[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung
einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage.
Daneben betrifft die vorliegende Erfindung eine Regelvorrichtung zum Regeln einer
Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage.
[0002] In einem Stromnetz ist vom Netzbetreiber das Gleichgewicht zwischen der Last, also
der angeforderten Leistung, und der zur Verfügung gestellten Leistung zu gewährleisten.
Unterschiede zwischen der Last einerseits und der zur Verfügung stehenden Leistung
andererseits führen zu einer Änderung der Netzfrequenz, was sich nachteilig auf den
Netzbetrieb auswirkt und schlimmsten Falls zum völligen Zusammenbruch des Netzes führen
kann.
[0003] Um bei plötzlich auftretenden Ungleichgewichten zwischen der Last und der zur Verfügung
stehenden Leistung schnell reagieren zu können, kaufen die Netzbetreiber bei den Stromerzeugern
Reserveleistung ein, die sogenannte Regelreserve. Ein Kraftwerk, das an der Regelreserve
teilnimmt, muss in der Lage sein, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eine vorgegebene
Leistung bereitstellen zu können. Ein beispielsweise an der sogenannten Minutenreserve
teilnehmendes Kraftwerk muss in der Lage sein, nach wenigen Minuten (in Deutschland
15 Minuten) eine bestimmte Leistung zu erbringen. Andere Reservebetriebsarten erfordern
das Erbringen der Leistung innerhalb von wenigen Sekunden.
[0004] Insbesondere diejenigen Regelreserven, die innerhalb von Sekunden abrufbar sein müssen,
sind für den Frequenzstützbetrieb des Netzes von Bedeutung. Bei Abweichungen der Netzfrequenz
von der Sollfrequenz muss ein am Frequenzstützbetrieb teilnehmendes Kraftwerk in der
Lage sein, rasch die vereinbarte Reserveleistung, beispielsweise 5% der Maximalleistung,
im Falle eines Frequenzeinbruches zur Verfügung stellen zu können. Dazu muss Kraftwerksbetreiber
zu jeder Zeit wissen, wie groß die aktuell mögliche Maximalleistung des Kraftwerkes
ist, und den Leistungssollwert der Anlage auf der Basis der Maximalleistung unter
Berücksichtigung der Reserveleistung einstellen. Die Maximalleistung hängt vor allem
von den Verdichtereintrittsbedingungen, insbesondere von der Temperatur, der Feuchte
und dem Druck der in den Verdichter eintretenden Umgebungsluft, sowie von dem Verschmutzungsgrad
des Verdichters und von der Netzfrequenz ab. Der Leistungssollwert für die aktuelle
Fahrweise des Kraftwerkes ergibt sich dann aus der Maximalleistung abzüglich der vereinbarten
Regereserve.
[0005] Bisher wird die Maximalleistung vom Kraftwerksbediener geschätzt und der Leistungssollwert
manuell eingegeben. Bei Änderungen der Randbedingungen, beispielsweise der Verdichtereintrittsbedingungen
oder des Verschmutzungsgrades des Verdichters, muss der Leistungssollwert manuell
nachgestellt werden. Die Häufigkeit des Nachstellens hängt dabei sowohl von der Stabilität
der Verdichtereintrittsbedingungen als auch von der gewünschten Zuverlässigkeit der
einzuhaltenden Regelreserve ab.
[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein zur Automatisierung geeignetes Verfahren
zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung einer Kraftwerksanlage zur Verfügung zu
stellen. Eine weitere Aufgabe der Erfindung ist es, eine Regelvorrichtung zum Regeln
einer Kraftwerksanlage auf der Basis einer einen Leistungssollwert repräsentierenden
Führungsgröße zur Verfügung zu stellen. Schließlich ist es eine Aufgabe der vorliegenden
Erfindung, eine verbesserte Kraftwerksanlage zur Verfügung zu stellen.
[0007] Die erste Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1, die zweite Aufgabe durch
eine Regelvorrichtung nach Anspruch 12 gelöst. Die dritte Aufgabe wird durch eine
Kraftwerksanlage, insbesondere eine Gasturbinenanlage oder eine Gas- und Dampfturbinenanlage
nach Anspruch 15 gelöst. Die abhängigen Ansprüche enthalten vorteilhafte Ausgestaltungen
der Erfindung.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung einer
Kraftwerksanlage umfasst die folgenden Schritte:
- Erfassen mindestens einer die Maximalleistung beeinflussenden Messgröße. Im Falle
einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- Und Dampfturbinenanlage kann als Messgröße
mindestens eine der folgenden Größen gemessen werden: Verdichter-Eintrittstemperatur
der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsdruck der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsfeuchte
der Gasturbine, die Netzfrequenz oder die Betriebsstunden seit der letzten Reinigung
des Verdichters (Verdichterwäsche).
- Ermitteln einer Umrechnungsgröße aus der mindestens einen erfassten Messgröße, welche
die Änderung der aktuellen Maximalleistung bezogen auf eine Referenzleistung repräsentiert.
Das Ermitteln der Umrechnungsgröße kann hierbei beispielsweise anhand eines Kraftwerksmodells
oder anhand mindestens einer vorab ermittelten Umrechnungskurve, in der Umrechnungsgrößen
in Abhängigkeit von den Messgrößen gegeben sind, ermittelt werden.
- Umrechnen der Referenzleistung, die insbesondere eine Referenz-Maximalleistung darstellen
kann, in die aktuelle Maximalleistung mit Hilfe der Umrechnungsgröße.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren kann das Schätzen der Maximalleistung vom Kraftwerksbediener
ersetzen und ermöglicht ein Regeln einer Kraftwerksanlage auf der Basis einer einen
Leistungssollwert repräsentieren Führungsgröße. Der Leistungssollwert ergibt sich
dann aus dem mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens bestimmten aktuellen Maximalleistungswert
abzüglich der geforderten Regelreserve und ggf. weiter abzüglich einer Sicherheitsreserve.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht daher ein automatisches Nachführen des
Leistungssollwertes bei Änderungen der Randbedingungen. Die vereinbarte Regelreserve
kann so automatisch und präzise eingehalten werden. Weiterhin kann sichergestellt
werden, dass das Kraftwerk unter Einhaltung dieser Regelreserve bei maximaler Leistung
und maximalem Wirkungsgrad betrieben werden kann.
[0011] Mittels einer Kalibrierung, die vorteilhafterweise regelmäßig durchgeführt wird,
kann die Referenzleistung neu ermittelt werden, wodurch insbesondere der Verschmutzungsgrad
des Verdichters beim Ermitteln der aktuellen Maximalleistung Berücksichtigung finden
kann. Zum Kalibrieren der Referenzleistung können die aktuelle Gasturbinenleistung
und der aktuelle Wert der mindestens einen Messgröße beispielsweise bei Grundlastzuständen
gemessen und daraus auf der Basis des Kraftwerksmodells oder der mindestens einen
Umrechnungskurve die Referenzleistung neu ermittelt werden. Da in das Kalibrieren
die Verdichtereintrittsbedingungen als Messgrößen mit eingehen, und das Ergebnis der
Kalibrierung vom Zustand der Verschmutzung des Lufteintrittsfilters abhängt, wird
die Filterverschmutzung in der Referenzleistung berücksichtigt.
[0012] Die Umrechnungsgröße, mit deren Hilfe die aktuelle Maximalleistung ermittelt wird,
kann insbesondere ein Umrechnungsfaktor sein, mit dem die Referenzleistung zu multiplizieren
ist.
[0013] Bei der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens in einem Regelverfahren, in dem
der Leistungssollwert bei Änderungen der Randbedingungen automatisch nachgeführt wird,
werden die Messgrößen kontinuierlich oder wiederholt gemessen und die aktuelle Maximalleistung
kontinuierlich oder wiederholt ermittelt.
[0014] Wie bereits erwähnt, kann das erfindungsgemäße Verfahren insbesondere zum Ermitteln
des aktuellen Leistungssollwerts einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Turbinenanlage,
aus der aktuellen Maximalleistung der Kraftwerksanlage zum Einsatz kommen. Der aktuelle
Leistungssollwert wird dann auf der Basis der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
ermittelten aktuellen Maximalleistung festgelegt. Dies kann insbesondere kontinuierlich
oder wiederholt erfolgen.
[0015] Eine erfindungsgemäße Regelvorrichtung zum Regeln einer Kraftwerksanlage, insbesondere
einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage auf der Basis einer
einen Leistungssollwert repräsentierenden Führungsgröße umfasst:
- Mindestens einen zum Erfassen einer die Maximalleistung der Kraftwerksanlage beeinflussenden
Messgröße und zum Ausgeben einer diese Messgröße repräsentierenden Sensorgröße ausgebildeten
Messgrößensensor. Der Messgrößensensor kann insbesondere zum Messen einer der nachfolgenden
Größen ausgebildet sein: Verdichter-Eintrittstemperatur, Verdichter-Eintrittsdruck,
Verdichter-Eintrittsfeuchte, Netzfrequenz.
- Einen Speicher mit einer darin gespeicherten Referenzleistung.
- Eine mit dem mindestens einen Messgrößensensor zum Empfang der Sensorgröße und mit
dem Speicher zum Empfang der Referenzleistung verbundene Umrechnungseinheit. Die Umrechnungseinheit
umfasst ein Kraftwerksmodell oder mindestens eine Umrechnungskurve und ist zum Umrechnen
der Referenzleistung in die aktuelle Maximalleistung sowie zum Ausgeben einer die
Maximalleistung repräsentierenden Maximalleistungsgröße ausgebildet.
- Außerdem umfasst die erfindungsgemäße Regelungsvorrichtung eine Leistungssollwert-Berechnungseinheit,
die zum Empfang der Maximalleistungsgröße mit der Umrechnungseinheit verbunden ist
und die zum Berechnen des Leistungssollwerts auf der Basis der Maximalleistungsgröße
und mindestens einer vorgegebenen Regelreservegröße sowie zum Ausgeben einer Leistungssollwertgröße
als Führungsgröße ausgestaltet ist. Mit der erfindungsgemäßen Regelungsvorrichtung
kann der Leistungssollwert aus vorhanden Messgrößen berechnet und bei einer Änderung
der Randbedingungen automatisch nachgeführt werden.
[0016] Die Leistungssollwert-Berechnungseinheit kann insbesondere zum Berechnen des Leistungssollwertes
auf der Basis der Maximalleistungsgröße, einer vorgegebenen Regelreservegröße und
einer vorgegebenen Sicherheitsgröße ausgebildet sein. Die Sicherheitsgröße kann dabei
dazu dienen, sicherzustellen, dass die Regelreserve zuverlässig eingehalten wird.
Wenn beispielsweise in bestimmten Zeitabständen eine Kalibrierung der Referenzmaximalleistung
erfolgt, kann die Sicherheitsgröße etwa dazu dienen, Verschiebungen der Referenzmaximalleistung,
die zwischen zwei Kalibrierungen erfolgen, aufzufangen.
[0017] Zum Durchführen einer Kalibrierung kann die Regelungsvorrichtung beispielsweise einen
Leistungssensor umfassen, der zum Erfassen der aktuellen Leistung der Kraftwerksanlage
und zum Ausgeben einer die aktuelle Leistung repräsentierenden Leistungsgröße ausgestaltet
ist. Weiterhin ist in dieser Ausgestaltung eine Aktualisierungseinheit vorhanden,
die zum Empfang der Leistungsgröße mit dem Leistungssensor, zum Empfangen der Sensorgröße
mit dem mindestens einen Messgrößensensor und zur Ausgabe einer Referenzleistung mit
dem Speicher verbunden ist. Die Aktualisierungseinheit ist zum Ermitteln der Referenzleistung
aus der empfangenen Leistungsgröße und der mindestens einen empfangenen Sensorgröße
ausgestaltet.
[0018] Eine erfindungsgemäße Kraftwerksanlage, die insbesondere als Gasturbinenanlage oder
als Gas- und Dampfturbinenanlage ausgestaltet sein kann, ist mit einer erfindungsgemäßen
Regelungsvorrichtung ausgestattet. In einer derartigen Kraftwerksanlage kann der Leistungssollwert
automatisch bei Änderungen der Randbedingungen nachgeführt werden.
[0019] Weitere Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der vorliegenden Erfindung ergeben sich
aus der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf
die beiliegenden Figuren.
- FIG 1
- zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerks in einer stark
vereinfachten schematischen Darstellung.
- FIG 2
- zeigt die erfindungsgemäße Regelvorrichtung in einem Blockschaltbild.
- FIG 3
- zeigt in einer schematischen Darstellung einen Regelkreis für den Gasturbinenteil
der in FIG 1 dargestellten Gas- und Dampfturbinenanlage.
[0020] Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft anhand des Ermittelns der Maximalleistung
einer Gas- und Dampfturbinenanlage beschrieben. Die Erfindung ist jedoch nicht auf
den Einsatz in Gas- und Dampfturbinenanlagen beschränkt. Insbesondere kann sie auch
bei Gasturbinenanlagen ohne nachgeschaltete Dampfturbine zum Einsatz kommen.
[0021] Die in FIG 1 schematisch dargestellte Gas- und Dampfturbinenanlage 1 umfasst eine
Gasturbinenanlage 1a sowie eine Dampfturbinenanlage 1b. Die Gasturbinenanlage 1a ist
mit einer Gasturbine 2, einem Verdichter 4 sowie mindestens einer zwischen den Verdichter
4 und die Gasturbine 2 geschalteten Brennkammer 6 ausgestattet. Mittels des Verdichters
4 wird Frischluft L angesaugt, verdichtet und über die Frischluftleitung 8 einem oder
mehreren Brennern der Brennkammer 6 zugeführt. Die zugeführte Luft wird mit über eine
Brennstoffleistung 10 zugeführtem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff B gemischt
und das Gemisch wird anschließend entzündet. Die dabei entstehenden Verbrennungsabgase
bilden ein Arbeitsmedium AM der Gasturbinenanlage 1a, welches der Gasturbine 2 zugeführt
wird, wo es unter Entspannung Arbeit leistet und eine mit der Gasturbine 2 gekoppelte
Welle 14 antreibt. Die Welle ist außer mit der Gasturbine 2 auch mit dem Verdichter
4 sowie mit einem Generator 12 gekoppelt, um diese anzutreiben. Je nach Ausführung
der Gasturbinenanlage 1a kann zwischen den Verdichter 4 und den Generator 12 noch
ein Lastgetriebe geschaltet sein. Das entspannte Arbeitsmedium AM' wird über eine
Abgasleitung 15 an einen Abhitzedampferzeuger 30 der Dampfturbinenanlage 1b abgeführt.
[0022] Neben dem Abhitzedampferzeuger 30 umfasst die Dampfturbinenanlage 1b eine Dampfturbine
32, einen Kondensator 34 sowie eine Speisewasserpumpe 36. Der Abhitzedampferzeuger
30 ist über eine Dampfleitung 31 mit der Dampfturbine 32 verbunden. Diese ist wiederum
über eine Dampfleitung 33 mit dem Kondensator 34 verbunden. Schließlich verbindet
eine Kondensatleitung 35 den Kondensator 34 mit dem Abhitzedampferzeuger 30. Der Dampferzeuger
30, die Dampfturbine 32, der Kondensator 34, die Dampfleitungen 31 und 33 sowie die
Kondensatleitung 35 bilden zusammen einen Wasser-Dampfkreislauf der Dampfturbinenanlage.
Der Umlauf des Kondensates bzw. des Dampfes wird durch die Kondensatpumpe 36 bewerkstelligt.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass das in FIG 1 dargestellte Schaltbild eine
stark vereinfachte Darstellung insbesondere der Dampfturbinenanlage enthält. In realen
Dampfturbinenanlagen ist der Wasser-Dampfkreislauf in der Regel komplizierter aufgebaut.
So umfasst der Abhitzedampferzeuger 30 oft mehrere Verdampfer, Zwischenerhitzer, Vorwärmer,
etc. mit denen der Dampf weiter erhitzt bzw. das Kondensat vorerwärmt werden kann.
Ebenso kann die Dampfturbine 32 mehrere Turbinenstufen aufweisen, welche für unterschiedliche
Dampfdrücke und Dampftemperaturen ausgelegt sind. Diese sind in der Regel in Reihe
geschaltet und erhöhen den Wirkungsgrad der Dampfturbinenanlage.
[0023] Ein Regelkreis zum Regeln der Leistung der Gasturbinenanlage 1a der Gas- und Dampfturbinenanlage
1 ist schematisch in FIG 2 als Blockschaltbild dargestellt. Der Regelkreis dient im
vorliegenden Beispiel zum Einwirken auf den der Brennkammer 6 zugeführten Luftmassenstrom
und/oder den der Brennkammer 6 zugeführten Brennstoffmassenstrom. Die Luftzufuhr und
die Brennstoffzufuhr bilden daher die Regelstrecke 56 des Regelkreises 50. Zum Einwirken
auf die Regelstrecke 56 ist ein Stellglied 54 vorhanden, welches Stellsignale für
ein Brennstoffzufuhrventil sowie für die Leitschaufeln der ersten Verdichterleitschaufelreihe
oder -reihen ausgibt. Außer dem Brennstoffmassenstrom und dem Luftmassenstrom führen
auch Störgrößen z, welche auf die Regelstrecke 56 einwirken, zu Änderungen der Gasturbinenleistung.
Mittels eines Leistungssensors 58 wird die aktuelle Leistung P der Gasturbine gemessen
und in Form einer Leistungsgröße ausgegeben. Die Leistungsgröße wird in einem Subtrahierer
60 von einem Leistungssollwert W abgezogen und die Differenz an den Regler 52 weitergegeben.
Dieser ermittelt ein Regelsignal REG, welches an das Stellglied 54 ausgegeben wird
und dieses veranlasst mittels einer Stellgröße U auf die Regelstrecke 56 derart einzuwirken,
dass der aktuelle Leistungswert an den Leistungssollwert W angeglichen wird.
[0024] Der Leistungssollwert W soll die Regelreserve berücksichtigen, d.h. er muss kleiner
sein, als die mögliche Maximalleistung der Gasturbinenanlage. Er wird aus der aktuell
möglichen Maximalleistung gemäß der Formel

bestimmt. Hierbei bezeichnet R die geforderte Regelreserve (in Prozent) und S eine
Sicherheit (ebenfalls in Prozent), die dazu dient, die geforderte Regelreserve mit
größtmöglicher Sicherheit einhalten zu können. Außer der geforderten Regelreserve
R und der Sicherheit S geht in diese Formel auch die aktuell mögliche Maximalleistung
P
max ein. Diese Maximalleistung ist jedoch keine konstante Größe, sondern hängt von Randbedingungen
ab. Derartige Randbedingungen x
i sind insbesondere Verdichtereintrittsbedingungen wie etwa die Temperatur, die Feuchte
und der Druck der in den Verdichter 4 eintretenden Luft L. Zudem wird die erzielbare
Maximalleistung vom Verschmutzungsgrad des Verdichters 4, vom Verschmutzungsgrad des
Luftansaugfilters, der Alterung der Kraftwerkskomponenten, der Netzfrequenz, etc.
beeinflusst.
[0025] Aufgrund des Gesagten ist die Kenntnis der aktuellen möglichen Maximalleistung P
max nötig, wenn der Leistungssollwert P
soll ermittelt werden soll.
[0026] Das Ermitteln des Leistungssollwertes P
soll wird nachfolgend anhand des in FIG 3 dargestellten Blockschaltbildes erläutert. Das
Blockschaltbild zeigt eine Vorrichtung zum Ermitteln des Leistungssollwertes, welcher
in den in FIG 2 dargestellten Regelkreis 50 eingeht.
[0027] Die Vorrichtung 70 umfasst eine Anzahl von Messgrößensensoren, die als Block 72 dargestellt
sind. Messgrößensensoren können beispielsweise Sensoren sein, welche die Verdichter-Eintrittstemperatur,
die Verdichter-Eintrittsfeuchte, den Verdichter-Eintrittsdruck der Umgebungsluft,
die Netzfrequenz, etc. ermitteln. Daneben umfasst die Vorrichtung 70 als weiteren
Sensor einen Leistungssensor 73, mit dem die aktuelle Gasturbinenleistung erfasst
werden kann. Die Vorrichtung 70 umfasst weiter eine Berechnungseinheit 74, welche
ein Gasturbinenmodell beinhaltet und einen Umrechnungsfaktor f(x
i) ausgibt, einen Speicher 75, in welchem eine Referenzleistung P
ref gespeichert ist, sowie eine Multiplikationseinheit 76, welche mit dem Speicher 75
zum Empfang der Referenzleistung P
ref und mit der Berechnungseinheit 74 zum Empfang des Umrechnungsfaktors f(x
i) verbunden ist. Die Multiplikationseinheit 76 ist zum Berechnen der Maximalleistung
durch Multiplikation der Referenzleistung P
ref mit dem Umrechnungsfaktor f(x
i) und zum Ausgeben des Wertes der Maximalleistung P
max ausgestaltet. Weiterhin umfasst die Vorrichtung 70 eine Leistungssollwert-Berechnungseinheit
78 sowie zwei Speicher oder Speicherplätze 80, 82, in denen der Wert R für die Regelreserve
bzw. der Wert S für die Sicherheit gespeichert sind. Außerdem kann die Vorrichtung
70 einen Offset-Speicher 84 umfassen, in welchem Offset-Werte für die von den Messgrößensensoren
72 gemessenen Messgrößen x
i gespeichert sind. Diese Offsets können zu den ermittelten Messgrößen x
i hinzuaddiert werden, bevor diese in die Berechnungseinheit 74 eingegeben werden.
Weiterhin umfasst die Vorrichtung 70 eine mit der Berechnungseinheit 74 zum Empfang
des Umrechnungsfaktors f(x
i) und mit dem Speicher 75 zur Ausgabe der Referenzleistung P
ref verbundene Referenzleistungsberechnungseinheit 86 sowie eine mit dem Speicher 75
verbundene Auslöseeinheit 88 zum Auslösen eines Speichervorganges im Speicher 75.
[0028] Das Ermitteln des Leistungssollwertes P
soll mit der in FIG 3 dargestellten Vorrichtung 70 erfolgt, indem die von den Messgrößensensoren
72 erfassten Messgrößen x
i an die Berechnungseinheit 74 weitergegeben werden, die ein Modell der Gasturbinenanlage
enthält und anhand der erfassten Messgrößen den Umrechnungsfaktor f(x
i) berechnet. Optional können zu den erfassten Messgrößen Offsets hinzuaddiert werden,
bevor die Messgrößen x
i in die Berechnungseinheit 74 eingegeben werden. Der Umrechnungsfaktor wird an die
Multiplikationseinheit 76 weitergegeben, wo der mit einer vom Speicher 75 bezogenen
Referenzleistung P
ref multipliziert wird. Das Produkt aus der Referenzleistung P
ref und dem Umrechnungsfaktor f(x
i) liefert die mögliche Maximalleistung P
max der Gasturbinenanlage. Die Berechnungseinheit 74 und die Multiplikationseinheit 76
bilden zusammen eine Umrechnungseinheit, welche die Referenzleistung P
ref auf der Basis der Messwerte x
i in die aktuelle Maximalleistung P
max umrechnet. In der Leistungssollwert-Berechnungseinheit 78 wird dann der Leistungssollwert
P
soll gemäß der Formel 1 aus der Maximalleistung P
max, der geforderten Regelreserve R und der Sicherheit S berechnet und als Führungsgröße
an den in FIG 2 dargestellten Regelkreis 50 weitergegeben.
[0029] Außer den genannten Verdichter-Eintrittsbedingungen können weitere, die Maximalleistung
der Gasturbinenanlage beeinflussende Messgrößen, beispielsweise die Netzfrequenz oder
die Betriebsstunden seit der letzen Verdichterwäsche (x
ΔOH, OH: Operating Hours), erfasst und im Umrechnungsfaktor f(x
i) berücksichtig werden.
[0030] Mittels der in FIG 3 dargestellten Vorrichtung 70 wird außerdem in regelmäßigen Abständen
eine Kalibrierung durchgeführt.
[0031] Im Rahmen dieser Kalibrierung wird eine neue Referenzleistung P
ref berechnet und im Speicher 75 abgelegt. Das Kalibrieren ist beispielsweise bei Grundlastzuständen
der Gasturbinenanlage möglich. Dabei wird die aktuelle Gasturbinenleistung mittels
des Leistungssensors 73 erfasst und an die Referenzleistungs-Berechnungseinheit 86
weitergegeben. Diese empfängt außerdem von der Berechnungseinheit 74 den aktuellen
Umrechnungsfaktor f(x
i). Die Referenzleistung P
ref ergibt sich dann aus dem Quotienten der gemessenen Leistung, im folgenden P
kal bezeichnet, und dem auf der Basis der gleichzeitig gemessenen Messgrößen x
i ermittelten Umrechnungsfaktor, im folgenden f
kal(x
i) bezeichnet. Die so ermittelte neue Referenzleistung P
ref wird dann im Speicher 75 als neue, d.h. kalibrierte Referenzleistung, gespeichert
und steht im Folgenden der Umrechnungseinheit 76 als Referenzleistung P
ref zur Verfügung.
[0032] Das Kalibrieren erfolgt bei Inbetriebnahme der Anlage und danach in regelmäßigen
Abständen. Zum Auslösen des Speicherns der neuen Referenzleistung dient eine Auslöseeinheit
88. Die Berechnungseinheit 74, die Referenzleistungs-Berechnungseinheit 86 und die
Auslöseeinheit 88 bilden zusammen eine Aktualisierungseinheit zum Aktualisieren bzw.
Kalibrieren der Referenzleistung P
ref.
[0033] Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wurde in der Berechnungseinheit 74 ein Modell
des Kraftwerks verwendet. Alternativ ist es auch möglich, Umrechnungskurven zu verwenden,
die für jede erfasste Messgröße x
i eine Beziehung f
i repräsentieren. Der Umrechnungsfaktor f(x
i) ergibt sich dann aus dem Produkt der Einzelfaktoren f
i. Wenn beispielsweise je ein Faktor für die Verdichter-Eintrittstemperatur (Faktor
f
TV), für den Verdichter-Eintrittsdruck (f
PV), die Verdichter-Eintrittstemperatur (f
V) und für die Netzfrequenz (f
N) vorhanden sind, so ergibt sich der Umrechnungsfaktor zu

[0034] Die regelmäßige Kalibrierung der Referenzleistung P
ref ermöglicht es, wechselnde Verschmutzungszustände des Verdichters zu berücksichtigen.
Beispielsweise führt eine zunehmende Verschmutzung bei unveränderter Stellung der
Verdichterleitschaufeln zu einer Verringerung des Luftmassenstroms zur Brennkammer.
Da die mögliche Maximalleistung bei einer gegebenen Abgastemperatur der Turbine unter
anderem vom Luftmassenstrom abhängt, führt eine zunehmende Verschmutzung zu einer
Verringerung der maximalen Turbinenleistung. Durch die Kalibrierung kann die zunehmende
Verringerung der Maximalleistung berücksichtigt werden. Nach einer Reinigung des Verdichters
steht dann wieder der größtmögliche Luftmassenstrom zur Verfügung. Mittels einer Neukalibrierung
kann das System dann wieder an den gereinigten Verdichter angepasst werden.
[0035] Wird über einen (längeren) Zeitraum weder eine Kalibrierung noch eine Verdichterwäsche
durchgeführt, so kann die sich ergebende Verringerung der Maximalleistung durch den
Faktor f
ΔOH Berücksichtigung finden.
1. Verfahren zum Ermitteln der aktuellen Maximalleistung (P
max) einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und
Dampfturbinenanlage, mit den Schritten:
- Erfassen mindestens einer die Maximalleistung (Pmax) beeinflussenden Messgröße (xi);
- Ermitteln einer Umrechnungsgröße (f(xi)) aus der mindestens einen erfassten Messgröße (xi), welche die Änderung der aktuellen Maximalleistung (Pmax) bezogen auf eine Referenzleistung (Pref) repräsentiert; und
- Umrechnen der Referenzleistung (Pref) in die aktuelle Maximalleistung (Pmax) mit Hilfe der Umrechnungsgröße (f(xi)).
2. Verfahren nach Anspruch 1, in dem die Umrechnungsgröße (f(xi)) anhand eines Kraftwerksmodells ermittelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, in dem die Umrechnungsgröße (f(xi)) anhand mindestens einer vorab ermittelten Umrechnungskurve ermittelt wird.
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die Referenzleistung (Pref) mindestens zu einem Zeitpunkt kalibriert wird.
5. Verfahren nach Anspruch 5, in dem zum Kalibrieren der Referenzleistung (Pref) die aktuelle Gasturbinenleistung und der aktuelle Wert der mindestens einen Messgröße
(xi) gemessen werden und daraus auf der Basis des Kraftwerksmodells oder der mindestens
einen Umrechnungskurve die Referenzleistung (Pref) ermittelt wird.
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die Umrechnungsgröße (f(xi)) ein von den Messgrößen (xi) abhängender Umrechnungsfaktor ist.
7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die aktuelle Maximalleistung
(Pmax) einer Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage ermittelt wird und
als Messgröße (xi) mindestens eine der folgenden Größen gemessen wird: Verdichter-Eintrittstemperatur
der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsdruck der Gasturbine, Verdichter-Eintrittsfeuchte
der Gasturbine, Netzfrequenz, Betriebsstunden seit der letzten Verdichterwäsche.
8. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, in dem die Messgrößen (xi) kontinuierlich oder wiederholt gemessen werden und die aktuelle Maximalleistung
(Pmax) kontinuierlich oder wiederholt ermittelt wird.
9. Verfahren zum Ermitteln des aktuellen Leistungssollwertes (Psoll) einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer Turbinenanlage, aus der aktuellen Maximalleistung
(Pmax) der Kraftwerksanlage, wobei die aktuelle Maximalleistung (Pmax) gemäß einem der vorangehenden Ansprüche ermittelt wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, in dem der Leistungssollwert (Psoll) kontinuierlich oder wiederholt aus der aktuellen Maximalleistung (Pmax) der Kraftwerksanlage ermittelt wird und das Ermitteln der Maximalleistung (Pmax) gemäß Anspruch 8 erfolgt.
11. Verfahren zum Regeln einer Gasturbinenanlage, in dem der Leistungssollwert (Psoll) als Führungsgröße (W) vorgegeben wird und der Leistungssollwert (Psoll) gemäß Anspruch 9 oder 10 ermittelt wird
12. Regelungsvorrichtung (50, 70) zum Regeln einer Kraftwerksanlage, insbesondere einer
Gasturbinenanlage oder einer Gas- und Dampfturbinenanlage auf der Basis einer einen
Leistungssollwert (P
soll) repräsentierenden Führungsgröße (W) mit:
- mindestens einem zum Erfassen einer die Maximalleistung (Pmax) der Kraftwerksanlage beeinflussenden Messgröße (xi) und zum Ausgeben einer die Messgröße (xi) repräsentierenden Sensorgröße ausgebildeten Messgrößensensor (72),
- einem Speicher (75) mit einer darin gespeicherten Referenzleistung (Pref),
- einer mit dem mindestens einen Messgrößensensor (72) zum Empfang der Sensorgröße
und mit dem Speicher (75) zum Empfang der Referenzleistung (Pref) verbundenen Umrechnungseinheit (74, 76), die ein Kraftwerksmodell oder mindestens
eine Umrechnungskurve beinhaltet und die zum Umrechnen der Referenzleistung (Pref) in die aktuelle Maximalleistung (Pmax) sowie zum Ausgeben einer die Maximalleistung (Pmax) repräsentierenden Maximalleistungsgröße ausgestaltet ist, und
- einer Leistungssollwert-Berechungseinheit (78), die zum Empfang der Maximalleisungsgröße
mit der Umrechnungseinheit (74, 76) verbunden ist und die zum Berechnen des Leistungssollwertes
(Psoll) auf der Basis der Maximalleisungsgröße und mindestens einer vorgegebene Regelreservegröße
(R) ausgebildet sowie zum Ausgeben einer Leistungssollwertgröße als Führungsgröße
(W) ausgestaltet ist.
13. Regelungsvorrichtung (50, 70) nach Anspruch 12, in der die Leistungssollwert-Berechungseinheit
(78) zum Berechnen des Leistungssollwertes (Psoll) auf der Basis der Maximalleisungsgröße, einer vorgegebene Regelreservegröße (R)
und einer vorgegebenen Sicherheitsgröße (S) ausgebildet ist.
14. Regelungsvorrichtung nach Anspruch 12 oder 13, die zusätzlich umfasst:
- einen Leistungssensor (73), der zum Erfassen der aktuellen Leistung der Kraftwerksanlage
und zum Ausgeben einer die aktuelle Leistung repräsentierenden Leistungsgröße ausgestaltet
ist, und
- eine Aktualisierungseinheit (74, 86, 88), die zum Empfang der Leistungsgröße mit
der Leistungssensor (73), zum Empfang der Sensorgröße mit dem mindestens einen Messgrößensensor
(72) und zur Ausgabe einer Referenzleistung (Pref) mit dem Speicher (75) verbunden ist und die zum Ermitteln der Referenzleistung (Pref) aus der empfangenen Leistungsgröße und der mindestens einen empfangenen Sensorgröße
ausgestaltet ist.
15. Kraftwerksanlage, insbesondere Gasturbinenanlage oder Gas- und Dampfturbinenanlage,
mit einer Regelungsvorrichtung (50, 70) nach einem der Ansprüche 12 bis 14.