiteren günstigen Verfahrensschritt wird das Gussteil zum Abschrecken mit Wasser aus einem Sprühstrahl lokal beaufschlagt. Hierzu ist eine definierte geometrieabhängige Kühleinstellung erforderlich, um die Ausbautemperatur > 380° C zu gewährleisten. Eventuell ist eine zusätzliche Aufheizung der Formpartien erforderlich.

[0008] Bevorzugt wird das Wasser fein zerstäubt, so dass das Wasser beim Auftreffen auf das Gussteil vollständig verdampft. Der Sprühstrahl kann daher mittels Sprühdüsen besonders präzise lokal wirken und lässt sich gezielt anwenden.

[0009] In einem weiteren günstigen Verfahrensschritt erfolgt das Abschrecken mit einer Rate von 0,8 bis 4,0 K/s, insbesondere 1 bis 1,4 K/s, bevorzugt ca. 1,2 K/s. Die Abschreckdauer beträgt einige Minuten, bevorzugt 1-5 Minuten. Der Kühlvorgang kann nach dem Erreichen eines Temperaturniveaus < 250° C beendet werden.

[0010] In einem weiteren günstigen Verfahrensschritt wird die Abschreckrate und/oder die Starttemperatur beim Abschrecken gewählt, so dass im abgeschreckten Bereich des Gussteils eine Brinellhärte von 115 bis 155 HB, insbesondere 120 bis 150 HB, bevorzugt 125 bis 145 HB erzeugt wird.

[0011] In einem weiteren günstigen Verfahrensschritt wird die Abschreckrate und/oder die Starttemperatur beim Abschrecken gewählt, so dass im abgeschreckten Bereich eine Biegeumlauffestigkeit von 80 bis 100 MPa, insbesondere 85 bis 95 MPa, bevorzugt 89 MPa erzeugt wird. Die Biegeumlauffestigkeit wird bestimmt, indem ein Probenteil entnommen, in Drehung versetzt und durch eine seitliche Krafteinleitung mit einem seitlichen Biegemoment beaufschlagt wird.

[0012] Bevorzugt ist eine Verwendung des Verfahrens zur Herstellung eines Zylinderkurbelgehäuses mit einem Bereich einer Lagerzone einer Kurbelwelle, wobei das Abschrecken im Bereich der Lagerzone der Kurbelwelle erfolgt.

[0013] Weitere Ausbildungsformen und Aspekte der Erfindung werden unabhängig von einer Zusammenfassung in den Patentansprüchen ohne Beschränkung der Allgemeinheit im Folgenden anhand einer Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigen
Fig. 1
im Schnitt eine Prinzipskizze eines bevorzugten Zylinderkurbelgehäuses mit einer Lagerzone für die Lagerung einer Kurbelwelle;
Fig. 2
eine Verteilung der Brinellhärte in einem abgeschreckten Bereich eines Zylinderkurbelgehäuses.


[0014] Fig. 1 zeigt im Schnitt eine Prinzipskizze durch ein bevorzugtes, als Zylinderkurbelgehäuse ausgebildeten Gussteil 10 mit einem Lagerzone 11 für die Lagerung einer zeichnerisch nicht dargestellten Kurbelwelle.

[0015] Das Zylinderkurbelgehäuse 10 weist eine erste und eine zweite Zylinderbank 12, 13 in einer V-Anordnung auf. In einer Basis des V ist die Lagerzone 11 gebildet. Das Zylinderkurbelgehäuse 10 ist im zusammengebauten Zustand auf einer Lagertraverse 14 angeordnet und schließt mit dieser nicht erkennbare Lagerbänke ein, auf denen eine nicht dargestellte Kurbelwelle gelagert ist. Eine Bohrung, deren Querschnitt sowohl in der Lagertraverse 14 als auch in der Lagerzone 11 verläuft, bildet eine Kurbelwellenlagergasse 15. Die Lagertraverse 14 ist über Hauptlagerverschraubungen 16 mit dem Zylinderkurbelgehäuse 10 verbunden

[0016] Erfindungsgemäß wird zur Herstellung eines Zylinderkurbelgehäuses 10 das Zylinderkurbelgehäuse 10 in einer Gussform gegossen, und nach dem Abgießen des Zylinderkurbelgehäuses 10 das Gießwerkzeug geöffnet und das Zylinderkurbelgehäuse 10 aus der Gießform entnommen. Direkt nach dem Abgießen und Entnehmen wird das Zylinderkurbelgehäuse 10 lokal im Bereich der Lagerzone 11 aus Spritzdüsen mit feinzerstäubten Wassertröpfchen bei einer Starttemperatur von vorzugsweise 440°C abgeschreckt. Das Wasser verdampft beim Auftreffen auf das Zylinderkurbelgehäuse 10 vollständig. Vorzugsweise erfolgt das Abschrecken mit einer Rate von 0,8 bis 1,6 K/s, insbesondere 1 bis 1,4 K/s, bevorzugt 1,2 K/s über einen Zeitraum von 4-5 Minuten. Es bildet sich in der Lagerzone 11 eine Brinellhärte von 115 bis 155 HB, insbesondere 120 bis 150 HB, bevorzugt 125 bis 145 HB und eine Biegeumlauffestigkeit von 80 bis 100 MPa, insbesondere 85 bis 95 MPa, bevorzugt 89 MPa.

BEZUGSZEICHENLISTE



[0017] 
10
Gussteil (Zylinderkurbelgehäuse)
11
Lagerzone für die Lagerung einer Kurbelwelle
12
Zylinderbank
13
Zylinderbank
14
Lagertraverse
15
Kurbelwellenlagergasse
16
Hauptlagerverschraubung
17
relevanter Bereich bzgl. Lagerstuhlfestigkeit



Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines Gussteils (10), insbesondere eines Zylinderkurbelgehäuses mit einer Lagerzone (11) für die Lagerung einer Kurbelwelle für eine Verbrennungskraftmaschine, aus einer Al-Si-Legierung, wobei das Gussteil (10) in einer Gussform gegossen wird, dadurch gekennzeichnet, dass folgende Schritte nacheinander ausgeführt werden:

- das Gussteil (10) wird abgegossen und der Gießform entnommen,

- das Gussteil (10) wird direkt anschließend in Bereichen, die einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt werden, bei einer Temperatur im Solidusbereich abgeschreckt.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Gussteil (10) bei einer Starttemperatur zwischen 380°C und 500°C, bevorzugt 440°C, abgeschreckt wird, wobei die Kühlparameter - unabhängig vom Erstarrungsverlauf- so gewählt werden, dass beim Ausbau des Gussteils das Temperaturniveau >380° C sichergestellt ist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass bei ungünstigen geometrischen Verhältnissen durch zusätzlichen Wärmeeintrag das Temperaturniveau > 380° C eingestellt wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Gussteil (10) zum Abschrecken mit Wasser aus einem Sprühstrahl lokal beaufschlagt wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Wasser fein zer stäubt wird, so dass das Wasser beim Auftreffen auf das Gussteil vollständig ver dampft.
 
6. Verfahren nach zumindest einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Abschrecken mit einer Rate von 0,8 bis 4,0 K/s, insbesondere 1 bis 1,4 K/s, bevorzugt 1,2 K/s erfolgt.
 
7. Verfahren nach zumindest einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Abschrecken mehrere Minuten erfolgt.
 
8. Verfahren nach zumindest einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im abgeschreckten Bereich des Gussteils (10) eine Brinellhärte von 115 bis 155 HB, insbesondere 120 bis 150 HB, bevorzugt 115 bis 145 HB erzeugt wird.
 
9. Verfahren nach zumindest einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im abgeschreckten Bereich eine Biegeumlauffestigkeit von 80 bis 100 MPa, insbesondere 85 bis 95 MPa, bevorzugt 89 MPa erzeugt wird.
 
10. Zylinderkurbelgehäuse aus einer AlSiCu-Legierung mit einer Lagerzone (11) zur Lagerung einer Kurbelwelle, dadurch gekennzeichnet, dass die Lagerzone (11) erstarrt ist, wobei in der Abkühlphase nach dem Abgießen und Entnehmen aus einer Gießform der Bereich der Lagerzone (11) bei einer Solidustemperatur abgeschreckt wird.
 




Zeichnung







Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente