(19)
(11) EP 1 845 323 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.10.2007  Patentblatt  2007/42

(21) Anmeldenummer: 06007760.9

(22) Anmeldetag:  13.04.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
G05B 13/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Corduan, Horst
    82178 Puchheim (DE)
  • Ewert, Ulrich
    83673 Bichl (DE)
  • Pompl, Gerhard
    92339 Beilngries (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Zentrale Patentabteilung Dr.-Carl-von-Linde-Strasse 6-14
82049 Höllriegelskreuth
82049 Höllriegelskreuth (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung eines Druckprodukts durch Tieftemperatur-Luftzerlegung


(57) Das Verfahren dient zur Erzeugung eines Druckprodukts durch Tieftemperatur-Luftzerlegung. Einsatzluft (1) wird verdichtet (2), gereinigt (4), abgekühlt (9) und einem Destilliersäulen-System (12) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung zugeführt (11, 23). Ein flüssiger Produktstrom (13) wird aus dem Destilliersäulen-System (12) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung entnommen, in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck (PIV) gebracht (14) und unter diesem erhöhten Druck (PIV) verdampft oder pseudoverdampft (9).Der (pseudo-)verdampfte Produktstrom (16) wird als Druckprodukt einem Abnahmesystem (19) zugeführt (17), das einen variablen Druck (PA) aufweist. Der erhöhte Druck (PIV) wird variiert. Die Variation des erhöhten Drucks (PIV) wird in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems (19) durchgeführt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung eines Druckprodukts durch Tieftemperatur-Luftzerlegung mittels Innenverdichtung gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

[0002] Verfahren und Vorrichtungen zur Tieftemperaturzerlegung von Luft sind zum Beispiel aus Hausen/Linde, Tieftemperaturtechnik, 2. Auflage 1985, Kapitel 4 (Seiten 281 bis 337) bekannt. Ein "Destilliersäulen-System" umfasst mindestens eine Trennsäule sowie die den Trennsäulen des Systems zugeordneten Kondensatoren und Verdampfer. Das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung der Erfindung kann als Einsäulensystem zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung ausgebildet sein, als Zweisäulensystem (zum Beispiel als klassisches Linde-Doppelsäulensystem), oder auch als Drei- oder Mehrsäulensystem. Es kann zusätzlich zu den Kolonnen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung weitere Vorrichtungen zur Gewinnung anderer Luftkomponenten, insbesondere von Edelgasen aufweisen, beispielsweise eine Argongewinnung.

[0003] Bei einem Innenverdichtungsprozess wird mindestens eines der Produkte flüssig aus einer der Säulen des Destilliersäulen-Systems oder aus einem mit einer dieser Säulen verbundenen Kondensator entnommen, in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck gebracht, in indirektem Wärmeaustausch, beispielsweise mit Einsatzluft oder Stickstoff, verdampft beziehungsweise (bei überkritischem Druck) pseudo-verdampft und schließlich als gasförmiges Druckprodukt gewonnen und einem Abnahmesystem zugeführt. Die Druckerhöhung in der Flüssigkeit kann durch jede bekannte Maßnahme durchgeführt werden. Regelmäßig werden dabei Pumpen eingesetzt. Möglich ist aber auch die Ausnutzung eines hydrostatischen Potentials und/oder die Druckaufbauverdampfung an einem Tank.

[0004] Derartige Innenverdichtungsverfahren sind zum Beispiel bekannt aus DE 830805, DE 901542 (= US 2712738/US 2784572), DE 952908, DE 1103363 (= US 3083544), DE 1112997 (= US 3214925), DE 1124529, DE 1117616 (= US 3280574), DE 1226616 (= US 3216206), DE 1229561 (= US 3222878), DE 1199293, DE 1187248 (= US 3371496), DE 1235347, DE 1258882 (= US 3426543), DE 1263037 (= US 3401531), DE 1501722 (= US 3416323), DE 1501723 (= US 3500651), DE 2535132 (= US 4279631), DE 2646690, EP 93448 B1 (= US 4555256), EP 384483 B1 (= US 5036672), EP 505812 B1 (= US 5263328), EP 716280 B1 (= US 5644934), EP 842385 B1 (= US 5953937), EP 758733 B1 (= US 5845517), EP 895045 B1 (= US 6038885), DE 19803437 A1, EP 949471 B1 (= US 6185960 B1), EP 955509 A1 (= US 6196022 B1), EP 1031804 A1 (= US 6314755), DE 19909744 A1, EP 1067345 A1 (= US 6336345), EP 1074805 A1 (= US 6332337), DE 19954593 A1, EP 1134525 A1 (= US 6477860), DE 10013073A1, EP 1139046 A1, EP 1146301 A1, EP 1150082 A1, EP 1213552 A1, DE 10115258 A1, EP 1284404 A1 (= US 2003051504 A1), EP 1308680 A1 (= US 6612129 B2), DE 10213212 A1, DE 10213211 A1, EP 1357342 A1, DE 10238282 A1, DE 10302389 A1, DE 10334559 A1, DE 10334560 A1, DE 10332863 A1, EP 1544559 A1, EP 1585926 A1, oder DE 102005029274 A1.

[0005] Ein "Abnahmesystem" kann beispielsweise durch einen einzelnen Verbraucher oder durch eine Mehrzahl benachbarter Verbraucher gebildet werden. Andere Beispiele für Abnahmesystem sind dezidierte Gasdruckspeicher oder Pipelinesysteme, die regelmäßig ebenfalls als Druckpuffer betrieben werden. Ein derartiges "Abnahmesystem" wird in einem bestimmten Druckbereich betrieben, der durch einen minimalen zulässigen Druck und einen maximalen zulässigen Druck bestimmt ist. Zwischen diesen beiden Werten liegt typischerweise eine Differenz von mindestens 2 bar. Je größer die zulässige Schwankungsbreite des Drucks ist, umso mehr Kapazität ist im Druckpuffer des Abnahmesystems verfügbar. Die notwendige Kapazität des Druckpuffers hängt im wesentlichen ab vom Verlauf der Abnahmeschwankungen, die in der Regel einer bestimmten Systematik unterliegen.

[0006] Um in das Abnahmesystem einströmen zu können, muss das in der Destilliersäulen-System gewonnene Druckprodukt einen höheren Druck aufweisen als der Druck im Abnahmesystems. Bisher wird diese Forderung dadurch erfüllt, dass die Verdampfung des Innenverdichtungsprodukts bei einem Druck durchgeführt wird, der auch bei dem maximalen Druck des Abnahmesystems eine Einführung des Druckprodukts in das Abnahmesystems sicherstellt. Der Druck beim Verdampfen und auch die Betriebsdrücke im Destilliersäulen-System werden konstant gehalten. Bei aktuell niedrigerem Druck im Abnahmesystem wird das gasförmige Druckprodukt abgedrosselt, wodurch Energie verloren geht.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art anzugeben, das energetisch besonders günstig arbeitet.

[0008] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass der erhöhte Druck (also der Druck des Innenverdichtungsprodukts) variiert wird und die Variation des erhöhten Drucks (PIV) in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems durchgeführt wird.

[0009] Durch die Anpassung des Drucks des Innenverdichtungsprodukts kann die Verdampfung bei erniedrigtem Druck stattfinden, wenn der Druck im Abnahmesystem unterhalb seines Maximalwerts liegt. Dies bedeutet, dass weniger Energie zum Verdampfen des Produktstroms eingesetzt werden muss.

[0010] Bei einem Innenverdichtungsverfahren wird regelmäßig ein gasförmiger Wärmeträgerstrom auf einen hohen Druck (PW) verdichtet und unter diesem hohen Druck zur (Pseudo-)Verdampfung des flüssigen Produktstroms durch indirekten Wärmeaustausch eingesetzt. Im Rahmen der Erfindung ist es günstig, wenn hierbei der hohe Druck (PW) und/oder Menge (MW) des Wärmeträgerstroms variiert wird und die Variation des hohen Drucks (PW) beziehungsweise der Menge (MW) in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems durchgeführt wird. Hierdurch wird bei der Verdichtung des Wärmeträgerstroms Energie eingespart, wenn der Druck des Abnahmesystems unterhalb seines Maximalwerts liegt. In der Praxis kann sich die zuletzt genannte Variation nach dem Druck des Innenverdichtungsprodukts (PIV) richten; die genannte Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems ist dann eine indirekte.

[0011] Der Wärmeträgerstrom kann zum Beispiel durch einen Teilstrom der Einsatzluft oder durch einen Stickstoffstrom aus dem Destilliersäulen-System gebildet werden. Häufig wird ein Teilstrom der Einsatzluft nachverdichtet, als Wärmeträgerstrom eingesetzt und anschließend in das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung eingeleitet. Unter "Menge" wird hier die molare Menge pro Zeiteinheit verstanden, die zum Beispiel in Nm3/h gemessen wird.

[0012] Zusätzlich oder alternativ kann im Rahmen der Erfindung auch dadurch Energie eingespart werden, dass die Kälteerzeugung bei reduziertem Druck (PA) im Abnahmesystem vermindert wird, indem die in dem Kälteerzeugungssystem des Verfahrens erzeugte Kältemenge in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems variiert wird.

[0013] Das Kälteerzeugungssystem kann eine oder mehrere Entspannungsmaschinen zur arbeitsleistenden Entspannung eines oder mehrerer Prozess-Ströme, eine oder mehrere mit externer Energie angetriebene Kälteanlagen und oder die Kältezufuhr durch einen oder mehrere tiefkalte Flüssigkeitsströme umfassen. Typischerweise wird bei der Erfindung die Menge eines oder mehrerer über eine Expansionsturbine geleiteter Prozess-Ströme geregelt. Bei verringertem Druck im Abnahmesystem wird diese vermindert. Der entsprechend verminderte Bedarf an Druckenergie führt zu einer weiteren Energieeinsparung.

[0014] In einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden ein oder mehrere Betriebsparameter des Destilliersäulen-Systems in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems variiert.

[0015] Es ist bekannt, die Betriebsparameter einer Luftzerlegungsanlage über ein Lastwechselsystem an variable Produktmengen anzupassen. Ein derartiges Lastwechselsystem kann eine Feedforward-Steuerung, zum Beispiel ein ALC (Automatic Load Change), oder eine multivariabler Regeleinrichtung, zum Beispiel ein MPC (Model Predictive Control) umfassen. Im Rahmen der Erfindung ist es vorteilhaft, ein derartiges System zur Verbesserung des Betriebsverhaltens der Anlage bei der Variation des Innenverdichtungsdrucks einzusetzen und damit die Betriebsparameter des Destilliersäulen-Systems zu optimieren. Durch die kontrollierte Anpassung dieser Betriebsparameter wird die Konsistenz zwischen dem gewählten Innenverdichtungsdruck und dem Betriebspunkt der Destillation sichergestellt und weiterhin eine unzulässige Belastung der Wärmetauscher vermieden. Ein wesentlicher Vorteil der Verwendung eines Lastwechselsystems ist die Möglichkeit, den Gradienten des Innenverdichtungsdrucks zu begrenzen, das heißt der Innenverdichtungsdruck folgt dem Abnahmedruck nicht beliebig schnell, sondern in kontrollierter Weise. Dies kann bei schneller Änderung des Abnahmedrucks in einer Übergangsphase auch bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zu einer verstärkten Abdrosselung beziehungsweise zu einem Abblasen des Produktstroms führen. Im Gegensatz zu konventionellen Prozessen erfolgen solche Vorgänge jedoch nur kurzzeitig.

[0016] Das Lastwechselsystem ist in dieser Ausgestaltung der Erfindung ständig aktiv und passt den Sollwert für den Innenverdichtungsdruck an den aktuellen Abnahmedruck an. Der Drucksollwert des Lastwechselsystems wird die Summe aus aktuellem Abnahmedruck und einer vorgewählten Differenz gebildet, um bei einem Anstieg des Abnahmedrucks ein unnötiges Abblasen zu vermeiden. Selbstverständlich kann diese Art von Lastregelung mit einem Lastwechselsystem für die Produktmengen kombiniert werden.

[0017] Vorteilhaft ist außerdem eine Kombination mit einer prädiktiven Druckregelung des Abnahmesystems (zum Beispiel einer Pipeline), wie sie in EP 1542102 A1 beschrieben ist. Hierbei wird der Druckverlauf im Abnahmesystem anhand verfügbarer Informationen über den zukünftigen Bedarf der angeschlossenen Endverbraucher ermittelt. Dieser kann im Rahmen der vorliegende Erfindung zur Bestimmung des Drucksollwerts für das Lastwechselsystems verwendet werden, um ein Abblasen von Produkt so weit wie möglich zu vermeiden.

[0018] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zur Erzeugung eines Druckprodukts durch Tieftemperatur-Luftzerlegung gemäß dem Patentanspruch 5. Die Steuerungs- oder Regelungseinrichtung des Anspruchs 5 kann als Closed Loop Control oder Open Loop Control ausgeführt sein.

[0019] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand eines in den Zeichnungen erläuterten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
ein grob vereinfachtes Schema des Verfahrens und der Vorrichtung gemäß dem Ausführungsbeispiel und
Figur 2
ein Diagramm für den zeitlichen Verlauf des Abnahme- und des Innenverdichtungsdrucks.


[0020] Luft 1 wird in einem Hauptluftverdichter auf einen ersten Druck P1 gebracht. Die Druckluft 3 wird in einer Reinigungseinrichtung 4 gereinigt. Die gereinigte Luft 5 wird in einen ersten Teilstrom 6 und einen zweiten Teilstrom 7 verzweigt. Der erste Luftteilstrom 6 wird in einem Hauptwärmetauscher 9 auf etwa Taupunkt abgekühlt und strömt über die Leitungen 10 und 11 in das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, das in dem Beispiel eine Hochdrucksäule und eine Niederdrucksäule aufweist, die über einen gemeinsamen Kondensator-Verdampfer, den so genannten Hauptkondensator, in Wärmeaustauschbeziehung stehen. Die Luft 11 wird in praktisch vollständig gasförmigem Zustand in die Hochdrucksäule eingeleitet.

[0021] In dem Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung 12 wird die Luft in mindestens einen sauerstoffangereicherten Produktstrom 13 und mindestens eine stickstoffangereicherte Fraktion (nicht dargestellt) zerlegt. Der Produktstrom 13 weist beispielsweise einen Sauerstoffgehalt von 98 bis 99.5 mol-% auf. Er wird flüssig entnommen, zum Beispiel aus dem Sumpf der Niederdrucksäule oder dem Verdampfungsraum des Hauptkondensators. In einer Pumpe 14 wird der flüssige Produktstrom 13 auf einen erhöhten Druck PIV gebracht, der höher als der Betriebsdruck der Destilliersäule ist, aus der er abgezogen wurde, und beispielsweise 15 bis 30 bar beträgt. Der Sauerstoff 15 wird unter dem erhöhten Druck in flüssigem oder überkritischem Zustand zum kalten Ende des Hauptwärmetauschers 9 geführt und im Hauptwärmetauscher verdampft beziehungsweise pseudo-verdampft und auf etwa Umgebungstemperatur angewärmt. Über ein Austrittsventil 18 tritt der Produktstrom als gasförmiges Druckprodukt 16, 18 aus der Anlage aus und wird in ein Abnahmesystem 19 eingeleitet, das in dem Ausführungsbeispiel als Pipelinesystem ausgebildet ist. Über das Pipelinesystem 19 wird der gasförmige Drucksauerstoff schließlich an eine grundsätzlich beliebige Anzahl n von Verbrauchern V1 bis Vn geliefert.

[0022] Das Pipelinesystem dient auch als Produktpuffer. Je nach momentaner Abnahmemenge kann der Druck des Abnahmesystems (an der Stelle der Mündung der Leitung 17) in dem Ausführungsbeispiel zwischen einem maximalen zulässigen Druck von 30 bar und einem minimalen zulässigen Druck von 15 bar schwanken.

[0023] Die zur (Pseudo-)Verdampfung benötigte Wärme liefert ein Wärmeträgerstrom 21, der auch Innenverdichtungsluft genannt wird und einen Teil des zweiten Luftteilstroms 7 darstellt, der in einem Nachverdichter 20 auf einen hohen Druck PW nachverdichtet wird, der höher als der erste Druck P1 ist und beispielsweise 30 bis 40 bar beträgt. Dieser Druck im Teilstrom 21/22 wird über das Ventil 8 bzw. die Leitschaufeln des Verdichters 20 eingestellt. Unter diesem hohen Druck durchströmt die Innenverdichtungsluft 22 den Hauptwärmetauscher 9 bis zum kalten Ende und wird dabei in indirektem Wärmeaustausch mit dem (pseudo-)verdampfenden Sauerstoff 15 kondensiert oder - bei überkritischem Druck - pseudo-kondensiert. Die Innenverdichtungsluft wird über ein Ventil 30 entspannt und tritt bei 23 in teilweise verflüssigtem Zustand in das Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung ein.

[0024] Ein anderer Teil 25 des zweiten Luftteilstroms 7/21 wird als Turbinenstrom bei einer Zwischentemperatur aus dem Hauptwärmetauscher herausgeführt. Seine Menge relativ zur Innenverdichtungsluft wird über die Leitschaufeln der Turbine eingestellt. Das Verhältnis der Mengenströme von erstem Teilstrom 6 und zweitem Teilstrom 7/21 wird über ein Entspannungsventil 30 in Teilstrom 22 eingestellt.

[0025] Die Turbinenluft 25 wird in einer Expansionsturbine 26 auf etwa den Betriebsdruck der Hochdrucksäule entspannt. Die entspannte Turbinenluft 27 wird gemeinsam mit dem ersten Teilstrom 10 über Leitung 11 in die Hochdrucksäule des Destilliersäulen-Systems zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung 12 eingeleitet. Die Turbine 26 stellt in dem Ausführungsbeispiel ein wesentliches Element des Kälteerzeugungssystems der Anlage dar.

[0026] In konventioneller Weise würde die gesamte Luftzerlegungsanlage stationär betrieben und die Pumpe 14 ständig einen Druck von etwas mehr als dem maximalen Abnahmedruck von z. B. 30 bar erzeugen. Die Anpassung an den aktuellen Abnahmedruck würde ausschließlich durch eine entsprechende Drosselung in Ventil 18 erreicht. Selbst bei variierender Produktmenge würde in Pumpe 14 lediglich die Menge an flüssigem Produktstrom 13/15 eingestellt, der Druck bliebe jedoch konstant.

[0027] Bei der Erfindung wird dagegen der Austrittsdruck der Pumpe 14 an den momentanen Abnahmedruck angepasst. Die Pumpe 14 wird auf einen Austrittsdruck eingestellt, der etwa 0.5 bis 2 bar über dem momentanen Abnahmedruck liegt. Eine gewisse Differenz ist als Spielraum sinnvoll, um auch bei einem Ansteigen des Abnahmedrucks das gasförmige Druckprodukt 16 nicht sofort über die Leitung 28 und Ventil 29 abblasen zu müssen. Die entsprechende Feinanpassung wird durch das Ventil 18, in dem aber nur noch eine geringfügige Druckverminderung vorgenommen wird.

[0028] Vorzugsweise werden sowohl die Mengenströme als auch die verschiedenen Drücke in der Luftzerlegungsanlage, einschließlich der Parameter des Trennprozesses im Innern des Destilliersäulen-Systems 12 zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung mittels eines zentralen Prozessleitsystems (nicht dargestellt) geregelt, das von einem automatischen Lastwechselsystem geführt wird. Dabei werden unter anderem die Ventile 8 und 30 angesteuert, welche die Menge und Druck der Innenverdichtungsluft 22 bestimmen, das Ventil 24 zur Festlegung der Menge der Turbinenluft 25, die Pumpe 14 zur Festlegung der aktuellen Menge des Sauerstoffprodukts, und das Ventil 18 zur Feinanpassung des Produktdrucks an den Abnahmedruck. Für den Ausnahmefall, dass es nicht gelingt, die Anlage einem steigenden Abnahmedruck schnell genug folgen zu lassen, kann das Prozessleitsystem auch das Ventil 18 zeitweise schließen und das gasförmige Druckprodukt über die Leitung 28 und das Ventil 29 in die Atmosphäre abblasen.

[0029] Figur 2 zeigt einen beispielhaften zeitlichen Verlauf des Abnahmedrucks PA und des Innenverdichtungsdrucks PIV über einem entlang der x-Achse aufgetragenen Zeitraum von fünf Stunden.

[0030] Der untere Teil des Diagramms von Figur 2 stellt den zeitlichen Verlauf der Menge dar, die vom Abnahmesystem an die Verbraucher abgegeben wird (durchgezogene Linie).

[0031] Im oberen Teil des Diagramms ist mit einer durchgezogenen Linie der Verlauf des Abnahmedrucks PA im Druckspeicher bzw. in der Produktpipeline des Abnahmesystems (der "Druck des Abnahmesystems") dargestellt. Wenn die Abnahmemenge steigt (durchgezogene Linie unten), sinkt der Abnahmedruck PA (durchgezogene Linie oben) und umgekehrt. Dem Verlauf des Abnahmedrucks PA folgt der oben gestrichelt dargestellte Innenverdichtungsdruck PIV (der "erhöhte Druck") grundsätzlich mit etwas Abstand und Verzögerung.

[0032] Der Innenverdichtungsdruck PIV kann nicht beliebig schnell verändert werden, sodass es auch bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zu kurzzeitigem Abblasen von Produkt kommen kann (siehe gestrichelte Linie unten in Figur 2). Die Abblasemenge kann durch die Erfindung jedoch gering gehalten werden.

[0033] Selbstverständlich ist die Erfindung auf jedes andere Innenverdichtungsverfahren anzuwenden, insbesondere auf solche mit einer abweichenden Kälteerzeugung mit einer oder mehreren Turbinen, die Luft in die Hochdrucksäule und/oder in die Niederdrucksäule einblasen oder eine stickstoffangereicherte Fraktion aus einer der Trennsäulen des Destilliersäulen-Systems 12 entspannen.

[0034] Die erfindungsgemäße Regelung kann weiter verfeinert werden, indem Informationen über den zukünftigen Verbrauchsmengen der Verbraucher V1 bis Vn ausgewertet und daraus eine Vorhersage für zukünftige Werte des Abnahmedrucks gewonnen wird, beispielsweise gemäß der in EP 1542102 A1 beschriebenen Methode. Das Lastwechselsystem kann dann frühzeitig den Zustand der Luftzerlegungsanlage in eine Richtung bewegen, die dem in der Zukunft benötigten Innenverdichtungsdruck PIV entspricht. Auf diese Weise kann eine noch bessere Anpassung des Verlaufs des Innenverdichtungsdrucks an den Abnahmedruck erreicht werden was wesentlich dazu beiträgt, das zeitweise Abblasen von Produkt zu vermeiden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Erzeugung eines Druckprodukts durch Tieftemperatur-Luftzerlegung, bei dem

- Einsatzluft (1) verdichtet (2), gereinigt (4), abgekühlt (9) und einem Destilliersäulen-System (12) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung zugeführt (11, 23) wird,

- ein flüssiger Produktstrom (13) aus dem Destilliersäulen-System (12) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung entnommen, in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck (PIV) gebracht (14) und unter diesem erhöhten Druck (PIV) verdampft oder pseudo-verdampft (9) wird und

- der (pseudo-)verdampfte Produktstrom (16) als Druckprodukt einem Abnahmesystem (19) zugeführt (17) wird, das einen variablen Druck (PA) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- der erhöhte Druck (PIV) variiert wird und

- die Variation des erhöhten Drucks (PIV) in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems (19) durchgeführt wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein gasförmiger Wärmeträgerstrom (7, 21, 22) auf einen hohen Druck (PW) verdichtet (20) wird und der flüssige Produktstrom (13, 15) durch indirekten Wärmeaustausch (9) mit dem unter dem hohen Druck stehenden Wärmeträgerstrom (pseudo-)verdampft wird, wobei der hohe Druck (PW) und oder die Menge (MW) des Wärmeträgerstroms variiert wird und die Variation des hohen Drucks (PW) beziehungsweise der Menge (MW) des Wärmeträgerstroms in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems (19) durchgeführt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass in einem Kälteerzeugungssystem (26) Kälte für das Verfahren gewonnen wird und die in dem Kälteerzeugungssystem (26) erzeugte Kältemenge in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems (19) variiert wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass Betriebsparameter des Destilliersäulen-Systems in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems (19) variiert werden.
 
5. Vorrichtung zur Erzeugung eines Druckprodukts durch Tieftemperatur-Luftzerlegung mit

- einem Destilliersäulen-System zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung (12),

- Mitteln (1, 3, 5, 6, 7, 10, 11, 21, 22, 23, 25, 27) zum Zuführen verdichteter, gereinigter und abgekühlter Einsatzluft in das Destilliersäulen-System (12) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung,

- Mitteln (13, 15) zum Entnehmen eines flüssigen Produktstroms aus dem Destilliersäulen-System (12) zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung,

- Mitteln (14), um den Produktstrom in flüssigem Zustand auf einen erhöhten Druck (PIV) zu bringen,

- Mitteln (9) zum Verdampfen oder Pseudo-Verdampfen des Produktstroms unter dem erhöhten Druck (PIV) und

- Mitteln (16, 17) zum Zuführen des (pseudo-)verdampften Produktstroms als Druckprodukt zu einem Abnahmesystem (19),

gekennzeichnet durch, dass

- Mitteln zum Variieren des erhöhten Drucks (PIV) und

- eine Steuerungs- oder Regelungseinrichtung, welche die Variation des erhöhten Drucks (PIV) in Abhängigkeit vom Druck (PA) des Abnahmesystems durchführt.


 




Zeichnung







Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur