[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Beschichten von flächigen Gebilden
aus Graphitfolie mit einer eine Flachseite und die Kanten bedeckenden Schutz- bzw.
Isolierschicht.
[0002] Mit Schutz- bzw. Isolierschichten aus einem Thermoplast beschichtete Artikel aus
Graphitfolie und Verfahren zum Aufbringen derartiger Schutzschichten sind aus der
Patentanmeldung
US 2002/0163076A1 bekannt. Dort wird detailliert die Beschichtung der Graphitfolie durch Auflaminieren,
Aufwalzen oder Aufkleben von Kunststofffolien beschrieben. Als mögliche Verfahrensalternative
wird die Sprühbeschichtung (spray coating) erwähnt, ohne dass zu diesen Verfahren
irgendwelche Details offenbart werden.
Kritisch für alle vorgeschlagenen Verfahren ist, dass eine geringe Dicke (maximal
0,025 mm) der aufzutragenden Schicht gewünscht ist, wobei diese Schicht über die gesamte
zu beschichtende Oberfläche gleichmäßig dünn sein soll, und dass neben mindestens
einer Flachseite des Artikels aus Graphitfolie auch die Kantenflächen, welche aufgrund
der Dicke der Graphitfolie Höhen von 0,25 bis 1,5 mm aufweisen, mitbeschichtet werden
sollen.
Häufig wird nur auf einer der Flachseiten des Artikels aus Graphitfolie eine Beschichtung
benötigt. Für diese Variante wird im folgenden die zu beschichtende Flachseite als
Vorderseite bezeichnet, und im Gegensatz dazu die andere, unbeschichtete Flachseite
als Rückseite.
[0003] Eine Beschichtung im Sprühverfahren kann beispielsweise mit einem als Pulver oder
als Schmelze vorliegenden Material erfolgen. Sprüht man die Kantenflächen direkt an,
so ergibt sich durch den dabei unvermeidbaren Overspray (überschüssigen Materialauftrag)
auf die Vorderseite des Werkstücks neben einem erhöhten Materialverbrauch auch eine
unerwünschte Erhöhung der Dicke der Sprühschicht an der Vorderseite des Werkstücks.
Soll der die Kantenbeschichtung einschließende Sprühprozess automatisiert werden,
so müsste der Sprühapparat zusätzlich zu den Bewegungsachsen in x- und in y-Richtung,
d.h. parallel zur Vorderseite des zu beschichtenden Werkstücks, für die Beschichtung
der Kanten eine zusätzliche Bewegungsachse in z-Richtung parallel zur Höhenausdehnung
(Dicke) des zu beschichtenden Werkstücks aufweisen.
[0004] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Sprühverfahren zur Beschichtung
flächiger Gebilde aus Graphitfolie mit einer eine Flachseite und die Kantenflächen
bedeckenden Schutz-, Isolier- oder sonstigen Funktionsschicht bereit zu stellen, welches
die vorgenannten Nachteile des Standes der Technik überwindet.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, indem das Beschichtungsmaterial durch
elektrostatisches Pulversprühen gefolgt von einem Sinterzyklus bzw. einem Aufschmelz-zyklus
auf die zu beschichtende Flachseite (Vorderseite) des flächigen Gebildes aus Graphitfolie
aufgetragen wird, wobei während des Sprühens das flächige Gebilde aus Graphitfolie
auf einer begrenzten Fläche nahezu in der Mitte seiner der Sprührichtung abgewandten
Rückseite elektrisch kontaktiert wird. Begrenzte Fläche bedeutet hier mindestens 5
mm von den Rändern entfernt.
Aufgrund der Schichtebenenstruktur des Graphits ist die elektrische Leitfähigkeit
in der Folienebene signifikant höher als senkrecht zur Folienebene. Durch diese Anisotropie
der elektrischen Leitfähigkeit der Graphitfolie bildet sich ein Feldlinienverlauf
aus, der geeignet ist, eine Mitbeschichtung der Kantenflächen zu bewirken. Daher sind
bei der erfindungsgemäßen Verfahrensweise nur zwei Bewegungsachsen (in x- und in y-Richtung)
für die Sprühvorrichtung erforderlich.
[0006] Die Technik der elektrostatischen Pulverbeschichtung als solche ist in der Fachwelt
bekannt.
Sie beruht auf der Tatsache, dass sich Körper mit entgegengesetzter elektrischer Ladung
anziehen. Zwischen dem Sprühkopf und dem geerdeten Werkstück bildet sich ein elektrisches
Feld. Die Pulverpartikel folgen dessen Feldlinien und bleiben aufgrund der Restladung
auf dem Werkstück haften. So setzt sich das Pulver an der Oberfläche des Werkstücks
ab und dringt selbst in kleinste mikrofeine Unebenheiten der Oberfläche ein.
In diesem Zustand muss das beschichtete Werkstück für kurze Zeit bei 160 bis 280 °C
ca. 15 bis 30 Minuten lang "eingebacken" werden. Temperatur und Dauer dieses sogenannten
Backprozesses hängen von der Zusammensetzung der gewählten Beschichtung ab. Während
dieses Prozesses kommt es zu einem Zusammensintern aufgesprühten Partikel bzw. zu
einem Zusammenschmelzen der aufgesprühten Partikel zu einer hochviskosen Schmelze,
so dass eine zusammenhängende, gleichmäßige, in sich geschlossene Oberflächenbeschichtung
entsteht.
Danach wird das beschichtete Werkstück erkalten gelassen.
[0007] Der gesamte vorstehend beschriebene Prozess umfassend die Erwärmung auf die Schmelz-
bzw. Sintertemperatur, die Haltezeit bei dieser Temperatur und die anschließende Abkühlung
unter Verfestigung der Beschichtung wird hier als Sinter- bzw. Aufschmelzzyklus bezeichnet.
Üblicherweise dienen so erzeugte Schichten, beispielsweise auf Werkstücken aus Metall,
zum Korrosionsschutz oder als Dekorschicht. Die typischen Schichtdicken liegen im
Bereich von 0,1 bis 0,2 mm, um die erwähnten Effekte zu erzielen.
[0008] Grundsätzlich sind bei der elektrostatischen Pulversprühtechik die gleichen Probleme
(Overspray, Notwendigkeit einer weiteren Bewegungsachse für die Kantenbeschichtung
etc.) wie bei herkömmlichen Sprühtechniken zu erwarten. Diese Probleme lassen sich
jedoch bei der Beschichtung flächiger Gebilde aus Graphitfolie durch die erfindungsgemäße
Positionierung und Dimensionierung des elektrischen Kontakts vermeiden.
[0009] Die zu beschichtenden flächigen Gebilde aus Graphitfolie können beispielsweise quadratisch
oder rechteckig sein, jedoch sind selbstverständlich auch andere geometrische Formen
möglich, je nach Einsatzzweck.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird beispielsweise benutzt, um flächige Gebilde aus
Graphitfolie, die als Wärmeableiter (sog. heat spreader oder thermal interface) in
elektronischen Geräten eingesetzt werden, mit einer Schutzschicht zu versehen, welche
das Herausbrechen, Abblättern oder Abplatzen von Graphitpartikeln von der Oberfläche
bzw. den Kanten der Graphitfolie verhindert ("antiflaking"-Beschichtung) oder/und
als elektrische Isolierschicht wirkt.
Für diese Zwecke geeignete Beschichtungsmaterialien sind beispielsweise Thermoplaste
wie Polyethylen, Polypropylen und Polyester. Besonders bevorzugt ist als Beschichtungsmaterial
ein polymeres Bindemittel, welches thermisch leitfähige Partikel enthält. Die thermisch
leitfähigen Partikel sind vorzugsweise nicht elektrisch leitfähig. Das enthält beispielsweise
als Partikel Bornitrid in einer Menge von 1 bis 15 Gew.-%, wobei insbesondere hexagonales
Bornitrid in einer Menge von 5 bis 10 Gew.-% im polymeren Bindemittel enthalten ist.
[0010] Bevorzugt beträgt die Schichtdicke nur 5 bis 10 µm, um den Wärmedurchgang so wenig
wie möglich zu beeinträchtigen. Durch geeignete Auswahl der Düsen des Sprühkopfes
und der Bewegungsgeschwindigkeit der Sprühkopfes lassen sich diese für das elektrostatische
Sprühverfahren untypisch niedrigen Schichtdicken erzielen.
[0011] Während des Aufschmelz- bzw. Sinterzyklusses erfolgt eine Aufheizung auf eine Temperatur
zwischen 160 und 280 °C. Diese Temperatur wird ca. 15 bis 30 Minuten lang gehalten.
[0012] Die Erfindung wird im folgenden anhand von Figuren und Ausführungsbeispielen näher
beschrieben.
[0013] Die Figuren zeigen:
- Figur 1:
- Feldlinienverlauf bei flächiger Kontaktierung an der Rückseite des zu beschichtenden
flächigen Gebildes aus Graphitfolie (Vergleichsbeispiel 1)
- Figur 1A:
- Feldlinienverlauf an der Kante des zu beschichtenden flächigen Gebildes aus Graphitfolie
(Ausschnitt IA aus Figur 1)
- Figur 2:
- Feldlinienverlauf bei punktförmiger Kontaktierung ungefähr in der Mitte der Rückseite
eines flächigen Werkstücks aus Metall (Vergleichsbeispiel 2)
- Figur 2A:
- Feldlinienverlauf an der Kante des zu beschichtenden flächigen Werkstücks aus Metall
(Ausschnitt IIA aus Figur 2)
- Figur 3:
- Feldlinienverlauf bei erfindungsgemäßer punktförmiger Kontaktierung ungefähr in der
Mitte der Rückseite des zu beschichtenden flächigen Gebildes aus Graphitfolie (Beispiel
3)
- Figur 3A
- Feldlinienverlauf an der Kante des zu beschichtenden flächigen Gebildes aus Graphitfolie
(Ausschnitt IIIA aus Figur 3)
Ausführungsbeispiele:
Beispiel 1 (Vergleichsbeispiel)
[0014] Wie bei der bekannten elektrostatischen Pulverbeschichtungstechnik üblich, wird das
zu beschichtende flächige Gebilde aus Graphitfolie 1 auf eine leitend verbundene Unterlage
2 gelegt, oder die Gegenelektrode wird mit einer Krokodilklemme am Rand des flächigen
Gebildes 1 aus Graphitfolie angeschlossen.
Als Folge der elektrischen Anisotropie der Graphitfolie bildet sich zwischen Graphitfolie
1 und Sprühkopf 3 ein Feldlinienverlauf 5 gemäß Figur 1. Die Pulverabscheidung erfolgt
daher ausschließlich auf der Vorderseite 1a der Graphitfolie, die Kanten 1b werden
nicht mitbeschichtet.
Eine Mitbeschichtung der leitende Unterlage 2kann beispielsweise durch eine nichtleitende
Abdeckung (in Figur 1 der Übersichtlichkeit halber nicht dargestellt) vermieden werden.
[0015] Die Schichtdicke der aufgebrachten Beschichtung 6 betrug etwa 10 µm.
Beispiel 2 (Vergleichsbeispiel)
[0016] Ein flächiges Werkstück 1' aus Metall wird in der Mitte der nicht zu beschichtenden
Rückseite 1c punktförmig kontaktiert (Kontakt 4). Die Unterlage 2 ist nicht leitfähig.
Da in Metallen die elektrische Leitfähigkeit isotrop (unabhängig von der Richtung)
ist, resultiert zwischen Werkstück 1 ' und Sprühkopf 3 der Feldlinienverlauf 5 gemäß
Figur 2. Daher werden bei senkrechtem Ansprühen eines elektrisch isotropen Werkstücks
1 die Kanten 1b nicht mitbeschichtet.
Die Schichtdicke der aufgebrachten Beschichtung 6 betrug etwa 10 µm.
Beispiel 3
[0017] Erfindungsgemäß wird das flächige Gebilde aus Graphitfolie 1 in der Mitte der nicht
zu beschichtenden Rückseite 1c punktförmig kontaktiert (Kontakt 4), so dass als Folge
der elektrischen Anisotropie der Graphitfolie ein Feldlinienverlauf 5 gemäß Figur
3 entsteht. Bei senkrechtem Ansprühen der Vorderseite 1a erfolgt nun erfindungsgemäß
eine Mitbeschichtung der Kantenflächen 1b.
Die Unterlage 2 ist nicht leitfähig.
Die Schichtdicke der aufgebrachten Beschichtung 6 betrug etwa 10 µm.
Beispiel 4
[0018] Durch Einsatz eines etwa 7 Gew.-% hexagonales Bornitrid enthaltendes, polymeren Bindemittels
für die Beschichtung wird eine elektrisch Isolation der beschichteten Hauptseite und
der Kanten erzielt, die das Herausbrechen, Abblättern oder Abplatzen von Graphitpartikeln
von der Oberfläche bzw. den Kanten der Graphitfolie verhindert ("antiflaking"-Beschichtung).
Die Wärmeleitfähigkeit des Systems wird nicht nennenswert verschlechtert. Gegenüber
einer unbeschichteten Graphitfolie mit einer Wärmeleitfähigkeit senkrecht zur Oberfläche
von 4,9 W/(m K) zeigt eine erfindungsgemäß mit einer Schichtdicke von etwa 10 µm beschichtete
Vergleichsprobe eine Wärmeleitfähigkeit senkrecht zur Oberfläche von 4,6 W/(m K).
1. Verfahren zum Aufbringen einer Beschichtung auf eine Flachseite (Vorderseite) und
die Kantenflächen eines flächigen Gebildes aus Graphitfolie,
umfassend die Schritte
• Auftragen des Beschichtungsmaterials durch elektrostatisches Pulversprühen
• Sinterzyklus beziehungsweise Aufschmelzzyklus des aufgesprühten Pulvers
dadurch gekennzeichnet, dass
während des Sprühens das zu beschichtende flächige Gebilde aus Graphitfolie auf einer
begrenzten Fläche mit mindestens 5 mm Abstand von den Rändern nahezu in der Mitte
seiner der Sprührichtung abgewandten Rückseite elektrisch kontaktiert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Schichtdicke der aufgetragenen Beschichtung höchstens 10 µm beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Beschichtungsmaterial ein Thermoplast ist.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Beschichtungsmaterial Polyethylen, Polypropylen und Polyester ist.
5. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Beschichtungsmaterial ein polymeres Bindemittel ist, welches thermisch leitfähige
Partikel enthält.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die thermisch leitfähigen Partikel elektrisch nicht leitfähig sind.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass das polymere Bindemittel als Partikel Bornitrid in einer Menge von 1 bis 15 Gew.-%
enthält.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass das polymere Bindemittel als Partikel hexagonales Bornitrid in einer Menge von 5
bis 10 Gew.-% enthält.
9. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass während des Sinter- bzw. Aufschmelzzyklusses eine Aufheizung auf eine Temperatur
zwischen 160 und 280 °C erfolgt und diese Temperatur ca. 15 bis 30 Minuten lang gehalten
wird.
10. Verwendung der mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 bis 5 beschichteten flächigen Gebilde
aus Graphitfolie zur Wärmeableitung in elektronischen Geräten.