[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Honen der Innenfläche einer Bohrung in einem
Werkstück, insbesondere zum Honen einer Zylinderlauffläche bei der Herstellung von
Motorblöcken für Brennkraftmaschinen, sowie eine Honmaschine, die besonders zur Durchführung
des Verfahrens geeignet und ausgestaltet ist.
[0002] Bei der Herstellung von Zylinderblöcken von Brennkraftmaschinen werden die Zylinderlaufflächen
üblicherweise durch ein Honverfahren endbearbeitet. Beim Einsatz des Endbearbeitungsverfahrens
Honen werden oft erhebliche Anstrengungen unternommen, um die geforderte Bauteilform
mit einem möglichst geringen Formfehler zu erzielen.
[0003] Auch wenn unmittelbar im Anschluss an die Bearbeitung keine Formfehler vorhanden
sind, geht oftmals nach der Montage oder im Betrieb des bearbeiteten Werkstücks die
einsatzoptimale Bauteilgeometrie durch elastische und thermische Deformationen verloren.
Beispielsweise ist es bekannt, dass die Montage des Zylinderkopfes auf einem Zylinderblock
(Motorblock) zu einer nicht zu vernachlässigenden Deformation der Zylinderbohrungen
vor allem im Bereich der Zylinderkopfschrauben führen kann. Während des Motorenbetriebes
sollten jedoch die Kolbenringe, die durch die mechanische Deformation, aber auch durch
thermische Deformationen verzogene Zylinderbohrung so ausfüllen, dass eine saubere
Abdichtung des Brennraumes im Motorenbetrieb gewährleistet ist. Eine vollständige
Anlage der Kolbenringe an der Zylinderbohrung mit einem möglichst gleichmäßigen und
geringen Spiel zwischen Kolbenring und Zylinderinnenwand wird erleichtert, wenn der
montierte und betriebswarme Motor Zylinderbohrungen mit geringem Zylinderformfehler
besitzt. Bei zu großen Werten des Zylinderformfehlers ist die saubere Abdichtung durch
die Kolbenringe nicht mehr gewährleistet, der Partikelausstoß des Motors steigt, der
Wirkungsgrad vermindert sich, und die Lebensdauer des Systems kann sich verkürzen.
[0004] Zur Vermeidung derartiger Probleme ist in der
DE 28 10 322 C2 vorgeschlagen worden, die Verschlechterung der Zylinderform der Zylinderbohrungen
bei der Montage des Zylinderkopfes dadurch zu vermeiden, dass der Motorblock für die
Honbearbeitung mit Hilfe einer Spaneinrichtung deformiert wird, die die spätere Deformation
durch den Zylinderkopf simuliert. In dem verspannten Zustand, der dem später bei der
Montage vorliegendem Zustand entspricht, findet die Honbearbeitung statt, danach wird
die Verspannung wieder gelöst. Ein ähnlicher Vorschlag ist in der
JP 11-267960 beschrieben.
[0005] Um zusätzlich die Verformung durch Temperatureinwirkung zu simulieren, ist es außerdem
bekannt, das Werkstück mittels heißem Honöl aufzuheizen. Diese Verfahren sind jedoch
aufwändig und teuer und mit hohen Sicherheitsrisiken für die Maschinenbediener verbunden.
Sie werden daher nur für die Einzelfertigung, nicht jedoch in der Serienfertigung
eingesetzt.
[0006] Die
europäische Patentanmeldung EP 1 321 229 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung einer Bohrung, die in unbelastetem Zustand
eine Ausgangsform aufweist und im Betriebszustand eine von der Ausgangsform abweichende
Sollform. Das Verfahren umfasst die Ermittlung der Verformung einer Bohrung mit Sollform
im Betriebszustand. Mittels der Sollform und der ermittelten Verformung wird die Ausgangsform
ermittelt und die Bohrung wird durch ein Bearbeitungsverfahren in die Ausgangsform
gebracht. Die nach dem Verfahren hergestellte Ausgangsform soll im Betriebszustand
die gewünschte Sollform annehmen. Das Bearbeitungsverfahren zur Herstellung der Ausgangsform
ist ein Honverfahren, bei dem der Zustelldruck mindestens eines an einem Honwerkzeug
angebrachten Honsteins während der Bearbeitungszeit variiert wird.
[0007] In der Dissertationsschrift "
Variables Formhonen durch rechnergestützte Honprozesssteuerung" von R. Zurrin, veröffentlicht
in: wbk - Forschungsberichte aus dem Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik
der Universität Karlsruhe, Band 26 (1990) wird vorgeschlagen, die beschriebenen Probleme durch das Fertigungsverfahren "Formhonen"
zu beheben. Darunter wird in dieser Schrift ein Honen mit gesteuerter Vorschubbewegung
verstanden, das es erlaubt, örtlich (hub- und winkellagenabhängig) verschiedene Abtragsraten
während des Honprozesses zu erreichen, um eine Negativform der Verformungen mit einer
definierten Oberfläche zu erzeugen (vergleiche insbesondere Seiten 10 bis 20) Das
Formhonen wird am Beispiel von verformten Zylinderblöcken erläutert, bei denen die
Zylinderbohrungen eine vierfachsymmetrische Unrundheit vierter Ordnung, d.h. eine
Bohrungsform mit 4-zähliger Radialsymmetrie bezogen auf die Bohrungsachse, haben.
Diese unrunde Bohrungsform wird durch Steuerung der Zustellkraft beziehungsweise des
Anpressdruckes eines einfach aufweitenden Honwerkzeuges über den Hub und den Drehwinkel
erreicht.
[0008] Es ist eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Honen der Innenfläche einer
Bohrung in einem Werkstück bereitzustellen, das es ermöglicht, Bohrungen zu erzeugen,
die auch bei starken Abweichungen von einer kreiszylindrischen Form eine gleichmäßige
Oberflächenstruktur haben. Weiterhin ist es Aufgabe der Erfindung, eine zur Durchführung
des Verfahrens geeignete Honmaschine bereitzustellen.
[0009] Zur Lösung dieser und anderer Aufgaben stellt die Erfindung ein Verfahren mit den
Merkmalen von Anspruch 1, sowie eine Honmaschine mit den Merkmalen des Anspruchs 14
bereit. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen
angegeben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme zum Inhalt der
Beschreibung gemacht.
[0010] Bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zum Honen der Innenfläche einer Bohrung in
einem Werkstück, insbesondere zum Honen einer Zylinderlauffläche bei der Herstellung
von Zylinderblöcken für Brennkraftmaschinen, wird ein Honwerkzeug innerhalb der Bohrung
bewegt und mindestens eine an dem Honwerkzeug angebrachte Schneidgruppe mit mindestens
einem Schneidstoffkörper zur materialabtragenden Bearbeitung der Innenfläche wird
mit einer Zustellkraft an die Innenfläche angedrückt. Erfindungsgemäß wird eine Schwingungsbewegung
der Schneidgruppe im wesentlichen parallel zur Innenfläche nach Maßgabe mindestens
eines Schwingungsparameters sowie eine der Schwingungsbewegung überlagerte Verschiebungsbewegung
der Schneidgruppe entlang der Innenfläche nach Maßgabe mindestens eines Verschiebungsparameters
erzeugt und es erfolgt eine Steuerung der Schwingungsbewegung und/oder der Verschiebungsbewegung
zur Erzeugung eines über die Innenfläche lokal variierenden Materialabtrags an der
Innenfläche zur Erzeugung einer vorgegebenen Sollform der Bohrung.
[0011] Die Schwingungsbewegung bzw. Oszillationsbewegung der Schneidgruppe kann bezüglich
der Schwingungsamplitude, der Schwingungsfrequenz und/oder der Schwingungsrichtung
den Erfordernissen angepaßt werden. Die Verschiebungsbewegung kann kontinuierlich
oder diskontinuierlich gesteuert werden, wobei als Verschiebungsparameter insbesondere
die Verschiebungsrichtung und/oder die Verschiebungsgeschwindigkeit gesteuert werden.
Die Verschiebungsbewegung wird normalerweise so gesteuert, dass jeder Bereich der
Innenfläche durch mindestens einen Schneidstoffkörper einer Schneidgruppe erreicht
und materialabtragend bearbeitet wird, so dass flächendeckend ein Materialabtrag erzielt
werden kann. Es ist auch möglich, nur Teilbereiche der Innenfläche mit Hilfe des Verfahrens
zu bearbeiten.
[0012] Da mit Hilfe des Verfahrens gezielt ein ortsabhängig variierender Materialabtrag
an der Innenfläche erreicht werden kann, ist das Verfahren besonders dafür geeignet,
nicht-kreiszylindrische Sollformen zu erzeugen, deren Formabweichungen von einer ideal
kreiszylindrischen Form deutlich außerhalb der üblichen, bei den hier betrachteten
Honverfahren geltenden Toleranzen des Zylindrizitätsfehlers liegen, der in vielen
Fällen bei weniger als 10 µm liegen sollte. Bei bevorzugten Varianten entsprechen
die Formabweichungen einem Zylindrizitätsfehler von deutlich mehr als 10 µm, wobei
der Zylindrizitätsfehler vorzugsweise bei mehr als 20 µm, insbesondere zwischen 20
µm und ca. 60 µm liegt.
[0013] Der Zylindrizitätsfehler wird hier durch die Zylinderformtoleranz beschrieben. Die
zugehörige Toleranzzone wird durch zwei zur Bohrungsachse und zueinander koaxiale,
die Bohrungsinnenwand innen oder au-ßen berührende Zylinder bestimmt, wobei der Radialabstand
zwischen den beiden Zylindern ein Maß für die Zylindergüte darstellt. Für die Zwecke
dieser Anmeldung wird der Zylindrizitätsfehler ΔZ definiert als ΔZ=(D
A-D
I)/2, wobei D
A der Durchmesser des die Bohrungsinnenwand außen berührenden Zylinders und D
I der Durchmesser des die Bohrungswand innen berührenden Zylinders ist.
[0014] Es ist jedoch auch möglich, mit Hilfe des Verfahrens Zylindrizitätsfehler von Bohrungen
auszugleichen, um auf diese Weise beispielsweise eine der idealen Zylinderform angenäherte
Zylinderform mit einem Zylindrizitätsfehler von 10 µm oder weniger zu erzielen.
[0015] Das Verfahren ermöglicht es, den Materialabtrag im wesentlichen über den Schwingungsparameter
und den Verschiebungsparameter zu steuern, so dass auf eine Variation der Zustellkraft
bzw. des Anpressdruckes der Schneidgruppe verzichtet werden kann. Bei einer bevorzugten
Verfahrensvariante wird die Schneidgruppe mit einer im wesentlichen konstanten Zustellkraft
an die Innenfläche angedrückt. In diesem Fall werden Schneidstoffkörper somit mit
im wesentlichen konstanter Flächenpressung angepresst, so dass die Eindringtiefe der
Schneidkörner und damit die beim Materialabtrag erzeugte Oberflächenrauheit weitgehend
konstant sind. Bei derart bearbeiteten Oberflächen ist somit die durch Rauheitsparameter
beschreibbare Oberflächentopographie weitgehend unabhängig von der Makroform der Bohrung.
Daher kann auch bei signifikanten Formabweichungen von einer kreiszylindrischen Form
ein gleichmäßiges Rauheitsprofil an der Bohrung erzeugt werden.
[0016] Bei anderen Verfahrensvarianten ist vorgesehen, zusätzlich zur Schwingungsbewegung
und zur Verschiebungsbewegung auch den Zustelldruck variabel zu verändern, um die
gewünschte Ortsverteilung des Materialabtrages zu erzielen und/oder um gegebenenfalls
lokal unterschiedliche Oberflächenrauheiten zu erzeugen.
[0017] Bei einer Ausführungsform wird die Schwingungsbewegung im wesentlichen konstant gehalten
und die Steuerung der Verschiebungsbewegungen wird in Abhängigkeit von der Sollform
durchgeführt. Auf diese Weise kann für jeden lokalen Bereich der Innenfläche eine
Gesamt-Überlaufzeit (Gesamt-Bearbeitungszeit) eingestellt werden, die im Wesentlichen
proportional zu dem für den Bereich vorgesehenen lokalen Materialabtrag ist. So lässt
sich durch die Veränderung der Vorschubgeschwindigkeit lokal in der Bohrung eine unterschiedliche
Werkstoffabtrennung erreichen. In Bereichen mit geforderter starker Werkstoffabtrennung
kann die Verschiebungsgeschwindigkeit reduziert werden, wobei auch eine zeitweise
Unterbrechung der Verschiebebewegung (Geschwindigkeit = 0 in Verschiebungsrichtung)
möglich ist. Bereiche mit gefordertem geringen Materialabtrag können entsprechend
mit hoher Verschiebegeschwindigkeit überfahren werden.
[0018] Um die geforderte Sollform in einem einzigen Arbeitshub des Honwerkzeuges zu erzielen,
wird bei bevorzugten Varianten die Verschiebungsbewegung derart gesteuert, dass, bezogen
auf die Verschiebungsbewegung, jeder Bereich der Innenfläche nur maximal einmal von
einer Schneidgruppe des Honwerkzeuges bearbeitet wird. Die Verschiebungsbewegung kann
zum Beispiel durch ein Durchlaufen des Werkzeuges durch eine Bohrung von oben nach
unten in Verbindung mit einer Rotation des Werkzeuges erfolgen. Auf diese Weise ist
ein besonders schneller Bearbeitungsprozess möglich. Zur Erzeugung größerer Unterschiede
im Abtrag an verschiedenen Stellen der Bohrung ist auch ein mehrfaches Durchlaufen
möglich.
[0019] Die Schwingungsbewegung der Schneidgruppe kann dadurch erzeugt werden, dass die Schneidgruppe
relativ zum Werkzeugkörper des Honwerkzeuges oszillierend angetrieben wird. Hierzu
kann ein in das Honwerkzeug integrierter Schwingantrieb vorgesehen sein. Bevorzugte
Varianten des Verfahrens können mit herkömmlichen Honwerkzeugen durchgeführt werden,
indem das Honwerkzeug mit Hilfe der für die Werkzeugbewegung erforderlichen Antriebe
in die Schwingungsbewegung und Verschiebungsbewegung versetzt wird. Bei einer Ausführungsform
wird das Honwerkzeug zur Erzeugung der Schwingungsbewegung in eine in Umfangsrichtung
oszillierende Bewegung versetzt, vorzugsweise ohne gleichzeitige axiale Oszillationsbewegung.
Die Winkelamplituden der in Umfangsrichtung oszillierenden Schwingungsbewegung liegen
typischerweise deutlich unterhalb 180°, insbesondere bei weniger als 90° und/oder
weniger als 45°. Sie können beispielsweise bei weniger als 30° oder weniger als 20°
liegen. Als untere Grenze für die Winkelamplitude haben sich in vielen Fällen Werte
von 1 ° bis 10° als praktikabel herausgestellt.
[0020] Die Schwingungsbewegung kann auch eine in Axialrichtung gerichtete Komponente haben,
die allein oder in Verbindung mit einer in Umfangsrichtung gerichteten Komponente
vorgesehen sein kann. Sofern eine in Axialrichtung oszillierende Bewegung vorgesehen
ist, liegt deren Amplitude typischerweise im Bereich zwischen ca. 1 % und ca. 10%
der axialen Werkzeuglänge, d.h. der axialen Länge, in der Schneidstoffkörper in materialabtragenden
Eingriff mit der Innenfläche stehen.
[0021] Bei manchen Bearbeitungsaufgaben ist es erwünscht, nicht-kreiszylindrische Bohrungsformen
mit komplexen Abweichungen von einer exakten Kreiszylindrizität durch Honen zu erzeugen.
Dies kann durch beim eingangs erwähnten "Formhonen" von Zylinderlaufflächen bei der
Herstellung von Motorblöcken für Brennkraftmaschinen vorgesehen sein, um im unverspannten
Werkstück (Zylinderblock) eine Negativform des Zylindrizitätfehlers zu erzeugen, der
durch die während der Montage und während des Betriebs erzeugten Deformationen entsteht,
um im Betrieb eine einsatzoptimale zylindrische Bohrungsgeometrie zu erhalten. Um
eine besonders große Flexibilität hinsichtlich der erzielbaren Sollform zu erzielen,
ist bei einer bevorzugten Ausführungsform eine im wesentlichen starre Führung der
Axialbewegung des Honwerkzeuges zur Erzeugung einer Axialbewegung des Honwerkzeuges
im wesentlichen parallel zur Bohrungsachse der Bohrung und eine, gegebenenfalls zeitlich
asymmetrische, Steuerung der Schwingungsbewegung und/oder der Verschiebungsbewegung
einer einseitig der Werkzeugachse an dem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe in
Abhängigkeit von der Hublage und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges vorgesehen.
[0022] Durch diese Verfahrensführung kann erreicht werden, dass diese Schneidgruppe in ihrem
Eingriffswinkelbereich einen Materialabtrag bewirkt, ohne dass dies zwangsläufig zu
einem vergleichbaren Materialabtrag an der diametral gegenüberliegenden Seite der
Bohrungsinnenfläche führt. Die dem Anpressdruck der Schneidgruppe entgegenwirkende
Gegenkraft wird nicht durch Material abtragende Schneidstoffkörper an der diametral
gegenüberliegenden Seite aufgebracht, sondern durch die im wesentlichen starre Führung
der Axialbewegung des Honwerkzeuges, die ein Ausweichen des Honwerkzeuges quer zur
Werkzeugachse bei einseitigem Anpressen der Schneidstoffkörper an die Bohrungsinnenfläche
verhindert.
[0023] Auf diese Weise kann das Verfahren insbesondere so durchgeführt werden, dass die
Bohrung zumindest in einem axialen Bohrungsabschnitt eine nicht-kreiszylindrische
Bohrungsform erhält, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse zwei-zählig radial
symmetrischen Form signifikant abweicht.
[0024] Bei einer Weiterbildung des Verfahrens wird das Honwerkzeug zur im Wesentlichen starren
Führung der Axialbewegung innerhalb der Bohrung axial gleitbeweglich und quer zur
Werkzeugachse im Wesentlichen unbeweglich abgestützt. Dadurch ist es möglich, auf
außerhalb des Werkstückes anzuordnende Führungseinrichtungen zu verzichten.
[0025] Bei einer Weiterbildung wird hierzu ein Honwerkzeug verwendet, welches einen Satz
von um den Umfang des Honwerkzeuges verteilten Führungsleisten zur axialen Führung
des Honwerkzeuges in der Bohrung umfasst, die vorzugsweise unabhängig von der Schneidgruppe
in Richtung auf die Innenfläche der Bohrung zustellbar sind, wobei die im Wesentlichen
starre Führung der Axialbewegung dadurch erreicht wird, dass die Führungsleisten während
der Bewegung des Honwerkzeuges in der Bohrung an die Innenfläche der Bohrung angedrückt
werden.
[0026] Bei dieser Verfahrensvariante zentrieren die Führungsleisten das Honwerkzeug innerhalb
der Bohrung. Die Führungsleisten sind vorzugsweise so ausgelegt, dass sie kaum einen
oder nur einen geringen Werkstoffabtrag erzeugen, was hier als "im Wesentlichen nicht-schneidende
Führungsleisten" bezeichnet wird. Die Führungsleisten können zumindest in den im Kontakt
mit der Innenfläche der Bohrung tretenden Bereichen aus einem Kunststoff, aus Gummi,
einem Elastomer geeigneter Härte (z.B. Vulkollan®), einem Metall, einem Hartmetall
oder aus einer Keramik bestehen oder es kann sich um Honleisten mit einem hohen Schneidstoffanteil
handeln.
[0027] Es ist auch möglich, dass die im Wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des
Honwerkzeuges dadurch erreicht wird, dass das Honwerkzeug außerhalb der Bohrung des
Werkstückes axial beweglich und quer zur Werkzeugachse im Wesentlichen unbeweglich
geführt wird. Je nach Typ der Bohrung kann hierzu eine einseitige Führung ausschließlich
an der Eintrittsseite der Bohrung, eine einseitige Führung ausschließlich an der der
Eintrittseite gegenübliegenden Austrittsseite der Bohrung (bei Durchgangsbohrungen),
oder eine beidseitige Führung sowohl an der Eintrittseite, als auch an der gegenübliegenden
Austrittsseite vorgesehen sein. Eine gegen Querbelastung starre Kopplung des Honwerkzeuges
an eine gegen Querbelastung starr geführte Honspindel kann ggf. ebenfalls ausreichen,
die starre Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges zu gewährleisten. Dann kann
ggf. auf Führungselemente im Bereich des Honwerkzeuges völlig verzichtet werden. Die
ausschließlich externe Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges erfordert höchste
Genauigkeit bei der relativen Positionierung zwischen Werkstück und Honwerkzeug.
[0028] Um eine möglichst flexible Steuerung der Form des Bohrungsquerschnittes im bearbeitenden
Bereich zu erhalten, ist bei einer Variante vorgesehen, dass ein Honwerkzeug verwendet
wird, das eine einzige separat zustellbare Schneidgruppe hat, die vorzugsweise einen
Eingriffswinkel von weniger als 90° besitzt. Der Begriff "Eingriffswinkel" beschreibt
hier den Winkelbereich entlang des Umfanges des Honwerkzeuges, in dem Schneidstoffkörper
der Schneidgruppe in Eingriff mit der Bohrungswandung stehen. Häufig ist es günstig,
wenn der Eingriffswinkel zwischen ca. 1° und ca. 70° liegt, er kann beispielsweise
zwischen 5° und 60° liegen und/oder zwischen 20° und 45°. Je kleiner der Eingriffswinkel
ist, desto exakter ist eine komplexe Form der Kontur der Innenfläche durch Steuerung
der Zustellkraft in Abhängigkeit von der Winkelposition des Honwerkzeuges zu erreichen.
Es können auch Honwerkzeuge mit mehreren unabhängig voneinander zustellbaren Schneidgruppen
verwendet werden.
[0029] Die Schneidstoffkörper können auch symmetrisch oder fast symmetrisch über den Umfang
des Honwerkzeuges verteilt angeordnet sein. In diesem Falle können Sollformen mit
zweizähliger oder mehrzähliger Radialsymmetrie erzeugt werden, da eine Schwingungsbewegung
und Verschiebungsbewegung des Honwerkzeuges sich gleichermaßen auf alle Schneidstoffkörper
auswirken kann. Auf die im wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges
kann in diesen Fällen verzichtet werden.
[0030] Die Erfindung betrifft auch eine Honmaschine, die eine Bewegungs-Steuerungseinrichtung
zur Steuerung der Bewegung mindestens einer an einem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe
in Abhängigkeit von der Hublage und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges in einer
Bohrung hat, wobei die Bewegungs-Steuerungseinrichtung zur Erzeugung einer Schwingungsbewegung
der Schneidgruppe im wesentlichen parallel zu einer Innenfläche der Bohrung nach Maßgabe
mindestens eines Schwingungsparameters und zur Erzeugung einer der Schwingungsbewegung
überlagerten Verschiebungsbewegung der Schneidgruppe entlang der Innenfläche der Bohrung
nach Maßgabe mindestens eines Verschiebungsparameters konfiguriert ist.
[0031] Beispielsweise kann die Bewegungs-Steuerungseinrichtung einer konventionellen Honmaschine
so modifiziert sein, dass der bekannten langhubigen Hubbewegung und der Umfangsbewegung
des Honwerkzeuges eine Oszillation in Hub- und/oder Umfangsrichtung mit deutlich kürzerem
Hub überlagert werden kann. Bei einer Ausführungsform sind zur Einstellung einer lokal
unterschiedlichen Werkstoffabtrennung sowohl die Hub- und/oder Umfangsgeschwindigkeit
der langhubigen Bewegungen, als auch die Hub- und/oder Umfangsgeschwindigkeit der
im Vergleich dazu kurzhubigeren Schwingungsbewegung jeweils in Abhängigkeit von der
Hub- und Winkellage des Honwerkzeuges separat einstellbar. Unterstützend kann auch
eine Einstellmöglichkeit vorgesehen sein, um die Anpresskraft der Schneidstoffkörper
in Abhängigkeit von der Hub- und Winkellage zu verändern.
[0032] Erfolgt die Erzeugung der Makroform der Bohrung im Wesentlichen ohne eine Variation
der Anpresskraft der Schneidgruppe, so ist die erzeugte Bohrungsinnenfläche durch
eine sehr geringe Schwankung der Rauheit gekennzeichnet. Dies vermindert den bei den
nachfolgenden, oberflächenbildenden Bearbeitungsoperationen erforderlichen Materialabtrag,
so dass diese Prozesse in kürzeren Bearbeitungszeiten durchgeführt werden können.
Es ist z.B. möglich, ein Werkstück mit mindestens einer Bohrung zu erzeugen, die eine
gehonte Innenfläche aufweist, wobei die Bohrung in mindestens einem axialen Bohrungsabschnitt
eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform hat, so dass die Bohrung einen Zylindrizitätsfehler
von mehr als 20 µm aufweist, wobei eine Schwankungsbreite für den arithmetischen Mittenrauwert
R
a über den Umfang der Bohrung weniger als 30 % beträgt. Nach der hier beschriebenen
formgebenden Bearbeitung sind in der Regel die Bearbeitungsspuren der durch die Schwingungsbewegung
der Schneidgruppe erzeugten kurzhubigen Bearbeitung an der Innenfläche erkennbar.
In der Regel ist es jedoch so, dass diese Bearbeitungsspuren in nachfolgenden, im
Wesentlichen nur die Oberflächentopographie verändernden Bearbeitungsoperationen wieder
entfernt werden.
[0033] Die vorstehenden und weiteren Merkmale gehen außer aus den Ansprüchen auch aus der
Beschreibung und den Zeichnungen hervor. Dabei können die einzelnen Merkmale jeweils
für sich alleine oder zu mehreren in Form von Unterkombinationen bei einer Ausführungsform
der Erfindung und auf anderen Gebieten verwirklicht sein und vorteilhafte sowie für
sich schutzfähige Ausführungsformen darstellen. Bevorzugte Ausführungsformen werden
an Hand der beigefügten Zeichnungen erläutert.
Fig. 1 zeigt eine schematische Gesamtansicht einer Honmaschine, die zur Durchführung
einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Honverfahrens konfiguriert ist;
Fig. 2 zeigt eine schematische Perspektivansicht eines 4-Zylinder-Motorblockes bei
der Bearbeitung mit einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Honverfahrens;
Fig. 3 zeigt eine schematische Darstellung von Geschwindigkeitskomponenten der Schwingungsbewegung
und der Verschiebungsbewegung einer Schneidgruppe bei der Bearbeitung einer Bohrungsinnenfläche;
und
Fig. 4 zeigt eine schematische Darstellung des Einflusses der Verschiebungsgeschwindigkeit
v3 auf die Abtragsrate A einer konstant schwingend angetriebenen Schneidgruppe, jeweils
in Abhängigkeit von der Zeit t;
Fig. 5 zeigt schematische Messdiagramme einer Zylinderbohrung mit großem Zylindrizitätsfehler
und signifikanter Abweichung von einer 2-zähligen Radialsymmetrie;
Fig. 6 zeigt schematische Diagramme zur Erläuterung des Zusammenhanges zwischen der
Geometrie einer Bohrung mit großem Zylindrizitätsfehler und der zur Erzeugung der
unrunden Bohrungsform erforderlichen Variation der Verschibungsgeschwindigkeit über
die Winkelposition einer einseitig an einem Honwerkzeug angebrachten, oszillierenden
Schneidgruppe; und
Fig. 7 bis 9 zeigen schematisch unterschiedliche Honwerkzeuge, die bei Ausführungsformen
erfindungsgemäßer Verfahren eingesetzt werden können.
[0034] In Fig. 1 ist schematisch die Vorderansicht einer Honmaschine 100 gezeigt, die im
Rahmen verschiedener Ausführungsformen erfindungsgemäßer Verfahren zur Bearbeitung
von Innenflächen von Bohrungen in Werkstücken eingesetzt werden kann, um eine oder
mehrere Honoperationen an dem Werkstück auszuführen. Auf dem Maschinenbett 102 der
Honmaschine ist eine Aufspannplatte 104 befestigt, die ein darauf aufgespanntes Werkstück
106 trägt, bei dem es sich im Beispielsfall um einen Motorblock einer mehrzylindrigen
Brennkraftmaschine handelt. In dem Motorblock sind mehrere Zylinderbohrungen mit generell
vertikaler Ausrichtung ihrer Zylinderachsen gebildet. Die durch die Innenflächen der
Zylinderbohrungen gebildeten Zylinderlaufflächen werden auf der Honmaschine einer
qualitätsbestimmenden Endbearbeitung unterzogen, bei der sowohl die Makroform der
Zylinderlaufflächen, als auch deren Oberflächentopographie durch geeignete Honprozesse
erzeugt wird.
[0035] Bei der zweispindligen Honmaschine 100 sind auf einer portalartigen Trägerkonstruktion
108 zwei im wesentlichen identisch aufgebaute Honeinheiten 110, 112 befestigt, die
abwechselnd oder gleichzeitig bei der Werkstückbearbeitung eingesetzt werden können.
Ihr Aufbau wird anhand der Honeinheit 110 näher erläutert. Die Honeinheit umfasst
einen auf der Trägerkonstruktion befestigten Spindel kasten 114, der die Honspindel
120 führt. Die Honspindel lässt sich mit Hilfe eines am Spindelkasten befestigten
Spindelmotors 118 um ihre Längsachse drehen. Das untere Ende der Honspindel wird durch
eine Gelenkstange gebildet, an deren unteres, freies Ende das als Bearbeitungswerkzeug
dienende Honwerkzeug 150 begrenzt beweglich mechanisch angekoppelt ist. Ein auf dem
Spindelkasten 114 montierter Hubantrieb 124 bewirkt die Vertikalbewegung der Honspindel
beim Einführen des Werkzeuges in das Werkstück bzw. beim Herausziehen aus dem Werkstück
und wird während der Honbearbeitung so angesteuert, dass das Honwerkzeug innerhalb
der Bohrung des Werkstückes eine vertikale Hin- und Herbewegung ausführt. Der Spindelmotor
118 und der Hubantrieb 124 werden über eine Bewegungs-Steuerungseinrichtung 180 angesteuert,
die ein Teilsystem der Gesamt-Steuerung der Honmaschine bildet.
[0036] Bei dieser Ausführungsform steuert die Bewegungs-Steuerungseinrichtung 180 alle Honachsen
der Honmaschine. Dieses Steuersystem wird genutzt, um die im Vergleich zu herkömmlichen
Honsystemen hinzugekommene Schwingungsbewegung der Schneidgruppe zu erzeugen und der
Verschiebungsbewegung zu überlagern. Hierzu kann ein geeignetes Arbeitsprogramm der
computernumerischen Steuerung vorgesehen sein. Zur Einstellung einer lokal unterschiedlichen
Werkstoffabtrennung sind in der Steuerung folgende Parameter in Abhängigkeit von Hub-
und Winkellage des Honwerkzeuges einstellbar: (1) Hub- und/oder Umfangsgeschwindigkeit
der langhubigen Verschiebungsbewegungen; (2) Hub- und/oder Umfangsgeschwindigkeit
der kurzhubigeren Schwingungsbewegungen. Es existiert auch eine Einstellmöglichkeit,
mit der die Anpresskraft der Schneidgruppe in Abhängigkeit von Hub- und Winkellage
veränderbar ist.
[0037] Die Honmaschine ist mit einem Zustellsystem 140 ausgestattet, das zwei unabhängig
voneinander betätigbare Zustelleinrichtungen umfasst, die unterschiedlichen Sätzen
von Elementen am Honwerkzeug zugeordnet sind.
[0038] Fig. 2 zeigt in schematischer, schrägperspektivischer Ansicht einen Zylinderblock
(Motorblock) 200 für eine 4-Zylinder-Brennkraftmaschine. In dem aus einem Gusswerkstoff
oder aus einem Leichtmetall-Werkstoff bestehenden Zylinderblock sind vier achsparallele
Zylinderbohrungen 201, 202, 203, 204 in gleichen Abständen in Reihe so nebeneinander
angeordnet, dass ihre zentralen Bohrungsachsen in einer gemeinsamen Ebene (Zylinderebene
212) liegen. Von der Oberseite des Zylinderblockes her sind mit Innengewinde versehene
Bohrungen 215 achsparallel zu den Zylinderbohrungen so eingebracht, dass jeweils vier
dieser Bohrungen gleichmäßig um den Umfang einer Zylinderbohrung verteilt sind. Die
Bohrungen 215 dienen zur Aufnahme von Zylinderkopfschrauben, mit deren Hilfe nach
Fertigstellung der Bearbeitung des Zylinderblockes der zugehörige Zylinderkopf auf
den Zylinderblock 200 unter Zwischenlage einer Zylinderkopfdichtung aufgeschraubt
wird.
[0039] Es ist erkennbar, dass es sich bei dem Zylinderblock 200 um ein strukturell uneinheitliches
Werkstück handelt, bei dem insbesondere jede der Zylinderbohrungen 201-204 eine unterschiedliche
Werkstückumgebung hat, insbesondere hinsichtlich der Wandstärke im Bereich der Zylinderbohrungen
und auch durch unterschiedliche Anbindungen an die Kühlmittelkanäle des motorblockinternen
Kühlsystems. Beispielsweise haben die innen liegenden Zylinderbohrungen 202 und 203
des zweiten und dritten Zylinders jeweils zwei in der Zylinderebene liegenden Nachbar-Zylinderbohrungen,
während die außenliegenden Zylinderbohrungen (Zylinder 1 und 4) nur eine jeweils innenliegende
Nachbar-Zylinderbohrung haben und an der gegenüberliegenden Seite an dickere Wandabschnitte
des Werkstückes grenzen.
[0040] Am unteren Ende der Honspindel 220 ist eine Ausführungsform eines erfindungsgemäßen
Honwerkzeuges 250 angekoppelt, bei dem es sich um ein kardanisch gelagertes Honwerkzeug
mit Doppelaufweitung handelt. Das Honwerkzeug hat einen Werkzeugkörper 255, der an
einer Seite seines Umfanges eine durch eine einzige Honleiste gebildete Schneidgruppe
260 trägt, die mit Hilfe eines nicht näher dargestellten Schneidgruppen-Zustellsystems
in radialer Richtung zur Bohrungsinnenwand zugestellt bzw. zurückgezogen werden kann.
Die Schneidgruppe 260 ist einseitig an dem Honwerkzeug angebracht. Dies bedeutet insbesondere,
dass alle bei der Honbearbeitung in materialabtragendem Eingriff mit der Bohrungsinnenwand
stehenden Schneidstoffkörper auf der gleichen Seite einer werkzeug halbierenden Werkzeugebene
liegen, die die Werkzeugachse enthält und senkrecht auf der Winkelhalbierenden der
Schneidgruppe steht. Weiterhin ist am Werkzeugkörper ein Satz von um den Umfang des
Honwerkzeuges ungleichmäßig verteilten Führungsleisten 270 vorgesehen, die mit Hilfe
eines Führungsleisten-Zustellsystems unabhängig von der Schneidgruppe 260 in Richtung
auf die Innenfläche der Bohrung zugestellt werden können. Bei Anliegen der im Wesentlichen
nicht-schneidenden Führungsleisten an der Innenfläche der Bohrung ergibt sich eine
im Wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges innerhalb der Bohrung
parallel zur Bohrungsachse 213, so dass die Führungsleisten eine Axialführungseinrichtung
für das Honwerkzeuges bilden.
[0041] Die Zustellbewegung sowohl der Führungsleisten als auch der Schneidgruppe sowie die
jeweils aufgebrachte Zustellkraft werden mit Hilfe einer Zustellkraft-Steuerungseinrichtung
290 der Honmaschine unabhängig voneinander gesteuert. Die Bewegungen des Honwerkzeuges
innerhalb der Bohrung werden durch die Bewegungs-Steueriungseinrichtung 280 gesteuert.
[0042] Anhand der Fig. 3 und 4 wird nun erläutert, wie bei einer bevorzugten Ausführungsform
des Bearbeitungsverfahrens durch geeignete Steuerung der Schwingungsbewegung und der
Verschiebungsbewegung einer Schneidgruppe des Honwerkzeuges an unterschiedlichen Stellen
der Innenfläche einer Bohrung lokal unterschiedlich starke Materialabträge erzielbar
sind, um eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform zu erzeugen. Fig. 3 zeigt hierzu
schematisch einen axialen Schnitt durch eine Zylinderbohrung 303 eines Motorblockes
300. In die Zylinderbohrung ist ein Honwerkzeug eingeführt, von dem nur eine Honleiste
360 gezeigt ist, die die einzige Schneidgruppe des Honwerkzeuges bildet und die in
spanabhebenden Eingriff mit der Innenfläche 330 der Bohrung steht.
[0043] In der Bewegungs-Steuerungseinrichtung der Honmaschine ist ein Arbeitsprogramm aktiv,
das eine Schwingungsbewegung und eine der Schwingungsbewegung überlagerte Verschiebungsbewegung
des Honwerkzeuges und der daran angebrachten Schneidgruppe steuert. Die Schwingungsbewegung
setzt sich aus einer in Umfangsrichtung gerichteten Komponente (Richtung des Vektors
V
2) und einer in Axialrichtung gerichteten Komponente (Richtung des Vektors V
1) zusammen, wobei an der Bewegungs-Steuerungseinrichtung sowohl die Schwingungsamplitude,
als auch die Schwingungsfrequenz als Schwingungsparameter einstellbar sind. In der
beispielhaften Variante ist die Schwingungsamplitude in Axialrichtung (Vektor V
1) auf den Wert 0 gesetzt, so dass ausschließlich eine Schwingungsbewegung in Umfangsrichtung
(Vektor V
2) vorliegt, bei der die Schneidgruppe 360 in Umfangsrichtung oszillierend mit einer
Winkelamplitude von ca. 4° und einer Frequenz von ca. 2 Hz hin- und herbewegt wird.
Diese oszillierende Bearbeitungsbewegung erzeugt in Verbindung mit dem durch die Zustellkraft-Steuerungseinrichtung
konstant vorgegebenen Anpressdruck am Ort der Schneidgruppe einen Materialabtrag,
dessen Betrag im wesentlichen proportional zu der am jeweiligen Ort vorliegenden Bearbeitungszeit
(bzw. i.W. umgekehrt proportional zur lokalen Verschiebungsgeschwindigkeit) ist.
[0044] Der Schwingungsbewegung ist eine Verschiebungsbewegung der Schneidgruppe in Richtung
des Verschiebungsvektors V
3 überlagert, wobei sowohl die Richtung, als auch die Geschwindigkeit dieser Verschiebungsbewegung
(Geschwindigkeit v
3) an der Bewegungs-Steuerungseinrichtung als Verschiebungsparameter vorgebbar sind.
Die Richtung der Verschiebungsbewegung ist veränderlich und sichert ab, dass die Schneidgruppe
alle Bereiche der Bohrungsinnenfläche erreicht. Bei der gezeigten Ausführungsform
ist die Verschiebungsbewegung so parametrisiert, dass die Honleiste 360 eine an das
klassische Honen angelegte Drehbewegung (in Umfangsrichtung) in Verbindung mit einer
alternierenden Hubbewegung in Axialrichtung erzeugt (siehe gestrichelter Pfeil). Entlang
des Verschiebungsweges, d.h. bei Überstreichen der Innenfläche der Bohrung, wird die
Geschwindigkeit v
3 der Verschiebungsbewegung variiert. Die Steuerung der Verschiebungsgeschwindigkeit
v
3 erfolgt in Abhängigkeit von der geforderten Sollform der Bohrung. Durch die Veränderung
der Verschiebungsgeschwindigkeit ergeben sich lokal unterschiedliche Bearbeitungsdauern,
so dass lokal in der Bohrung unterschiedlich starke Werkstoffabtrennungen erreicht
werden. Dies ist in Fig. 4 schematisch dargestellt. Bei konstanter Schwingungsbewegung
(d.h. konstanter Schwingungsamplitude, -frequenz und -richtung) ergibt sich eine annähernde
Proportionalität zwischen Materialabtrag A und Verschiebungsgeschwindigkeit v
3, da in Bereichen höherer Verschiebungsgeschwindigkeit die lokale Bearbeitungsdauer
und damit der lokal erzielte Materialabtrag geringer ist als in Bereichen niedrigerer
Verschiebungsgeschwindigkeit. Dementsprechend wird die Steuerung so programmiert,
dass in Bereichen mit geforderter starker Werkstoffabtrennung die Verschiebungsgeschwindigkeit
v
3 gering oder für ein festgelegtes Zeitintervall auch null ist, während für Bereiche
mit geforderter geringerer Werkstoffabtrennung eine höhere Verschiebungsgeschwindigkeit
vorgesehen ist.
[0045] Da bei dieser Verfahrensvariante nur die Zeit bzw. die Verschiebungsgeschwindigkeit
als Steuerparameter verwendet wird, während die Anpresskraft der Schneidgruppe während
der gesamten Bearbeitungsdauer konstant bleibt, ist die erzeugte Rauheit der bearbeiteten
Innenfläche unabhängig von der erzeugten Form. Typische gemittelte Rauhtiefen R
z liegen über die gesamte bearbeitete Innenfläche im Bereich R
z = 4 µm bis 6 µm.
[0046] Die Komponenten der Schwingungsbewegung in Umfangsrichtung und in Axialrichtung können
konstante oder veränderliche Ampliuden und/oder Frequenzen haben. Die Veränderung
der Amplitude und/oder Frequenz können zur Unterstützung der Steuerung des Abtrags
genutzt werden. Beispielsweise kann für lokale Bereiche mit gefordertem hohen Materialabtrag
die Schwingungsfrequenz erhöht werden, um bei gleicher Verweildauer der Schneidgruppe
an der Bohrungsinnenfläche eine erhöhte Abtragsleistung zu erzielen.
[0047] Es ist auch möglich, dass die Flächenpressung als Variable gesteuert wird, d.h.,
dass der Anpressdruck der Schneidgruppe in Abhängigkeit von der Hubposition und/oder
der Winkelposition des Honwerkzeuges bzw. der Schneidgruppe variiert wird. In jedem
Fall ist die Steuerkurve der für den Materialabtrag verantwortlichen Parameter abhängig
von der Sollform der Bohrung.
[0048] Ein typische, mit Hilfe des Verfahrens an einem unverspannten Werkstück erzeugbare
Bohrungsgeometrie, die bei der Bearbeitung von Zylinderlaufflächen eines Zylinderblockes
erzeugt werden kann, wird anhand von Figur 5 erläutert.
[0049] Zur Charakterisierung der Makroform einer Zylinderlauffläche zeigt Fig. 5 (a) einen
schematischen Umfangsschrieb und Fig. 5 (b) einen schematischen Längsschrieb der Dimensionen
einer Zylinderlauffläche. Für den Umfangsschrieb werden radiale Abstände der Bohrungsinnenwand
von der Bohrungsachse BA in Abhängigkeit von der Umfangsposition entlang der Bohrungsinnenfläche
gezeigt, wobei der Nullpunkt der Umfangsrichtung sowie die 180°-Lage in der durch
die Bohrungsachsen der Zylinder definierten Zylinderebene 212 (vgl. Fig. 2) liegen
und die 90°- und 270°-Positionen die senkrecht dazu liegenden Bereiche in der Nähe
der vorderen und hinteren Breitseite des Zylinderkopfes repräsentieren. Die Kurven
R
O, R
M und R
U repräsentieren jeweils den Radius in der Nähe der oberen Eintrittsöffnung der Zylinderbohrung
(R
O), im axialen Mittelbereich der Zylinderbohrung (R
M) und in der Nähe des unteren Endes der Zylinderbohrung (R
U). In der dem Fachmann bekannten Weise sind die umlaufenden Messkurven des Umfangsschriebes
jeweils auf eine konzentrisch zur Bohrungsachse liegende Nulllinie bezogen, die bei
der Darstellung in Fig. 6 (a) jeweils gestrichelt gezeichnet ist. Für alle Messkurven
dient der gleiche radiale Maßstab in Radialrichtung. Die Längsschriebe in Fig. 5 (b)
zeigen jeweils den Verlauf der Mantellinien (parallel zur Bohrungsachse) in den ausgewählten
Umfangsbereichen bei 0°, 90°, 180° und 270°.
[0050] Die Messergebnisse repräsentieren die randständige vierte Zylinderbohrung 204 in
Fig. 1. Es ist erkennbar, dass die Bohrung in der Nähe der zylinderkopfseitigen Eintrittsseite
(repräsentiert durch die Kurve R
O) eine annähernd 2-zählige Radialsymmetrie um die Bohrungsachse BA hat, bei der sich
der größte Durchmesser schräg zur Zylinderebene im Bereich der Umfangswinkel 135°
bzw. 315° ergibt, während sich senkrecht dazu (entsprechend Winkelpositionen 45° und
225°) ebenfalls lokale Maxima des Radius ausbilden, die jedoch bei kleineren absoluten
Radiuswerten liegen. Der annähernd 2-zählig symmetrischen Grundform sind kleinere
Radiusschwankungen überlagert, beispielsweise im Bereich um 180°.
[0051] Im axialen Mittelbereich der Bohrung (Kurve R
M) ergibt sich ein weitaus komplexerer Zusammenhang zwischen Umfangsposition und Bohrungsradius
bzw. Bohrungsdurchmesser. Im gezeigten Beispiel ergeben sich in Umfangsrichtung etwa
acht lokale Maxima des Innenradius, die durch lokale Minima des Innenradius getrennt
sind. Tendenziell liegen die größten Radien weiterhin schräg zur Zylinderebene.
[0052] In dem der Zylinderkopfseite abgewandten Endbereich der Zylinderbohrung, repräsentiert
durch die Kurve R
U, ist der Bohrungsquerschnitt ebenfalls unsymmetrisch, wobei jedoch die am zylinderkopfseitigen
Ende noch angedeutete 2-zählige Radialsymmetrie nicht mehr dominiert und eine nahezu
völlig irreguläre Bohrungsquerschnittsform vorherrscht.
[0053] In Axialrichtung der Bohrungsinnenwand ergeben sich ebenfalls erheblich Schwankungen
des Bohrungsradius. Während entlang der Mantellinie bei 0° der Radius zum unteren
Ende der Bohrung abnimmt, ist die Bohrungswand auf der gegenüberliegenden Seite (bei
180°) erheblich in Axialrichtung verzogen, so dass sich ein starkes Radiusminimum
in der Nähe der Eingangsöffnung ergibt sowie im unteren Drittel, während im Mittelbereich
der Radius maximal wird. Legt man dagegen einen Schnitt senkrecht zur Zylinderebene
(bei 90° und 270°) so ergeben sich minimale Radien in der Nähe der oberen Eintrittsöffnung,
während im unteren Drittel der Bohrungsradius ein lokales Maximum einnimmt.
[0054] Die auf diese Weise charakterisierbare, unsymmetrisch verzogene Bohrungsform entspricht
im Beispielsfall einem Zylindrizitätsfehler ΔZ zwischen 30µm und 40µm. Diese komplex
und unsymmetrisch verformte Bohrungsgeometrie wird sich bei Aufsetzen und Verschrauben
eines Zylinderkopfes sowie Erwärmung des dadurch entstandenen Rumpfmotors in den Bereich
der Betriebstemperaturen wieder zu einer weitgehend zylindrischen Bohrungsform verformen.
Sie bildet somit annähernd eine Negativform der Deformationen im Betriebszustand.
[0055] Fig. 6 zeigt exemplarisch für zwei Axialpositionen des Zylinders (repräsentiert durch
die Kurven R
O und R
M) in Fig. 6 (a) den hub- und drehwinkelabhängigen Radienverlauf der Bohrung und in
Fig. 6 (b) den zugehörigen Verlauf des Kehrwertes 1/V der Verschiebungsgeschwindigkeit
V einer in Umfangsrichtung kurzhubig oszillierenden Schneidgruppe über den Drehwinkel
ϕ, jeweils in den entsprechenden axialen Höhen. Die Schneidgruppe wird mit konstantem
Anpressdruck (F = const) an die Innenfläche angepresst. Große Werte des Kehrwertes
entsprechen einer langsamen Verschiebung und damit einem größeren Materialabtrag.
In Fig. 6 (b) repräsentiert die gestrichelte Kurve V
O diejenige Variation des Kehrwertes der Verschiebungsgeschwindigkeit über den Drehwinkel,
die erforderlich wäre, wenn ein Honwerkzeug, dessen oszillierende Schneidgruppe im
oberen Endbereich der Zylinderbohrung in Umfangsrichtung verschoben wird, die Innenfläche
bearbeitet. Die durchgezogene Linie V
M entspricht der zeitlichen Variation bzw. Winkelvariation, die im Mittelbereich der
Bohrung (R
M) erforderlich wäre. Während die annähernd, aber nicht exakt 2-zählig radialsymmetrische
Bohrungsquerschnittsform am oberen Ende im Wesentlichen durch eine Variation der Verschiebungsgeschwindigkeit
mit zwei lokalen Minima und dazwischenliegenden lokalen Maxima (sowie einer kurzzeitigen
Verlangsamung bei 180°) erreicht werden kann, erfordert das Formhonen im Mittelbereich
der Bohrung (Kurve R
M) bei einer einzigen Umdrehung des Honwerkzeuges einen vielfachen, schnellen Wechsel
zwischen Anstieg und Zurücknahme der Verschiebungsgeschwindigkeit, der zu einer Ausbildung
von sechs bis acht lokalen Abtragsmaxima und lokalen Abtragsminima bei einer vollen
Umdrehung führt. Wird bei der Honbearbeitung das Honwerkzeug axial mit langen Hüben
bewegt und gleichzeitig um seine Werkzeugachse rotiert, so ergibt sich der tatsächliche
zeitliche Verlauf der an einer Schneidgruppe wirksame Verschiebungsgeschwindigkeit
(bzw. Abtragsleistungen) aus einer Überlagerung der hier zur Vereinfachung erläuterten
Verläufe, wobei sich auch die starke Variation in Axialrichtung (Fig. 5(b)) in einen
Beitrag zur Variation der Verschiebungsgeschwindigkeit umsetzt.
[0056] Nach der Durchführung des Formhonens kann die Zylinderbohrung mit Hilfe eines Formmesssystems
gemessen werden. Eine eventuell noch vorhandene, gemessene Differenz der Ist-Form
zur Soll-Form kann zur Korrektur der Bearbeitungsparameter in Abhängigkeit von Hublage
und Drehwinkel genutzt werden. Insbesondere kann somit während und/oder nach einer
formerzeugenden Honoperation eine Vermessung der Bohrungsform zur Ermittlung von Form-Istwerten
durchgeführt werden und eine Differenz zwischen den Form-Iswerten und der Sollform
kann zur Korrektur der Steuerung der materialabtragenden Bearbeitung verarbeitet werden.
Durch diesen Regelkreis ist eine verbesserte Genauigkeit des Formhonprozesses erzielbar.
[0057] Es sind zahlreiche Varianten des Bearbeitungsverfahrens möglich, wobei unterschiedliche
Typen von Honwerkzeugen und/oder unterschiedlich aufgebaute und/oder gesteuerte Honmaschinen
genutzt werden können. Bei einer Variante der in Fig. 1 dargestellten Honmaschine
werden zusätzliche Baugruppen in die Konstruktion eingefügt, um die der Verschiebungsbewegung
überlagerte Schwingungsbewegung von Schneidgruppen zu erzeugen. Beispielsweise kann
innerhalb der Spindel 120 ein Schwingungserzeuger eingebaut werden, der den das Honwerkzeug
150 tragenden Teil der Spindel von einem antriebsseitigen Teil der Spindel abkoppelt
und eine Relativbewegung des Honwerkzeug tragenden Abschnittes gegenüber dem antriebsseitigen
Abschnitt in Axialrichtung und/oder in Umfangsrichtung ermöglicht, um die Schwingungsbewegung
der Schneidgruppe zu realisieren. Es ist auch möglich, innerhalb des Honwerkzeuges
einen Schwingungserzeuger anzubringen, der die Schneidstoffkörper der Schneidgruppe
relativ zum Werkzeugkörper oszillierend antreibt. In beiden Fällen muss zur Erzeugung
der Schwingungsbewegung weniger Masse bewegt werden als in der oben beschriebenen
Ausführungsform, so dass bei gleicher eingeleiteter Kraft größere Schwingungsfrequenzen
möglich sind.
[0058] Außerdem ist es möglich, an Stelle des in Fig. 2 gezeigten Honwerkzeuges 250 andere
Typen von Honwerkzeugen zu verwenden. Figur 7 zeigt hierzu beispielhaft ein Honwerkzeug
700 mit vier symmetrisch um den Umfang verteilten, gleichartigen Honleisten 760, die
über ein einziges, gemeinsames Zustellsystem 770 gemeinsam betätigt werden. Es sind
keine expandierbaren oder nicht-expandierbaren Führungsleisten vorhanden. Solche einfach
aufgebauten Honwerkzeuge sind besonders dann verwendbar, wenn im Wesentlichen rotationssymmetrische
Bohrungsformen ggf. mit in Axialrichtung stark variierenden Durchmesser, und/oder
Bohrungsformen mit 4-zähliger Radialsymmetrie erzeugt werden sollen.
[0059] Das Honwerkzeug 800 in Fig. 8 ist ein System mit Doppelaufweitung, d.h. mit zwei
unabhängig voneinander betätigbaren Zustellsystemen. Dabei werden vier gleichmäßig
um den Umfang verteilten erste Honleisten 860 über ein erstes Zustellsystem 870 gemeinsam
verstellt. Eine in Umfangsrichtung symmetrisch zwischen zwei der Honleisten 860 angeordneten
Honleiste 810 wird über ein gesondertes zweites Zustellsystem 820 betätigt. Mit Hilfe
der vier gleichartigen Schneidstoffkörper 860 kann bei geeigneter Ansteuerung der
Bewegungsgeschwindigkeit des Honwerkzeuges beispielsweise eine dominierende 4-zählige
Rotationssymmetrie der Bohrungsform erzeugt werden. Durch Ansteuerung des zweiten
Aufweitsystems wird gleichzeitig die einzelne Honleiste 810 zugestellt, die dann noch
einen gezielten lokalen Materialabtrag erzeugt, um beispielsweise eine Bohrungsform
mit einer von einer 2-zähligen Radialsymmetrie abweichenden Geometrie zu erzeugen
(vgl. z.B. Fig. 5). Beide Zustellsysteme sind unabhängig voneinander als Funktion
von Hublage und Winkelposition des Honwerkzeuges ansteuerbar.
[0060] Bei einer anderen Ausführungsform ist an der der Honleiste 810 gegenüberliegendes
Seite eine weitere Honleiste vorgesehen, die von dem zweiten Zustellsystem 820 betätigbar
ist. Durch gemeinsame Zustellung der diametral gegenüberliegenden zweiten Honleisten
als Funktion von Hublage und Winkelposition des Honwerkzeuges kann beispielsweise
eine Ovalität erzeugt werden, die einer vierzählig symmetrischen Form überlagert sein
kann.
[0061] Figur 9 zeigt schematisch ein Honwerkzeug 900, das als Mehrleistenhonwerkzeug ausgelegt
ist. Auf einer Seite des Honwerkzeuges ist eine einzelne materialabtragende Honleiste
960 angeordnet. An der zur Werkzeugachse diametral gegenüberliegenden Seite sind zwei
ebenfalls zustellbare, jedoch nicht-schneidende Führungsleisten 970 angeordnet, die
bezüglich ihres Aufbaus im Wesentlichen den Führungsleisten 270 in Fig. 2 entsprechen
können. Die einzelne Honleiste 960 und die nicht-schneidenden Führungsleisten 970
werden über eine gemeinsame Zustelleinrichtung 980 zugestellt. Bei der Bearbeitung
nehmen die Führungsleisten 970 die Gegenkraft der von der Honleiste 960 erzeugten
Bearbeitungskraft auf. Es ist auch möglich, ein Honwerkzeug mit einer einseitig wirkenden
Honleiste zu verwenden, die ebenfalls von Führungsleisten abgestützt wird, die sich
auf der gegenüberliegenden Seite befinden (ähnlich Fig. 9), die aber nicht ausgefahren
(zugestellt) werden.
[0062] Eine nicht gezeigte Variante eines Honwerkzeuges mit Doppelaufweitung hat eine erste
Schneidgruppe, die in einem ersten axialen Abschnitt des Honwerkzeuges wirksam ist,
sowie mindestens eine zweite, gesondert zustellbare Schneidgruppe, die sich in Axialrichtung
versetzt zur ersten Schneidgruppe befindet, beispielsweise oberhalb der ersten Schneidgruppe
oder unterhalb der Schneidgruppe (in Axialrichtung gesehen). Es ist möglich, ein solches
Honwerkzeug so anzusteuern, dass die unterschiedlichen, axial versetzten Schneidbereiche
mit unterschiedlichen Aufweitkräften beaufschlagt werden, um dadurch in verschiedenen
axialen Höhen der Bohrung unterschiedliche Abträge zu erreichen.
[0063] Eine weitere, nicht gezeigte Variante eines Honwerkzeuges mit Doppelaufweitung hat
eine erste Schneidgruppe, die in einem ersten Umfangswinkelbereich des Honwerkzeuges
wirksam ist, sowie mindestens eine zweite, gesondert zustellbare Schneidgruppe, die
in einem in Umfangsrichtung versetzt zum ersten Umfangswinkelbereich liegenden zweiten
Umfangswinkelbereich des Honwerkzeuges wirksam ist. Die Schneidleisten, die von diesen
zwei Aufweitungen (bzw. Zustellsystemen) gesteuert werden, befinden sich somit an
verschiedenen Winkelpositionen. Die Zustellkraft wird für beide Aufweitungen getrennt
in Abhängigkeit von Winkelposition und Hublage gesteuert.
[0064] In der Regel werden die materialabtragenden Bearbeitungsschritte zur Erzeugung der
ggf. komplexen, unrunden und ggf. unsymmetrischen Bohrungsformen mit Hilfe eines Honwerkzeuges
(oder mit Hilfe mehrerer nacheinander verwendeter Honwerkzeuge) erzeugt, wobei die
Schneidgruppe dieser Honwerkzeuge für einen substantiellen Materialabtrag ausgelegt
sind, um die Makroform der Bohrung in der gewünschten Weise zu erzeugen. Dies führt
dazu, dass die Mikrostruktur der bearbeiteten Bohrungsinnenfläche möglicherweise nicht
den für den Betrieb vorgegebenen Vorgaben hinsichtlich Oberflächenrauheit und/oder
Oberflächenstruktur genügt. Daher wird bei bevorzugten Verfahren nach den formgebenden
Bearbeitungsschritten mindestens eine im Wesentlichen formneutrale, d.h. die Makroform
der Bohrung im Wesentlichen nicht verändernde Bearbeitungsoperation durchgeführt.
Dabei können Honwerkzeuge mit entsprechend an die Oberflächenanforderung angepasster
Körnung der Schneidstoffkörper und/oder Bürst- oder Plateauhonwerkzeuge und/oder andere
die Oberflächenstruktur verändernde Bearbeitungswerkzeuge eingesetzt werden, beispielsweise
berührungslos arbeitende Werkzeuge, wie Laser und/oder Wasserstrahlerzeuger, die die
Oberflächenstruktur der Bohrungsinnenfläche ohne Beeinflussung der Makroform verändern
können.
[0065] Beispielsweise kann eine "Plateauhonbearbeitung" durchgeführt werden, um die nach
der formgebenden Honbearbeitung noch vorliegenden Spitzen des Rauheitsprofiles zu
schneiden und dadurch den Traganteil der Oberfläche zu erhöhen. Bei der im Wesentlichen
formneutralen Bearbeitungsoperation kann die Innenfläche der Bohrung z.B. mit einer
Vielzahl von relativ zueinander beweglichen, elastisch gelagerten Schneidstoffkörpern
bearbeitet werden, die in Axialrichtung des Honwerkzeuges eine maximale Ausdehnung
von weniger als 10 % der Länge des Schneidbereiches des Honwerkzeuges haben. Ein solches
stark segmentiertes Plateauhonwerkzeug ist in der Lage, die gewellte Oberfläche einer
gezielt unrund bearbeiteten Bohrung mit einem Zylindrizitätsfehler von deutlich über
10 µm weitgehend gleichmäßig zu bearbeiten. Es kann durch Honleistensegmente gebildete
Schneidstoffkörper haben, die auf einem in sich elastischen Grundkörper, beispielsweise
einer Platte aus einem gummiartigen Werkstoff, aufgebracht sind. Dieser in sich elastische
Grundkörper ist auf dem eigentlichen Grundmaterial der Honleiste, beispielsweise einem
Träger aus Stahl, Kupfer oder dergleichen durch Verkleben oder auf andere Weise aufgebracht.
Die Honleistensegmente können z.B. eine Ausdehnung von 10mm x 10mm haben. Damit ist
bei der Plateauhonbearbeitung eine flächige Anlage der Segmente an die formgehonte
Bohrung abgesichert, da sich die Schneidstoffkörper unter lokaler elastischer Verformung
des elastischen Grundkörpers dem welligen Verlauf der Bohrungsinnenfläche anpassen
können.
[0066] Da die vorbearbeitete Innenfläche auch bei stark asymmetrisch deformierten, nicht-kreiszylindrischen
Bohrungsformen eine sehr gleichmäßige Rauheitsverteilung haben kann, ist auch nach
dem letzten Bearbeitungsschritt eine gleichmäßige Oberflächenstruktur gewährleistet.
1. Verfahren zum Honen der Innenfläche einer Bohrung in einem Werkstück, insbesondere
zum Honen einer Zylinderlauffläche bei der Herstellung von Zylinderblöcken für Brennkraftmaschinen,
bei dem ein Honwerkzeug innerhalb der Bohrung bewegt wird und mindestens eine an dem
Honwerkzeug angebrachte Schneidgruppe mit mindestens einem Schneidstoffkörper zur
materialabtragenden Bearbeitung der Innenfläche mit einer Zustellkraft an die Innenfläche
angedrückt wird,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
Erzeugung einer Schwingungsbewegung der Schneidgruppe im Wesentlichen parallel zur
Innenfläche nach Maßgabe mindestens eines Schwingungsparameters;
Erzeugung einer der Schwingungsbewegung überlagerten Verschiebungsbewegung der Schneidgruppe
entlang der Innenfläche nach Maßgabe mindestens eines Verschiebungsparameters;
Steuerung der Schwingungsbewegung und/oder der Verschiebungsbewegung zur Erzeugung
eines über die Innenfläche lokal variierenden Materialabtrages an der Innenfläche
zur Erzeugung einer vorgegebenen Sollform der Bohrung.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Schneidgruppe mit einer im wesentlichen konstanten
Zustellkraft an die Innenfläche angedrückt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Schneidgruppe mit einer in Abhängigkeit der
Hub- und Winkellage der Schneidgruppe variierenden Zustellkraft an die Innenfläche
angedrückt wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Schwingungsbewegung
im wesentlichen konstant gehalten wird und die Steuerung der Verschiebungsbewegung
in Abhängigkeit von der Sollform erfolgt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem für jeden lokalen Bereich
der Innenfläche eine Gesamt-Überlaufzeit eingestellt wird, die im wesentlichen proportional
zu dem korrespondierenden gewünschten lokalen Materialabtrag ist.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Verschiebungsbewegung
durch eine Überlagerung einer Rotationsbewegung und einer alternierenden axialen Hubbewegung
des Honwerkzeuges erzeugt wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem das Honwerkzeug zur Erzeugung
der Schwingungsbewegung in eine in Umfangsrichtung oszillierende Bewegung versetzt
wird, wobei vorzugsweise für die in Umfangsrichtung oszillierende Bewegung eine Winkelamplitude
von weniger als 90°, insbesondere von weniger als 45 °, vorgegeben wird.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem das Honwerkzeug zur Erzeugung
der Schwingungsbewegung in eine in Axialrichtung kurzhubig oszillierende Bewegung
versetzt wird, die vorzugsweise eine Axialamplitude von zwischen 1 % und 10% der Werkzeuglänge
hat.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine im wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges zur Erzeugung
einer Axialbewegung des Honwerkzeuges im wesentlichen parallel zur Bohrungsachse der
Bohrung und eine Steuerung der Schwingungsbewegung und der Verschiebungsbewegung einer
einseitig an dem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe in Abhängigkeit von der Hublage
und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges.
10. Verfahren nach Anspruch 9, worin ein Honwerkzeug verwendet wird, welches einen Satz
von um den Umfang des Honwerkzeuges verteilten Führungsleisten zur axialen Führung
des Honwerkzeuges in der Bohrung umfasst, die vorzugsweise unabhängig von der Schneidgruppe
in Richtung auf die Innenfläche der Bohrung zustellbar sind, wobei die im Wesentlichen
starre Führung der Axialbewegung dadurch erreicht wird, dass die Führungsleisten während der Bewegung des Honwerkzeuges in
der Bohrung an die Innenfläche der Bohrung angedrückt werden.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin ein Honwerkzeug verwendet
wird, das eine einzige separat zustellbare Schneidgruppe hat, die vorzugsweise einen
Eingriffswinkel von weniger als 90° besitzt, wobei der Eingriffswinkel vorzugsweise
zwischen 1 ° und 70° liegt.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, worin ein Honwerkzeug verwendet wird,
das eine erste Schneidgruppe, die in einem ersten Umfangswinkelbereich des Honwerkzeuges
wirksam ist, sowie mindestens eine zweite, gesondert zustellbare Schneidgruppe hat,
die in einem in Umfangsrichtung versetzt zum ersten Umfangswinkelbereich liegenden
zweiten Umfangswinkelbereich des Honwerkzeuges wirksam ist, wobei die Zustellkraft
für beide Schneidgruppen getrennt in Äbhängigkeit von Winkelposition und Hublage des
Honwerkzeuges gesteuert wird.
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin an der Bohrung Formabweichungen
erzeugt werden, die einem Zylindrizitätsfehler ΔZ von mehr als 10 µm entsprechen,
wobei der Zylindrizitätsfehler ΔZ vorzugsweise bei mehr als 20 µm, insbesondere zwischen
20 µm und ca. 60 µm liegt, wobei der Zylindrizitätsfehler definiert ist als ΔZ=(DA-Dl)/2, wobei DA der Durchmesser eines die Innenfläche der Bohrung außen berührenden Zylinders und
Dl der Durchmesser eines die Innenfläche der Bohrung innen berührenden Zylinders ist.
14. Honmaschine, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche
1 bis 13, die eine Bewegungs-Steuerungseinrichtung zur Steuerung der Bewegung mindestens
einer an einem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe in Abhängigkeit von der Hublage
und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges in einer Bohrung hat, wobei die Bewegungs-Steuerungseinrichtung
zur Erzeugung einer Schwingungsbewegung der Schneidgruppe im wesentlichen parallel
zu einer Innenfläche der Bohrung nach Maßgabe mindestens eines Schwingungsparameters
und zur Erzeugung einer der Schwingungsbewegung überlagerten Verschiebungsbewegung
der Schneidgruppe entlang der Innenfläche der Bohrung nach Maßgabe mindestens eines
Verschiebungsparameters konfiguriert ist.
15. Honmaschine nach Anspruch 14, bei der zur Einstellung einer lokal unterschiedlichen
Werkstoffabtrennung sowohl die Hub- und/oder Umfangsgeschwindigkeit von langhubigen
Verschiebungsbewegungen, als auch die Hub- und/oder Umfangsgeschwindigkeit von im
Vergleich dazu kurzhubigeren Schwingungsbewegung jeweils in Abhängigkeit von der Hub-
und Winkellage des Honwerkzeuges separat einstellbar sind.