[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation von Oberflächen
aus Aluminiumlegierungen und Bauteile aus solchen Legierungen mit einer dekorativen
anodischen Oxidschicht. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zur dekorativen
anodischen Oxidation von Aluminiumknetlegierungen und Aluminiumgusslegierungen.
[0002] Aluminium und Aluminiumlegierungen haben die Eigenschaft, dass sich bei Kontakt mit
der Luft durch den Sauerstoff eine Oxidschicht bildet, die ca. 0,01 µm dick wird.
Anodisches Oxidieren, als Eloxieren bezeichnet, ermöglicht die Bildung von Oxidschichten,
die 100 bis 1000-fach dicker sind und als Schutzschicht gegen mechanische, chemische
und elektrochemische Beanspruchungen der aus der Aluminiumlegierung gefertigten Bauteile
dienen kann.
[0003] Anodische Oxidschichten weisen eine Wabenstruktur mit unten geschlossenen, nach oben
hin aber offenen mikroporige Kanälen auf, in die Farbstoffe eingelagert werden können.
Die durch die Kanäle verursachten Poren in der Oberfläche können durch Nachbehandlungsverfahren
verschlossen werden. Dies geschieht, indem in den Poren Aluminiumoxihydroxid gebildet
wird, das wegen seines größeren Volumens ein Verschließen der Poren bewirkt. Die Bildung
von Aluminiumoxihydroxid wird beispielsweise durch Behandeln der Oberfläche mit kochendem
Wasser, Wasserdampf oder speziellen Lösungen erreicht. Alternativ zur Einlagerung
von Farbstoffen lassen sich Eigenfärbungen der anodischen Oxidschicht durch die Verwendung
speziell legierter Aluminiumwerkstoffe erreichen. Beide Möglichkeiten sind als dekorative
anodische Oxidation oder Farbeloxieren bekannt. Dadurch können lang haltbare, korrosionsbeständige
und abriebfeste Farbbeschichtungen erreicht werden, die keine Wartung, insbesondere
kein Erneuern der Farbbeschichtung während der Lebensdauer eines Bauteils erfordern,
wie oftmals eine einfache Lackierung. Insbesondere ermöglicht die Farbeloxierung eine
Vielzahl an möglichen Farben.
[0004] Die dekorative anodische Oxidation ist nur bei reinem Aluminium und einigen Aluminiumlegierungen,
wie Al-Mg mit Magnesiumgehalten bis zu 5 % gut möglich. Die große Gruppe der siliziumhaltigen
Aluminiumgusswerkstoffe gilt dagegen als nicht farbeloxierbar. Man nimmt an, dass
die Ausbildung einer farblich brillanten Oxidschicht durch die Ausscheidung von Silizium
oder siliziumhaltigen intermetallischen Phasen wie AISi,. Mg
2Si u.a. verhindert wird. Zur Bildung von AIFeSi-Phasen reichen schon die geringen
Mengen an Eisen aus, die als Verunreinigung im Material vorhanden sind etwa z.B. bereits
0,08 %. So sind insbesondere die siliziumhaltigen, zum Gießen verwendeten Aluminiumwerkstoffe
nach DIN-Norm 1725 mit den Legierungsbezeichnungen AISi12, AISi12(Cu), AISi10Mg, AISi10Mg(Cu),
AISi9Cu3, AISi6Cu4, AlSi11, AISi9Mg, und AISi7Mg nicht für eine anodische Oxidation
geeignet. Ebenfalls schlecht geeignet sind AISi9MgCo, AISi12CuMgNi und AIZn10Si8Mg.
Aber auch Werkstoffe mit keinen oder nur geringen Siliziumanteilen wie AICu4Ti und
AICu4TiMg eignen sich nur schlecht.
Zusätzlich wird die anodische Oxidation von Gusslegierungen erschwert, da diese in
der Regel noch Poren aufweisen. Auch bei vielen Aluminiumknetwerkstoffen ist eine
anodische Oxidation nicht gut möglich.
[0005] Zum Aufbringen von Beschichtungen, unter anderem auch zu dekorativen Zwecken, sind
thermische Spritzverfahren bekannt, die gleichmäßig aufgetragene Beschichtungen von
hoher Qualität und Güte ermöglichen. Die Spritzmaterialien können dabei in Form von
Drähten, Stäben oder als Pulver zugeführt werden. Ein besonders vorteilhaftes Verfahren
ist das so genannte Kaltgasspritzen, bei dem die Spritzpartikel in einem Trägergas
auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden, jedoch nicht geschmolzen werden. Im
Vergleich zu den herkömmlichen Spritzverfahren wird ein "kaltes" bzw. ein vergleichsweise
kälteres Gas verwendet, da es höchstens auf Temperaturen unterhalb des Schmelzpunktes
de Materials der Spritzpartikel erwärmt wird. Durch plastische Verformung aufgrund
der kinetischen Energie beim Aufprall der Spritzpartikel und daraus resultierender
lokaler Wärmefreigabe kommt es zur Kohäsion und Haftung der Partikel auf dem Werkstück
und zur Bildung einer Beschichtung. Insbesondere kommt es beim Kaltgasspritzen nicht
zur Oxidation und/oder Phasenumwandlung des Trägerwerkstoffs oder zu einem merklichen
Aufschmelzens des Trägerwerkstoffs und der Bildung einer Mischung. Die Spritzpartikel
werden als Pulver mit einer Partikelgröße von 1 µm bis 200 µm zugeführt. Die kinetische
Energie erhalten die Spritzpartikel durch Beschleunigung im Trägergas auf Geschwindigkeiten
oberhalb der Schallgeschwindigkeit.
[0006] Mit diesem Verfahren lassen sich jedoch nur Beschichtungen mit den dekorativen Eigenschaften
des Beschichtungsmaterials erreichen und nicht das metallische Aussehen bei gleichzeitiger
Farbvielfalt und Robustheit der Farbeloxierung.
[0007] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mit
dem es möglich ist, auch Oberflächen aus Aluminiumlegierungen, bei denen eine dekorative
anodische Oxididation nicht möglich ist, dekorativ anodisch zu oxidieren. Ebenfalls
ist es Aufgabe der Erfindung, anodisch oxidierte Aluminiumbauteile aus solchen Legierungen
zur Verfügung zu stellen.
[0008] Die gestellte Aufgabe wird durch ein Verfahren gelöst, bei dem in einem ersten Schritt
eine Schicht eines anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs aufgebracht wird und
in einem zweiten Schritt die Schicht aus Aluminiumwerkstoff anodisch oxidiert wird
[0009] Dadurch können auch Werkstoffe anodisch oxidiert und mit einer Farbeloxierung versehen
werden, die selbst nicht oder nur schwer farbeloxierbar sind. Die Schicht des anodisch
oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs kann aus einer für diesen Zweck optimierten Legierung
bestehen.
[0010] In einer vorteilhaften Ausgestaltung wird die Schicht aus Aluminiumwerkstoff durch
Kaltgasspritzen aufgebracht.
[0011] Die Beschichtung mit dem anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoff kann durch thermisches
Spritzen erfolgen. Wird dabei das Kaltgasspritzverfahren verwendet, so wird eine Durchmischung
des Trägermaterials aus Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen und der Beschichtung
aus Aluminiumwerkstoff durch Aufschmelzen oder Festkörperdiffusion weitgehend vermieden.
Die Oberfläche des Bauteils ist nach der Beschichtung optimal für die anodische Oxidation
geeignet.
[0012] Insbesondere wenn die Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen siliziumhaltige
Aluminiumlegierungen sind, kann das Verfahren vorteilhaft angewendet werden.
[0013] Vor allem wenn Silizium in einer Aluminiumlegierung enthalten ist, ist eine anodische
Oxidation nicht möglich. Durch das erfindungsgemäße Verfahren, insbesondere bei Durchführung
mittels Kaltgasspritzen kann jedoch eine siliziumfreie Oberflächenschicht erreicht
werden, die dekorativ anodisch oxidiert werden kann.
[0014] In einer anderen vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung besteht die Schicht aus
Aluminiumwerkstoff aus reinem Aluminium. Reines Aluminium besteht industriell aus
99,5 Prozent Aluminium. Möglich ist eine Steigerung bis auf 99,99 Prozent. Reines
Aluminium lässt sich optimal anodisch oxidieren.
[0015] Die Aufgabe der Erfindung wird auch durch Bauteile aus Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen
gelöst, deren Oberfläche zumindest in Teilbereichen mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
beschichtet wurde.
1. Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation von Oberflächen von Bauteilen aus Aluminiumknet-
oder Aluminiumgusslegierungen, dadurch gekennzeichnet, dass in einem ersten Schritt eine Schicht eines anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs
aufgebracht wird und in einem zweiten Schritt die Schicht aus Aluminiumwerkstoff anodisch
oxidiert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff durch Kaltgasspritzen aufgebracht wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen siliziumhaltige Aluminiumlegierungen
sind.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff aus reinem Aluminium besteht.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass beim anodischen Oxidieren Farbstoffe in die Oxidschicht eingelagert werden.
6. Bauteil aus einer Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierung mit einer zumindest einen
Oberflächenbereich bedeckenden dekorativen Oberflächenbeschichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die dekorative Oberflächenbeschichtung eine auf einer anodisch oxidierbaren Schicht
aus Aluminiumwerkstoff anodisch aufgebrachte Oxidschicht ist.
7. Bauteil nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierung eine siliziumhaltige Aluminiumlegierung
ist.
8. Bauteil nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff oder aus reinem Aluminium besteht.
9. Bauteil nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff durch Kaltgasspritzen aufgebracht ist.
10. Bauteil nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass in die anodisch aufgebrachte Oxidschicht Farbstoffe eingelagert sind.