(19)
(11) EP 1 832 670 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.09.2007  Patentblatt  2007/37

(21) Anmeldenummer: 07003051.5

(22) Anmeldetag:  13.02.2007
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C25D 11/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 07.03.2006 DE 102006010520

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Gärtner, Frank, Dr.
    22043 Hamburg (DE)
  • Heinrich, Peter
    82110 Germering (DE)
  • Kreye, Heinrich, Prof. Dr.
    22175 Hamburg (DE)

(74) Vertreter: Kasseckert, Rainer 
Linde AG Patente und Marken Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation


(57) Bei einem Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation von Oberflächen von Bauteilen aus Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen, wird in einem ersten Schritt eine Schicht eines anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs aufgebracht und in einem zweiten Schritt die Schicht aus Aluminiumwerkstoff anodisch oxidiert.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation von Oberflächen aus Aluminiumlegierungen und Bauteile aus solchen Legierungen mit einer dekorativen anodischen Oxidschicht. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation von Aluminiumknetlegierungen und Aluminiumgusslegierungen.

[0002] Aluminium und Aluminiumlegierungen haben die Eigenschaft, dass sich bei Kontakt mit der Luft durch den Sauerstoff eine Oxidschicht bildet, die ca. 0,01 µm dick wird. Anodisches Oxidieren, als Eloxieren bezeichnet, ermöglicht die Bildung von Oxidschichten, die 100 bis 1000-fach dicker sind und als Schutzschicht gegen mechanische, chemische und elektrochemische Beanspruchungen der aus der Aluminiumlegierung gefertigten Bauteile dienen kann.

[0003] Anodische Oxidschichten weisen eine Wabenstruktur mit unten geschlossenen, nach oben hin aber offenen mikroporige Kanälen auf, in die Farbstoffe eingelagert werden können. Die durch die Kanäle verursachten Poren in der Oberfläche können durch Nachbehandlungsverfahren verschlossen werden. Dies geschieht, indem in den Poren Aluminiumoxihydroxid gebildet wird, das wegen seines größeren Volumens ein Verschließen der Poren bewirkt. Die Bildung von Aluminiumoxihydroxid wird beispielsweise durch Behandeln der Oberfläche mit kochendem Wasser, Wasserdampf oder speziellen Lösungen erreicht. Alternativ zur Einlagerung von Farbstoffen lassen sich Eigenfärbungen der anodischen Oxidschicht durch die Verwendung speziell legierter Aluminiumwerkstoffe erreichen. Beide Möglichkeiten sind als dekorative anodische Oxidation oder Farbeloxieren bekannt. Dadurch können lang haltbare, korrosionsbeständige und abriebfeste Farbbeschichtungen erreicht werden, die keine Wartung, insbesondere kein Erneuern der Farbbeschichtung während der Lebensdauer eines Bauteils erfordern, wie oftmals eine einfache Lackierung. Insbesondere ermöglicht die Farbeloxierung eine Vielzahl an möglichen Farben.

[0004] Die dekorative anodische Oxidation ist nur bei reinem Aluminium und einigen Aluminiumlegierungen, wie Al-Mg mit Magnesiumgehalten bis zu 5 % gut möglich. Die große Gruppe der siliziumhaltigen Aluminiumgusswerkstoffe gilt dagegen als nicht farbeloxierbar. Man nimmt an, dass die Ausbildung einer farblich brillanten Oxidschicht durch die Ausscheidung von Silizium oder siliziumhaltigen intermetallischen Phasen wie AISi,. Mg2Si u.a. verhindert wird. Zur Bildung von AIFeSi-Phasen reichen schon die geringen Mengen an Eisen aus, die als Verunreinigung im Material vorhanden sind etwa z.B. bereits 0,08 %. So sind insbesondere die siliziumhaltigen, zum Gießen verwendeten Aluminiumwerkstoffe nach DIN-Norm 1725 mit den Legierungsbezeichnungen AISi12, AISi12(Cu), AISi10Mg, AISi10Mg(Cu), AISi9Cu3, AISi6Cu4, AlSi11, AISi9Mg, und AISi7Mg nicht für eine anodische Oxidation geeignet. Ebenfalls schlecht geeignet sind AISi9MgCo, AISi12CuMgNi und AIZn10Si8Mg. Aber auch Werkstoffe mit keinen oder nur geringen Siliziumanteilen wie AICu4Ti und AICu4TiMg eignen sich nur schlecht.
Zusätzlich wird die anodische Oxidation von Gusslegierungen erschwert, da diese in der Regel noch Poren aufweisen. Auch bei vielen Aluminiumknetwerkstoffen ist eine anodische Oxidation nicht gut möglich.

[0005] Zum Aufbringen von Beschichtungen, unter anderem auch zu dekorativen Zwecken, sind thermische Spritzverfahren bekannt, die gleichmäßig aufgetragene Beschichtungen von hoher Qualität und Güte ermöglichen. Die Spritzmaterialien können dabei in Form von Drähten, Stäben oder als Pulver zugeführt werden. Ein besonders vorteilhaftes Verfahren ist das so genannte Kaltgasspritzen, bei dem die Spritzpartikel in einem Trägergas auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden, jedoch nicht geschmolzen werden. Im Vergleich zu den herkömmlichen Spritzverfahren wird ein "kaltes" bzw. ein vergleichsweise kälteres Gas verwendet, da es höchstens auf Temperaturen unterhalb des Schmelzpunktes de Materials der Spritzpartikel erwärmt wird. Durch plastische Verformung aufgrund der kinetischen Energie beim Aufprall der Spritzpartikel und daraus resultierender lokaler Wärmefreigabe kommt es zur Kohäsion und Haftung der Partikel auf dem Werkstück und zur Bildung einer Beschichtung. Insbesondere kommt es beim Kaltgasspritzen nicht zur Oxidation und/oder Phasenumwandlung des Trägerwerkstoffs oder zu einem merklichen Aufschmelzens des Trägerwerkstoffs und der Bildung einer Mischung. Die Spritzpartikel werden als Pulver mit einer Partikelgröße von 1 µm bis 200 µm zugeführt. Die kinetische Energie erhalten die Spritzpartikel durch Beschleunigung im Trägergas auf Geschwindigkeiten oberhalb der Schallgeschwindigkeit.

[0006] Mit diesem Verfahren lassen sich jedoch nur Beschichtungen mit den dekorativen Eigenschaften des Beschichtungsmaterials erreichen und nicht das metallische Aussehen bei gleichzeitiger Farbvielfalt und Robustheit der Farbeloxierung.

[0007] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mit dem es möglich ist, auch Oberflächen aus Aluminiumlegierungen, bei denen eine dekorative anodische Oxididation nicht möglich ist, dekorativ anodisch zu oxidieren. Ebenfalls ist es Aufgabe der Erfindung, anodisch oxidierte Aluminiumbauteile aus solchen Legierungen zur Verfügung zu stellen.

[0008] Die gestellte Aufgabe wird durch ein Verfahren gelöst, bei dem in einem ersten Schritt eine Schicht eines anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs aufgebracht wird und in einem zweiten Schritt die Schicht aus Aluminiumwerkstoff anodisch oxidiert wird

[0009] Dadurch können auch Werkstoffe anodisch oxidiert und mit einer Farbeloxierung versehen werden, die selbst nicht oder nur schwer farbeloxierbar sind. Die Schicht des anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs kann aus einer für diesen Zweck optimierten Legierung bestehen.

[0010] In einer vorteilhaften Ausgestaltung wird die Schicht aus Aluminiumwerkstoff durch Kaltgasspritzen aufgebracht.

[0011] Die Beschichtung mit dem anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoff kann durch thermisches Spritzen erfolgen. Wird dabei das Kaltgasspritzverfahren verwendet, so wird eine Durchmischung des Trägermaterials aus Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen und der Beschichtung aus Aluminiumwerkstoff durch Aufschmelzen oder Festkörperdiffusion weitgehend vermieden. Die Oberfläche des Bauteils ist nach der Beschichtung optimal für die anodische Oxidation geeignet.

[0012] Insbesondere wenn die Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen siliziumhaltige Aluminiumlegierungen sind, kann das Verfahren vorteilhaft angewendet werden.

[0013] Vor allem wenn Silizium in einer Aluminiumlegierung enthalten ist, ist eine anodische Oxidation nicht möglich. Durch das erfindungsgemäße Verfahren, insbesondere bei Durchführung mittels Kaltgasspritzen kann jedoch eine siliziumfreie Oberflächenschicht erreicht werden, die dekorativ anodisch oxidiert werden kann.

[0014] In einer anderen vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung besteht die Schicht aus Aluminiumwerkstoff aus reinem Aluminium. Reines Aluminium besteht industriell aus 99,5 Prozent Aluminium. Möglich ist eine Steigerung bis auf 99,99 Prozent. Reines Aluminium lässt sich optimal anodisch oxidieren.

[0015] Die Aufgabe der Erfindung wird auch durch Bauteile aus Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen gelöst, deren Oberfläche zumindest in Teilbereichen mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschichtet wurde.


Ansprüche

1. Verfahren zur dekorativen anodischen Oxidation von Oberflächen von Bauteilen aus Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen, dadurch gekennzeichnet, dass in einem ersten Schritt eine Schicht eines anodisch oxidierbaren Aluminiumwerkstoffs aufgebracht wird und in einem zweiten Schritt die Schicht aus Aluminiumwerkstoff anodisch oxidiert wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff durch Kaltgasspritzen aufgebracht wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierungen siliziumhaltige Aluminiumlegierungen sind.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff aus reinem Aluminium besteht.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass beim anodischen Oxidieren Farbstoffe in die Oxidschicht eingelagert werden.
 
6. Bauteil aus einer Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierung mit einer zumindest einen Oberflächenbereich bedeckenden dekorativen Oberflächenbeschichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die dekorative Oberflächenbeschichtung eine auf einer anodisch oxidierbaren Schicht aus Aluminiumwerkstoff anodisch aufgebrachte Oxidschicht ist.
 
7. Bauteil nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Aluminiumknet- oder Aluminiumgusslegierung eine siliziumhaltige Aluminiumlegierung ist.
 
8. Bauteil nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff oder aus reinem Aluminium besteht.
 
9. Bauteil nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Aluminiumwerkstoff durch Kaltgasspritzen aufgebracht ist.
 
10. Bauteil nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass in die anodisch aufgebrachte Oxidschicht Farbstoffe eingelagert sind.