[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum verbindungsschichtfreien Gasnitrieren einer
Oberfläche eines Werkstücks, sowie ein verbindungsschichtfrei nitriertes Werkstück
gemäss dem Oberbegriff des unabhängigen Anspruchs der jeweiligen Kategorie.
[0002] Verfahren und Vorrichtungen zum Gasnitrieren von Werkstücken, z.B. mittels Ammoniakgas
(NH
3), sind aus dem Stand der Technik in vielen Varianten wohlbekannt.
[0003] Die bekannten Verfahren, die vornehmlich zum Vergüten und Härten der Oberflächen
der Werkstücke dienen, haben dabei vor allem für spezielle Anwendungen bestimmte Nachteile,
die letztlich auf die Art und Weise der Schichtbildung während der verschiedenen Verfahrensschritte
beim Gasnitrieren zurückzuführen sind.
[0004] In bestimmten Fällen ist die Bildung der Verbindungsschicht beim Gasnitrieren unerwünscht,
weil für spezielle Anwendungen damit bestimmte Nachteile verbunden sind. Das trifft
beispielsweise auf Werkstücke zu, bei welchen hohe Dauerfestigkeiten unter Schwingungs-
und Biegebelastungen gefordert sind. Ein typisches Beispiel sind Spiralfedern, wie
sie bei Einlass- und Auslassventilen von Verbrennungskraftmaschinen zum Einsatz kommen.
Bei den verhältnismässig hohen Drehzahlen dieser Motoren werden die Ventile einige
zehn bis im Extremfall sogar zum Beispiel 100 mal pro Sekunde betätigt, wodurch die
entsprechenden Spiralfedern, die das Schliessen der Ventile bewirken oder Unterstützen,
extrem hohen Biege- bzw. Schwingungsbelastungen ausgesetzt sind.
[0005] In solchen und vergleichbaren Anwendungen wirkt sich die Verbindungsschicht sehr
negativ, insbesondere in Bezug auf die Eigenschaften der Oberflächen nahen Bereiche
des beanspruchten Werkstücks aus.
[0006] Die Aufgabe der Erfindung ist es daher ein Verfahren zum Gasnitrieren eines Werkstücks,
sowie ein nach dem Verfahren behandeltes Werkstück bereitzustellen, so dass das Werkstück
eine Oberfläche höchster Güte erhält, die insbesondere in Bezug auf Dauerfestigkeit
unter Biegungs- und / oder Schwingungsbeanspruchung deutlich verbesserte Eigenschaften
aufweist.
[0007] Die diese Aufgaben lösenden Gegenstände der Erfindung sind durch die Merkmale des
unabhängigen Anspruchs der jeweiligen Kategorie gekennzeichnet.
[0008] Die jeweiligen abhängigen Ansprüche beziehen sich auf besonders vorteilhafte Ausführungsformen
der Erfindung.
[0009] Die Erfindung betrifft somit ein Verfahren zum verbindungsschichtfreien Gasnitrieren
einer Oberfläche eines Werkstücks in einer Gasatmosphäre, umfassend die folgenden
Verfahrensschritte: Einbringen des Werkstücks in eine Prozesskammer, wobei die Prozesskammer
zum Herstellen und Aufrechterhalten der Gasatmosphäre Gaszuführungsmittel zur Zuführung
von Fluiden, insbesondere zur Zuführung von Wasser und Gasen in die Prozesskammer,
umfasst; Aufheizen des Werkstücks in einer Stickstoff und / oder Sauerstoff Gasatmosphäre,
insbesondere in einer Stickstoff Gasatmosphäre; Nitrieren des Werkstücks während einer
ersten Nitrierphase; Fortsetzung des Nitrierens in einer auf die erste Nitrierphase
folgenden zweiten Nitrierphase, wobei erfindungsgemäss in der ersten Nitrierphase
und / oder in der zweiten Nitrierphase ein Ammoniakgehalt der Gasatmosphäre reduziert
wird.
[0010] Durch Anwendung des erfindungsgemässen Verfahrens ist sicher gestellt, dass das Werkstück
an der Oberfläche lediglich eine Diffusionszone erhält, die Oberfläche eine hohe Härte
aufweist und die Eigenschaften des Werkstücks in Bezug auf Dauerfestigkeit bei Schwingungsbeanspruchungen
wesentlich verbessert wird.
[0011] In einem speziellen Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemässen Verfahrens umfasst
das Verfahren die folgenden Verfahrenschritte: Einbringen des Werkstücks in eine Prozesskammer
zum Gasnitrieren und Zuführung eines Prozessgases; Aufheizen des Werkstücks in der
Gasatmosphäre während einer Aufheizphase und einer vorgegebenen Gleichgewichtstemperatur;
Halten des Werkstücks während einer Gleichgewichtsphase auf der Gleichgewichtstemperatur;
Erhöhung der Temperatur des Werkstücks in der Prozesskammer während einer zweiten
Aufheizphase mit Stickstoff und / oder Ammoniak und / oder Wasserstoff auf die vorgegebene
Prozesstemperatur; Halten des Werkstücks auf Prozesstemperatur in einem Prozessgas
bestehend aus Ammoniak oder Ammoniak und Stickstoff während einer Annitrierphase;
Halten des Werkstücks auf Prozesstemperatur und Verdünnen des Ammoniak Gehaltes mit
Zusatzgasen während einer ersten Nitrierphase, insbesondere mit Stickstoff und / oder
Wasserstoff und / oder Kohlendioxid und / oder anderen geeigneten Zusatzgasen; Halten
des Werkstücks auf Prozesstemperatur und Verdünnen des Ammoniakgehaltes mit den zuvor
genannten Zusatzgasen während einer zweiten Nitrierphase, wobei der Gehalt an Ammoniak
im Gasstrom kleiner ist als in der vorangegangenen ersten Nitrierphase; Halten des
Werkstücks auf Prozesstemperatur und weiteres Verdünnen des Ammoniakgehaltes mit den
oben genannten Zusatzgasen während einer dritten Nitrierphase, wobei der Gehalt an
Ammoniak kleiner ist als in der vorangegangen zweiten Nitrierphase; Abkühlen des Werkstücks
unter Stickstoff.
[0012] Beim Aufheizen des Werkstücks während der Aufheizphase kann als Prozessgas sowohl
Stickstoff als auch Luft oder Wasserdampf oder eine Mischung dieser Gase verwendet
werden. Das Werkstück wird dann während der Gleichgewichtsphase mit einem ersten Prozessgas
(Stickstoff und / oder Sauerstoff und / oder Wasserdampf) bei der Gleichgewichtstemperatur,
die zwischen 200°C und 600°C liegen kann, bevorzugt in der Nähe von 350°C liegt, für
eine vorgegebene Zeitdauer gehalten. Anschliessend wird die Temperatur während der
zweiten Aufheizphase auf die vorgegebene Prozesstemperatur erhöht, wobei als zweites
Prozessgas Stickstoff und / oder Wasserstoff und / oder Ammoniak zugeführt wird. Die
Prozesstemperatur kann dabei je nach Werkstück und sonstigen Anforderungen z.B. zwischen
300°C und 600°C, bevorzugt zwischen 350°C und 500°C liegen.
[0013] Danach wird in der Annitrierphase ein drittes Nitriergas, bevorzugt Ammoniak, zugeführt.
Die Annitriertemperatur kann gleich oder verschieden von der Prozesstemperatur sein.
Die Annitriertemperatur kann im speziellen erheblich nach oben oder unten von der
Prozesstemperatur abweichen. Die Annitrierdauer ist bevorzugt kurz im Verhältnis zur
Behandlungsdauer bei der Prozesstemperatur, und liegt bei ca. 5 min bis 60 min, bevorzugt
bei 15 min.
[0014] Anschliessend wird das Werkstück in der ersten Nitrierphase bei einer Nitriertemperatur
in einer Nitriergasatmosphäre, die als Nitriergas z.B. Ammoniak und / oder Methan
und / oder Kohlendioxid und / oder Wasserstoff und / oder Stickstoff und / oder ein
anderes geeignetes Nitriergas enthalten kann, zur Erzeugung einer Diffusionsschicht
gasnitriert.
[0015] Daran anschliessend wird das Werkstück in einer zweiten Nitrierphase bei Nitriertemperatur
in einer Nitriergasatmosphäre mit einem geringeren Gehalt an Ammoniak im Nitriergas
und höheren Zusatzgasanteilen, z.B. Stickstoff und / oder Wasserstoff und / oder Kohlendioxid
und / oder einem anderen geeigneten Zusatzgasanteil als Nitriergas gasnitriert. Anschliessend
wird das Werkstück in einer dritten Nitrierphase bei Nitriertemperatur in einer Nitriergasatmosphäre
mit einem geringeren Gehalt an Ammoniak im Nitriergas und höheren Zusatzgasanteilen
als Nitriergas gasnitriert.
[0016] Wesentlich ist dabei, dass während der Behandlungsphase der Ammoniakgehalt bei der
Gaszufuhr in aufeinander folgenden Prozessschritten mit Zusatzgasen wie beispielsweise
Stickstoff, Wasserstoff oder Kohlendioxid verdünnt wird, wobei die Konzentration an
Ammoniak im Prozessgas in den aufeinander folgenden Nitrierphasen abnimmt. Dadurch
wird zum einen erreicht, dass keine Verbindungsschicht auf der Diffusionsschicht entsteht
und zum anderen wird diffusionsfähiger Stickstoff bereitgestellt, so dass die Diffusion
in Richtung Werkstückinneres nicht zum Stillstand kommt. Wird die Konzentration an
Ammoniak im Prozessgas zu gering gewählt, kommt es zu einer Entstickung der Werkstückoberflächen
nahen Bereiche und zu einem Härteverlust in der äusseren Randzone.
[0017] Die Vorteile des Verfahrens liegen somit insbesondere darin, dass das Werkzeug verbindungsschichtfrei
ist bei grossen Diffusionstiefen von 0.05 bis 0.5 mm, der Erzeugung einer reinen Diffusionsschicht
und der Erhöhung des Gebrauchsverhaltens von Biegungs- und Schwingungsbeanspruchten
Werkstücken und Bauteilen.
[0018] Die Anwendung des erfindungsgemässen Verfahrens eignet sich somit besonders, aber
nicht nur, für dynamisch belastete Bauteile und Werkstücke, wie z.B. Feder, Wellen
und Schmiedegesenken.
[0019] Bevorzugt, aber nicht notwendig, kann auch eine Kombinationsbehandlung von Gasnitrieren
und PVD-Beschichtung vorteilhaft vorgenommen werden. Da nämlich die Diffusionsschicht
Verbindungsschicht frei ist und die Oberfläche nach der Behandlung eine hohe Güte,
frei von Agglomeraten, aufweist, können auf dieser Oberfläche PVD-Schichten mit besonders
hohen Hafteigenschaften abgeschieden werden.
[0020] Wie bereits erwähnt wird bei einem bevorzugten Ausführungsbeispiel in der auf die
zweite Nitrierphase folgenden dritten Nitrierphase der Ammoniakgehalt weiter reduziert
wird.
[0021] Bei einem für die Praxis besonders wichtigen Ausführungsbeispiel umfasst das erfindungsgemässe
Verfahren weiter die folgenden Schritte: Einbringen des Werkstücks in die Prozesskammer
und Herstellung der Gasatmosphäre durch Zuführung eines ersten Prozessgases; Aufheizen
des Werkstücks in der Gasatmosphäre während einer Aufheizphase auf eine vorgegebene
Gleichgewichtstemperatur; Halten des Werkstücks bei der Gleichgewichtstemperatur während
einer Gleichgewichtsphase; weiteres Aufheizen des Werkstücks auf eine Prozesstemperatur
während einer zweiten Aufheizphase unter Zugabe eines zweiten Prozessgases in die
Gasatmosphäre der Prozesskammer, insbesondere unter Zugabe von Stickstoff und / oder
Wasserstoff und / oder Ammoniak und / oder eines anderen zweiten Prozessgases; Halten
des Werkstücks auf der Prozesstemperatur während einer Annitrierphase; Nitrieren des
Werkstücks bei einer ersten Nitriertemperatur während der ersten Nitrierphase und
Reduzierung des Ammoniakgehaltes in der Gasatmosphäre durch Zugabe eines Zusatzgases;
Nitrieren des Werkstücks bei einer zweiten Nitriertemperatur während der zweiten Nitrierphase
und weitere Reduzierung des Ammoniakgehaltes in der Gasatmosphäre durch Reduzierung
des Ammoniakanteils in Bezug auf das Zusatzgas; Nitrieren des Werkstücks bei einer
dritten Nitriertemperatur während der dritten Nitrierphase und weitere Reduzierung
des Ammoniakgehaltes in der Gasatmosphäre durch Reduzierung des Ammoniakanteils in
Bezug auf das Zusatzgas; Abkühlen des Werkstücks unter Stickstoffatmosphäre während
einer Abkühlphase.
[0022] Dabei kommen als Zusatzgase unter anderem vor allem Stickstoff, Wasserstoff, Kohlendioxid
oder ein anderes Zusatzgas in Frage.
[0023] In einem weiteren speziellen Ausführungsbeispiel umfasst das erste Prozessgas und
/ oder das zweite Prozessgas Luft und / oder Stickstoff, bevorzugt 30 % Luft und 70
% Stickstoff.
[0024] Die Gasatmosphäre kann in der zweiten Aufheizphase 70%, bevorzugt 90%, im Speziellen
100% Stickstoff umfassen.
[0025] Die Gastatmosphäre in der Annitrierphase umfasst im besonderen Ammoniak und Stickstoff,
bevorzugt 60% bis 90 % Ammoniak und / oder 10% bis 40% Ammoniak, im Speziellen 80%
Ammoniak und 20% Stickstoff.
[0026] Die Gleichgewichtstemperatur liegt zwischen 250°C und 400°C, insbesondere zwischen
300°C und 380°C, im speziellen bei 350°C.
[0027] Bei einem speziellen Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemässen Verfahrens ist
die erste Nitriertemperatur gleich der zweiten Nitriertemperatur und / oder die zweite
Nitriertemperatur gleich der dritten Nitriertemperatur und / oder die erste Nitriertemperatur
und / oder die zweite Nitriertemperatur und / oder die dritte Nitriertemperatur gleich
der Prozesstemperatur.
[0028] Im Speziellen kann dabei die erste Nitriertemperatur und / oder die zweite Nitriertemperatur
und oder die dritte Nitriertemperatur und / oder die Prozesstemperatur zwischen 300°C
und 600°C, insbesondere zwischen 400°C und 500°C, im Speziellen bei 440°C liegen.
[0029] Die Dauer der ersten Nitrierphase ist bevorzugt grösser als die Dauer der zweiten
Nitrierphase und / oder die Dauer der zweiten Nitrierphase ist grösser als die Dauer
der dritten Nitrierphase, wobei die Dauer der ersten Nitrierphase zwischen 200 min
und 500 min, bevorzugt zwischen 300 min und 400 min, im Speziellen bei 360 min liegt
und / oder der Ammoniakanteil in der ersten Nitrierphase zwischen 70% und 95%, bevorzugt
bei 85% liegt und / oder der Stickstoffanteil in der ersten Nitrierphase zwischen
5% und 15%, bevorzugt bei 9% liegt und / oder der Kohlendioxidanteil in der ersten
Nitrierphase kleiner als 5%, bevorzugt 1 % ist und / oder der Wasserstoffanteil zwischen
0% und 10%, bevorzugt bei 5% liegt.
[0030] Die Dauer der zweiten Nitrierphase liegt insbesondere zwischen 100 min und 400 min,
bevorzugt zwischen 200 min und 300 min, im Speziellen bei 240 min und / oder der Ammoniakanteil
in der zweiten Nitrierphase liegt zwischen 30% und 70%, bevorzugt bei 50% und / oder
der Stickstoffanteil in der zweiten Nitrierphase ist zwischen 20 % und 60%, bevorzugt
bei 44.5% und / oder der Kohlendioxidanteil in der zweiten Nitrierphase ist kleiner
als 3%, bevorzugt 0.5% und / oder der Wasserstoffanteil liegt zwischen 0% und 10%,
bevorzugt bei 5%.
[0031] Die Dauer der dritten Nitrierphase liegt zwischen 10 min und 100 min, bevorzugt zwischen
20 min und 60 min, im Speziellen bei 30 min und / oder der Ammoniakanteil in der dritten
Nitrierphase ist zwischen 20% und 60%, bevorzugt bei 40% und / oder der Stickstoffanteil
in der dritten Nitrierphase liegt zwischen 30 % und 70%, bevorzugt bei 55% und / oder
der Kohlendioxidanteil in der dritten Nitrierphase ist kleiner als 2%, bevorzugt 0%
und / oder der Wasserstoffanteil ist zwischen 0% und 10%, bevorzugt bei 5%.
[0032] In einem weiteren Ausführungsbeispiel wird das Werkstück nach dem Gasnitrieren mit
einer Oberflächenschicht mittels eines PVD-Verfahrens versehen.
[0033] Wie bereits erwähnt betrifft die Erfindung weiter ein Werkstück, das unter anderem
eine Feder, eine Welle, eine Schmiedegesenk, bevorzugt ein SiCrV-legiertes Werkstück,
im Speziellen eine Ventilfeder aus Ventilfederstahl mit 0.5% bis 1 % Chrom sein kann
und das gemäss einem oben beschriebenen erfindungsgemässen Verfahren gasnitriert ist.
[0034] Das Werkstück hat dabei eine Verbindungsschicht deren Dicke kleiner als 3 µm, bevorzugt
kleiner als 1 µm ist und / oder eine Nitrierhärtetiefe von grösser als 0.04 mm aufweist.
[0035] Bevorzugt ist die Oberflächenhärte des Werkstücks grösser als 600 HV0.5, bevorzugt
grösser als 800 HV0.5 ist und / oder weist in 0.05 mm Tiefe eine Härte von grösser
als 400 HV0.5, bevorzugt grösser als 600 HV0.5 auf und / oder hat eine Kernhärte nach
dem Gasnitrieren von mindesten 400 HV10, bevorzugt von mindestens 520 HV10.
[0036] Es versteht sich von selbst, dass die Erfindung nicht auf die in dieser Anmeldung
exemplarisch beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt ist und insbesondere alle
geeigneten Kombinationen der geschilderten Ausführungsformen von der Erfindung umfasst
sind.
[0037] Im Folgenden wir die Erfindung an Hand der schematischen Zeichnung näher erläutert.
Es zeigt:
- Fig. 1
- ein Zeit-Temperatur Schema eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemässen Verfahrens;
[0038] In Fig. 1 ist schematisch ein für die Praxis besonders wichtiges Ausführungsbeispiel
eines erfindungsgemässen Verfahrens dargestellt, wie es zum Beispiel, aber nicht nur,
zum Nitrieren von Ventilfedern, wie sie beispielsweise bei Ein- und / oder Auslassventilen
von Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen zum Einsatz kommen, besonders vorteilhaft
angewendet werden kann.
[0039] Die Federn werden zunächst in eine Prozesskammer einer Gasnitrieranlage eingebracht,
wobei die Gasnitrieranlage an sich in vielfältigen Ausführungsformen dem Fachmann
wohl bekannt ist und daher im Rahmen dieser Anmeldung nicht weiter im Detail beschrieben
werden muss.
[0040] Nachdem die Federn in die Prozesskammer eingebracht sind, wird in der Prozesskammer
eine Gasatmosphäre aus einem ersten Prozessgas 1 umfassend ca. 30% Luft und ca. 70%Stickstoff
hergestellt, und das Werkstück, hier also die Federn, während einer Aufheizphase A
in der Gasatmosphäre auf eine vorgegebene Gleichgewichtstemperatur GT aufgeheizt,
die im vorliegenden Beispiel 350°C beträgt.
[0041] Die Federn werden sodann während einer Gleichgewichtsphase G in einem zweiten Prozessgas
2, das im vorliegenden speziellen Ausführungsbeispiel der Fig. 1 identisch zum ersten
Prozessgas 1 ist, bei der Gleichgewichtstemperatur GT von 350°gehalten.
[0042] Danach wird in der Prozesskammer eine Gasatmosphäre mit einem dritten Prozessgas
3 hergestellt, und die Temperatur während einer zweiten Aufheizphase A2 auf eine vorgegebene
Prozesstemperatur PT erhöht. Die Prozesstemperatur PT ist im vorliegenden speziellen
Ausführungsbeispiel gleich der Nitriertemperatur NT, die hier 440°C beträgt. Das dritte
Prozessgas 3 besteht dabei im wesentlichen, das heisst abgesehen von für den Prozess
irrelevanten Verunreinigungen, zu 100% aus Stickstoff.
[0043] Bei Erreichen der Prozesstemperatur PT wird das Werkstück, also hier die Federn,
während einer Annitrierphase AP für eine relativ kurze Zeitspanne, z.B. für 15 min
in einer Gasatmosphäre mit einem vierten Prozessgas 4, umfassend ca. 80% Ammoniak
und ca. 20% Stickstoff zur Erzeugung einer Diffusionsschicht gasnitriert. In den drei
darauf folgenden Nitrierphasen N1, N2 und N3 wird die Diffusionszone in die Tiefe
des Werkstücks aufgebaut, wobei die Prozessgase nach einem vorgegebenen Schema, wie
exemplarisch in Tabelle 1 aufgelistet, variiert werden.
Tabelle 1: Schema zum Abmagern der Ammoniakkonzentration während der Nitrierphasen N1, N2,
N3 für das spezielle Ausführungsbeispiel gemäss Fig. 1.
| |
Nitrierphase N1 |
Nitrierphase N2 |
Nitrierphase N3 |
| Dauer |
360 min |
240 min |
30 min |
| Ammoniak |
85% |
50% |
40% |
| Stickstoff |
9% |
44.5% |
55% |
| Kohlendioxid |
1% |
0.5% |
0% |
| Wasserstoff |
5% |
5% |
5% |
[0044] Wesentlich ist dabei, dass die Konzentration an Ammoniak über die gesamte Nitrierzeit
in den drei Nitrierphasen N1, N2, N3 stufenweise und / oder stetig abnimmt. Im vorliegenden
speziellen Beispiel der Fig. 1 beträgt die Nitriertemperatur NT in allen drei Nitrierschritten
N1, N2, N3 ca. 440°C. Die Haltezeiten, also die Dauer der Nitrierphasen N1, N2, N3
sowie die Zusammensetzung der Prozessgase 5, 6, 7 in den Nitrierphasen sind ebenfalls
der Tabelle 1 zu entnehmen.
[0045] Nach dem Abschluss der letzten Nitrierphase N3 wird das Werkstück in der Prozesskammer
unter Zufuhr von Stickstoff in der Abkühlphase K abgekühlt.
[0046] Mit dem in Fig. 1 exemplarisch und oben detailliert beschriebenen speziellen Ausführungsbeispiel
des erfindungsgemässen Verfahrens lassen sich zum Beispiel an vergüteten SiCrV-legierten
Ventilfederstählen mit 0.5% bis 1.5%, im speziellen 0.5% bis 5.5% Chrom (z.B. 55SiCr7)
folgende Nitrierkennwerte erzielen:
- Verbindungsschicht kleiner als 1µm
- Oberflächenhärte grösser als 800 HV0.5
- Nitrierhärtetiefe grösser als 0.04 mm
- Härte in 0.05mm Tiefe grösser als 600 HV0.5
- Kernhärte vor der Behandlung min 560 HV10
- Kernhärte nach der Behandlung min 520 HV10.
1. Verfahren zum verbindungsschichtfreien Gasnitrieren einer Oberfläche eines Werkstücks
in einer Gasatmosphäre, umfassend die folgenden Verfahrensschritte:
- Einbringen des Werkstücks in eine Prozesskammer, wobei die Prozesskammer zum Herstellen
und Aufrechterhalten der Gasatmosphäre Gaszuführungsmittel zur Zuführung von Fluiden,
insbesondere zur Zuführung von Wasser und Gasen in die Prozesskammer, umfasst;
- Aufheizen des Werkstücks in einer Stickstoff und / oder Sauerstoff Gasatmosphäre,
insbesondere in einer Stickstoff Gasatmosphäre;
- Nitrieren des Werkstücks während einer ersten Nitrierphase (N1);
- Fortsetzung des Nitrierens in einer auf die erste Nitrierphase (N1) folgenden zweiten
Nitrierphase (N2);
dadurch gekennzeichnet, dass in der ersten Nitrierphase (N1) und / oder zweiten Nitrierphase (N2) ein Ammoniakgehalt
der Gasatmosphäre reduziert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei in einer auf die zweite Nitrierphase (N2) folgenden
dritten Nitrierphase (N3) der Ammoniakgehalt weiter reduziert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, umfassend die Verfahrensschritte:
- Einbringen des Werkstücks in die Prozesskammer und Herstellung der Gasatmosphäre
durch Zuführung eines ersten Prozessgases (1);
- Aufheizen des Werkstücks in der Gasatmosphäre während einer Aufheizphase (A) auf
eine vorgegebene Gleichgewichtstemperatur (GT);
- Halten des Werkstücks bei der Gleichgewichtstemperatur (GT) während einer Gleichgewichtsphase
(G);
- weiteres Aufheizen des Werkstücks auf eine Prozesstemperatur (PT) während einer
zweiten Aufheizphase (A2) unter Zugabe eines zweiten Prozessgases (2) in die Gasatmosphäre
der Prozesskammer, insbesondere unter Zugabe von Stickstoff und / oder Wasserstoff
und / oder Ammoniak und / oder eines anderen zweiten Prozessgases (2);
- Halten des Werkstücks auf der Prozesstemperatur (PT) während einer Annitrierphase
(AP);
- Nitrieren des Werkstücks bei einer ersten Nitriertemperatur (NT1) während der ersten
Nitrierphase (N1) und Reduzierung des Ammoniakgehaltes in der Gasatmosphäre durch
Zugabe eines Zusatzgases;
- Nitrieren des Werkstücks bei einer zweiten Nitriertemperatur (NT2) während der zweiten
Nitrierphase (N2) und weitere Reduzierung des Ammoniakgehaltes in der Gasatmosphäre
durch Reduzierung des Ammoniakanteils in Bezug auf das Zusatzgas;
- Nitrieren des Werkstücks bei einer dritten Nitriertemperatur (NT3) während der dritten
Nitrierphase (N3) und weitere Reduzierung des Ammoniakgehaltes in der Gasatmosphäre
durch Reduzierung des Ammoniakanteils in Bezug auf das Zusatzgas;
- Abkühlen des Werkstücks unter Stickstoffatmosphäre während einer Abkühlphase (K).
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei das Zusatzgas Stickstoff,
Wasserstoff, Kohlendioxid oder ein anderes Zusatzgas ist.
5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei das erste Prozessgas (1) und
/ oder das zweite Prozessgas (2) Luft und / oder Stickstoff, bevorzugt 30 % Luft und
70 % Stickstoff umfasst.
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Gasatmosphäre in der zweiten
Aufheizphase (A2) 70%, bevorzugt 90%, im Speziellen 100% Stickstoff umfasst.
7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Gastatmosphäre in der
Annitrierphase (AN) Ammoniak und Stickstoff, bevorzugt 60% bis 90 % Ammomiak und /
oder 10% bis 40% Ammoniak umfasst, im Speziellen 80% Ammoniak und 20% Stickstoff umfasst.
8. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Gleichgewichtstemperatur
(GT) zwischen 250°C und 400°C, insbesondere zwischen 300°C und 380°C, im speziellen
bei 350°C liegt.
9. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Erste Nitriertemperatur
(NT1) gleich der zweiten Nitriertemperatur und / oder die zweite Nitriertemepartur
(NT2) gleich der dritten Nitriertemperatur (NT3) und / oder die erste Nitriertemperatur
(NT1) und / oder die zweite Nitriertemperatur (NT2) und / oder die dritte Nitriertemperatur
(NT3) gleich der Prozesstemperatur (PT) ist
10. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die erste Nitriertemperatur
(NT1) und / oder die zweite Nitriertemperatur (NT2) und oder die dritte Nitriertemperatur
(NT3) und / oder die Prozesstemperatur (PT) zwischen 300°C und 600°C, insbesondere
zwischen 400°C und 500°C, im speziellen bei 440°C liegt.
11. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Dauer der ersten Nitrierphase
(N1) grösser als die Dauer der zweiten Nitrierphase (N2) ist und / oder die Dauer
der zweiten Nitrierphase (N2) grösser als die Dauer der dritten Nitrierphase (N3)
ist.
12. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Dauer der ersten Nitrierphase
(N1) zwischen 200 min und 500 min, bevorzugt zwischen 300 min und 400 min, im Speziellen
bei 360 min liegt und / oder der Ammoniakanteil in der ersten Nitrierphase (N1) zwischen
70% und 95%, bevorzugt bei 85% liegt und / oder der Stickstoffanteil in der ersten
Nitrierphase (N1) zwischen 5% und 15%, bevorzugt bei 9% liegt und / oder der Kohlendioxidanteil
in der ersten Nitrierphase (N1) kleiner als 5%, bevorzugt 1 % ist und / oder der Wasserstoffanteil
zwischen 0% und 10%, bevorzugt bei 5% liegt.
13. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Dauer der zweiten Nitrierphase
(N2) zwischen 100 min und 400 min, bevorzugt zwischen 200 min und 300 min, im Speziellen
bei 240 min liegt und / oder der Ammoniakanteil in der zweiten Nitrierphase (N2) zwischen
30% und 70%, bevorzugt bei 50% liegt und / oder der Stickstoffanteil in der zweiten
Nitrierphase (N2) zwischen 20 % und 60%, bevorzugt bei 44.5% liegt und / oder der
Kohlendioxidanteil in der zweiten Nitrierphase (N2) kleiner als 3%, bevorzugt 0.5%
ist und / oder der Wasserstoffanteil zwischen 0% und 10%, bevorzugt bei 5% liegt.
14. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Dauer der dritten Nitrierphase
(N3) zwischen 10 min und 100 min, bevorzugt zwischen 20 min und 60 min, im Speziellen
bei 30 min liegt und / oder der Ammoniakanteil in der dritten Nitrierphase (N3) zwischen
20% und 60%, bevorzugt bei 40% liegt und / oder der Stickstoffanteil in der dritten
Nitrierphase (N3) zwischen 30 % und 70%, bevorzugt bei 55% liegt und / oder der Kohlendioxidanteil
in der dritten Nitrierphase (N3) kleiner als 2%, bevorzugt 0% ist und / oder der Wasserstoffanteil
zwischen 0% und 10%, bevorzugt bei 5% liegt.
15. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei das Werkstück nach dem Gasnitrieren
mit einer Oberflächenschicht mittels eines PVD-Verfahrens versehen wird.
16. Werkstück, insbesondere Feder, Welle, Schmiedegesenk, bevorzugt SiCrV-legiertes Werkstück,
im Speziellen Ventilfeder aus Ventilfederstahl mit 0.5% bis 1.5%, im speziellen 0.5%
bis 5.5% Chrom gasnitriert gemäss einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 15.
17. Werkstück nach Anspruch 16, mit einer Verbindungsschicht deren Dicke kleiner als 3
µm, bevorzugt kleiner als 1 µm ist und / oder eine Nitrierhärtetiefe von grösser als
0.04 mm aufweist.
18. Werkstück nach Anspruch 16 oder 17, mit einer Oberflächenhärte die grösser als 600
HV0.5, bevorzugt grösser als 800 HV0.5 ist und / oder in 0.05 mm Tiefe eine Härte
von grösser als 400 HV0.5, bevorzugt grösser als 600 HV0.5 aufweist und / oder eine
Kernhärte nach dem Gasnitrieren von mindesten 400 HV10, bevorzugt von mindestens 520
HV10 aufweist.