[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerät mit einer Quellentrennungseinrichtung
zum Empfangen eines Mischsignals von mehreren Schallquellen und zum Erzeugen mehrerer
quellenspezifischer Empfangssignale daraus.
[0002] Ein zentrales Problem für Hörgeräteträger ist das Sprachverstehen in einer Umgebung
mit mehreren akustischen Quellen. Eine derartige Situation entsteht beispielsweise
bei einer Feier, bei der viele Gäste gleichzeitig und mit etwa gleicher Lautstärke
reden. Dieses Problem wird daher als so genanntes "cocktail party problem" bezeichnet.
[0003] Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Sprachverständlichkeit besteht darin, ein Richtmikrofon
einzusetzen. Hierbei muss der Hörgeräteträger in diejenige Richtung schauen, aus der
er bevorzugt Schall empfangen möchte. Nachteilig an dieser Lösung ist jedoch, dass
der Kopf nicht von der Quelle abgedreht werden darf. Es fehlt somit an Flexibilität.
Außerdem können in dem Winkelbereich, in dem das Richtmikrofon empfindlich ist, mehrere
Quellen liegen.
[0004] Eine alternative Methode ist aus der Telefontechnik bekannt. Hier können mit so genannter
BSS-Technik (blind source separation) Signale von Quellen aus unterschiedlichen Richtungen
aus dem Gesamtsignalgemisch getrennt werden. Beispielsweise nehmen an einer Telefonkonferenz
in einem Raum drei Sprecher teil. Mit der BSS-Technik ist es dann möglich, drei verschiedene
Kanäle zur Verfügung zu stellen, auf denen je ein Sprecher bevorzugt übertragen wird.
[0005] Aus der Druckschrift
US 2003/0185411 A1 ist ein Verfahren zur Quellentrennung bekannt, bei dem die Signale unterschiedlicher
Quellen getrennt dargeboten werden können. Der Benutzer kann dann die gewünschte Quelle
auswählen.
[0006] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, die Wahrnehmbarkeit einer
gewünschten Quelle für den Nutzer eines Hörgeräts zu verbessern.
[0007] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe entsprechend Patentanspruch 1 gelöst durch ein
Hörgerät mit einer Quellentrennungseinrichtung zum Empfangen wenigstens eines Mischsignals
von mehreren Schallquellen und zum Erzeugen mehrerer quellenspezifischer Empfangssignale
daraus, sowie einer Darbietungseinrichtung zum Darbieten je eines entsprechenden Ausgangssignals
zu jedem der mehreren Eingangssignale und einer Auswahleinrichtung zum Auswählen eines
der mehreren Eingangssignale durch einen Benutzer zur weiteren Verarbeitung. Von der
Quellentrennungseinrichtung wird zu jedem der mehreren Empfangssignale eine Winkelinformation
über einen Empfangswinkel bereitgestellt. Anhand der Winkelinformation kann der Nutzer
die gewünschte Quelle rascher identifizieren. Die mehreren Ausgangssignale werden
dann in Abhängigkeit von den zugehörigen Empfangswinkeln von der Darbietungseinrichtung
dargeboten. Hierdurch kann sich der Nutzer leichter orientieren, denn es können beispielsweise
die Quellen stets in einer festen Abfolge von links nach rechts dargeboten werden.
[0008] Ferner ist erfindungsgemäß bereitgestellt ein diesbezügliches Verfahren entsprechend
Patentanspruch 9.
[0009] Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass es sich bei einem Hörgerät nach einer
Trennung der Quellen nicht automatisch klären lässt, welche davon bevorzugt dargeboten
werden soll. Der Hörgeräteträger kann nun erfindungsgemäß in einen der bereitgestellten
Kanäle schalten, um der entsprechenden Quelle zuhören zu können.
[0010] Vorzugsweise steht die Auswahleinrichtung mit der Darbietungseinrichtung in drahtloser
Verbindung. Insbesondere kann die Hörvorrichtung eine Hörgerätefernbedienung aufweisen,
wobei die Auswahleinrichtung in die Hörgerätefernbedienung integriert ist. Durch die
Hörgerätefernbedienung ist eine Auswahl einer Quelle in komfortabler Weise möglich.
[0011] Bei einer speziellen Ausgestaltung kann die Hörvorrichtung ein Gehäuse aufweisen,
wobei mit der Auswahleinrichtung ein Klopfen an das Gehäuse als Wählsignal registrierbar
ist. Durch diese Gestaltung der Hörvorrichtung kann beispielsweise auf einen Schalter
als Bedienelement verzichtet werden.
[0012] In vorteilhafter Weise können erfindungsgemäß die getrennten Quellen separat nacheinander
dargeboten werden. Das Nacheinanderdarbieten bringt für den Nutzer den Vorteil, dass
er die sämtlichen Quellen dargeboten bekommt, ohne selbst konzentriert aktiv werden
zu müssen, insbesondere ohne Blickkontakt auf eine Schalteinheit. Vorzugsweise können
die Ausgangssignale von der Darbietungseinrichtung in einer vordefinierten Zeitfolge
dargeboten werden. Auf diese Weise können dem Nutzer manuelle Schaltvorgänge erspart
werden.
[0013] Eine weitere bevorzugte Ausgestaltung besteht darin, dass die Auswahleinrichtung
über eine Display-Einheit verfügt, auf der Schallquellen in Abhängigkeit von den jeweiligen
Empfangswinkeln grafisch darstellbar sind. Durch die grafische Darstellung kann sich
mancher Nutzer besser und schneller orientieren.
[0014] Darüber hinaus kann von der Quellentrennungseinrichtung anhand der bereitgestellten
Winkelinformationen ein Ausrichten der Hörvorrichtung auf eine der Schallquellen als
Wählsignal automatisch registriert werden. Dadurch bedarf es keines speziellen Bedienelements
für manuelle Bedienung auf der Hörvorrichtung.
[0015] Wird von der Quellentrennungseinrichtung keine Winkelinformation bereitgestellt,
so ist es erforderlich, dass die Hörvorrichtung ein Richtmikrofon aufweist, sodass
ein Ausrichten der Hörvorrichtung auf eine der Schallquellen für die Auswahleinrichtung
als Wählsignal automatisch registriert werden kann. Auch in diesem Fall ist der Nutzer
von einem manuellen Bedienen befreit.
[0016] Die vorliegende Erfindung wird dann anhand der beigefügten Figur näher erläutert,
die ein Prinzipschaltbild einer erfindungsgemäßen Hörvorrichtung wiedergibt.
[0017] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0018] Das in der FIG wiedergegebene erfindungsgemäße Hörgerät verfügt über mehrere eingangsseitige
Mikrofone M1, M2, ..., Mn. Jedes der Mikrofonsignale besteht aus einem Mischsignal,
das von mehreren Signalquellen hervorgerufen wird. Eine an die Mikrofone angeschlossene
BSS-Einheit führt eine automatische Quellentrennung durch. Demnach stellt die BSS-Einheit
quellenspezifische Ausgangssignale Q1, Q2, ..., Qm zur Verfügung. Ein der BSS-Einheit
nachgeschalteter Demultiplexer DM dient zur Auswahl einer der Ausgangssignale Q1 bis
Qm, die jeweils das Schaltsignal einer der Schallquellen bevorzugt beinhalten. Das
Ausgangssignal des Demultiplexers DM wird einer üblichen Signalverarbeitungseinheit
SV zugeführt. Deren Ausgangssignal wiederum wird einem Lautsprecher L zugeleitet.
[0019] Zur Auswahl des gewünschten Quellsignals Q1 bis Qm wird der Demultiplexer DM von
einer Steuereinrichtung S1 und/oder S2 angesteuert. Diese Steuereinrichtungen dienen
sowohl als Darbietungseinrichtung, d. h. zum aufeinander folgenden Darbieten jedes
Quellsignals Q1 bis Qm, als auch als Auswahleinrichtung zum Auswählen eines gewünschten
Quellsignals anhand einer aufeinander folgenden Darbietung der Einzelsignale. Entsprechend
einer ersten Ausführungsform wird der Demultiplexer DM mit einer Steuereinheit S1
angesteuert, die über eine oder mehrere Tasten verfügt. Dadurch kann der Nutzer beispielsweise
die Darbietungsreihenfolge ändern und per Tastendruck ein Quellsignal auswählen.
[0020] Entsprechend einer weiteren Ausführungsform wird der Demultiplexer DM durch eine
Steuereinheit S2, die über ein Display verfügt, angesteuert. Auf dem Display werden
die erkannten Quellen dargestellt. Gegebenenfalls werden auch Winkelinformationen
bezüglich eines Winkels beispielsweise zwischen einer Schaltquelle und einer 0°-Richtung
grafisch oder numerisch wiedergegeben. Mit dieser grafischen Wiedergabe kann sich
der Hörgeräteträger die verschiedenen Quellen besser vorstellen und durch Vergleich
mit den realen Quellen kann er leichter eine Auswahl treffen. Als Steuereinheit können
grundsätzlich auch andere Bedienschnittstellen verwendet werden.
[0021] Die Quellenauswahl soll also von dem Hörgeräteträger durch eine Bedienschnittstelle
bzw. ein Bediengerät manuell vorgenommen werden können. Als Bediengerät kommt beispielsweise
ein externes Gerät in Frage, wie z. B. die HörgeräteFernbedienung oder ein um diese
Bedienfunktion erweitertes Mobilfunkgerät, ein entsprechender tragbarer Computer oder
das Hörgerät selbst.
[0022] Die gewünschte Quelle wird von dem Hörgeräteträger ausgewählt, indem ihm von dem
Hörgerät bzw. den Hörgeräten nacheinander jede Quelle bevorzugt, d. h. mit erhöhtem
Pegel, dargeboten wird. Der Hörgeräteträger quittiert durch das Bediengerät die von
ihm gewünschte Quelle. Im einfachsten Fall wird von einer zur nächsten Quelle durch
einen Knopfdruck weitergeschaltet. Beispielsweise erfolgt das Weiterschalten durch
Knopfdruck oder Klopfzeichen am Hörgerät, falls dieses als Bediengerät verwendet wird.
[0023] Für den Fall, dass das BSS-System auch die Winkelinformation zu den einzelnen Quellen
liefert (DOA estimation = direction of arrival estimation), können die Quellen im
Auswahlprozess nacheinander in einer festgelegten Winkelrichtung sortiert dargeboten
werden. Beispielsweise kann die Winkelrichtung im Uhrzeigersinn oder entgegen dem
Uhrzeigersinn festgelegt sein. Es kann aber auch ein Umschalten der Winkelrichtung
ermöglicht werden, um den Bedürfnissen des Nutzers besser entgegen zu kommen.
[0024] Bei dem Ausführungsbeispiel mit dem Steuergerät S2 verfügt das Bediengerät über eine
Displayfunktion, sodass die Positionen der gefundenen Quellen visualisiert werden
können. Wird ein Touchscreen verwendet, so kann die Auswahl direkt über den Bildschirm
erfolgen. Hierzu ist es jedoch erforderlich, dass vorher die Positionsinformationen
der Quellen zum Bediengerät übertragen werden.
[0025] Die gewünschte Quelle kann alternativ auch dadurch ausgewählt werden, dass der Träger
des Hörgeräts bzw. der Hörvorrichtung in die Richtung der gewünschten Quelle blickt.
In diesem Fall wird die Steuerung des Demultiplexers unmittelbar durch die BSS-Einheit
durchgeführt. Der BSS-Einheit muss in diesem Fall jedoch beispielsweise durch Knopfdruck
mitgeteilt werden, dass die gewünschte Quelle, die nun in der 0°-Richtung liegt, ausgewählt
werden soll. Nach diesem halbautomatischen Wählvorgang muss der Hörgeräteträger nicht
mehr ständig die gewünschte Quelle ansehen und dennoch wird ihm der Schall dieser
Quelle weiterhin bevorzugt dargeboten. Optional kann der Wählvorgang dadurch voll
automatisiert werden, dass eine Quelle dann automatisch ausgewählt wird, wenn sie
länger als eine vorgegebene Zeitdauer (z. B. 4 s) während ihrer bevorzugten Darbietung
angeblickt wird.
[0026] Wird von dem BSS-System keine Winkelinformation geliefert, so besteht gemäß einer
weiteren Ausführungsform dennoch die Möglichkeit, dass der Hörgeräteträger zur Auswahl
einer ihn interessierenden Quelle in deren Richtung (0°-Richtung azimuth = Blickrichtung)
schaut. In diesem Fall ist Voraussetzung, dass in dem Hörgerät gleichzeitig ein hochselektives
Richtmikrofon arbeitet, das nur Schall aus einem sehr schmalen Winkelbereich um die
0°-Richtung empfängt. Durch einen Bedienvorgang am Hörgerät bzw. an einem mit dem
Hörgerät gekoppelten Gerät wird dem Hörgerät beispielsweise durch Knopfdruck mitgeteilt,
dass der vom Richtmikrofon empfangene Schall als Nutzschall zu verarbeiten ist. Aus
der Menge aller Quellen, die das BSS-System gefunden hat, wird die über die Blickrichtung
definierte Nutzquelle automatisch beispielsweise durch Korrelationsanalyse ausgewählt
und dem Hörgeräteträger bevorzugt dargeboten. Auch nach diesem "Lernvorgang" muss
die Quelle nicht mehr ständig angesehen werden.
1. Hörgerät mit
- einer Quellentrennungseinrichtung (BSS) zum Empfangen wenigstens eines Mischsignals
von mehreren Schallquellen und zum Erzeugen mehrerer quellenspezifischer Empfangssignale
(Q1, Q2, ..., Qm) daraus,
- einer Darbietungseinrichtung zum Darbieten je eines entsprechenden Ausgangssignals
zu jedem der mehreren Eingangssignale und
- einer Auswahleinrichtung (S1, S2) zum Auswählen eines der mehreren Eingangssignale
durch einen Benutzer zur weiteren Verarbeitung (SV).
dadurch gekennzeichnet, dass
- von der Quellentrennungseinrichtung (BSS) zu jedem der mehreren quellenspezifischen
Empfangssignale (Q1, Q2, ..., Qm) eine Winkelinformation über einen Empfangswinkel
bereitstellbar ist, und
- die mehreren Ausgangssignale in Abhängigkeit von den zugehörigen Empfangswinkeln
von der Darbietungseinrichtung darbietbar sind.
2. Hörgerät nach Patentanspruch 1, wobei die Auswahleinrichtung (S1, S2) mit der Darbietungseinrichtung
in drahtloser Verbindung steht.
3. Hörgerät nach Patentanspruch 2, die eine Hörgerätefernbedienung aufweist, wobei die
Auswahleinrichtung (S1, S2) in die Hörgerätefernbedienung integriert ist.
4. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, die ein Gehäuse aufweist,
wobei mit der Auswahleinrichtung ein Klopfen an das Gehäuse als Wählsignal registrierbar
ist.
5. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, wobei die Ausgangssignale
von der Darbietungseinrichtung aufeinander folgend, insbesondere in einer vordefinierten
Zeitfolge darbietbar sind.
6. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, wobei die Auswahleinrichtung
(S1, S2) über eine Display-Einheit verfügt, auf der Schallquellen in Abhängigkeit
von den jeweiligen Empfangswinkeln grafisch darstellbar sind.
7. Hörgerät nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, wobei von der Quellentrennungseinrichtung
(BSS) anhand der bereitgestellten Winkelinformationen ein Ausrichten der Hörvorrichtung
auf eine der Schallquellen als Wählsignal automatisch oder halbautomatisch registrierbar
ist.
8. Hörgerät nach einem der Patentansprüche 1 bis 5, wobei die Auswahleinrichtung ein
Richtmikrofon umfasst, sodass ein Ausrichten der Hörvorrichtung auf eine der Schallquellen
als Wählsignal automatisch oder halbautomatisch registrierbar ist.
9. Verfahren zum Steuern eines Hörgeräts durch
- Empfangen wenigstens eines Mischsignals von mehreren Schallquellen,
- Erzeugen mehrerer quellenspezifischer Empfangssignale (Q1, Q2, ..., Qm) aus dem
wenigstens ein Mischsignal,
- Darbieten je eines entsprechenden Ausgangssignals zu jedem der mehreren Eingangssignale
und
- Auswählen eines der mehreren Eingangssignale zur weiteren Verarbeitung (SV),
dadurch gekennzeichnet, dass
- zu jedem der mehreren quellenspezifischen Eingangssignale (Q1, Q2, ..., Qm) eine
Winkelinformation über einen Empfangswinkel bereitgestellt wird, und
- die mehreren Ausgangssignale in Abhängigkeit von den zugehörigen Empfangswinkeln
dargeboten werden.
10. Verfahren nach Patentanspruch 9, wobei ein Klopfen an ein Gehäuse der Hörvorrichtung
als Wählsignal registriert wird.
11. Verfahren nach Patentanspruch 9 oder 10, wobei die Ausgangssignale aufeinander folgend,
insbesondere in einer vordefinierten Zeitfolge dargeboten werden.
12. Verfahren nach einem der Patentansprüche 9 bis 11, wobei anhand der bereitgestellten
Winkelinformationen ein Ausrichten der Hörvorrichtung auf eine der Schallquellen als
Wählsignal automatisch oder halbautomatisch registriert wird.