(19)
(11) EP 1 757 739 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.02.2007  Patentblatt  2007/09

(21) Anmeldenummer: 06014077.9

(22) Anmeldetag:  06.07.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
E02F 9/24(2006.01)
B66C 23/86(2006.01)
E02F 9/08(2006.01)
B66C 23/90(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 23.08.2005 DE 202005013310 U

(71) Anmelder: Liebherr-Hydraulikbagger GmbH
88457 Kirchdorf/Iller (DE)

(72) Erfinder:
  • Lehnen, Bernd-Joachim
    87700 Memmingen-Steinheim (DE)

(74) Vertreter: Laufhütte, Dieter et al
Lorenz-Seidler-Gossel Widenmayerstrasse 23
80538 München
80538 München (DE)

   


(54) Überlastwarneinrichtung für Bagger


(57) Die Erfindung betrifft eine Überlastwarneinrichtung für Bagger, vorzugsweise Hydraulikbagger oder Material-Umschlaggeräte, mit drei oder mehr Aufstandspunkten, wobei die Aufstandskräfte an den Aufstandspunkten ermittelt werden, daß sie in eine ihrem Betrag nach absteigende Reihenfolge gebracht werden, so daß gilt F1 > F2 > F3 > ... > Fn und daß die Standsicherheit nach folgender Formel ermittelt wird:






Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Überlastwarneinrichtung für Bagger, vorzugsweise Hydraulikbagger oder Material-Umschlaggeräte, nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Überlastwarneinrichtungen sollen dem Fahrer notwendige Informationen hinsichtlich einer möglichen Überlast des Gerätes geben. Bei Hydraulikbaggern, die im Baubereich wie auch als Umschlaggerät im Industriebereich eingesetzt werden können, dienen die Überlastwarneinrichtungen in erster Linie als Sicherheitsinstrument, um ein Umkippen des Gerätes zu verhindern.

[0003] Es sind bereits Überlastwarneinrichtungen in verschiedenen Bauausführungen bekannt. Hierbei werden folgende zwei Varianten verwendet:

In einer ersten Variante wird der Hydraulikdruck im Hubzylinder gemessen. Wenn der Bagger arbeitet wird stets der Hydraulikdruck im Hubzylinder überwacht. Anhand einer im Vorfeld über die Konfiguration des Gerätes durchgeführten Nutzlastberechnung ist als Referenzwert der niedrigste Hydraulikzylinderdruck ermittelt, bei dem das Gerät in jedem Fall noch sicher steht. Dieser berechnete Druck wird werkseitig mit einem Druckschalter eingestellt. Überschreitet nun der Druck im Hubzylinder während der Lasthebearbeiten den eingestellten Wert, wird der Fahrer durch ein entsprechendes Alarmsignal gewarnt.

In einer zweiten Variante wird der Hydraulikdruck im Hubzylinder und gleichzeitig die Auslegerposition gemessen. Hier wird also wie bereits zuvor geschildert während des Arbeitens der Hydraulikdruck im Hubzylinder überwacht. Zusätzlich wird jedoch die Stellung des Auslegers entweder über den Winkel oder über die Zylinderposition berücksichtigt. Für die Auslegerkinematik der vorhandenen Konfiguration wird im Vorfeld eine Nutzlastberechnung durchgeführt, bei der für jede Auslegerposition der niedrigste Hubzylinderdruck berechnet wird. Anhand dieser Daten und der Kennlinie des Druckschalters wird eine Kurvenscheibe konstruiert, die sich synchron mit dem Ausleger dreht und für jede Auslegerposition den korrekten Druck am Druckschalter einstellt. Überschreitet der Hubzylinderdruck während der Lasthebearbeiten den eingestellten Wert, wird der Fahrer durch ein Alarmsignal gewarnt.



[0004] Auch Kombinationen der beiden Meßverfahren werden eingesetzt. Beispielsweise wird im nicht abgestützten Zustand eines Baggers, das heißt beim Arbeiten auf den Reifen die erste Variante verwendet, während für den abgestützten Zustand die zweite Variante verwendet wird (oder umgekehrt).

[0005] Bei den zuvor beschriebenen bislang verwendeten Überlastwarneinrichtungen ergeben sich in der Praxis allerdings einige Probleme.

[0006] So kann sich für den Fall, dass die Ausrüstungsposition nicht berücksichtigt wird, die Abweichung zwischen der berechneten Kipplast und der tatsächlich aufnehmbaren Kipplast bis zu 40% betragen. Wird nun der Auslegerwinkel mit einbezogen und für die restlichen Ausrüstungsbauteile jeweils der ungünstigste Zustand berücksichtigt, kann die Abweichung zwischen der berechneten Kipplast und der tatsächlich aufnehmbaren Kipplast immer noch bis zu 20% betragen.

[0007] Will man nun die Ausrüstungsposition genau bestimmen, so muss für jedes Ausrüstungsbauteil, beispielsweise über einen Winkelaufnehmer die Position bestimmt werden. Dies wiederum ist aufwendig und teuer.

[0008] Ist nun die Gerätekonfiguration nicht bekannt bzw. wurde sie verändert, funktioniert die Überlastwarneinrichtung nicht mehr korrekt, da dann durch die Berechnung mit der falschen Konfiguration aus den gemessenen Daten ein falscher Rückschluß auf die Standsicherheit gezogen wird.

[0009] Die Berechnung des Belastungszustandes kann nur exakt für den Fall bestimmt werden, dass das Gerät eben steht. Bei Neigung in Längs- und/oder Querrichtung dagegen verringert sich das Standmoment der Maschine. Die Überlastwarneinrichtung gibt in diesem Fall zu spät das Warnsignal aus.

[0010] Ausgehend von der vorgenannten Problematik bei bekannten Überlastwarneinrichtungen stellt sich die Aufgabe, eine gattungsgemäße Überlastwarneinrichtung derart weiterzubilden, dass ein Überlastzustand sofort und zutreffend ermittelbar und anzeigbar ist.

[0011] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch eine Überlastwarneinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.

[0012] Demnach werden an den in der Regel vier Abstützpunkten des Baggers die vier Aufstandskräfte ermittelt, das heißt die Abstütz- bzw. die Radlasten des Baggers werden gemessen, da anhand dieser Lasten die Standfestigkeit des Baggers unmittelbar abgelesen werden kann. Hierzu werden erfindungsgemäß die Aufstandskräfte an den vier Abstützpunkten in eine ihrem Betrag nach absteigender Reihenfolge gebracht, so dass gilt F1 > F2 > F3 > ... > Fn. Mit diesen Werten wird die Standsicherheit nach folgender Formel ermittelt:



[0013] Für n = 4 Aufstandspunkte gilt:



[0014] In der vorgenannten Regel geht man also davon aus, dass in dem Fall, dass die Summe der beiden kleineren Aufstandskräfte bezogen auf die Summe der gesamten Aufstandskräfte einen vorbestimmten Betrag unterschreitet, das Gerät zum Umkippen neigt.

[0015] Dieser minimale Standsicherheitswert Smin wird üblicherweise durch Normen festgelegt. Für Hydraulikbagger im Bau- und Umschlagbereich gilt beispielsweise die Norm ISO 10567. Hier wird die Nennlast in Höhe von 75% der statischen Kipplast definiert, was zu einer Mindeststandsicherheit Smin von 25% führt. Daher ist der vorzugsweise Wert für Smin = 0,25.

[0016] Überschreitet also der entsprechend gemessene Wert der Aufstandskräfte den Wert Smin wird ein entsprechendes Warnsignal an den Baggerführer ausgegeben. Gegebenenfalls kann hier unmittelbar auf die Steuerung des Baggers eingewirkt werden, um ein Umfallen zu verhindern.

[0017] Vorteilhaft kann mit der erfindungsgemäßen Überlastwarneinrichtung die Standsicherheit zu jedem Zeitpunkt und für jede beliebige Stellung exakt ermittelt werden. Es genügt hier, die Aufstandskräfte des Baggers zu messen. Für die Berechnung der Standsicherheit werden keine weiteren Angaben benötigt. Es brauchen auch keine Winkel der Ausrüstung oder der Oberwagenstellung gemessen werden. Es bedarf keiner Vorabberechnungen für verschiedene Gerätekonfigurationen. Das Erstellen und die Verwaltung von Kurvenschreiben für unterschiedliche Konfigurationen entfällt. Im Unterschied zu der Überlastwarneinrichtung im Stand der Technik müssen keinerlei Einstellungen am Bagger vorgenommen werden. Änderungen an der Gerätekonfiguration selbst haben keinerlei Auswirkungen auf die Genauigkeit der Standsicherheitsberechnung. Eine Schräglage des Geräts, das heißt eine Neigung in Längs- und/oder Querrichtung, wird ebenfalls in der Standsicherheitsermittlung berücksichtigt.

[0018] Besondere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den sich an den Hauptanspruch anschließenden Unteransprüchen.

[0019] Nach einer ersten besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung können die Aufstandskräfte über die Zylinderdrücke der Abstützzylinder der Abstützung gemessen werden. Hierzu werden an jedem Zylinder kolbenseitig vorteilhaft Drucksensoren angebracht. Anhand der bekannten Kolbenfläche und der Abstützkinematik können die vier Abstützkräfte dann berechnet werden. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass die Zylinder nicht ganz auf Anschlag ausgefahren werden dürfen, da dann der kolbenseitige Druck alleine keine ausreichende Aussage über die Abstützkraft mehr gibt. In diesem Fall müßten die Drücke auf Kolben- und Stangenseite gemessen und die daraus resultierenden Kräfte voneinander subtrahiert werden.

[0020] Die Messung der Zylinderdrücke in den Abschlußzylindern kann die Standsicherheit nur für den abgestützten Zustand des Gerätes ermitteln. Doch dies ist in den meisten Fällen bereits ausreichend, insbesondere in Einsatzbereichen, wo überwiegend oder nur im abgestützten Zustand Lasthebearbeiten durchgeführt werden. Für den nicht abgestützten Zustand dieser Geräte könnte die bereits im Stand der Technik diskutierte erste Variante der Überlastwarneinrichtung ergänzend zum Einsatz kommen.

[0021] Eine andere bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung führt dazu, dass die Abstützkräfte über Kraftmeßbolzen oder Kraftmeßdosen an den Abstützwippen der jeweiligen Abstützeinrichtung ermittelbar ist. Diese Ausgestaltung der Erfindung beinhaltet den Vorteil, dass die Abstützkräfte unmittelbar gemessen werden und nicht erst über die Abstützkinematik umgerechnet werden müssen. Die entsprechenden Kraftmeßbolzen und Kraftmeßdosen müssen jeweils gegen Schmutz und Beschädigung geschützt werden.

[0022] Eine andere Alternative besteht darin, dass Kraftmeßbolzen am jeweiligen Einbolzpunkt des Abstützzylinders zum Unterwagen angebracht werden. Hierdurch ergibt sich eine besonders einfache Verkabelung und die Gefahr der Verschmutzung ist weitgehend ausgeschaltet. Allerdings müssen im Unterschied zur vorherig diskutierten bevorzugten Ausgestaltung die Kräfte wieder über die Abstützkinematik umgerechnet werden. Über die vorgenannte Ausgestaltung der Erfindung lassen sich nur die Abstützkräfte ermitteln, nicht jedoch die Radlasten.

[0023] Eine weitere bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung liegt nun aber darin, die Radlasten über Dehnungsmeßstreifen zu ermitteln. Hierzu sind an geeigneter Stelle an den Achsen Dehnungsmeßstreifen anzubringen und über die Durchbiegung der Achsen können dann die Radlasten ermittelt werden. Die Dehnungsmeßstreifen müssen hier vor Beschädigung entsprechend geschützt werden. Diese Meßmethodik erfordert eine vorherige Kalibrierung.

[0024] Weitere Merkmale, Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus dem in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiel. Es zeigen die Figuren 1 und 2 jeweils Hydraulikbagger gemäß der vorliegenden Erfindung.

[0025] In Figur 1 ist ein Hydraulikbagger 10 üblicher Konfiguration gezeigt, an dessen Unterwagen 12 hydraulisch ausfahrbare Abstützfüße 14 angeordnet sind. Hier ist also eine entsprechende Vierpunktabstützung verwirklicht. In der Figur 1 sind die Aufstandskräfte F1, F2, F3 und F4 an den jeweiligen Abstützfüßen 14 eingezeichnet.

[0026] Die Figur 2 entspricht derjenigen gemäß Figur 1. Dort sind beim Hydraulikbagger 10 aber im Unterschied zur Figur 1 die entsprechenden Aufstandskräfte F1, F2, F3 und F4 an den Rädern eingezeichnet. Diese sind dann zu berücksichtigen, wenn der Bagger 10 nicht über die Vierpunktabstützung abgestützt ist.


Ansprüche

1. Überlastwarneinrichtung für Bagger, vorzugsweise Hydraulikbagger oder Material-Umschlaggeräte, mit drei oder mehr Aufstandspunkten,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Aufstandskräfte an den Aufstandspunkten ermittelt werden, daß sie in eine ihrem Betrag nach absteigende Reihenfolge gebracht werden, so daß gilt F1 > F2 > F3 > ... > Fn und daß die Standsicherheit nach folgender Formel ermittelt wird:


 
2. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Smin einen Wert von 0,25 aufweist.
 
3. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Aufstandskräfte über die Zylinderdrücke der Abstützzylinder gemessen werden.
 
4. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß an jedem Abstützzylinder kolbenseitig und/oder stangenseitig ein Drucksensor angebracht ist.
 
5. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Aufstandskräfte über Kraftmeßbolzen oder Kraftmeßdosen an den Abstützwippen der Abstützung gemessen werden.
 
6. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Aufstandskräfte über Kraftmeßbolzen in den Einbolzpunkten der Abstützzylinder am Unterwagen gemessen werden.
 
7. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Aufstandskräfte über die Messung der Radlasten ermittelt werden.
 
8. Überlastwarneinrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Messung der Radlasten über Dehnungsmeßstreifen erfolgt.
 
9. Hydraulikbagger mit einer Überlastwarneinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8.
 




Zeichnung