(19)
(11) EP 1 764 486 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.03.2007  Patentblatt  2007/12

(21) Anmeldenummer: 05020252.2

(22) Anmeldetag:  16.09.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F01K 13/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Brütsch, Emil
    51465 Bergisch Gladbach (DE)
  • Engler, Thorsten, Dr.
    45481 Mülheim an der Ruhr (DE)

   


(54) Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung einer Kraftwerksanlage und Regelvorrichtung


(57) Es wird ein Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung (Pmax) einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage, zur Verfügung gestellt mit den Schritten:
- Erfassen mindestens einer die Maximalleistung (Pmax) beeinflussenden Messgröße (xi);
- Ermitteln einer Umrechnungsgröße (f(xi)) aus der mindestens einen erfassten Messgröße (xi), welche die Änderung der aktuellen Maximalleistung (Pmax) bezogen auf eine Referenzleistung (Pref) repräsentiert; und
- Umrechnen der Referenzleistung (Pref) in die aktuelle Maximalleistung (Pmax) mit Hilfe der Umrechnungsgröße (f(xi)).




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage. Daneben betrifft die vorliegende Erfindung eine Regelvorrichtung zum Regeln einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage.

[0002] In einem Stromnetz ist vom Netzbetreiber das Gleichgewicht zwischen der Last, also der angeforderten Leistung, und der zur Verfügung gestellten Leistung zu gewährleisten. Unterschiede zwischen der Last einerseits und der zur Verfügung stehenden Leistung andererseits führen zu einer Änderung der Netzfrequenz, was sich nachteilig auf den Netzbetrieb auswirkt und schlimmsten Falls zum völligen Zusammenbruch des Netzes führen kann.

[0003] Um bei plötzlich auftretenden Ungleichgewichten zwischen der Last und der zur Verfügung stehenden Leistung schnell reagieren zu können, kaufen die Netzbetreiber bei den Stromerzeugern Reserveleistung ein, die sogenannte Regelreserve. Ein Kraftwerk, das an der Regelreserve teilnimmt, muss in der Lage sein, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eine vorgegebene Leistung bereitstellen zu können. Ein beispielsweise an der sogenannten Minutenreserve teilnehmendes Kraftwerk muss in der Lage sein, nach wenigen Minuten (in Deutschland 15 Minuten) eine bestimmte Leistung zu erbringen. Andere Reservebetriebsarten erfordern das Erbringen der Leistung innerhalb von wenigen Sekunden.

[0004] Insbesondere diejenigen Regelreserven, die innerhalb von Sekunden abrufbar sein müssen, sind für den Frequenzstützbetrieb des Netzes von Bedeutung. Bei Abweichungen der Netzfrequenz von der Sollfrequenz muss ein am Frequenzstützbetrieb teilnehmendes Kraftwerk in der Lage sein, rasch die vereinbarte Reserveleistung, beispielsweise 5% der Maximalleistung, im Falle eines Frequenzeinbruches zur Verfügung stellen zu können. Dazu muss Kraftwerksbetreiber zu jeder Zeit wissen, wie groß die aktuell mögliche Maximalleistung des Kraftwerkes ist, und den Leistungssollwert der Anlage auf der Basis der Maximalleistung unter Berücksichtigung der Reserveleistung einstellen. Die Maximalleistung hängt vor allem von den Verdichtereintrittsbedingungen, insbesondere von der Temperatur, der Feuchte und dem Druck der in den Verdichter eintretenden Umgebungsluft, sowie von dem Verschmutzungsgrad des Verdichters und von der Netzfrequenz ab. Der Leistungssollwert für die aktuelle Fahrweise des Kraftwerkes ergibt sich dann aus der Maximalleistung abzüglich der vereinbarten Regereserve.

[0005] Bisher wird die Maximalleistung vom Kraftwerksbediener geschätzt und der Leistungssollwert manuell eingegeben. Bei Änderungen der Randbedingungen, beispielsweise der Verdichtereintrittsbedingungen oder des Verschmutzungsgrades des Verdichters, muss der Leistungssollwert manuell nachgestellt werden. Die Häufigkeit des Nachstellens hängt dabei sowohl von der Stabilität der Verdichtereintrittsbedingungen als auch von der gewünschten Zuverlässigkeit der einzuhaltenden Regelreserve ab.

[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein zur Automatisierung geeignetes Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung einer Kraftwerksanlage zur Verfügung zu stellen. Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist es, eine Regelvorrichtung zum Regeln einer Kraftwerksanlage auf der Basis einer einen Leistungssollwert repräsentierenden Führungsgröße zur Verfügung zu stellen. Schließlich ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine verbesserte Kraftwerksanlage zur Verfügung zu stellen.

[0007] Die erste Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1, die zweite Aufgabe durch eine Regelvorrichtung nach Anspruch 12 gelöst. Die dritte Aufgabe wird durch eine Kraftwerksanlage, insbesondere eine Gasturbinenanlage oder eine Gas- und Dampfturbinenanlage nach Anspruch 15 gelöst. Die abhängigen Ansprüche enthalten vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung.

[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung einer Kraftwerksanlage umfasst die folgenden Schritte:
  • Erfassen mindestens einer die Maximalleistung beeinflussenden Messgröße. Im Falle einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- Und Dampfturbinenanlage kann als Messgröße mindestens eine der folgenden Größen gemessen werden: Verdichter-Eintrittstemperatur der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsdruck der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsfeuchte der Gasturbine, die Netzfrequenz oder die Betriebsstunden seit der letzten Reinigung des Verdichters (Verdichterwäsche).
  • Ermitteln einer Umrechnungsgröße aus der mindestens einen erfassten Messgröße, welche die Änderung der aktuellen Maximalleistung bezogen auf eine Referenzleistung repräsentiert. Das Ermitteln der Umrechnungsgröße kann hierbei beispielsweise anhand eines Kraftwerksmodells oder anhand mindestens einer vorab ermittelten Umrechnungskurve, in der Umrechnungsgrößen in Abhängigkeit von den Messgrößen gegeben sind, ermittelt werden.
  • Umrechnen der Referenzleistung, die insbesondere eine Referenz-Maximalleistung darstellen kann, in die aktuelle Maximalleistung mit Hilfe der Umrechnungsgröße.


[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren kann das Schätzen der Maximalleistung vom Kraftwerksbediener ersetzen und ermöglicht ein Regeln einer Kraftwerksanlage auf der Basis einer einen Leistungssollwert repräsentieren Führungsgröße. Der Leistungssollwert ergibt sich dann aus dem mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens bestimmten aktuellen Maximalleistungswert abzüglich der geforderten Regelreserve und ggf. weiter abzüglich einer Sicherheitsreserve.

[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht daher ein automatisches Nachführen des Leistungssollwertes bei Änderungen der Randbedingungen. Die vereinbarte Regelreserve kann so automatisch und präzise eingehalten werden. Weiterhin kann sichergestellt werden, dass das Kraftwerk unter Einhaltung dieser Regelreserve bei maximaler Leistung und maximalem Wirkungsgrad betrieben werden kann.

[0011] Mittels einer Kalibrierung, die vorteilhafterweise regelmäßig durchgeführt wird, kann die Referenzleistung neu ermittelt werden, wodurch insbesondere der Verschmutzungsgrad des Verdichters beim Ermitteln der aktuellen Maximalleistung Berücksichtigung finden kann. Zum Kalibrieren der Referenzleistung können die aktuelle Gasturbinenleistung und der aktuelle Wert der mindestens einen Messgröße beispielsweise bei Grundlastzuständen gemessen und daraus auf der Basis des Kraftwerksmodells oder der mindestens einen Umrechnungskurve die Referenzleistung neu ermittelt werden. Da in das Kalibrieren die Verdichtereintrittsbedingungen als Messgrößen mit eingehen, und das Ergebnis der Kalibrierung vom Zustand der Verschmutzung des Lufteintrittsfilters abhängt, wird die Filterverschmutzung in der Referenzleistung berücksichtigt.

[0012] Die Umrechnungsgröße, mit deren Hilfe die aktuelle Maximalleistung ermittelt wird, kann insbesondere ein Umrechnungsfaktor sein, mit dem die Referenzleistung zu multiplizieren ist.

[0013] Bei der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens in einem Regelverfahren, in dem der Leistungssollwert bei Änderungen der Randbedingungen automatisch nachgeführt wird, werden die Messgrößen kontinuierlich oder wiederholt gemessen und die aktuelle Maximalleistung kontinuierlich oder wiederholt ermittelt.

[0014] Wie bereits erwähnt, kann das erfindungsgemäße Verfahren insbesondere zum Ermitteln des aktuellen Leistungssollwerts einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Turbinenanlage, aus der aktuellen Maximalleistung der Kraftwerksanlage zum Einsatz kommen. Der aktuelle Leistungssollwert wird dann auf der Basis der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ermittelten aktuellen Maximalleistung festgelegt. Dies kann insbesondere kontinuierlich oder wiederholt erfolgen.

[0015] Eine erfindungsgemäße Regelvorrichtung zum Regeln einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage auf der Basis einer einen Leistungssollwert repräsentierenden Führungsgröße umfasst:
  • Mindestens einen zum Erfassen einer die Maximalleistung der Kraftwerksanlage beeinflussenden Messgröße und zum Ausgeben einer diese Messgröße repräsentierenden Sensorgröße ausgebildeten Messgrößensensor. Der Messgrößensensor kann insbesondere zum Messen einer der nachfolgenden Größen ausgebildet sein: Verdichter-Eintrittstemperatur, Verdichter-Eintrittsdruck, Verdichter-Eintrittsfeuchte, Netzfrequenz.
  • Einen Speicher mit einer darin gespeicherten Referenzleistung.
  • Eine mit dem mindestens einen Messgrößensensor zum Empfang der Sensorgröße und mit dem Speicher zum Empfang der Referenzleistung verbundene Umrechnungseinheit. Die Umrechnungseinheit umfasst ein Kraftwerksmodell oder mindestens eine Umrechnungskurve und ist zum Umrechnen der Referenzleistung in die aktuelle Maximalleistung sowie zum Ausgeben einer die Maximalleistung repräsentierenden Maximalleistungsgröße ausgebildet.
  • Außerdem umfasst die erfindungsgemäße Regelungsvorrichtung eine Leistungssollwert-Berechnungseinheit, die zum Empfang der Maximalleistungsgröße mit der Umrechnungseinheit verbunden ist und die zum Berechnen des Leistungssollwerts auf der Basis der Maximalleistungsgröße und mindestens einer vorgegebenen Regelreservegröße sowie zum Ausgeben einer Leistungssollwertgröße als Führungsgröße ausgestaltet ist. Mit der erfindungsgemäßen Regelungsvorrichtung kann der Leistungssollwert aus vorhanden Messgrößen berechnet und bei einer Änderung der Randbedingungen automatisch nachgeführt werden.


[0016] Die Leistungssollwert-Berechnungseinheit kann insbesondere zum Berechnen des Leistungssollwertes auf der Basis der Maximalleistungsgröße, einer vorgegebenen Regelreservegröße und einer vorgegebenen Sicherheitsgröße ausgebildet sein. Die Sicherheitsgröße kann dabei dazu dienen, sicherzustellen, dass die Regelreserve zuverlässig eingehalten wird. Wenn beispielsweise in bestimmten Zeitabständen eine Kalibrierung der Referenzmaximalleistung erfolgt, kann die Sicherheitsgröße etwa dazu dienen, Verschiebungen der Referenzmaximalleistung, die zwischen zwei Kalibrierungen erfolgen, aufzufangen.

[0017] Zum Durchführen einer Kalibrierung kann die Regelungsvorrichtung beispielsweise einen Leistungssensor umfassen, der zum Erfassen der aktuellen Leistung der Kraftwerksanlage und zum Ausgeben einer die aktuelle Leistung repräsentierenden Leistungsgröße ausgestaltet ist. Weiterhin ist in dieser Ausgestaltung eine Aktualisierungseinheit vorhanden, die zum Empfang der Leistungsgröße mit dem Leistungssensor, zum Empfangen der Sensorgröße mit dem mindestens einen Messgrößensensor und zur Ausgabe einer Referenzleistung mit dem Speicher verbunden ist. Die Aktualisierungseinheit ist zum Ermitteln der Referenzleistung aus der empfangenen Leistungsgröße und der mindestens einen empfangenen Sensorgröße ausgestaltet.

[0018] Eine erfindungsgemäße Kraftwerksanlage, die insbesondere als Gasturbinenanlage oder als Gas- und Dampfturbinenanlage ausgestaltet sein kann, ist mit einer erfindungsgemäßen Regelungsvorrichtung ausgestattet. In einer derartigen Kraftwerksanlage kann der Leistungssollwert automatisch bei Änderungen der Randbedingungen nachgeführt werden.

[0019] Weitere Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die beiliegenden Figuren.
FIG 1
zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerks in einer stark vereinfachten schematischen Darstellung.
FIG 2
zeigt die erfindungsgemäße Regelvorrichtung in einem Blockschaltbild.
FIG 3
zeigt in einer schematischen Darstellung einen Regelkreis für den Gasturbinenteil der in FIG 1 dargestellten Gas- und Dampfturbinenanlage.


[0020] Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft anhand des Ermittelns der Maximalleistung einer Gas- und Dampfturbinenanlage beschrieben. Die Erfindung ist jedoch nicht auf den Einsatz in Gas- und Dampfturbinenanlagen beschränkt. Insbesondere kann sie auch bei Gasturbinenanlagen ohne nachgeschaltete Dampfturbine zum Einsatz kommen.

[0021] Die in FIG 1 schematisch dargestellte Gas- und Dampfturbinenanlage 1 umfasst eine Gasturbinenanlage 1a sowie eine Dampfturbinenanlage 1b. Die Gasturbinenanlage 1a ist mit einer Gasturbine 2, einem Verdichter 4 sowie mindestens einer zwischen den Verdichter 4 und die Gasturbine 2 geschalteten Brennkammer 6 ausgestattet. Mittels des Verdichters 4 wird Frischluft L angesaugt, verdichtet und über die Frischluftleitung 8 einem oder mehreren Brennern der Brennkammer 6 zugeführt. Die zugeführte Luft wird mit über eine Brennstoffleistung 10 zugeführtem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff B gemischt und das Gemisch wird anschließend entzündet. Die dabei entstehenden Verbrennungsabgase bilden ein Arbeitsmedium AM der Gasturbinenanlage 1a, welches der Gasturbine 2 zugeführt wird, wo es unter Entspannung Arbeit leistet und eine mit der Gasturbine 2 gekoppelte Welle 14 antreibt. Die Welle ist außer mit der Gasturbine 2 auch mit dem Verdichter 4 sowie mit einem Generator 12 gekoppelt, um diese anzutreiben. Je nach Ausführung der Gasturbinenanlage 1a kann zwischen den Verdichter 4 und den Generator 12 noch ein Lastgetriebe geschaltet sein. Das entspannte Arbeitsmedium AM' wird über eine Abgasleitung 15 an einen Abhitzedampferzeuger 30 der Dampfturbinenanlage 1b abgeführt.

[0022] Neben dem Abhitzedampferzeuger 30 umfasst die Dampfturbinenanlage 1b eine Dampfturbine 32, einen Kondensator 34 sowie eine Speisewasserpumpe 36. Der Abhitzedampferzeuger 30 ist über eine Dampfleitung 31 mit der Dampfturbine 32 verbunden. Diese ist wiederum über eine Dampfleitung 33 mit dem Kondensator 34 verbunden. Schließlich verbindet eine Kondensatleitung 35 den Kondensator 34 mit dem Abhitzedampferzeuger 30. Der Dampferzeuger 30, die Dampfturbine 32, der Kondensator 34, die Dampfleitungen 31 und 33 sowie die Kondensatleitung 35 bilden zusammen einen Wasser-Dampfkreislauf der Dampfturbinenanlage. Der Umlauf des Kondensates bzw. des Dampfes wird durch die Kondensatpumpe 36 bewerkstelligt. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass das in FIG 1 dargestellte Schaltbild eine stark vereinfachte Darstellung insbesondere der Dampfturbinenanlage enthält. In realen Dampfturbinenanlagen ist der Wasser-Dampfkreislauf in der Regel komplizierter aufgebaut. So umfasst der Abhitzedampferzeuger 30 oft mehrere Verdampfer, Zwischenerhitzer, Vorwärmer, etc. mit denen der Dampf weiter erhitzt bzw. das Kondensat vorerwärmt werden kann. Ebenso kann die Dampfturbine 32 mehrere Turbinenstufen aufweisen, welche für unterschiedliche Dampfdrücke und Dampftemperaturen ausgelegt sind. Diese sind in der Regel in Reihe geschaltet und erhöhen den Wirkungsgrad der Dampfturbinenanlage.

[0023] Ein Regelkreis zum Regeln der Leistung der Gasturbinenanlage 1a der Gas- und Dampfturbinenanlage 1 ist schematisch in FIG 2 als Blockschaltbild dargestellt. Der Regelkreis dient im vorliegenden Beispiel zum Einwirken auf den der Brennkammer 6 zugeführten Luftmassenstrom und/oder den der Brennkammer 6 zugeführten Brennstoffmassenstrom. Die Luftzufuhr und die Brennstoffzufuhr bilden daher die Regelstrecke 56 des Regelkreises 50. Zum Einwirken auf die Regelstrecke 56 ist ein Stellglied 54 vorhanden, welches Stellsignale für ein Brennstoffzufuhrventil sowie für die Leitschaufeln der ersten Verdichterleitschaufelreihe oder -reihen ausgibt. Außer dem Brennstoffmassenstrom und dem Luftmassenstrom führen auch Störgrößen z, welche auf die Regelstrecke 56 einwirken, zu Änderungen der Gasturbinenleistung. Mittels eines Leistungssensors 58 wird die aktuelle Leistung P der Gasturbine gemessen und in Form einer Leistungsgröße ausgegeben. Die Leistungsgröße wird in einem Subtrahierer 60 von einem Leistungssollwert W abgezogen und die Differenz an den Regler 52 weitergegeben. Dieser ermittelt ein Regelsignal REG, welches an das Stellglied 54 ausgegeben wird und dieses veranlasst mittels einer Stellgröße U auf die Regelstrecke 56 derart einzuwirken, dass der aktuelle Leistungswert an den Leistungssollwert W angeglichen wird.

[0024] Der Leistungssollwert W soll die Regelreserve berücksichtigen, d.h. er muss kleiner sein, als die mögliche Maximalleistung der Gasturbinenanlage. Er wird aus der aktuell möglichen Maximalleistung gemäß der Formel

bestimmt. Hierbei bezeichnet R die geforderte Regelreserve (in Prozent) und S eine Sicherheit (ebenfalls in Prozent), die dazu dient, die geforderte Regelreserve mit größtmöglicher Sicherheit einhalten zu können. Außer der geforderten Regelreserve R und der Sicherheit S geht in diese Formel auch die aktuell mögliche Maximalleistung Pmax ein. Diese Maximalleistung ist jedoch keine konstante Größe, sondern hängt von Randbedingungen ab. Derartige Randbedingungen xi sind insbesondere Verdichtereintrittsbedingungen wie etwa die Temperatur, die Feuchte und der Druck der in den Verdichter 4 eintretenden Luft L. Zudem wird die erzielbare Maximalleistung vom Verschmutzungsgrad des Verdichters 4, vom Verschmutzungsgrad des Luftansaugfilters, der Alterung der Kraftwerkskomponenten, der Netzfrequenz, etc. beeinflusst.

[0025] Aufgrund des Gesagten ist die Kenntnis der aktuellen möglichen Maximalleistung Pmax nötig, wenn der Leistungssollwert Psoll ermittelt werden soll.

[0026] Das Ermitteln des Leistungssollwertes Psoll wird nachfolgend anhand des in FIG 3 dargestellten Blockschaltbildes erläutert. Das Blockschaltbild zeigt eine Vorrichtung zum Ermitteln des Leistungssollwertes, welcher in den in FIG 2 dargestellten Regelkreis 50 eingeht.

[0027] Die Vorrichtung 70 umfasst eine Anzahl von Messgrößensensoren, die als Block 72 dargestellt sind. Messgrößensensoren können beispielsweise Sensoren sein, welche die Verdichter-Eintrittstemperatur, die Verdichter-Eintrittsfeuchte, den Verdichter-Eintrittsdruck der Umgebungsluft, die Netzfrequenz, etc. ermitteln. Daneben umfasst die Vorrichtung 70 als weiteren Sensor einen Leistungssensor 73, mit dem die aktuelle Gasturbinenleistung erfasst werden kann. Die Vorrichtung 70 umfasst weiter eine Berechnungseinheit 74, welche ein Gasturbinenmodell beinhaltet und einen Umrechnungsfaktor f(xi) ausgibt, einen Speicher 75, in welchem eine Referenzleistung Pref gespeichert ist, sowie eine Multiplikationseinheit 76, welche mit dem Speicher 75 zum Empfang der Referenzleistung Pref und mit der Berechnungseinheit 74 zum Empfang des Umrechnungsfaktors f(xi) verbunden ist. Die Multiplikationseinheit 76 ist zum Berechnen der Maximalleistung durch Multiplikation der Referenzleistung Pref mit dem Umrechnungsfaktor f(xi) und zum Ausgeben des Wertes der Maximalleistung Pmax ausgestaltet. Weiterhin umfasst die Vorrichtung 70 eine Leistungssollwert-Berechnungseinheit 78 sowie zwei Speicher oder Speicherplätze 80, 82, in denen der Wert R für die Regelreserve bzw. der Wert S für die Sicherheit gespeichert sind. Außerdem kann die Vorrichtung 70 einen Offset-Speicher 84 umfassen, in welchem Offset-Werte für die von den Messgrößensensoren 72 gemessenen Messgrößen xi gespeichert sind. Diese Offsets können zu den ermittelten Messgrößen xi hinzuaddiert werden, bevor diese in die Berechnungseinheit 74 eingegeben werden. Weiterhin umfasst die Vorrichtung 70 eine mit der Berechnungseinheit 74 zum Empfang des Umrechnungsfaktors f(xi) und mit dem Speicher 75 zur Ausgabe der Referenzleistung Pref verbundene Referenzleistungsberechnungseinheit 86 sowie eine mit dem Speicher 75 verbundene Auslöseeinheit 88 zum Auslösen eines Speichervorganges im Speicher 75.

[0028] Das Ermitteln des Leistungssollwertes Psoll mit der in FIG 3 dargestellten Vorrichtung 70 erfolgt, indem die von den Messgrößensensoren 72 erfassten Messgrößen xi an die Berechnungseinheit 74 weitergegeben werden, die ein Modell der Gasturbinenanlage enthält und anhand der erfassten Messgrößen den Umrechnungsfaktor f(xi) berechnet. Optional können zu den erfassten Messgrößen Offsets hinzuaddiert werden, bevor die Messgrößen xi in die Berechnungseinheit 74 eingegeben werden. Der Umrechnungsfaktor wird an die Multiplikationseinheit 76 weitergegeben, wo der mit einer vom Speicher 75 bezogenen Referenzleistung Pref multipliziert wird. Das Produkt aus der Referenzleistung Pref und dem Umrechnungsfaktor f(xi) liefert die mögliche Maximalleistung Pmax der Gasturbinenanlage. Die Berechnungseinheit 74 und die Multiplikationseinheit 76 bilden zusammen eine Umrechnungseinheit, welche die Referenzleistung Pref auf der Basis der Messwerte xi in die aktuelle Maximalleistung Pmax umrechnet. In der Leistungssollwert-Berechnungseinheit 78 wird dann der Leistungssollwert Psoll gemäß der Formel 1 aus der Maximalleistung Pmax, der geforderten Regelreserve R und der Sicherheit S berechnet und als Führungsgröße an den in FIG 2 dargestellten Regelkreis 50 weitergegeben.

[0029] Außer den genannten Verdichter-Eintrittsbedingungen können weitere, die Maximalleistung der Gasturbinenanlage beeinflussende Messgrößen, beispielsweise die Netzfrequenz oder die Betriebsstunden seit der letzen Verdichterwäsche (xΔOH, OH: Operating Hours), erfasst und im Umrechnungsfaktor f(xi) berücksichtig werden.

[0030] Mittels der in FIG 3 dargestellten Vorrichtung 70 wird außerdem in regelmäßigen Abständen eine Kalibrierung durchgeführt.

[0031] Im Rahmen dieser Kalibrierung wird eine neue Referenzleistung Pref berechnet und im Speicher 75 abgelegt. Das Kalibrieren ist beispielsweise bei Grundlastzuständen der Gasturbinenanlage möglich. Dabei wird die aktuelle Gasturbinenleistung mittels des Leistungssensors 73 erfasst und an die Referenzleistungs-Berechnungseinheit 86 weitergegeben. Diese empfängt außerdem von der Berechnungseinheit 74 den aktuellen Umrechnungsfaktor f(xi). Die Referenzleistung Pref ergibt sich dann aus dem Quotienten der gemessenen Leistung, im folgenden Pkal bezeichnet, und dem auf der Basis der gleichzeitig gemessenen Messgrößen xi ermittelten Umrechnungsfaktor, im folgenden fkal(xi) bezeichnet. Die so ermittelte neue Referenzleistung Pref wird dann im Speicher 75 als neue, d.h. kalibrierte Referenzleistung, gespeichert und steht im Folgenden der Umrechnungseinheit 76 als Referenzleistung Pref zur Verfügung.

[0032] Das Kalibrieren erfolgt bei Inbetriebnahme der Anlage und danach in regelmäßigen Abständen. Zum Auslösen des Speicherns der neuen Referenzleistung dient eine Auslöseeinheit 88. Die Berechnungseinheit 74, die Referenzleistungs-Berechnungseinheit 86 und die Auslöseeinheit 88 bilden zusammen eine Aktualisierungseinheit zum Aktualisieren bzw. Kalibrieren der Referenzleistung Pref.

[0033] Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wurde in der Berechnungseinheit 74 ein Modell des Kraftwerks verwendet. Alternativ ist es auch möglich, Umrechnungskurven zu verwenden, die für jede erfasste Messgröße xi eine Beziehung fi repräsentieren. Der Umrechnungsfaktor f(xi) ergibt sich dann aus dem Produkt der Einzelfaktoren fi. Wenn beispielsweise je ein Faktor für die Verdichter-Eintrittstemperatur (Faktor fTV), für den Verdichter-Eintrittsdruck (fPV), die Verdichter-Eintrittstemperatur (fV) und für die Netzfrequenz (fN) vorhanden sind, so ergibt sich der Umrechnungsfaktor zu



[0034] Die regelmäßige Kalibrierung der Referenzleistung Pref ermöglicht es, wechselnde Verschmutzungszustände des Verdichters zu berücksichtigen. Beispielsweise führt eine zunehmende Verschmutzung bei unveränderter Stellung der Verdichterleitschaufeln zu einer Verringerung des Luftmassenstroms zur Brennkammer. Da die mögliche Maximalleistung bei einer gegebenen Abgastemperatur der Turbine unter anderem vom Luftmassenstrom abhängt, führt eine zunehmende Verschmutzung zu einer Verringerung der maximalen Turbinenleistung. Durch die Kalibrierung kann die zunehmende Verringerung der Maximalleistung berücksichtigt werden. Nach einer Reinigung des Verdichters steht dann wieder der größtmögliche Luftmassenstrom zur Verfügung. Mittels einer Neukalibrierung kann das System dann wieder an den gereinigten Verdichter angepasst werden.

[0035] Wird über einen (längeren) Zeitraum weder eine Kalibrierung noch eine Verdichterwäsche durchgeführt, so kann die sich ergebende Verringerung der Maximalleistung durch den Faktor fΔOH Berücksichtigung finden.


Ansprüche

1. Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung (Pmax) einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage, mit den Schritten:

- Erfassen mindestens einer die Maximalleistung (Pmax) beeinflussenden Messgröße (xi);

- Ermitteln einer Umrechnungsgröße (f(xi)) aus der mindestens einen erfassten Messgröße (xi), welche die Änderung der aktuellen Maximalleistung (Pmax) bezogen auf eine Referenzleistung (Pref) repräsentiert; und

- Umrechnen der Referenzleistung (Pref) in die aktuelle Maximalleistung (Pmax) mit Hilfe der Umrechnungsgröße (f(xi)).


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, in dem die Umrechnungsgröße (f(xi)) anhand eines Kraftwerksmodells ermittelt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, in dem die Umrechnungsgröße (f(xi)) anhand mindestens einer vorab ermittelten Umrechnungskurve ermittelt wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die Referenzleistung (Pref) mindestens zu einem Zeitpunkt kalibriert wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 5, in dem zum Kalibrieren der Referenzleistung (Pref) die aktuelle Gasturbinenleistung und der aktuelle Wert der mindestens einen Messgröße (xi) gemessen werden und daraus auf der Basis des Kraftwerksmodells oder der mindestens einen Umrechnungskurve die Referenzleistung (Pref) ermittelt wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die Umrechnungsgröße (f(xi)) ein von den Messgrößen (xi) abhängender Umrechnungsfaktor ist.
 
7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die aktuelle Maximalleistung (Pmax) einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage ermittelt wird und als Messgröße (xi) mindestens eine der folgenden Größen gemessen wird: Verdichter-Eintrittstemperatur der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsdruck der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsfeuchte der Gasturbine, Netzfrequenz, Betriebsstunden seit der letzten Verdichterwäsche.
 
8. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die Messgrößen (xi) kontinuierlich oder wiederholt gemessen werden und die aktuelle Maximalleistung (Pmax) kontinuierlich oder wiederholt ermittelt wird.
 
9. Verfahren zum Ermitteln des aktuellen Leistungssollwertes (Psoll) einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Turbinenanlage, aus der aktuellen Maximalleistung (Pmax) der Kraftwerksanlage, wobei die aktuelle Maximalleistung (Pmax) gemäß einem der vorangehenden Ansprüche ermittelt wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, in dem der Leistungssollwert (Psoll) kontinuierlich oder wiederholt aus der aktuellen Maximalleistung (Pmax) der Kraftwerksanlage ermittelt wird und das Ermitteln der Maximalleistung (Pmax) gemäß Anspruch 8 erfolgt.
 
11. Verfahren zum Regeln einer Gasturbinenanlage, in dem der Leistungssollwert (Psoll) als Führungsgröße (W) vorgegeben wird und der Leistungssollwert (Psoll) gemäß Anspruch 9 oder 10 ermittelt wird
 
12. Regelungsvorrichtung (50, 70) zum Regeln einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage auf der Basis einer einen Leistungssollwert (Psoll) repräsentierenden Führungsgröße (W) mit:

- mindestens einem zum Erfassen einer die Maximalleistung (Pmax) der Kraftwerksanlage beeinflussenden Messgröße (xi) und zum Ausgeben einer die Messgröße (xi) repräsentierenden Sensorgröße ausgebildeten Messgrößensensor (72),

- einem Speicher (75) mit einer darin gespeicherten Referenzleistung (Pref),

- einer mit dem mindestens einen Messgrößensensor (72) zum Empfang der Sensorgröße und mit dem Speicher (75) zum Empfang der Referenzleistung (Pref) verbundenen Umrechnungseinheit (74, 76), die ein Kraftwerksmodell oder mindestens eine Umrechnungskurve beinhaltet und die zum Umrechnen der Referenzleistung (Pref) in die aktuelle Maximalleistung (Pmax) sowie zum Ausgeben einer die Maximalleistung (Pmax) repräsentierenden Maximalleistungsgröße ausgestaltet ist, und

- einer Leistungssollwert-Berechungseinheit (78), die zum Empfang der Maximalleisungsgröße mit der Umrechnungseinheit (74, 76) verbunden ist und die zum Berechnen des Leistungssollwertes (Psoll) auf der Basis der Maximalleisungsgröße und mindestens einer vorgegebene Regelreservegröße (R) ausgebildet sowie zum Ausgeben einer Leistungssollwertgröße als Führungsgröße (W) ausgestaltet ist.


 
13. Regelungsvorrichtung (50, 70) nach Anspruch 12, in der die Leistungssollwert-Berechungseinheit (78) zum Berechnen des Leistungssollwertes (Psoll) auf der Basis der Maximalleisungsgröße, einer vorgegebene Regelreservegröße (R) und einer vorgegebenen Sicherheitsgröße (S) ausgebildet ist.
 
14. Regelungsvorrichtung nach Anspruch 12 oder 13, die zusätzlich umfasst:

- einen Leistungssensor (73), der zum Erfassen der aktuellen Leistung der Kraftwerksanlage und zum Ausgeben einer die aktuelle Leistung repräsentierenden Leistungsgröße ausgestaltet ist, und

- eine Aktualisierungseinheit (74, 86, 88), die zum Empfang der Leistungsgröße mit der Leistungssensor (73), zum Empfang der Sensorgröße mit dem mindestens einen Messgrößensensor (72) und zur Ausgabe einer Referenzleistung (Pref) mit dem Speicher (75) verbunden ist und die zum Ermitteln der Referenzleistung (Pref) aus der empfangenen Leistungsgröße und der mindestens einen empfangenen Sensorgröße ausgestaltet ist.


 
15. Kraftwerksanlage, insbesondere Gasturbinenanlage oder Gas- und Dampfturbinenanlage, mit einer Regelungsvorrichtung (50, 70) nach einem der Ansprüche 12 bis 14.
 




Zeichnung










Recherchenbericht