Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft den Bau von gegen Explosionen im Tunnelinnenraum unempfindlicheren
Tunneln.
Stand der Technik
[0002] Um Tunnel gegen Explosionen im Tunnelinnenraum unempfindlicher zu machen, wird im
allgemeinen die Tunnelwand entsprechend verstärkt. Die Tunnelwandung muss dabei so
dick ausgebildet werden, dass der nach einer Explosion im Tunnelinnenraum verbleibende
Restquerschnitt noch eine ausreichende Standsicherheit aufweist. Besteht der Tunnel
z.B. aus Tübbingen, so müssen die einzelnen Tübbinge dicker gemacht werden. Sie werden
damit schwerer und sind nicht mehr so gut zu handhaben.
[0003] Im Baubereich ist die Sandwichbauweise aus dem Wärmeschutz von Gebäuden bekannt.
[0004] Die
EP 0 296 067 B1 offenbart eine leichte Sandwichplatte zum Schutz des Äußeren von Gebäuden vor Schock-
und Temperatureinwirkungen.
[0005] Aus der
DE 201 21 159 U1 ist ein gegen Brandeinwirkung geschütztes Bauteil aus Beton, insbesondere ein Tübbing
aus Beton für den Tunnelausbau, bekannt. Der bekannte Tübbing besteht aus lediglich
einem Material.
[0006] Aus der
WO 2006/034675 ist ein kompressibler Beton und ein Verfahren zu dessen Herstellung bekannt, bei
dem ab einer zunehmenden Langzeitbelastung ein Fließen des Betons erfolgt. Eine allein
aus diesem Material erstellte Tunnelwandung ist ausschließlich zum Schutz vor einem
mit der Zeit zunehmenden Gebirgsdruck geeignet und nicht für eine nur kurzzeitig wirkende
Schockbeanspruchung infolge einer Explosion.
Aufgabe der Erfindung
[0007] Aufgabe der Erfindung ist eine Tunnelwandung, die eine größere Explosionsschutzwirkung
bei Detonationen im Tunnelinnenraum aufweist als eine herkömmlich erstellte Tunnelwandung
gleicher Masse, sowie ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Tunnelwandung. Unabhängig
von der Herstellart (Ortbeton- oder Fertigteillösung) soll diese bei gleicher Schutzwirkung
deutlich dünner und leichter herstellbar sein, als eine herkömmliche monolithische
Tunnelwandung mit ausschließlich über die erhöhte Wanddicke gegebener Explosionsschutzwirkung.
Darstellung der Erfindung
[0008] Die Aufgabe wird durch die im Kennzeichen der Ansprüche 1, 6 und 7 angegebenen Merkmale
gelöst.
[0009] Wesentliches Merkmal der Erfindung ist hierbei, die Tunnelwandung vom Tunneläußeren
zum Tunnelinneren hin aus mehreren, mindestens jedoch zwei Schichten aufzubauen, von
denen jede eine unterschiedliche Hauptfunktion ausübt.
[0010] Die äußerste, dem Bodenmaterial zugewandte Schicht besteht aus einem Beton, bevorzugt
einem hochfesten oder ultrahochfesten Beton, einem mit Fasern bewehrten hochfesten
oder ultrahochfesten Beton oder einem Stahlbeton.
[0011] Die Tragschale ist mindesten 20 Zentimeter stark.
[0012] An die äußerste Schicht schließt sich in Richtung Tunnelinneres mindestens eine weitere
Schicht an, die verglichen mit normalem Beton elastisch oder unelastisch deformierbar
ist. Diese Schicht absorbiert teilweise die Energie einer Explosion und gibt die verbleibende
Energie über eine größere Fläche und ein gedehntes Zeitintervall an die äußerste Schicht
des Tunnels weiter. Die Explosionsschutzschicht ist hierzu erfindungsgemäß deutlich
stärker komprimierbar als Beton. Die Explosionsschutzschicht grenzt entweder direkt
an die äußere Tragschale an oder ist von ihr nur durch eine dünne oberflächenveredelnde
oder sperrende Schicht (z.B. Dichtungsfolie) getrennt.
[0013] Die Explosionsschutzschicht weist im Vergleich zu herkömmlichem Beton eine geringere
Dichte auf.
[0014] Als solche Schicht ist bevorzugt ein gashaltiger und damit leichter komprimierbarer
Feststoff geeignet. Ein solcher Feststoff wäre zum Beispiel Porenbeton.
[0015] Ein weiteres, bevorzugt verwendetes Material für die energieabsorbierende Schicht
ist Polymerbeton. Polymerbeton ist besonders gut geeignet, da er bei geringen Kosten
gleichzeitig deformierbar und komprimierbar ist und auch noch zusätzlich wasserdichtend
wirkt.
[0016] Ein weiteres bevorzugtes Material für die energieabsorbierende Schicht ist dichter
Hartschaum mit einer Dichte von mehr als 100 Kilogramm pro Kubikmeter. Solcher Hartschaum
hat eine geringe Dichte, ist kostengünstig und für den erfinderischen Zweck ausreichend
komprimierbar.
[0017] Die Explosionschutzschicht ist, der guten Austauschbarkeit nach einem Schadensfall
wegen, bevorzugt segmentartig aus Standardsegmenten zusammengesetzt.
[0018] Mittels dieser Standardsegmente läßt sich auch ein bereits bestehender Tunnel nachträglich
mit einer Explosionsschutzschicht ausstatten.
[0019] Die Dicke der Explosionschutzschicht beträgt bevorzugt zwischen 2 und 30 Zentimetern.
Überraschenderweise genügen bereits Schichtdicken von wenigen Zentimetern um einen
Explosionschutz für die Tragschale auch für eine besonders gefährliche Innenexplosion,
wie sie die Explosion in einem Tunnel darstellt, für mit Abstand zur Tunnelwandung
(z.B. in einem Kraftfahrzeug) gezündete terroristische Sprengkörper zu gewährleisten.
[0020] Hierzu muß die Explosionsschutzschicht aber gewisse Anforderungen erfüllen:
[0021] Die Schicht muß bei 1000 bar (statisch) um mindestens 5 % elastisch oder unelastisch
komprimierbar sein, aber um weniger als 90%.
[0022] Bei der Explosionsschutzschicht kann es sich auch um ein mit definierter rechnerisch
optimierter Struktur hergestelltes Produkt handeln, das z.B. wabenförmig aufgebaut
ist, wie manche Knautschzonen eines Automobils.
[0023] Die Explosionsschutzschicht wird im Falle eines Tunnels mit Ortbetonaußenschale bevorzugt
nachträglich als vorgefertigte Platte über übliche Verbindungsmittel angebracht. Die
Deformierbarkeit der Platten ermöglicht dabei den Ausgleich von Toleranzen der Form
bei deren Herstellung. Bei leicht deformierbarem Material können sogar ebene Platten
der gekrümmten Tunnnelwandung angepaßt werden. Bei einem Material, das sich in der
Sollstärke nicht ausreichend biegen läßt, wird die Schicht dann bevorzugt durch mehrere
übereinanderliegende dünnere Platten erreicht.
[0024] Eine Explosionsschutzschicht kann auch z.B. wie Spritzbeton nachträglich an der Innenseite
der Tragschale aufgebracht werden. Dies kann durch Aufspritzen oder Aufschäumen erfolgen.
[0025] Bei einem Tunnel mit Außenschale aus Tübbingen kann die Explosionschutzschicht wie
bei einem Ortbetontunnel nachträglich angebracht werden. Bevorzugt ist aber schon
bei der Herstellung des Tunnels die Verwendung von Tübbingen, die bereits beim Einbau
die Explosionsschutzschicht tragen. Diese kann bei der Herstellung der Tübbinge angeklebt/angegossen
sein oder nach der Aushärtung, aber noch vor dem Einbau, der Tübbinge angebracht (geklebt/
geschraubt/ verankert / mit Klettverschluß angehängt) sein.
[0026] Eine leicht austauschbare Explosionsschutzschicht erleichtert die Wartung des Tunnels
nach einer Explosion. Ohne das Vorhandensein eines leichten Lösemechanismus wird hierzu
die Explosionsschutzschicht durch bekannte abtragende Maßnahmen bis auf die tragende
Außenschale abgefräst /abgesägt/ abgeschnitten (auch mit Hochdruckschneidstrahl möglich)
und dann ersetzt (eventuell zusammen mit einer zusätzlichen dünnen oberflächenveredelnden
oder wassersperrenden Schicht).
[0027] Die Explosionsschutzschicht kann auch in einen Hohlraum eingebracht sein, der durch
eine durch Stützen / Abstandshalter mit Abstand zur Tragschale gehaltene Wand (z.B.
auch Brandschutzwand) gebildet ist. Die Stützen/Abstandshalter sind bevorzugt bei
Krafteinwirkung nachgebend/stauchbar ausgeführt.
[0028] Diese Wand weist verschließbare Einfüllöffnungen auf, durch die hindurch komprimierbares,
Explosionskräfte dissipierendes Material nachträglich eingefüllt wird. Das Material
muß dann nicht unbedingt eine eigene Formbeständigkeit aufweisen, sondern kann auch
fluid sein. Eine einfache und billige Ausgestaltung ist Sand. Eine andere ist gesintertes
Recycling-Plastik, das durch die Öffnungen im noch weichen Zustand eingepreßt wird.
[0029] Eine andere Möglichkeit ist, den Hohlraum mittels einer verlorenen Schalung ohne
Stützen/Abstandshalter zu erzeugen, wenn das Füllmaterial eine Klebewirkung auf die
verlorene Schalung und die Tragschalenoberfläche ausübt, indem die verlorene Schalung
mit Abstand zur Tragschalenoberfläche gehalten wird, dann mit dem klebenden Explosionsschutzmaterial
hinterfüllt wird und nach Beendigung des Einfüllvorganges und hinreichender Haftwirkung
die Halterungen der verlorenen Schalung entfernt werden.
[0030] Als verlorene Schalung können z.B. Brandschutzplatten dienen.
[0031] Materialgemäss weist die energieabsorbierende Schicht häufig ein ungünstiges Brandverhalten
auf.
[0032] Um einen zuverlässigen Brandschutz zu gewährleisten, kann daher zusätzlich eine zum
Tunnelinneren weisende vorgelagerte Brandschutzschicht die energieabsorbierende Explosionsschutzschicht
vor Brandeinwirkungen aus dem Tunnelinneren schützen.
[0033] Die Brandschutzschicht kann z.B. aus Brandschutzbeton, aus einer Brandschutzbeschichtung
oder aus Brandschutzplatten bestehen.
[0034] Der Brandschutzbeton kann zum Beispiel Stahlbeton oder ein Faserbeton sein, in dem
z.B. Polymerfasern enthalten sind. Auch andere Faserarten wie Flachs- oder Glasfasern
sind denkbar.
[0035] Die Figuren zeigen schematisch einige mögliche Ausgestaltungen der Erfindung:
- Figur 1:
- Querschnitt eines aus mindestens 2 Schichten bestehenden Tunnels, bei dem die äußere
Schale in Ortbeton erstellt ist;
- Figur 2:
- Querschnitt eines aus mindestens 2 Schichten bestehenden Tunnels, bei dem die äußere
Schale aus Tübbingen erstellt ist;
- Figur 3:
- Darstellung eines mindestens aus zwei Schichten bestehenden Aufbaus der Tunnelwandung,
mit der Tragschale (1) und einer austauschbaren inneren Schale als deformierbarer
Schutzschicht (2);
- Figur 4:
- Darstellung einer aus zwei Schichten bestehenden Tunnelwandung im fertigen Zustand.
Die Tragschale kann hierbei aus Ortbeton (1) oder Fertigteilen / Tübbingen (3) bestehen,
die innere Schutz- bzw. Deformationsschicht aus einem gegenüber der Tragschale deutlich
komprimierbareren Material;
- Figur 5:
- Darstellung einer aus drei Schichten bestehenden Tunnelwandung im fertigen Zustand.
Gegenüber der Figur 4 ist auf der Tunnelinnenseite eine zusätzliche Brandschutzschicht
(4) angeordnet.
Bezugszeichenliste
[0036]
- 1
- Tragschale (Tunnelaußenschale) aus Ortbeton
- 2
- Explosionsschutzschicht
- 3
- Tragschale aus Fertigteilen (Tübbingen)
- 4
- innere Brandschutzschicht
1. Tunnel, bei dem die Tunnelwandung in Richtung vom Tunneläußeren zum Tunnelinnern aus
mehreren Schichten besteht, die unterschiedliche Funktionen ausüben,
dadurch gekennzeichnet, dass die Tunnelwandung aus mindestens zwei Schichten (1, 3; 2) besteht:
a.) einer äußersten, zum Baugrund gerichteten Schicht (1, 3) als Tragschale zur Aufnahme
der Nutzlasten, die aus Ortbeton oder aus vorgefertigten Tübbingen besteht und eine
Mindeststärke von 20 Zentimetern aufweist, wobei es sich bei dem Beton um Stahlbeton,
hochfesten oder ultrahochfesten Beton mit oder ohne Fasergehalt handelt, und
b.) einer auf der Innenseite der Tragschale (1, 3) angeordneten, direkt an sie angrenzenden,
oder durch eine dünne oberflächenveredelnde oder sperrende Schicht getrennten, komprimierbaren
Schutzschicht (2) zur Aufnahme von Explosionskräften,
wobei diese nachträglich aus Segmenten zusammengesetzt ist und durch Verbindungsmittel
an der Tragschale oder einer möglichen dünnen Zwischenschicht befestigt ist,
oder nachträglich als durchgängige aufgespritzte/aufgeschäumte Schicht angebracht
ist,
wobei diese Explosionschutzschicht (2) die Eigenschaft hat, bei statischem Druck von
1000 bar um mehr als 5 % aber weniger als 90 Prozent komprimierbar zu sein.
2. Tunnel nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass auf der dem Tunnelinneren zugewandten Seite der Schutzschicht (2) eine zusätzliche
Brandschutzschicht (4) angebracht ist.
3. Tunnel nach mindestens einem der Ansprüche 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet, dass das Material der komprimierbaren Schutzschicht (2) ein Festkörper mit in radialer
Richtung tragender und die benachbarten Schichten verbindender Funktion ist.
4. Tunnel nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass auf der Tunnelinnenseite durch eine mit Abstand vor der Tragschale gehaltene, im
wesentlichen geschlossene Schale/Wand mit verschließbaren Einfüllöffnungen, ein Hohlraum
geschaffen ist, der mit einem Medium gefüllt ist, welches deutlich besser komprimierbar
ist als Beton und Explosionskräfte dissipiert an die Tragschale weiterleitet, wobei
der Abstand zwischen der geschlossenen Schale/Wand und der Tragschicht eingehalten
wird durch:
a) die Schale/Wand und die Tragschale verbindende Stützen / Abstandhalter oder
b) das eingefüllte Material selbst, welches über eine Klebewirkung die Schale/Wand
als verlorene Schalung mit der Tragschale verbindet.
5. Komprimierbares, Explosionskräfte dissipierendes Material als Füllung in einem Hohlraum
einer Tunnelwandung nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei dem Material um Sand oder gesintertes Plastik-Recyclingmaterial handelt.
6. Tübbing für einen Tunnel nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass er an der zur Tunnelinnenseite ausgerichteten Oberfläche einer mindestens 20 Zentimeter
dicken Betonaußenschale, oder an der Oberfläche einer auf dieser Oberfläche angeordneten
dünnen Veredelungs- oder Sperrschicht, werkmäßig eine 2 bis 30 Zentimeter starke komprimierbare
Explosionsschutzschicht (2) aufweist, die durch Ankleben, Anschrauben, Verankern,
Anhaken oder Befestigung nach dem Prinzip eines Klettverschlusses angebracht ist,
wobei die Explosionsschutzschicht (2) die Eigenschaft hat, bei statischem Druck von
1000 bar um mehr als 5 % aber weniger als 90 % komprimierbar zu sein.
7. Verfahren zur nachträglichen Aufrüstung eines Tunnels mit Explosionsschutz gegen Innenraumexplosionen,
dadurch gekennzeichnet, daß direkt an die Tragschale des bereits existierenden Tunnels, oder an eine an der Tragschale
angeordnete dünne oberflächenveredelnde oder sperrende Schicht, über Verbindungsmittel
eine nur 2 bis 30 Zentimeter dicke und damit das Lichtraumprofil kaum ändernde Explosionsschutzschicht
angebracht wird, die aus einem Material besteht, welches bei einem Druck von 1000
bar um mindestens 5% aber weniger als 90 % komprimierbar ist und diese Schicht in
Form von vorgefertigten Platten oder als durchgängige aufgespritzte/aufgeschäumte
Schicht angebracht wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, daß ebene Platten mit Sollstärke der Explosionsschutzschicht verwendet werden, die der
Krümmung der Tunnelwandung beim Montagevorgang angepaßt werden.
9. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, daß ebene Platten verwendet werden, die beim Montagevorgang der Krümmung der Tunnelwandung
angepaßt werden und daß die Sollstärke der Explosionsschutzschicht durch Übereinanderlegen
mehrerer solcher Platten erreicht wird.