(19)
(11) EP 1 762 802 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.03.2007  Patentblatt  2007/11

(21) Anmeldenummer: 06016182.5

(22) Anmeldetag:  03.08.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F26B 3/30(2006.01)
F26B 15/14(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 10.09.2005 DE 102005043075

(71) Anmelder: REHAU AG + Co
95111 Rehau (DE)

(72) Erfinder:
  • Krauss, Peter
    95213 Münchberg (DE)
  • Ansorge, Helmut
    91555 Feuchtwangen (DE)

   


(54) Verfahren zur Trocknung einer auf einem Kraftfahrzeug-Bauteil aufgebrachten Lackschicht sowie Trocknungssystem hierfür


(57) Bei einem Verfahren zur Trocknung einer auf einem Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht werden einem Bauteilträger zunächst Lackdaten zugeordnet, welche mindestens einen das Absorptions- und/oder Reflexionsverhalten des aufgebrachten Lacks charakterisierenden Lack-Kennwert beinhalten. Die Schichtdicke der auf das Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht wird vor dem Trocknen gemessen. Sodann wird abhängig von dem Lack-Kennwert und von der gemessenen Schichtdicke eine Steuerwertberechnung für den zeitlichen Verlauf einer Trocknungsstrahlerleistung durchgeführt. Der Bauteilträger wird sodann mit dem Kraftfahrzeug-Bauteil (2) zu einer Trocknungsanlage (1) transportiert. Mit Hilfe des Ansteuerns von Trocknungsstrahlern (7 bis 11) gemäß den berechneten Steuerwerten wird die Lackschicht anschließend getrocknet. Ein Trocknungssystem zur Durchführung dieses Verfahrens hat eine zentrale Datenbank, in der die Lackdaten abgelegt sind, eine Lackschichtdicken-Messvorrichtung, einen Steuerrechner zum Zuordnen der Lackdaten sowie zur Berechnung und Vorgabe der Steuerwerte. Ferner gehört die Trocknungsanlage (1) zu diesem Trocknungssystem. Insbesondere dann, wenn unterschiedliche Lacke getrocknet werden sollen, resultiert ein Trocknungsverfahren, mit dem ein hoher Bauteil-Durchsatz gewährleistet ist.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Trocknung einer auf einem Kraftfahrzeug-Bauteil aufgebrachten Lackschicht. Ferner betrifft die Erfindung ein Trocknungssystem zur Durchführung eines derartigen Trocknungsverfahrens.

[0002] Ein Trocknungsverfahren sowie eine Trocknungsanlage hierfür als Teil des Trocknungssystems der eingangs genannten Art sind durch offenkundige Vorbenutzung bekannt. Kraftfahrzeug-Bauteile werden in unterschiedlichen Farben und mit unterschiedlichen Lacken, teilweise mit Effektlacken, lackiert. Das bekannte Trocknungsverfahren sowie die Trocknungsanlage hierfür weisen Trocknungsdauern auf, die im Interesse eines hohen Durchsatzes durch die Trocknungsanlage nicht tolerabel sind.

[0003] Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Trocknungsverfahren der eingangs genannten Art derart weiterzubilden, dass insbesondere dann, wenn unterschiedliche Lacke getrocknet werden sollen, ein hoher Bauteil-Durchsatz gewährleistet ist.

[0004] Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen.

[0005] Erfindungsgemäß wurde erkannt, dass das unterschiedliche Trocknungsverhalten unterschiedlicher Lacke reproduzierbar Lackdaten und Lackparametern zugeordnet werden kann, die vor der eigentlichen Trocknung bestimmt bzw. gemessen werden können. Das Trocknungsverhalten eines aufgetragenen Lacks lässt sich, wenn diese Daten bzw. Parameter bekannt sind, in engen Grenzen vorherbestimmen. Es ist daher möglich, einen Trocknungsprozess vorzugeben, der für dieses Trocknungsverhalten maßgeschneidert ist. Jeder Lackauftrag kann dann optimal schnell getrocknet werden. Dies führt zu einem hohen Durchsatz bei der Anwendung des erfindungsgemäßen Trocknungsverfahrens.

[0006] Da wesentliche Lackdaten, die das Trocknungsverhalten beeinflussen, zum Beispiel das Absorptions- oder Reflexionsverhalten, schon vor dem Lackauftrag bekannt sind, müssen diese Daten nicht jedes Mal neu gemessen werden. Diese zum Beispiel im Rahmen einer Kalibriermessung bestimmten Lackdaten können in einer Datenbank abgelegt sein und im Rahmen des Zuordnungsschritts abgerufen werden. Als Messschritt verbleibt in jedem Fall die Dickenmessung der frisch aufgetragenen Lackschicht vor dem Trocknen, da diese Schichtdicke das Trocknungsverhalten beeinflusst. Neben dem höheren Durchsatz ist aufgrund des reproduzierbaren Trocknungsprozesses der Ausschuss reduziert, es wird ein konstanter Trocknungsgrad erreicht und der Energieeinsatz ist optimiert.

[0007] Die zusätzliche Einbeziehung mindestens eines Lösungsmittel-Kennwertes nach Anspruch 2 verbessert die Feinheit bei der Vorbestimmung des Trocknungsverhaltens. Der Lösungsmittelanteil und die Art die Lösungsmittels sind Beispiele für einen derartigen Lösungsmittel-Kennwert.

[0008] Ein zusätzliches Lufttrocknen nach Anspruch 3 erhöht die Trocknungseffizienz nochmals, da die Ausbildung von Lösungsmittel und/oder Wasserdampfschwaden an der Oberfläche des zu trocknenden Bauteils, die unerwünscht die Trocknungsstrahlung schwächen, verhindert wird, indem diese Lösungsmittel- und/oder Wasserdampfschwaden durch die eingebrachte - insbesondere entfeuchtete - Trocknungsluft aufgenommen und hierdurch von der Oberfläche des zu trocknenden Bauteils entfernt werden. Bei der Trocknungsluft handelt es sich insbesondere um getrocknete, erwärmte Luft, die in der Lage ist, die Schwaden intensiv aufzunehmen. Je nach Zusammensetzung des Lacks hat dieser eine unterschiedliche Neigung zur Ausbildung störender Schwaden. Daher führt die lackabhängige Trocknungsluftansteuerung zu einer weiteren Steigerung der Trocknungseffizienz, da gezielt verhindert wird, dass ein hoher Anteil von Trocknungsstrahlungsenergie durch die Lösungsmittel- und/oder Wasserdampfschwaden absorbiert wird und somit nicht der Trocknung der Lackschicht zugeführt werden kann.

[0009] Eine Schichtdickenüberwachung nach Anspruch 4 ermöglicht eine Feinkorrektur der Steuerwerte.

[0010] Überwachungsverfahren nach den Ansprüchen 5 bis 7 verhindern, dass die Prozessführung definierte Parametergrenzen verlässt. Neben dem reinen Warnen kann auch ein korrigierender Eingriff in die Trocknungs-Steuerwerte erfolgen.

[0011] Eine Lackdatenzuordnung nach Anspruch 8 führt zur Möglichkeit einer automatischen Lackdatenerfassung während des Transports der zu lackierenden und zu trocknenden Bauteile.

[0012] Ein Skid nach Anspruch 9 eignet sich zum Einsatz in der Trocknungsanlage.

[0013] Durch das Drehen des Bauteils gemäß Anspruch 10 kann eine Symmetrisierung des Trocknungsprozesses auch bei unsymmetrischen Bauteilen erzielt werden.

[0014] Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist es, ein Trocknungssystem zu schaffen, bei der der Bauteildurchsatz im Vergleich zu bekannten Anlagen erhöht ist.

[0015] Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß gelöst durch ein Trocknungssystem gemäß Anspruch 11.

[0016] Die Vorteile dieses Trocknungssystems entsprechen denen, die vorstehend unter Bezugnahme auf die Ansprüche 1 bis 10 beschrieben wurden. Die Trocknungsanlage für ein Trocknungssystem zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 3 beinhaltet neben Trocknungsstrahlern, vorzugsweise IR-Strahlern, noch ein Lufttrocknungsgebläse. Die Trocknungsanlage des Trocknungssystems zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 4 beinhaltet zudem eine integrierte Lackschichtdicken-Messvorrichtung, mit der die Schichtdickenüberwachung während des Trocknens, also online, möglich ist. Die Trocknungsanlage für das Trocknungssystem zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 6 beinhaltet eine Oberflächentemperatur-Messvorrichtung, vorzugsweise ein langwellig arbeitendes Pyrometer. Auch eine Wärmebildkamera kann eingesetzt sein. Das Trocknungssystem zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8 umfasst ein Lesegerät zum Ablesen des maschinenlesbaren Datenträgers. Das Trocknungssystem zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 9 beinhaltet ein Skid-Transportsystem. Alternativ ist es auch möglich, ein Umlauffördersystem mit Wagen einzusetzen. Die Trocknungsanlage zur Durchführung des Trocknungsverfahrens nach Anspruch 10 hat zusätzlich eine Dreheinrichtung, die mit dem Transportsystem zum Bauteilträgertransport zusammenarbeitet. Zu den vorgegebenen Steuerwerten kann auch die Lufttemperatur der Trocknungsluft des Lufttrocknungsgebläses gehören, die dann vorzugsweise über ein Klimaaggregat eingestellt wird.

[0017] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung näher erläutert. In dieser zeigen:
Fig. 1
einen Querschnitt durch eine Trocknungsanlage senkrecht zur Transportrichtung von zu trocknenden Bauteilen; und
Fig. 2
einen Schnitt durch die Trocknungsanlage gemäß Linie II - II in Fig. 1, wobei der Schnitt so gedreht ist, dass die Transportrichtung nach rechts zeigt.


[0018] Eine in der Zeichnung insgesamt mit 1 bezeichnete Trocknungsanlage ist einer in der Zeichnung nicht dargestellten Lackieranlage nachgeordnet und Teil eines ansonsten nicht dargestellten Trocknungssystems.

[0019] Durch die Trocknungsanlage 1 werden zwei Reihen von Kraftfahrzeug-Bauteilen 2, zum Beispiel Stoßfänger, übereinander auf zwei etagenweise übereinander angeordneten Skid-Transportsystemen längs einer Transportrichtung 3a transportiert. Die Transportrichtung 3a steht senkrecht auf der Schnittebene der Fig. 1. Das Skid-Transportsystem ist in der stark schematisierten Darstellung der Fig. 1 und 2 nicht gezeigt.

[0020] Eine Innenkammer 3 der Trocknungsanlage 1 ist nach oben von einer Gebläse-Deckwand 4 und senkrecht zur Transportrichtung 3a zu beiden Seiten hin von zwei Gebläse-Seitenwänden 5 begrenzt. Außen an den Seitenwänden 5 sind Klimaaggregate 6 angeordnet, die mit einer Gebläseführung in der Gebläse-Deckwand 4 und in den Gebläse-Seitenwänden 5 in Verbindung stehen.

[0021] Innerhalb der Innenkammer 3, den Transportweg der Kraftfahrzeug-Bauteile 2 nicht behindernd, ist eine Mehrzahl von Infrarot-(IR-)Strahlern als Strahlerleisten parallel zur Transportrichtung 3a angeordnet. Zwei erste Gruppen zu je vier IR-Strahlern 7 sind in Fig. 1 rechts und links des unteren Transportwegs des Transportsystems angeordnet und an den Innenseiten der Gebläse-Seitenwände 5 montiert. Eine zweite Gruppe von IR-Strahlern 8 ist in Fig. 1 rechts und links des oberen Transportwegs des Transportsystems angeordnet und an den Innenseiten der Gebläse-Seitenwände 5 montiert.

[0022] Zwei weitere IR-Strahler 9, die eine dritte Gruppe bilden, sind in den beiden oberen Eckbereichen der Innenkammer 3 angeordnet, die dort gebildet sind, wo die oberen Abschnitte der Gebläse-Seitenwände 5 an die Gebläse-Deckwand 4 angefügt sind. Die IR-Strahler 9 sind sowohl von der Deckwand 4 als auch von den Seitenwänden 5 beabstandet. Zwei weitere IR-Strahler 10 bilden eine vierte Gruppe und sind zwischen den beiden Transportwegen des Transportsystems angeordnet. Die IR-Strahler 10 sind dabei von den Seitenwänden 5 soweit beabstandet wie die IR-Strahler 9. Zwei weitere IR-Strahler 11 bilden eine fünfte Gruppe von IR-Strahlern und sind unterhalb des unteren Transportwegs des Transportsystems angeordnet. Der Abstand der IR-Strahler 11 von den Seitenwänden 5 entspricht dem Seitenabstand der IR-Strahler 9 und 10. Von einer Bodenwand 12 der Trocknungsanlage 1 sind die IR-Strahler 11 ebenfalls beabstandet.

[0023] Die IR-Strahler 7, 10 und 11 bestrahlen die Bauteile mit IR-Strahlung 13, die auf dem unteren Transportweg des Skid-Transportsystems gefördert werden. Die IR-Strahler 8, 9 und 10 bestrahlen die Bauteile mit IR-Strahlung 13, die auf dem oberen Transportweg des Skid-Transportsystems gefördert werden. Der typische Abstand der IR-Strahler 7 bis 11 von der Oberfläche der Kraftfahrzeug-Bauteile 2 liegt zwischen 100 und 300 mm.

[0024] Die Gebläseluft 14, die über die Klimaaggregate 6 gesteuert vortemperiert und entfeuchtet ist, strömt, ausgehend von der Gebläse-Deckwand 4 und den Gebläse-Seitenwänden 5 hin zu den Kraftfahrzeug-Bauteilen 2. Die Gebläseluft 14 strömt dabei zwischen den IR-Strahlern 7 bis 11 hindurch bzw. an diesen vorbei.

[0025] Längs der Transportrichtung 3a ist die Trocknungsanlage 1 in zwei IR-Zonen 15, 16 unterteilt. Die erste IR-Zone 15 überdeckt dabei etwa zwei Drittel des Transportweges der Kraftfahrzeug-Bauteile 2 durch die Trocknungsanlage 1 und die zweite IR-Zone 16 überdeckt im Anschluss hieran etwa ein Drittel dieses Transportweges. An der Grenze zwischen den IR-Zonen 15, 16 sind die Strahlerleisten der IR-Strahler 7 bis 11 geteilt, so dass eine separate Ansteuerung der IR-Strahler 7 bis 11 in der ersten IR-Zone 15 einerseits und in der zweiten IR-Zone 16 andererseits möglich ist.

[0026] Die Lacktrocknung der Trocknungsanlage 1 ist wie nachfolgend beschrieben in einen Gesamtprozess integriert: Zunächst wird ausgewählt, mit welchen wasser- bzw. lösungsmittelhaltigen Lacken in welcher spezifizierten Zusammensetzung und Menge die zu lackierenden Kraftfahrzeug-Bauteile 2 beschichtet werden sollen.

[0027] Entsprechende Lackdaten werden aus einer Datenbank, in der diese Lackdaten gesammelt sind, abgerufen. Zu diesen Lackdaten gehören folgende Lack-Kennwerte:
Die farbspezifische Soll-Lackschichtstärke, also die Schichtstärke, die der getrocknete Lack später auf dem Bauteil haben soll, der farbspezifische Reflexionswert, also der Energieanteil der auf den Lack auftreffenden IR-Strahlung, der vom Lack zurückreflektiert wird, also keinen Beitrag zur Trocknung liefert, die maximal bei diesem Lack zulässige Oberflächentemperatur des Kraftfahrzeug-Bauteils 2 sowie vom Substrat-Material des Kraftfahrzeug-Bauteils 2 abhängige Grenzwerte. Die Soll-Schichtstärken betragen zwischen 10 und 20 µm, je nachdem, ob es sich um eine Grundierung oder um einen Basislack handelt und je nach Lackfarbe. Der Lack ist in der Datenbank ferner charakterisiert durch seine chemische Definition, seinen Festkörperanteil, seinen Anteil organischer Lösungsmittel und seinen Wasseranteil. In dem abgelegten Reflexionswert geht neben der Farbe auch die Information ein, ob es sich um einen Metall- oder Interferenzpigmente enthaltenden Lack handelt.

[0028] Diese Lackdaten, die das Absorptions- und/oder Reflexionsverhalten des aufzubringenden Lacks charakterisieren, insbesondere einen das Absorptions- und/oder Reflexionsverhalten charakterisierenden Lack-Kennwert beinhalten, werden dann einem Karosserieteilträger, der das zu lackierende Kunststoff-Bauteil 2 transportiert, nämlich dem Skid, zugeordnet. Zu dieser Zuordnung trägt der Skid eine ihn eindeutig individualisierende Kennung, zum Beispiel eine laufende Nummer, mit deren Hilfe die Lackdaten, also die in der Datenbank hinterlegten, farbspezifischen Parameter zum auf dem Skid transportierten, zu lackierenden Bauteil, dem Skid mit Hilfe des Steuerrechners zugewiesen werden. Die Kennung des Skid ist auf einem maschinenlesbaren Datenträger untergebracht, der auf dem Skid aufgebracht ist. Zu den zugeordneten Daten gehört insbesondere auch die Geometrie des zu lackierenden Kraftfahrzeug-Bauteils 2. Anschließend werden die Kraftfahrzeug-Bauteile 2 in der Lackieranlage mit dem entsprechenden Lack beschichtet. Hierbei wird je nach Deckkraft des Lacks eine unterschiedliche Lackschichtstärke aufgetragen.

[0029] Nach der Beschichtung werden die Kraftfahrzeug-Bauteile auf den Skids in eine Abdunstzone transportiert. In der Abdunstzone verweilen die Bauteile 2 etwa zwei bis vier Minuten. Dort herrscht eine Lufttemperatur zwischen 23 und 40°C und eine relative Luftfeuchte von 55 bis 70 %. In der Abdunstzone, die in der Zeichnung nicht dargestellt ist, wird eine Luftströmung mit einer Luftgeschwindigkeit zwischen 0,2 und 1 m/s zur Verfügung gestellt.

[0030] Während der Verweildauer in der Abdunstzone werden die Kraftfahrzeug-Bauteile 2 auf den Skids kontinuierlich durch die Abdunstzone gefördert.
In der Abdunstzone verflüchtigen sich Anteile der organischen und wässrigen Lösungsmittel. Hierdurch wird der Lackfilm für die anschließende Trocknung vorbereitet.

[0031] Anschließend werden die Bauteile 2 auf den Skids kontinuierlich durch die Trocknungsanlage 1 gefördert. Vor dem Eingang in die Trocknungsanlage 1 wird die aktuelle Schichtdicke der auf das Bauteil 2 aufgebrachten Lackschicht berührungslos, zum Beispiel mit Hilfe eines gepulst photothermischen Verfahrens, gemessen. Ein derartiges Messverfahren ist an sich durch offenkundige Vorbenutzung bekannt. Prinzipiell ist es möglich, zur berührungslosen Lackschichtdickenmessung ein ebenfalls bekanntes Wirbelstrom-Messverfahren einzusetzen. Anhand dieses Ist-Schichtdicken-Messwerts und den vom Skid ablesbaren Lackdaten berechnet ein nicht dargestellter Steuerrechner der Trocknungsanlage 1 Steuerwerte für den zeitlichen Verlauf der Leistung der IR-Strahler 7 bis 11, für den zeitlichen Verlauf der Gebläseleistung der Gebläse-Deckwand 4 und der Gebläse-Seitenwand 5, für die Gebläsetemperatur sowie für den zeitlichen Verlauf der Transportgeschwindigkeit der Skids durch die Trocknungsanlage 1. Bei einem stärker reflektierenden Lack mit großer Ist-Schichtdicke muss zum Beispiel eine höhere Trocknungsleistung erbracht werden als bei stärker absorbierenden oder dünner aufgetragenen Lackschichten. Zusätzlich müssen als Nebenbedingungen für die Strahlerleistung einerseits und die Gebläseleistung andererseits noch die lack- und grundmaterialabhängigen Grenzparameter zum Beispiel für die maximale Oberflächentemperatur berücksichtigt werden. Der Zentralrechner gibt anhand der Ist-Schichtdicke und den vom jeweiligen Skid ausgelesenen Lackdaten zunächst Sollkurven hinsichtlich des Zeitverlaufs der Temperatur der Luft in der Innenkammer 3, der Luftfeuchte der Luft in der Innenkammer 3 sowie der Geschwindigkeit der Luftströmung in der Innenkammer 3 vor. Anhand dieser Soll kurven werden Steuerwerte für die Strahlerleistung der IR-Strahler 7 bis 11 sowie für die Gebläseluft 14 der Gebläse-Deckwand 4 und der Gebläse-Seitenwände 5 berechnet. Ferner erfolgt eine Berechnung des zeitlichen Verlaufs der Transportgeschwindigkeit durch die Trocknungsanlage 1. Sobald diese Berechnungen abgeschlossen sind, wird der Skid mit dem Kraftfahrzeug-Bauteil 2 durch die Trocknungsanlage 1 transportiert, wobei die IR-Strahler 7 bis 11, die Gebläse sowie das Skid-Transportsystem anhand der berechneten Steuerwerte angesteuert werden. Für die IR-Strahler 7 bis 11 der beiden IR-Zonen 15, 16 werden die Strahlungsleistungen hierbei unabhängig voneinander vorgegeben. In der zweiten IR-Zone 16 wird in der Regel die IR-Strahlungsleistung gegenüber der Strahlungsleistung in der ersten IR-Zone 15 reduziert.

[0032] Die Gebläseluft 14 sorgt dafür, dass abdampfendes Lösungsmittel bzw. Wasserdampf die IR-Strahlung 13 über der Oberfläche der zu trocknenden Kraftfahrzeug-Bauteile 2 nicht unerwünscht absorbiert. Auf diese Weise erfolgt eine an den jeweiligen Lack des Bauteils fein angepasste und damit hoch effiziente Trocknung.

[0033] In die Steuerwertberechnung geht zudem mindestens ein Lösungsmittel-Kennwert ein, der das Lösungsmittel des aufgebrachten Lacks charakterisiert. Es handelt sich hierbei beispielsweise um den Lösungsmittelanteil, die Art des Lösungsmittels sowie den Wasseranteil.

[0034] Während des Trocknens in der Trocknungsanlage 1 wird die momentane Lack-Schichtdicke auf dem zu trocknenden Kraftfahrzeug-Bauteil 2 überwacht. Hieraus werden Rückschlüsse über den zeitlichen Verlauf der Trocknung gezogen. Insbesondere wird geprüft, ob dieser zeitliche Verlauf mit einem Soll-Schichtdickenverlauf übereinstimmt, der anhand der Trocknungs-Steuervorgaben zu erwarten ist. Eine zu große Abweichung der während des Trocknens online gemessenen Lackschichtstärke von der Sollstärken-Vorgabe resultiert in einem Warnsignal. Ein derartiges Warnsignal wird in jedem Fall ausgegeben, sofern die online gemessene aktuelle Lack-Schichtdicke geringer ist als die endgültige Soll-Lackschichtstärke. Eine Abweichung der online gemessenen Lackstärke vom vorgegebenen Lackstärken-Sollverlauf kann auch zur Feinkorrektur der Steuerwerte für die IR-Strahler einerseits bzw. die Gebläseluft andererseits eingesetzt werden. Während des Trocknungsvorgangs in der Trocknungsanlage 1 wird zudem ebenfalls berührungslos, zum Beispiel mit einem langwellig arbeitenden Pyrometer, die Oberflächentemperatur der auf das jeweilige Kraftfahrzeug-Bauteil 2 aufgebrachten Lackschicht überwacht. Sobald die online gemessene Oberflächentemperatur größer ist als der vorgegebene Grenzwert der Oberflächentemperatur, wird ebenfalls ein Warnhinweis ausgegeben. Auch dann, wenn die online gemessene Oberflächentemperatur geringer ist, als ein Sollwert, der anhand der Trocknungs-Vorgabe zu erwarten ist, wird ein Warnsignal ausgegeben, da dies ein Hinweis auf einen Prozessfehler ist.

[0035] Auch die Lufttemperatur und die Luftfeuchte in der Innenkammer 3 werden kontinuierlich mit entsprechendem Messinstrumenten erfasst.

[0036] Abhängig von der auf dem Skid abgelegten Artikelgeometrie können die Kraftfahrzeug-Bauteile 2 während des Trocknungsvorgangs in der Trocknungsanlage 1 gedreht werden. Hierzu wird das Bauteil mit Hilfe einer an sich bekannten Dreheinrichtung mitsamt den dieses Bauteil transportierenden Skid von einer Förderkette des Skid-Transportsystems abgehoben, um 180° um die Bauteil-Hochachse (vgl. Achse 17 in Fig. 1) gedreht und anschließend wieder auf die Förderkette aufgesetzt. Auf diese Weise erfolgt eine Symmetrisierung des Trocknungsvorgangs in der Trocknungsanlage 1 während des Transports durch diese.

[0037] Der Durchlauf eines zu trocknenden Kraftfahrzeug-Bauteils 2 durch die Trocknungsanlage 1 dauert je nach Vorgabe zwischen vier und sechs Minuten. Je nach Vorgabe wird eine Lufttemperatur zwischen 50 und 80°C, eine absolute Luftfeuchte, die geringer ist als 10 g/kg, eine Luftströmung von 0,2 bis 1 m/s und eine IR-Strahlungsleistung zwischen 5 und 20 kW/m2 eingestellt. Typische Werte der beim Trocknen in der Trocknungsanlage 1 sich einstellenden Oberflächentemperatur liegen zwischen 23 und 80°C.

[0038] Nach dem Trocknen verlassen die Kraftfahrzeug-Bauteile 2 die Trocknungsanlage 1 und werden auf Raumtemperatur abgekühlt.

[0039] Anstelle eines Skid-Transportsystems ist es auch möglich, ein Umlauffördersystem mit Wagen zum Transport der zu lackierenden Bauteile einzusetzen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Trocknung einer auf einem Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht mit folgenden Schritten:

- Zuordnen von Lackdaten, welche mindestens einen das Absorptions- und/oder Reflexionsverhalten des aufgebrachten Lacks charakterisierenden Lack-Kennwert beinhalten, zu einem Bauteilträger, welcher das lackierte Kraftfahrzeug-Bauteil (2) transportiert,

- Messen der Schichtdicke der auf das Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht vor dem Trocknen,

- Berechnen von Steuerwerten für den zeitlichen Verlauf einer Trocknungsstrahlerleistung abhängig von dem mindestens einen, zugeordneten Lack-Kennwert und von der Schichtdicke,

- Transportieren des Bauteilträgers mit dem Kraftfahrzeug-Bauteil (2) zu einer Trocknungsanlage (1),

- Trocknen der Lackschicht mit Hilfe des Ansteuerns von Trocknungsstrahlern (7 bis 11) gemäß den berechneten Steuerwerten.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

- Zusätzliches Zuordnen von Lackdaten, welche mindestens einen das Lösungsmittel des aufgebrachten Lacks charakterisierenden Lösungsmittel-Kennwert beinhalten, zu einem Bauteilträger, welcher das lackierte Kraftfahrzeug-Bauteil (2) transportiert,

- Berechnen von Steuerwerten für den zeitlichen Verlauf der Trocknungsstrahlerleistung, zusätzlich abhängig von dem mindestens einen Lösungsmittel-Kennwert,

- Trocknen der Lackschicht mit Hilfe des Ansteuerns der Trocknungsstrahler (7 bis 11) gemäß den berechneten Steuerwerten.


 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch ein zusätzliches Lufttrocknen der Lackschicht mit folgenden Schritten:

- Berechnen von Steuerwerten für den zeitlichen Verlauf einer Trocknungsluftmenge, abhängig von dem mindestens einen Lösungsmittel-Kennwert und vorzugsweise abhängig von dem mindestens einen Lack-Kennwert,

- zusätzliches Trocknen der Lackschicht mit Hilfe des Ansteuerns eines Lufttrocknungsgebläses gemäß den berechneten Steuerwerten, wobei mittels entfeuchteter, erwärmter Trockenluft Lösungsmittel- und/oder Wasserdampfschwaden von der Oberfläche des zu trocknenden Bauteils entfernt werden.


 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet durch ein Überwachen der Schichtdicke der auf das Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht während des Trocknens.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

- Berechnen bzw. Abrufen einer Soll-Lackschichtstärke für den getrockneten Lack aus den zugeordneten Lackdaten,

- Überwachen der Schichtdicke der auf das Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht während des Trocknens,

- Ausgeben eines Warnsignals, sofern die überwachte Schichtdicke geringer ist als die Soll-Lackschichtstärke.


 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

- Berechnen bzw. Abrufen einer maximal tolerierbaren Grenz-Oberflächentemperatur für den Lack während des Trocknens aus den zugeordneten Lackdaten,

- Überwachen der Oberflächentemperatur der auf das Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht während des Trocknens,

- Ausgeben eines Warnsignals, sofern die überwachte Oberflächentemperatur größer ist als die Grenz-Oberflächentemperatur.


 
7. Verfahren nach Anspruch 6, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

- Berechnen bzw. Abrufen einer minimal tolerierbaren Grenz-Oberflächentemperatur für den Lack während des Trocknens aus den zugeordneten Lackdaten,

- Überwachen der Oberflächentemperatur der auf das Kraftfahrzeug-Bauteil (2) aufgebrachten Lackschicht während des Trocknens,

- Ausgeben eines Warnsignals, sofern die überwachte Oberflächentemperatur geringer ist als die Grenz-Oberflächentemperatur.


 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, gekennzeichnet durch die Zuordnung der Lackdaten durch Aufbringen eines maschinenlesbaren Datenträgers, welcher die Lackdaten trägt, auf ein Transportmittel zum Transport des Bauteilträgers zur Trocknungsanlage (1).
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, gekennzeichnet durch den Einsatz eines Skid oder eines Umlauffördersystems mit Wagen als Transportmittel zum Transport des Bauteilträgers zur Trocknungsanlage (1).
 
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, gekennzeichnet durch ein Drehen des Kraftfahrzeug-Bauteils (2) während des Trocknens in der Trocknungsanlage (1), wobei der Zeitpunkt und/oder der Drehwinkel dieses Drehvorgangs vorzugsweise anhand der zugeordneten Lackdaten im Rahmen der Steuerwert-Berechnung berechnet wird.
 
11. Trocknungssystem zur Durchführung eines Trocknungsverfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10,

- mit einer Datenbank, in der die Lackdaten abgelegt sind,

- mit einer Lackschichtdicken-Messvorrichtung,

- mit einem Steuerrechner zum Zuordnen der Lackdaten sowie zur Berechnung und Vorgabe der Steuerwerte,

- mit einer Trocknungsanlage.


 




Zeichnung