(57) Bei notwendigem Überführen in einen Haltebetrieb der Fischer-Tropsch-Synthese infolge
Störungen, die ein Nichtbeherrschen der Fischer-Tropsch-Reaktionen zur Folge haben,
wird nach Trennung der Synthesefrischgastufuhr zum Fischer-Tropsch-Reaktor der Reaktor
nicht entspannt und die Temperatur
nicht unterhalb der Temperatur emiedrigt, unter der keine Fischer-Tropsch-Reaktion mehr
stattfindet, sondern mit einem katalysatorgiftfreien Inertgas, das in einem Behälter
mit höherem Druck als der Betriebsdruck der Fischer-Tropsch-Synthese vorgehalten wird,
beaufschlagt, bis die reagierenden Komponenten über das Druckhalteventil aus dem FT-System
ausgespült sind. Dabei wird der Reaktor unter Beibehaltung von Druck und Temperatur
innerhalb einiger Sekunden lediglich inertisiert und die Fischer-Tropsch-Reaktion
damit unterbrochen. Eine Katalysatorschädigung tritt nicht auf und auch eine Änderung
der Flüssigphasensituation am Katalysator wird vermindert, bzw. tritt nicht auf, was
die spätere Inbetriebnahmephase erleichtert.
[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anfahren im Notfall (Not-AUS) einer Fischer-Tropsch-Synthese
(FTS) mit porösen Katalysatoren in Kombination mit einer Anlage zur Erzeugung von
Synthesegas aus Brennstoffen.
[0002] Das Anwendungsgebiet der Erfindung ist die Herstellung von synthetischen Kohlenwasserstoffen
über eine Fischer-Tropsch-Synthese wie beispielsweise Benzin, Diesel und Wachs in
Verbindung mit einer Anlage zur Herstellung von Synthesegas aus Brennstoffen.
[0003] Die zunehmende Verringerung der Verfügbarkeit von flüssigen Kraftstoffen aufgrund
der steigenden Nachfrage und der mittelfristigen Endlichkeit von Erdöl führt zur verstärkten
Anwendung der Fischer-Tropsch-Synthese zur Erzeugung von flüssigen Kohlenwasserstoffen
über den Weg der Gaserzeugung sowohl aus Brennstoffen wie Erdgas und Kohle, die eine
längere Verfügbarkeit aufweisen als Erdöl, als auch aus nachwachsenden Rohstoffen.
[0004] Bereits in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Deutschland und in den 50er
Jahren des vorigen Jahrhunderts in Südafrika wurde aus Verfügbarkeitsgründen von flüssigen
Kraftstoffen die Fischer-Tropsch-Synthese, die in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts
entwickelt wurde, auf Basis Kohlevergasung betrieben. In den vergangenen zwei Jahrzehnten
beschäftigen sich auch mehrere Mineralölgesellschaften verstärkt mit der Entwicklung
und industriellen Anwendung der Kombination Vergasung von Erdgas bzw. Erdölbegleitgas
und Kraftstoffsynthese. Der Stand der Technik wird hier von Shell mit der Anlage in
Bintulu, Malaysia, bestimmt.
[0005] Eine Gesamtanlage für die Fischer-Tropsch-Synthese besteht aus mehreren technologischen
Einheiten mit mindestens folgenden Verfahrensschritten:
- Gaserzeugung zur Herstellung eines H2-CO-Gasgemisches mit mehr oder weniger anderen Gaskomponenten wie CO2, CH4, N2, außer Katalysatorgiften,
- Gasreinigung,
- Gaskonditionierung zur Herstellung der gewünschten Syntheseparameter wie u.a. H2-CO-Verhälnis,
- Ggf. Kompression für den vorgesehenen Betriebsdruck in der Synthese, wenn Gaserzeugung
und Synthese nicht bei gleichen Drücken betrieben werden,
- Feinreinigung zur Restentfernung der Katalysatorgifte,
- und der eigentlichen Fischer-Tropsch-Synthese, der weitere Anlagensysteme wie Crack-Anlage
und/oder Destillationsanlage nachgeschalten sein können.
[0006] Bei Störungen in der Fischer-Tropsch-Synthese und den vorgelagerten Verfahrensschritten
sowie auch bei Stromausfall kann es erforderlich sein, die Synthese abzufahren, um
nicht den Katalysator zu schädigen.
[0007] Bei Ausfall der Synthesegaszufuhr zum Fischer-Tropsch-Reaktor führt die verbleibende
Gasmenge im Fischer-Tropsch-Reaktor zu einem Überschreiten der zulässigen Reaktionstemperatur
, d.h. die Reaktion gerät außer Kontrolle, wird nicht beherrscht und führt damit zur
Schädigung sowie zur Inaktivierung des Katalysators.
[0008] Bei Störungen, die ein Nichtbeherrschen der stark exothermen Fischer-Tropsch-Reaktion
zur Folge haben könnte, ist die Fischer-Tropsch-Synthese schnell in einen sicheren
Zustand zu überführen. Dazu wird die Fischer-Tropsch-Synthese von der Synthesefrischgaszufuhr
getrennt, entspannt sowie in der Temperatur schnellstmöglich abgesenkt auf Werte,
bei denen keine Fischer-Tropsch-Reaktion mehr stattfindet, und i.d.R. mit Stickstoff
gespült. Auch dabei können in Abhängigkeit von der Entspannungsgeschwindigkeit und
Abkühlungsgeschwindigkeit Schädigungen am Katalysator auftreten, die in Abhängigkeit
von der Höhe der Schädigung bis zum Wechsel des Katalysators führen können. Bei entsprechend
langsamem Abfahren können können die Schädigungen minimiert werden. Die Schädigungen
des Katalysators können sowohl mechanischer Art sein als auch in einer Verringerung
der katalytischen Wirksamkeit liegen.
[0009] Nach Beseitigung der Störung ist, wenn keine totale Schädigung am Katalysator auftrat,
wieder eine langwierige Inbetriebnahme erforderlich.
[0010] Damit einher steigen die Produktionskosten durch einen höheren Katalysatorbedarf,
durch eine geringere Verfügbarkeit der Anlage sowie durch eine geringere spezifische
Leistung des Synthesereaktors.
[0011] Auch eigene Versuche in einer 200 kW-Fischer-Tropsch-Anlage haben gezeigt, dass die
Reisezeiten von Fischer-Tropsch-Katalysatoren, wenn o.g. Störungen aufgetreten sind,
nur einige Stunden bis wenigen Tagen betragen können.
[0012] Die Fischer-Tropsch-Synthese ist ein sehr sensibler Prozess. Deshalb sind Parameteränderungen,
insbesondere ihre schnelle Änderungen nach Möglichkeit zu vermeiden.
[0013] Ziel der Erfindung ist die Vermeidung von Ausfällen, Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit
bei der Produktion von flüssigen Kraftstoffen über Fischer-Tropsch-Synthese, Reduzierung
der Zeit für den Wieder-in-Betriebnahme-Prozess und die Erhöhung der spezifischen
Leistung des Synthesereaktors sowie Reduzierung von Katalysatorkosten für die Fischer-Tropsch-Synthese
durch aus dem Stand der Technik bedingten Abfahrbetrieb nach Auftreten von Störungen,
die bisher zum Abfahren gezwungen haben.
[0014] Die
technische Aufgabe besteht darin, bei notwendigen Parameteränderungen, wie sie für einen Abfahrbetrieb
bei Störungen erforderlich sind, eine derartige Prozedur vorzunehmen, dass aus einem
Abfahren ein Haltbetrieb wird und folgende Auswirkungen nach dem Stand der Technik
vermieden, bzw. vermindert werden:
- Mechanische Beanspruchung bis zur Zerkleinerung des Katalysators durch Druckentspannung
und die damit einhergehende Druckverlusterhöhung über die Katalysatorschüttung in
dem nachfolgenden Hochfahren der Anlage in den Normalbetrieb,
- Änderung der Schüttdichte der Katalysatorschüttung durch schnelle Temperaturabsenkung,
- Reduzierung der für eine kontrollierte Fischer-Tropsch-Reaktion erforderlichen Flüssigphasenschicht
auf der Katalysatoroberfläche,
- Hohe Sensibilität des Katalysators nach Wiederinbetriebnahme der Fischer-Tropsch-Synthese
analog der Erstinbetriebnahme,
- Relativ lange Zeitphase für die Wiederinbetriebnahme und damit geringe Produkterzeugung,
- Schnelle Alterung des Katalysators
- Hohe Beanspruchung und hohe Leistung einer für eine Entspannung der FT-Anlage notwendigen
Fackel
- Relativ hohe Emissionen zu Beginn eines jeden Haltebetriebes.
Erfindungsgemäß wird die technische Aufgabe folgendermaßen gelöst:
[0015] Bei notwendigem Überführen eines Abfahrbetriebsfalls in einen Haltebetrieb der Fischer-Tropsch-Synthese
infolge Störungen, die ein Nichtbeherrschen der Fischer-Tropsch-Reaktionen zur Folge
haben, wird nach Trennung der Synthesefrischgaszufuhr zum Fischer-Tropsch-Reaktor
der Reaktor
nicht entspannt und die Temperatur
nicht unterhalb der Temperatur erniedrigt, unter der keine Fischer-Tropsch-Reaktion mehr
stattfindet, sondern mit einem katalysatorgiftfreien Inertgas, das in einem Behälter
mit höherem Druck, vorzugsweise größer als das Zweifache, als der Betriebsdruck der
Fischer-Tropsch-Synthese vorgehalten wird, verzögerungsfrei, mindestens innerhalb
weniger als 30 Sekunden, beaufschlagt, bis die reagierenden Komponenten über das Druckhalteventil
aus dem FT-System ausgespült sind. Dabei wird der Reaktor unter Beibehaltung von Druck
und Temperatur lediglich inertisiert und die Fischer-Tropsch-Reaktion damit unterbrochen.
Nach 90 Sekunden, vorzugsweise nach 120 Sekunden, wird auch die Inertgaszufuhr und
gleichzeitig das abströmende Gas aus dem Fischer-Tropsch-System geschlossen. Damit
bleibt das Reaktorsystem unter Druck. Eine Katalysatorschädigung tritt nicht auf,
und auch eine Änderung der Flüssigphasensituation am Katalysator wird vermindert,
bzw. tritt nicht auf, was die spätere Inbetriebnahmephase erleichtert.
Ausführungsbeispiel:
[0016] Die Erfindung wird an einem Beispiel erläutert.
[0017] Beim Auftreten einer Störung, die die Gaszufuhr zum Reaktor unterbricht, wird automatisch
das System der Frischgaszufuhr zur Fischer-Tropsch-Anlage getrennt und zeitgleich
ein Ventil geöffnet, so dass Methan aus einem Vorratsbehälter, der unter einen Druck
von bis zu 200 bar steht, in die Zuführungsleitung zum Fischer-Tropsch-Reaktor mit
dem Volumenstrom zugeführt wird, die dem Wert unter Normalbetrieb entspricht. Das
absolute Inertgasvolumen selbst entspricht im Idealfall dem Volumen des Fischer-Tropsch-Reaktors.
Die Methanzufuhr wird nur so lange betrieben, bis die Reaktanten der Fischer-Tropsch-Synthese
H
2 und CO unterhalb eines kritischen Wertes, im Idealfall Null, liegen.
[0018] Der kritische Wert hängt von der Art des Katalysators ab und von der Normalbetriebstemperatur
des Fischer-Tropsch-Reaktors.
[0019] Nach dieser Prozedur läuft im Fischer-Tropsch-Reaktor keine Reaktion mehr ab, und
es können keine kritischen Situationen auftreten. Je nach Situation, die die Störung
hervorgerufen hat, können danach unkritische Parameteränderungen vorgenommen werden
oder auch bei den herrschenden Parametern Druck und Temperatur verbleiben.
[0020] Nach Beseitigung der Störung kann die Synthesefrischgaszufuhr zum Reaktor nach einer
vereinfachten und schnelleren Inbetriebnahme vorgenommen werden, da der Zustand des
Reaktionssystems (Fischer-Tropsch-Katalysator/Synthesegas/Flüssigprodukt auf dem Katalysator)
praktisch nicht verändert wurde.
[0021] Zu beachten ist, dass beim Haltebetrieb dem Reaktor Wärme zugeführt wird und bei
der Wiederinbetriebnahme die Reaktionswärme abzuführen ist. Dieser Vorgang ist automatisch
regelungstechnisch realisiert, so dass lediglich die Regelungscharakteristik bei der
Wiederinbetriebnahme zu berücksichtigen ist.
1. Verfahren zum Überführen eines bisher erforderlichen Abfahrbetriebes in einen Haltebetrieb
der Fischer-Tropsch-Synthese bei Störungen, die ein Nichtbeherrschen der Fischer-Tropsch-Reaktion
zur Folge hat, dadurch gekennzeichnet, dass der Fischer-Tropsch-Synthesereaktor von der Synthesefrischgaszufuhr getrennt, zur
Vermeidung von Druckabfällen nicht entspannt und die Temperatur nicht abgesenkt (Druck
und Temperatur quasi konstant), sondern verzögerungsfrei, höchstens 30 Sekunden später,
mit einem katalysatorgiftfreien Inertgas volumenstromgleich entsprechend dem Normalbetrieb
beaufschlagt wird, bis die reagierenden Komponenten über das Druckhalteventil aus
dem FT-System ausgespült sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Beaufschlagen mit katalysatorgiftfreiem Inertgas nach 90 Sekunden, vorzugsweise
nach 120 Sekunden, die Zufuhr des Inertgases und gleichzeitig das abströmende Gas
aus dem Fischer-Tropsch-System geschlossen werden, wodurch das Reaktorsystem eingeschlossen
ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Fischer-Tropsch-Synthese-Reaktor von der Synthesefrischgaszufuhr getrennt, zur
Vermeidung von Druckabfällen nicht entspannt und die Temperatur nicht abgesenkt (Druck
und Temperatur quasi konstant), sondern mit einem katalysatorgiftfreien Inertgas mit
25 % bis 100 % des volumenstromgleichen Gasstromes in den Reaktor entsprechend dem
Normalbetrieb beaufschlagt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Befüllen mit katalysatorgiftfreiem Inertgas der Druck allmählich, ohne schnelle
Änderungen, auf einen Wert abgesenkt wird, der noch oberhalb der Starttemperatur für
eine Fischer-Tropsch-Reaktion liegt.
5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Absenkung der Temperatur im Fischer-Tropsch-Reaktor lediglich bis maximal 20
°K unterhalb der Betriebstemperatur vorgenommen wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Befüllen mit katalysatorgiftfreiem Inertgas der Druck allmählich, ohne schädigenden
Einfluss auf Katalysator und/oder auf Anlagenkomponenten auf ein beliebiges Niveau
reduziert werden kann, vorzugsweise jedoch auf ein Niveau von 80% des Synthesedruckes.
7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass als katalysatorgiftfreies Inertgas Edelgas oder Methan oder beliebige Gemische aus
Methan, Ethan, Ethen und Edelgas sowie Stickstoff verwendet werden können.
8. Verfahren nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das katalysatorgiftfreie Inertgas auch Wasserstoff enthält, um eine reduzierende
Atmosphäre im Fischer-Tropsch-Reaktor zu sichern.
9. Verfahren nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass Purgegas als katalysatorgiftfreies Inertgas verwendet wird, das zu diesem Zweck in
einem Speicherbehälter bei einem Druck oberhalb des Synthesedruckes ausreichend vorgehalten
wird, das Druck-Volumen-Produkt jedoch mindestens das Zweifache des Druck-Volumen-Produktes
vom Reaktorsystem besitzt.
10. Verfahren nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Zufuhr von katalysatorgiftfreiem Inertgas nur so lange erfolgt, bis die Reaktanten
H2 und CO der Fischer-Tropsch-Synthese aus dem Fischer-Tropsch-Reaktor herausgespült
sind, wobei die Zeit von der jeweiligen Reaktorgröße und vom zuströmenden Inertgasstrom
abhängt.