[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Gusseisenlegierung für Gusseisenprodukte mit
einer hohen Oxidationsbeständigkeit bei hohen Oberflächentemperaturen.
[0002] Die Automobilhersteller sind gezwungen, die neuen Abgasnormen einzuhalten. Die Katalysatoren
arbeiten besser, wenn die Abgastemperaturen höher sind. Als Katalysatormetall kann
Palladium statt Platin eingesetzt werden und die maximale Abgastemperatur wird von
heute 850 °C bis auf 950 °C steigen. Bei diesen Temperaturen gibt es bei den bisher
bekannten Gusseisenlegierungen Probleme mit der Zunderbeständigkeit. Bei den bisherigen
ferritischen Legierungen findet bei Temperaturen ab ca. 860°C eine Phasenumwandlung
von einem ferritischen zu einem austenitischen Gefüge statt. Das Dehnungsverhalten
eines ferritischen Gefüges unterscheidet sich vom Dehnungsverhalten eines austenitischen
Gefüges. Weil der Wärmeausdehnungskoeffizient des austenitischen Gefüges grösser ist
und sich stärker ändert als der Wärmeausdehnungskoeffizient des ferritischen Gefüges,
erfolgt bei der Umwandlungstemperatur eine Volumenänderung. Diese Volumenänderung
führt zu unregelmässigem Dehnungsverhalten und Mikrorissbildung der Gussteile. Die
Gussteile, die einem häufigen Temperaturwechsel unterworfen sind, werden durch diese
unregelmässige Dehnung und Rissbildung mechanisch beansprucht. Als Folge davon lösen
sich dünne Oxidschichten (= Zunder) von der Oberfläche des Gussteiles ab. An den dem
Abgas ausgesetzten Flächen des Turboladergehäuses und/oder des Auspuffkrümmers soll
sich idealerweise eine dünne Oxidschicht bilden, die gut haften bleibt und die Sauerstoffdiffusion
blockiert.
[0003] Aus der
EP 076 701 B1 ist ein hitzebeständiges, ferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit bekannt. Die Legierung
enthält bis zu 3,4 Gew. % C, 3,5 bis 5,5 Gew. % Si, bis 0,6 Gew. % Mn, 0,1 bis 0,7
Gew. % Cr, 0,3 bis 0,9 Gew. % Mo und bis zu 0,1 Gew. % einer Kugelgraphit bildenden
Komponente. Die Legierung wird verwendet zur Herstellung von Turboladergehäusen im
Kraftfahrzeugbau.
[0004] Aus der
EP 1 386 976 B1 ist eine Legierung für Gusseisenprodukte mit einer hohen Temperaturbeständigkeit
bekannt. Die Legierung besteht aus 2,5 bis 2,8 Gew. % C, 4,7 bis 5,2 Gew. % Si, 0,5
bis 0,9 Gew. % Mo, 0,5 bis 0,9 Gew. % Al, bis zu 0,04 Gew. % Mg, bis zu 0,02 Gew.
% S, 0,1 bis 1,0 Gew. % Ni, 0,1 bis 0,4 Gew. % Zr, Rest Fe und üblichen Verunreinigungen.
Die Legierung wird für Auspuffkrümmer und Turboladergehäuse im Kraftfahrzeugbau verwendet.
[0005] Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es Aufgabe der Erfindung, eine Gusseisenlegierung
anzugeben, die bei möglichst hohen Temperaturen eingesetzt werden kann, die möglichst
kostengünstig herstellbar ist und eine möglichst lange Lebensdauer bei häufigem Temperaturwechsel
gewährleistet.
[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch eine Gusseisenlegierung für Gusseisenprodukte mit
einer hohen Oxidationsbeständigkeit bei Oberflächentemperaturen von 800 bis 950 °C
mit den chemischen Bestandteilen 2,8 bis 3,6 Gew. % C, 2,0 bis 3,0 Gew. % Si, 2,5
bis 4,3 Gew. % Al, bis zu 1,0 Gew. % Ni, bis zu 0,8 Gew. % Mo, bis zu 0,3 Gew. % Mn,
0,002 bis 0,1 Gew. % Ce, 0,023 bis 0,06 Gew. % Mg, bis zu 0,01 Gew. % S, Rest Fe und
üblichen Verunreinigungen.
[0007] Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
[0008] Es ist von Vorteil, dass die Gussteile sich bei der Betriebstemperatur möglichst
regelmässig elastisch dehnen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Temperatur der
Umwandlung von ferritischer in austenitische Phase der Legierung oberhalb von 880
°C liegt. Dies wird auch dadurch erreicht, dass die Wärmeausdehnung der Legierungsproben
gemessen im Dilatometer bis zu einer Temperatur von 880 °C gleichmässig und konstant
verlaufend ist. Dies wird auch dadurch erreicht, dass die Legierung einen Wärmeausdehnungskoeffizient
von 8 bis 12 10
-6/K bei 25 °C und 13,5 bis 15,5 10
-6/K bei 900°C aufweist. Dies sind Werte, die, über der Temperatur aufgetragen, konstant
etwa 30 % unter den Werten von sogenannten Ni-Resist-Legierungen mit den Normbezeichnungen
D5S oder GJSA XNiSiCr35-5-2 liegen.
[0009] Es ist weiter von Vorteil, dass die Gussteile bei Raumtemperatur nicht spröde werden.
Dies wird dadurch erreicht, dass die Legierung Festigkeitswerte für die Zugfestigkeit
R
m 500 bis 650 MPa, für die Streckgrenze R
p0.2 470 bis 620 MPa und für die Bruchdehnung A
5 2,0 bis 4,0 % aufweist. Dies sind Festigkeitswerte, die etwa 1,3 bis 1,5 mal so hoch
wie bei den sogenannten Ni-Resist-Legierungen liegen. Die Zähigkeit der hier vorgeschlagenen
Gusseisenlegierung entspricht dem Mittelwert der marktüblichen ferritischen Werkstoffe,
die jedoch nicht bei Temperaturen über 860°C eingesetzt werden können.
[0010] Es ist auch von Vorteil, dass die Gussteile leicht bearbeitbar sind. Dies wird dadurch
erreicht, dass die Legierungsproben eine Brinell-Härte von 220 bis 250 aufweisen.
[0011] Es ist auch von Vorteil, dass die Legierung aus möglichst kostengünstigen Elementen
zusammengesetzt ist. Dies wird dadurch erreicht, dass die Legierung weniger als 0,8
Gew. % Mo, weniger als 1 Gew. % Cr und weniger als 1 Gew. % Ni enthält. Ni-Resist-Legierungen
enthalten typisch etwa 30 bis 35 Gew. % Ni und etwa 2 bis 5 % Cr. Mit Molybdän legierte
Sphärogusslegierungen enthalten normalerweise etwa 0,8 Gew. % Molybdän.
[0012] Es ist weiter auch von Vorteil, dass die Gussteile thermisch möglichst unempfindlich
sind. Dies wird dadurch erreicht, dass die Legierungsproben bei 25 °C eine Wärmeleitfähigkeit
von etwa 23 W/mK und bei 900 °C eine Wärmeleitfähigkeit von etwa 26 W/mK aufweisen.
Ni-Resist-Legierungen haben bei 400 °C eine 20 bis 50 % niedrigere Wärmeleitfähigkeit.
[0013] Der Kerngedanke der Erfindung ist es, eine Gusseisenlegierung anzugeben, die eine
möglichst hohe Einsatztemperatur mit einer hohen Zunderbeständigkeit in Turboladergehäusen
und Auspuffkrümmern zulässt, möglichst kostengünstig und möglichst einfach in einem
Giessverfahren hergestellt werden kann. Bisherige Standardlösungen für höhere Einsatztemperaturen
liegen in der Verwendung von teurerem Stahlguss und austenitischem Gusseisen oder
in der Verwendung von aufwendiger herzustellenden Blechkonstruktionen.
Beispiel
[0014] Ein Auspuffkrümmer für einen Verbrennungsmotor eines Personenkraftwagens aus Sphäroguss
mit der folgenden chemischen Zusammensetzung in Gewichtsprozenten: 3,02 C, 2,96 Si,
2,53 Al, 0,79 Ni, 0,65 Mo, 0,23 Mn, 0,04 Cu, 0,031 P, 0,026 Cr, 0,023 Mg, 0,017 Ti,
weniger als 0,01 S und 0,002 Ce weist ein ferritisches Gefüge auf. Die Auspuffkrümmer
werden direkt in die Formen gegossen aus einer Schmelze, die im GF-Konverter mit Magnesium
vorbehandelt wurde. Eine nachträgliche zeitaufwendige Wärmebehandlung wie Lösungsglühen
oder Austempern ist nicht notwendig.
[0015] Die Behandlung mit Magnesium hat einen günstigen Einfluss auf den Schwefelgehalt
der Legierung und gewährleistet eine Ausbildung des Graphits in der Kugel-oder Vermikularform.
Magnesium wirkt entschwefelnd, es muss jedoch genügend Mg in Lösung bleiben um das
Wachstum der Sphärolithen (= Kugelgraphitteilchen) zu begünstigen. Der Mg-Gehalt von
etwa 0,025 Gew. % ist bei dem vorliegenden Al-Gehalt von etwa 2,5 Gew. % ideal. Die
Legierungsproben haben ein spezifisches Gewicht, das mindestens 5% niedriger ist als
das spezifische Gewicht herkömmlicher vergleichbarer Gusseisenlegierungen.
[0016] Der Kohlenstoffgehalt von 2,8 bis 3,6 Gew. % gewährleistet eine Zusammensetzung,
die nahe dem Eutektikum liegt. Weniger als 2,8 % C ist ungünstig für die Speisung
der Gussteile. Mehr als 3,6 % C ist ungünstig für die Hochtemperatureigenschaften
der Legierung.
[0017] Cer wird in Mengen von 0,002 bis 0,1 Gew. % als Keimbildner zugegeben. Mehr als 0,1
% Ce ist ungünstig und führt zur Ausbildung von so genanntem Chunkygraphit.
[0018] Der Gehalt an Silizium von 2 bis 3 Gew. % hat in der vorliegenden Legierung einen
positiven Einfluss auf die Bildung der ferritischen Phase, verbessert die Fliessfähigkeit
der Schmelze, steigert die Streckgrenze und verbessert die Hitzebeständigkeit der
Gussteile. Weniger als 2 % Si ist ungünstig für die Tiefe der Weisseinstrahlung. Mehr
als 3 % Si erhöht die Sprödigkeit der Gussteile.
[0019] Der Gehalt an Aluminium von 2,5 bis 4,3 Gew. % hat ebenfalls einen positiven Einfluss
auf die Bildung der ferritischen Phase und neutralisiert den Stickstoff. Weniger als
2,5 % Al ist ungünstig für die Graphitstabilisierung. Mehr als 4,3 % Al ist ungünstig
für die Bildung von Kugelgraphit.
[0020] Der Gehalt an Nickel von 0,1 bis 1 Gew. % steigert die Streckgrenze ohne wesentliche
Erhöhung der Sprödigkeit und verbessert die Korrosionsbeständigkeit. Weniger als 0,1
% Ni ist ungünstig für die Graphitstabilisierung. Mehr als 1 % Ni ist ungünstig für
die Bildung von Bainit und Martensit in dünneren Bereichen der Gussteile. Nickel ist
ein verhältnismässig teures Legierungselement.
[0021] Der Gehalt an Molybdän von 0,4 bis 0,8 Gew. % hat einen positiven Einfluss auf die
Erhöhung der Streckgrenze, der Warmfestigkeit, der Kriechbeständigkeit und damit auf
die Temperaturwechselbeständigkeit. Weniger als 0,4 % Mo ist ungünstig für die Graphitstabilisierung.
Mehr als 0,8 % Mo ist ungünstig für die Bildung von Karbiden und Gasblasen. Molybdän
ist ein sehr teures Legierungselement.
[0022] Der Gehalt an Mangan von bis zu 0,3 Gew. % hat einen positiven Einfluss auf die Abbindung
von Schwefel. Mehr als 0,3 % Mn ist ungünstig für die Bildung von Korngrenzkarbiden
und verschlechtert den Keimbildungszustand. Zu viel Mn fördert die Bildung von Perlit
im Kristallgefüge. Das bainitische Gefüge wird zunehmend spröder.
[0023] Der Gehalt an Chrom von bis zu 1 Gew. % hat einen positiven Einfluss auf die Kriechbeständigkeit
und die Warmfestigkeit der Gussformteile.
[0024] Allgemein sind niedrigere Gehalte der Zulegierungen günstig für die Verringerung
der Bildung von Korngrenzkarbiden und der Sprödigkeit bei Raumtemperatur. Dies ist
beispielsweise der Fall bei den Gehalten an Kupfer und Titan.
[0025] Im Vergleich zu Stahlguss liegen die Schmelzetemperaturen bei Sphäroguss um 100 bis
200 °C niedriger. Dies bedeutet, dass weniger Energie verbraucht wird und dass weniger
Legierungselemente durch Abdampfen an die Umwelt abgegeben werden.
[0026] In Figur 1 ist die Umwandlung von der ferritischen in die austenitische Phase der
vorliegenden Legierung in Abhängigkeit der Temperatur dargestellt. Hier ist ersichtlich,
wie bei ca. 900 °C eine Gleichgewichtsphasenumwandlung stattfindet. Hier ist auch
ersichtlich, wie die Legierung bei einer Schmelztemperatur von 1240 bis 1280 °C den
Aggregatszustand wechselt.
[0027] In Figur 2 ist der Wärmeausdehnungskoeffizient der neuen Legierung mit der Bezeichnung
SiMo1000plus, gemessen als Funktion der Temperatur, im Vergleich mit anderen Gusseisenlegierungen
dargestellt.
[0028] In Figur 3 ist die Wärmeleitfähigkeit der Legierung Simo 1000plus im Vergleich mit
anderen Gusseisenlegierungen als Funktion der Temperatur dargestellt. D5S steht hier
für die sogenannten Ni-Resist-Legierungen, GJV SiMo und SiMoNi stehen für die bisher
bekannten mit etwa 1 % Mo legierten Sphärogusslegierungen.
1. Gusseisenlegierung für Gusseisenprodukte mit einer hohen Oxidationsbeständigkeit bei
Oberflächentemperaturen von 800 bis 950 °C mit den chemischen Bestandteilen 2,8 bis
3,6 Gew. % C, 2,0 bis 3,0 Gew. % Si, 2,5 bis 4,3 Gew. % Al, bis zu 1,0 Gew. % Ni,
bis zu 0,8 Gew. % Mo, bis zu 0,3 Gew. % Mn, 0,002 bis 0,1 Gew. % Ce, 0,023 bis 0,06
Gew. % Mg, bis zu 0,01 Gew. % S, Rest Fe und üblichen Verunreinigungen.
2. Gusseisenlegierung nach dem Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung 0,1 bis 1 Gew. % Ni, 0,4 bis 0,8 Gew. % Mo und bis zu 1,0 Gew. % Cr
enthält.
3. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Temperatur der Umwandlung von der ferritischen in die austenitische Phase der
Legierung oberhalb von 880 °C liegt.
4. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmeausdehnung der Legierung gemessen im Dilatometer bis zu einer Temperatur
von 880 °C gleichmässig und konstant verlaufend ist.
5. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung einen Wärmeausdehnungskoeffizient von 8 bis 12 10-6/K bei 25 °C und 13,5 bis 15,5 10-6/K bei 900 °C aufweist.
6. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung Festigkeitswerte für die Zugfestigkeit Rm 500 bis 650 MPa, für die Streckgrenze Rp0.2 470 bis 620 MPa und für die Bruchdehnung A5 2,0 bis 4,0 % aufweist.
7. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung eine Brinell-Härte von 220 bis 250 aufweist.
8. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung bei 25 °C eine Wärmeleitfähigkeit von 20 bis 25 W/mK und bei 900 °C
eine Wärmeleitfähigkeit von 23 bis 29 W/mK aufweist.
9. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung ein spezifisches Gewicht aufweist, das mindestens 5% niedriger ist
als das spezifische Gewicht herkömmlicher vergleichbarer Gusseisenlegierungen.
10. Verfahren zur Herstellung einer Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche
1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung in einem Magnesiumkonverter mit Magnesium derart behandelt wird, dass
eine sehr schwefelarme Legierung erhalten wird.
11. Verfahren zur Herstellung einer Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche
1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung nach der Vorbehandlung im Magnesiumkonverter in die Formen abgegossen
wird und keiner thermischen Nachbehandlung unterworfen wird.
12. Gusseisenlegierung nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass sie für Auspuffkrümmer und/oder Turboladergehäuse im Automobilbau verwendet wird.