[0001] Die Erfindung betrifft eine Artilleriemunition gemäß dem Oberbegriff des Hauptanspruches.
[0002] Eine derartige Einrichtung ist aus der
DE 1 01 34 785 A1 bekannt. Diese an sich ungelenkte Artilleriemunition zeichnet sich dadurch aus, mit
einem einzigen einachsigen Paar von Lenkcanards, also mit einem an sich nur zweidimensionalen
Steuerungssystem, eine räumliche (also dreidimensionale) Bahnkorrektur durchführen
und dadurch die an sich systemimmanenten Ablieferungsfehler in allen Richtungen zielorientiert
entscheidend einengen zu können. Die gegenüber der Munitions-Längsachse elektromotorisch
anstellbaren Canardflügel an der Lenkeinheit, der vom Munitionskörper rollentkoppelten
verjüngten Frontpartie der Artilleriemunition, bewirken je nach ihrer sensorisch erfassten
momentanen Lage im Raum eine Nick- oder Gierbewegung der Artilleriemunition. Vorzugsweise
verfügen diese beiden Canardflügel für ihre Anstellung gegenüber der Munitions-Längsachse
über eine gemeinsame, quer zur Munitions-Längsachse durch den Lenkeinheit hindurch
sich erstreckende Canardwelle, die mittels eines einzigen Stellmotors verdrehbar ist.
[0003] Die elektrische Energie für den Betrieb dieses Stellmotors wird über die Relativgeschwindigkeit
zwischen Munitionskörper und Lenkeinheit in einem Generator gewonnen, der den Stellmotor
unmittelbar und/oder über einen Energiespeicher versorgt. Der Generatorbetrieb stellt
einen mechanischen Widerstand gegen die Rollbewegung aufgrund des Masseträgheitsmomentes
des Geschoßkörpers dar. Eine Beendigung des Betriebs des Stellmotors stellt gegenüber
dem Lastfall eine Entlastung des Generators dar und beeinflusst dementsprechend das
zwischen dem Stator und dem Rotor des Generators wirksame Reaktionsmoment, das seinerseits
Rückwirkungen auf das momentane Rollverhalten der Artilleriemunition und somit ihrer
Flugstabilität hat. Deshalb wird die momentan nicht vom Stellmotor benötigte Energie
auf eine Ersatzlast umgeschaltet, um durch konstante Belastung des Generators solche
Rückwirkungen auf das Rollverhalten möglichst zu vermeiden.
[0004] Da der erwähnte Energiespeicher wegen der extrem beengten Einbauverhältnisse nur
klein ausgelegt werden kann, kommt als Ersatzlast praktisch nur das Umschalten vom
Stellmotor auf einen Widerstand in Betracht. Die darin entstehende joulsche Wärme
liefert einen wesentlichen zusätzlichen Beitrag zur Wärmeabstrahlung der anderen Funktionskomponenten
wie des Generators und des Stellmotors aufgrund Induktions- und Lagererwärmung, wodurch
die Wärmebilanz im Innern der gegenüber der Außenwelt hermetisch abgeschotteten Lenkeinheit
schnell funktionskritisch werden kann.
[0005] In Erkenntnis dieser Gegebenheiten liegt vorliegender Erfindung die technische Problemstellung
zugrunde, eine Artilleriemunition gattungsgemäßer Art derart auszulegen, dass die
lastbedingte Wärmeabstrahlung nicht zu kritischer Erwärmung in der Lenkeinheit führt.
[0006] Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß durch die wesentlichen im Hauptanspruch angegebenen
Merkmale gelöst. Danach tritt die ersatzlastbedingte Erwärmung außerhalb der Lenkeinheit,
nämlich in Canardflächen auf. Dadurch bedarf es keiner konstruktiven Maßnahmen im
Innern der Lenkeinheit, um diese ersatzlastbedingten Wärmemengen zu kanalisieren und
in möglichst funktionsunkritische Bereiche abzuleiten. Denn die Ersatzlast trägt nicht
mehr zur Wärmebilanz im Innern der Lenkeinheit bei, weil sie erst außerhalb ihrer,
an oder in den Flächen der Canardflügel erzeugt wird. Die dort auftretende Erwärmung
ist an sich schon funktionsunkritisch, und sie wird obendrein durch die großflächige
Luftanströmung rasch abgeführt.
[0007] Weil die Wärmeabstrahlung von der Ersatzlast nicht mehr kritisch ist, sind dadurch
auch weitgehende Möglichkeiten zur Steuerung der Relativbewegung zwischen Munitionskörper
und Lenkeinheit über umschaltbar gestaffelte Ersatzlasten eröffnet. Das ist von besonderem
Interesse, wenn der Generatorbetrieb über variable Energieabgabe die Rollrate der
Lenkeinheit beeinflusst oder über konstante Energieabgabe zur Rollstabilisierung eingesetzt
wird. Umgekehrt kann der Generator auch vorübergehend aus dem Energiespeicher zur
Rollwinkeleinstellung als Motor betrieben werden.
[0008] Um also erfindungsgemäß eine zusätzliche Wärmequelle im Innern der Lenkeinheit zu
vermeiden, ist die Ersatzlast, auf die der Generator im Rollentkopplungs-Eingriffsbereich
der Canard-Lenkeinheit einer rollstabilisierten bahnkorrigierbaren Artilleriemunition
zum Vermeiden von Lastschwankungen bei Betriebsende des Stellmotors umschaltbar ist,
als elektrischer Widerstand auf, an oder in Canardflächen hinter deren Anströmkanten
ausgelegt, und das vorzugsweise bei nicht einstellbar montierten Entdrallcanards.
[0009] Zusätzliche Weiterbildungen und Alternativen zur erfindungsgemäßen Lösung ergeben
sich aus den weiteren Ansprüchen und, auch unter Berücksichtigung von deren Vorteilen,
aus nachstehender Beschreibung eines nicht ganz maßstabsgerecht auf das Funktionswesentliche
vereinfacht skizzierten bevorzugten Realisierungsbeispiels zur Erfindung. Die einzige
Figur der Zeichnung veranschaulicht im abgebrochen dargestellten Axial-Längsschnitt
die Ausstattung der Lenkeinheit vor dem Munitionskörper.
[0010] Die drallstabilisiert zu verbringende Artilleriemunition 11 ist vor dem die Nutzlast
aufnehmenden Munitionskörper 12, anstelle mit einem herkömmlichen Aufschlag-, Zeit-
oder Annäherungszünder, mit einer Lenkeinheit 13 ausgestattet. Die ist hinter ihrem
Radom 14 mit Sensoreinrichtungen 15 für die Flugbahnüberwachung und Zielannäherung
bestückt, vor allem aber auch mit einem Stellsystem 16 für die Flugbahnsteuerung.
Dafür wirkt ein Stellmotor 17 auf in diesem Beispielsfalle die einzige Stellwelle
18 eines einachsigen Canard-Stellsystemes 16, die sich quer zur Längsachse 19 der
Artilleriemunition 11 durch die hohlkegelförmig konfigurierte Lenkeinheit 13 hindurch
erstreckt. Mit ihren beiden Stirnenden ist die Stellwelle 18 drehfest an je einen
Canard-Stellflügel angeschlossen, die einander diametral gegenüber von der Außenkontur
der Lenkeinheit 13 radial - aber nicht überkalibrig - vorragen.
[0011] Die Lenkeinheit 13 ist über axial gegeneinander versetzte, vorzugsweise als Wälzlager
ausgelegte, Lagerstellen 20 vom Munitionskörper 12, in den sie rückwärtig mit einem
Rohrstutzen eingreift, rollentkoppelt. Je nach der momentanen Rollstellung dieses
Eingriffsbereiches der Lenkeinheit 13, also auch ihrer im konischen Bereich davor
gelegenen Stellwelle 18, in Bezug auf den Munitionskörper 12 führt eine Anstellung
der Canard-Stellflügel gegenüber der Munitions-Längsachse 19 durch Verdrehen ihrer
Stellwelle 18 zu einer Bahnänderung infolge Nick- und/oder Gierbewegung der Artilleriemunition
11. Um diesen Stellvorgang dynamisch zu beherrschen, ist quer zum Paar der Canard-Stellflügel
ein Paar von Entdrallcanards 21 an der Lenkeinheit 13 befestigt. Die weisen einen
konstruktiv fest vorgegebenen Anstellwinkel gegenüber der Munitions-Längsachse 19
auf, um den Drall der Lenkeinheit 13, möglichst bald nach dem Abschuss der Artilleriemunition
11 aus dem gezogenen Rohr, auf größenordnungsmäßig weniger als zehn Prozent des Stabilisierungsdralles
des Munitionskörpers 12 zu reduzieren.
[0012] Dieser Drehzahlunterschied wird in einem elektrodynamischern Generator 22 zum Gewinnen
elektrischer Energie insbesondere für den Betrieb des Stellmotors 17, aber auch etwa
für die Sensoreinrichtungen 15, genutzt. Dafür ist der Munitionskörper 12 zwischen
den Lagerstellen 20 längs eines zur Achse 19 konzentrischen Kreises mit zueinander
distanzierten, abwechselnd gepolten Permanentmagneten 23 bestückt. Infolge der Relativdrehung
zwischen Munitionskörper 12 und Lenkeinheit 13 durchfahren deren Induktionsspulen
24 ein magnetisches Wechselfeld und liefern so ohne das Erfordernis von Schleifringen
eine hochfrequente Wechselspannung an eine Spannungsaufbereitungsschaltung 25 mit
Gleichrichtung im Innern des den Generator 22 tragenden Rohrstutzens der Lenkeinheit
13. Daraus kann, etwa zum Sichern einer unterbrechungsfreien Stromversorgung z.B.
für die Sensoreinrichtungen 15 bzw. für vorübergehrendes Umschalten auf Motorbetrieb
des Generators 22, ein kleinbauender Energiespeicher 26 nachgeladen bzw. gepuffert
werden; vor allem aber ist an die Spannungsaufbereitungsschaltung 25 das Stellsystem
16 mit seinem Canard-Stellmotor 17 angeschlossen.
[0013] Die mit Beendigung des Stellvorganges infolge Abschaltens des Stellmotors 17 auftretende
Entlastung des Generators 22 und der an sich damit einhergehende Drehmomentensprung
zwischen Lenkeinheit 13 und Munitionskörper 12 wird dadurch praktisch unterdrückt,
dass eine Umschaltlogik 27 den Energiebedarf des Stellmotors 17 in eine entsprechend
bemessene Ersatzlast 28 umlenkt. Die ist in oder an (also bei) den mechanisch an der
Lenkeinheit 13 festgelegten Entdrallcanards 21 ausgebildet, etwa wie skizziert als
gestreckter Leiter dicht hinter der Anströmkante 29 der Entdrallcanards 21 oder als
im Wesentlichen flächiger Leiter auf oder in der Canardfläche 30. In letzterem Falle
kann auch der jeweilige Canardflügel 21 im Wesentlichen oder insgesamt aus elektrisch
leitendem Material (etwa aus entsprechend eingestelltem Kunststoff) bestehen, wobei
etwa durch eine in der Zeichnung angedeutete isolierende Barriere 31 ein für ausreichend
großen Widerstand dieser Ersatzlast 28 hinreichend langer Stromweg erzwungen wird.
[0014] Entscheidend ist, dass die in der Ersatzlast 28 entstehende Stromwärme nicht die
Wärmebilanz im Innern der Lenkeinheit 13 zusätzlich belastet, und auch nicht eigens
aus dem Innern der Lenkeinheit 13 abgeführt werden muss - sondern gleich außerhalb
der Lenkeinheit 13 erzeugt und über die stark angeströmten Canardflächen 30 höchst
wirksam entsorgt wird.
Bezugszeichenliste
[0015]
- 11
- Artilleriemunition
- 12
- Munitionskörper
- 13
- Lenkeinheit
- 14
- Radom
- 15
- Sensoreinrichtungen
- 16
- Stellsystem
- 17
- Stellmotor
- 18
- Stellwelle
- 19
- Längsachse
- 20
- Lagerstellen
- 21
- Entdrallcanards
- 22
- Generator
- 23
- Permanentmagnete
- 24
- Induktionsspulen
- 25
- Spannungsaufbereitungsschaltung
- 26
- Energiespeicher
- 27
- Umschaltlogik
- 28
- Ersatzlast
- 29
- Anströmkante
- 30
- Canardfläche
- 31
- Barriere
1. Drallstabilisierte bahnkorrigierbare Artilleriemunition (11) mit einer von ihrem Munitionskörper
(12) drehentkoppelten Canard-Lenkeinheit (13) und im Eingriffsbereich der Lenkeinheit
(13) in den Munitionskörper (12) mit einem elektrischen Generator (22) zum Betrieb
eines Canard-Stellsystemes (16),
dadurch gekennzeichnet,
dass der Generator (22) auf eine Ersatzlast (28) umschaltbar ist, die an oder in Canardflächen
(30) ausgebildet ist.
2. Artilleriemunition nach dem vorangehenden Anspruch,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ersatzlast (28) bei starr montierten Entdrallcanards (21) vorgesehen ist.
3. Artilleriemunition nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ersatzlast (28) in der Canardfläche (30) ausgebildet ist.
4. Artilleriemunition nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ersatzlast (28) längs der Anströmkante (29) ausgebildet ist.
5. Artilleriemunition nach einem der vorangehenden Ansprüche ohne den unmittelbar vorangehenden
Anspruch,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Ersatzlast (28) längs konstruktiv vorgegebener Stromwege durch Canardflächen
(30) gegeben ist.
6. Artilleriemunition nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine umschaltbar gestaffelte Ersatzlast (28) vorgesehen ist.
7. Artilleriemunition nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Generator (22) über eine Umschaltlogik (27) auf einen Energiespeicher (26) und
auf den Canard-Stellmotor (17) bzw. die Ersatzlast (28) schaltbar ist.
8. Artilleriemunition nach dem vorangehenden Anspruch,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Umschaltlogik (27) über eine Spannungsaufbereitungsschaltung (25) an Induktionsspulen
(24) angeschlossen ist, die im Eingriffsbereich der Lenkeinheit (13) in den Munitionskörper
(12) zwischen axial gegeneinander versetzten Lagerstellen (20) durch eine Folge abwechselnder
Polaritäten von Permanentmagneten (23) rotieren.
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