[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Hörgeräteanpassung und eine Vorrichtung
zur Durchführung eines Richtungshörtests in der Horizontalebene zur Verwendung in
einem solchen Verfahren.
[0002] Prinzipiell beruht die Schallquellenortung auf der Auswertung interauraler Pegel-
und Laufzeitdifferenzen, die immer dann auftreten, wenn sich eine Schallquelle außerhalb
der Medianebene des kopfbezogenen Koordinatensystems befindet. Dies befähigt den Menschen
zu einer Auflösung von ca. 1° bei der Bestimmung der Schallquellenposition in der
Horizontalebene. Der Stellenwert von Pegelunterschieden einerseits und Laufzeitunterschieden
auf der anderen Seite für die Schallquellenortung kehrt sich mit steigender Frequenz
um. Im Bereich unter 1.5 kHz spielt der interaurale Pegelunterschied kaum eine Rolle,
da der Abstand beider Ohren im Verhältnis zur Wellenlänge gering ist. Für die Schallquellenortung
werden bei tiefen Frequenzen dominierend interaurale Laufzeitdifferenzen ausgewertet.
Anders stellt sich die Situation bei hohen Frequenzen dar. Durch die abschattende
Wirkung des Kopfes bzw. die Beugung der Schallwellen am Kopf sind hier die Pegelunterschiede
beider Ohrsignale für die Schallquellenortung nutzbar.
[0003] Die Regelversorgung eines hörgeschädigten Menschen ist eine beidseitige Versorgung
mit Hörgeräten. Bei bekannten Hörgeräteanpassungsprozeduren wird dabei die Einstellung
und Optimierung der Parameter beider Hörgeräte grundsätzlich mit den gleichen Methoden
durchgeführt wie bei einer nur einseitigen Versorgung mit nur einem Hörgerät. Dazu
werden bei bekannten Methoden die rechtsseitige Hörschwelle und die linksseitige Hörschwelle
individuell geprüft und eine Anpassung der jeweiligen Hörgeräteverstärkungsparameter
an die Hörschwelle des entsprechenden Ohres vorgenommen.
[0004] Zusätzlich zu einer einseitigen Versorgung sollte das Zusammenwirken beider Hörgeräte
berücksichtigt werden. Dazu ist es notwendig, u.a. den Effekt der binauralen Lautheitssummation
zu berücksichtigen. Dies erfolgt bisher z.B. durch eine Verstärkungskorrektur um 3
dB im gesamten Frequenzbereich.
[0005] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Hörgeräteanpassung
anzugeben, das die horizontale Richtungshörfähigkeit, insbesondere unter Freifeldbedingungen,
berücksichtigt und so eine Optimierung der Hörgeräteeinstellung ermöglicht. Diese
Aufgabe wird mit einem Verfahren zur Hörgeräteanpassung mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst. Unteransprüche sind auf bevorzugte Ausgestaltungen gerichtet. Eine Vorrichtung
zur Durchführung eines Richtungshörtestes in der Horizontalebene zur Verwendung in
einem erfindungsgemäßen Verfahren ist Gegenstand des Anspruchs 7.
[0006] Ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Hörgeräteanpassung ist gekennzeichnet durch einen
Anpassschritt zur Berücksichtigung der Richtungshörfähigkeit in der horizontalen Ebene.
Dieser Schritt wird im Rahmen einer Hörgeräteanpassungsprozedur durchgeführt, die
ansonsten die an sich bekannten Hörgeräteanpassungsschritte umfassen kann.
[0007] Der erfindungsgemäße Anpassschritt umfasst die Erzeugung von horizontal räumlichen
Klangbildern, die Schallsignalen aus unterschiedlichen horizontalen Soll-Richtungen
entsprechen. Die in der horizontalen Ebene räumlichen Klangbilder werden dem Probanden,
also insbesondere einem Hörgerätenutzer, zum Beispiel im mit Hörgeräten versorgten
Zustand zur Angabe der subjektiv empfundenen horizontalen Richtung dargeboten, aus
der der Schall zu kommen scheint. Der Hörgerätenutzer gibt also diejenige horizontale
Richtung an, aus der er den Schall wahrzunehmen meint.
[0008] Die auf diese Weise angegebene jeweilige subjektive horizontale Hörrichtung wird
mit der entsprechenden Soll-Richtung verglichen. In Abhängigkeit dieses Vergleichs
werden zu verändernde Hörgeräteverstärkungsfaktoren bestimmt. Vorzugweise werden Verstärkungsfaktoren
beider Hörgeräte in Abhängigkeit des Vergleichsergebnisses gewählt, wobei die jeweiligen
Verstärkungsfaktoren zusätzlich frequenz- und pegelabhängig gewählt werden können.
[0009] Das Verfahren ermöglicht also bei der beidseitigen Anpassung die Überprüfung und
Korrektur des Richtungshörens in der Horizontalebene. Besonders vorteilhaft ist dabei,
dass die Richtungshörbestimmung in der horizontalen Ebene unter Freifeldbedingungen,
d.h. unter Anwendungsbedingungen von Hörgeräten, durchgeführt werden kann und Optimierungsinformationen
abgeleitet werden können.
[0010] Besonders vorteilhaft ist es, wenn für die horizontal räumlichen Klangbilder geeignete
natürliche Klangbilder eingesetzt werden, die insbesondere ausgewählten Lebenssituationen
entsprechen. Das stellt sicher, dass keine Verfälschung des Anpassungsergebnisses
aufgrund von für den Probanden ungewöhnlichen Geräuschsituationen vorkommen kann.
[0011] Störgeräusche weisen meist ein breitbandiges Spektrum ohne auffallende tonale Komponenten
auf und haben in der Regel eine gleichmäßige Zeitstruktur. In Anbetracht dessen erweist
es sich als besonders vorteilhaft, wenn die Signalstruktur der Klangbilder, die dem
Probanden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren dargeboten werden, möglichst singuläre
tonale Komponenten im hörbaren Frequenzbereich aufweisen. Außerdem ist es vorteilhaft,
wenn kurzzeitige Signalstrukturen gewählt werden, bevorzugt kürzer als 20 s, besonders
bevorzugt kürzer als 10 s.
[0012] Beispiele für derartige natürliche Klangbilder aus dem normalen Lebensbereich sind
z.B. das Zirpen von Grillen, ein Fön, eine Autohupe, ein Ampelton, ein Bohrer, eine
Gitarre oder eine Flöte.
[0013] Eine einfache Möglichkeit zur Erzeugung der horizontal räumlichen Klangbilder stellt
eine Stereowiedergabeanordnung dar. Unterschiedliche horizontale Sollrichtungen können
dabei beispielsweise durch eine positionsabhängige Dämpfung der beiden Stereokanäle
erreicht werden.
[0014] Es ist bevorzugt, wenn wenigstens ein Teil der dargebotenen räumlichen Klangbilder
ohne Störgeräusche gewählt wird.
[0015] Das erfindungsgemäße Verfahren kann eingesetzt werden, um eine Hörgeräteeinstellung
zu optimieren. Dabei wird das Verfahren mit dem Hörgerätenutzer unter Verwendung von
Hörgeräten durchgeführt, deren Einstellung mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens
optimal angepasst wird.
Dabei wird also die horizontale Richtungshörfähigkeit des Hörgerätenutzers unter Verwendung
der Hörgeräte getestet.
[0016] Das erfindungsgemäße Verfahren kann auch im Vorfeld der Hörgeräteanpassung durchgeführt
werden, indem es mit dem Hörgeschädigten ohne Hörgeräte durchgeführt wird. Aus einem
Vergleich eines derartig ermittelten horizontalen Richtungshörens mit den Ergebnissen
bei einem versorgten Zustand können dann Verbesserungen der Richtungshörfähigkeit
dokumentiert werden. In einem weiteren Anwendungsfall kann ein Unterschied zwischen
einer einseitigen und einer beidseitigen Hörgeräteversorgung dargestellt werden.
[0017] Das erfindungsgemäße Verfahren kann Teil eines Hörgeräteanpassungsprozesses sein,
in dem auch andere individuelle Hörfehler des Hörgeschädigten berücksichtigt werden.
[0018] Unabhängig von dem Hörgeräteanpassungsverfahren können der in diesem Zusammenhang
beschriebene erfindungsgemäße Richtungshörtest in der Horizontalebene und die geschilderten
besonderen Ausgestaltungen auch allgemein im Rahmen eines Richtungshörtests in der
Horizontalebene eingesetzt werden, der nicht notwendigerweise bei einer Hörgeräteanpassung
verwendet wird.
[0019] Eine erfindungsgemäße Vorrichtung dient der Durchführung eines Richtungshörtests
in der Horizontalebene, wie es in einem erfindungsgemäßen Verfahren zur Hörgeräteanpassung
eingesetzt werden kann. Es weist eine Einrichtung zur Wiedergabe von in einer horizontalen
Ebene räumlichen, vorzugsweise natürlichen Klangbildern auf, die Schallsignalen aus
unterschiedlichen horizontalen Soll-Richtungen entsprechen. Eine Eingabevorrichtung
ist vorgesehen, mit deren Hilfe die subjektive horizontale Richtung, aus der der Schall
zu kommen scheint, eingegeben werden kann. Eine Auswerteeinrichtung dient der Angabe
und/oder dem Vergleich der eingegebenen subjektiven horizontalen Richtungen und der
korrespondierenden Soll-Richtungen.
[0020] Besondere Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind eingerichtet,
um die geschilderten vorteilhaften Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens
zu ermöglichen.
[0021] Die Erfindung wird anhand der beiliegenden Figuren im Detail erläutert.
- Fig. 1
- zeigt in schematischer Darstellung eine Vorrichtung zur Durchführung eines Richtungshörtests
zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Hörgeräteanpassung,
- Fig. 2
- zeigt eine Eingabebildschirmdarstellung,
- Fig. 3
- zeigt den Zusammenhang zwischen virtueller Schallquellenposition SP und der notwendigen
Dämpfung D der beiden Stereokanäle,
- Fig. 4
- zeigt eine Ergebnisdarstellung eines Richtungshörtests,
- Fig. 5
- zeigt den zeitlichen Schalldruckpegelverlauf für einen Ampelton,
- Fig. 6
- zeigt den zeitlichen Schalldruckpegelverlauf für das Klangbild einer zirpenden Grille,
und
- Fig. 7
- zeigt den zeitlichen Schalldruckpegelverlauf eines Rauschsignals.
[0022] Fig. 1 zeigt den bevorzugten Aufbau für einen Richtungshörtest in der Horizontalebene,
wie er bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zur Hörgeräteanpassung eingesetzt wird.
Ein Hörgeschädigter 10 befindet sich gegenüber einer Stereowiedergabeanordnung mit
Lautsprechern 12, 14. Ein Eingabebildschirm 16 zeigt z.B. eine Bildschirmdarstellung
17, wie sie in Fig. 2 sichtbar ist. Die Bildschirmdarstellung 17 zeigt beispielhaft
zwei Lautsprecher 18 und Eingabefelder 20, die z.B. in Form von Touch-Screen-Elementen
direkt am Bildschirm vorgesehen sind oder zu entsprechenden Tasten auf einer Tastatur
korrespondieren. Die Ziffern 1 bis 7 auf den Eingabefeldern 20 entsprechen den vom
Hörgeschädigten einzugebenden wahrgenommenen horizontalen Schallquellenpositionen.
[0023] Der Abstand A zwischen den Laufsprechern 12, 14 einerseits und der Abstand B zwischen
den Lautsprechern 12 und 14 und dem Hörgeschädigten 10 andererseits beträgt z.B. jeweils
1,5 m.
[0024] Die Anordnung der Fig. 1 dient der Darbietung von horizontal räumlichen natürlichen
Klangbildern, die Schallsignale aus unterschiedlichen Soll-Richtungen entsprechen.
Um dies zu erreichen, werden die Stereokanäle der Lautsprecher 12, 14 unterschiedlich
gedämpft, um unterschiedliche horizontale Schall-Soll-Richtungen zu simulieren. Der
Zusammenhang zwischen der virtuellen Schallquellenposition SP und der notwendigen
Dämpfung D für die beiden Stereokanäle ist in Fig. 3 gezeigt. Die gestrichelte Kurve
22 gibt die notwendige Dämpfung D des rechten Kanals in willkürlichen Einheiten, hier
in Dezibel, an, während die durchgezogene Kurve 24 die notwendige Dämpfung D des linken
Kanals in willkürlichen Einheiten, hier in Dezibel, angibt. Die virtuelle Schallquellenposition
SP ist als prozentueller Abstand, gemessen vom linken Lautsprecher 12 aus relativ
zum Gesamtabstand A der beiden Lautsprecher 12, 14, angegeben.
[0025] Im oberen Teil der Grafik sind beispielhaft virtuelle Schallquellenpositionen P1
bis P7 angegeben, die für einen Richtungshörtest in der Horizontalebene verwendet
werden können.
[0026] Fig. 4 zeigt beispielhaft das Ergebnis eines bei Ausführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens durchgeführten Richtungshörtests in der Horizontalebene, wie es dem Durchführenden
z.B. an einem Bildschirm angezeigt werden kann. Die waagerechte Achse zeigt die virtuellen
Schallquellenpositionen P. Die senkrechte Achse gibt die subjektiven Positionen von
links (1) nach rechts (r) an, die vom Hörgeschädigten während des Richtungshörtests
als horizontale Schallquellenpositionen wahrgenommen wurden und an der Bildschirmdarstellung
17 über Tastenfelder 20 angegeben wurden. Kreuze geben den Idealfall an, bei dem die
vom Hörgeschädigten wahrgenommenen horizontalen Richtungen den tatsächlich auch dargebotenen
Richtungen entsprechen.
[0027] Beispielhaft zeigen die Punkte mögliche Ergebnisse eines Richtungshörtests in der
Horizontalebene. Befinden sich mehrere Punkte bei einer horizontalen Position P, entspricht
dies z.B. einer wiederholten Durchführung einzelner Messungen mit der durch den horizontalen
Ort angegebenen virtuellen Schallposition, wobei der Hörgeschädigte nicht bei jeder
Messung dasselbe Ergebnis angegeben hat.
[0028] Die Fig. 5 bis 7 zeigen die Schalldruckpegel in Dezibel Sound Pressure Level (dBSPL)
in Abhängigkeit der Zeit t in Sekunden für unterschiedliche Klangbilder. Fig. 5 entspricht
dem Klangbild eines Ampeltons, während Fig. 6 dem Klangbild von Grillenzirpen entspricht.
Die Klangbilder der Fig. 5 und 6 eignen sich aufgrund ihrer wohldefinierten singulären
tonalen Komponenten und kurzzeitigen Signalstrukturen z.B. für einen erfindungsgemäßen
Hörgeräteanpassungsprozess. Fig. 7 zeigt das Beispiel eines Rauschsignals, das nicht
geeignet ist.
[0029] Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht die Berücksichtigung der Richtungshörfähigkeit
in der Horizontalebene wie folgt.
[0030] Der Hörgeschädigte 10 wird, wie in Fig. 1 dargestellt, einer Stereowiedergabeeinrichtung
mit Lautsprechern 12, 14 gegenübergesetzt. Natürliche Klangbilder mit möglichst singulären
tonalen Komponenten und kurzen Signalstrukturen werden ihm mit Hilfe der Lautsprecher
12 und 14 dargeboten. Geeignete Klangbilder sind z.B. ein Ampelton (entsprechend Fig.
5), Grillenzirpen (entsprechend Fig. 6), ein Fön, eine Autohupe, ein Bohrer, eine
Gitarre oder ein Flötenton.
[0031] Unterschiedliche virtuelle horizontale Schallquellenpositionen, die Soll-Richtungen
entsprechen, werden mit Hilfe einer unterschiedlichen Dämpfung D der beiden Kanäle
der Lautsprecher 12 und 14 erzeugt. So lassen sich z.B. die virtuellen Schallquellenpositionen
P1 bis P7 der Fig. 3 durch entsprechende Auswahl der linksseitigen Dämpfung gemäß
der Kurve 24 und der rechtsseitigen Dämpfung gemäß der Kurve 22 der Fig. 3 erzeugen.
Beispielsweise wird die virtuelle Schallquellenposition P6 durch Einstellung einer
rechtsseitigen Dämpfung D von 0 und der linksseitigen Dämpfung von -8 dB in der gewählten
Darstellung der Fig. 3 erreicht (siehe punktierte Hilfslinien). Dies entspricht einer
virtuellen Schallquellenposition SP, bei der die virtuelle Schallquellenposition gemessen
als Abstand vom linken Lautsprecher 12 80 % des Gesamtabstands A der Lautsprecher
12 und 14 entspricht.
[0032] Die Klangbilder werden dem Hörgeschädigten 10 auf diese Weise aus unterschiedlichen
horizontalen Soll-Richtungen P1 bis P7 dargeboten. An dem Touch-Screen 17, der in
Fig. 2 dargestellt ist, kann der Hörgeschädigte auf den Tastenfeldern 20 eingeben,
aus welcher horizontalen Richtung ihm der Schall jeweils zu kommen scheint.
[0033] Das Ergebnis kann in einer Grafik dargestellt sein, wie sie beispielhaft in Fig.
4 gezeigt ist. An der waagrechten Achse sind die virtuellen Schallpositionen P1 bis
P7 angegeben, die mit Hilfe der Stereowiedergabeanordnung erzeugt wurden. An der senkrechten
Achse sind die von dem Hörgeschädigten am Bildschirm 17 eingegebenen wahrgenommenen
horizontalen Richtungen 1 bis 7 aufgetragen.
[0034] Dem Hörgeschädigten werden die Klangbilder wiederholt dargeboten. Auf diese Weise
können bei einzelnen virtuellen Schallquellenpositionen mehrere Messwerte entstehen.
Zum Beispiel hat der Hörgeschädigte bei der Darstellung in Fig. 4 bei der wiederholt
dargebotenen Position P3 eines Klangbildes die Positionen 2 und 4 angegeben. Für die
Hörgeräteeinstellung kann dann z.B. der Mittelwert für diese virtuelle Schallquellenposition
verwendet und in die unten erläuterte Klassifikation einbezogen werden.
[0035] Das Ergebnis des Richtungshörtests kann wie folgt zur Klassifizierung des Richtungshörvermögens
in der Horizontalebene eingesetzt werden, wobei das Richtungshörvermögen in dem gezeigten
Beispiel in vier Typen I bis IV untergliedert wird:
Typ I |
a) |
perfekte Ortung (aller Angaben sind korrekt) |
|
b) |
fast perfekte Ortung (Abweichung um eine Position ohne Richtungstendenz) |
Typ II |
a) |
Tendenz der Verschiebung in eine Richtung |
|
b) |
Verschiebung in eine Richtung (mindestens vier Urteile von sieben sind in die gleiche
Richtung verschoben) |
|
c) |
extreme Abweichung in eine Richtung |
Typ III |
a) |
richtige Reihenfolge von links nach rechts, aber verengter Raumwinkel |
|
b) |
verengter Raumwinkel mit zusätzlicher Richtungsabweichung |
Typ IV |
a) |
Zerfall in mehrere Hörereignisse |
|
b) |
unsystematische Ortung |
Bei einer Zuordnung zu Typ I kann der horizontale Richtungshörtest als bestanden gewertet
werden und eine Optimierung der Hörgeräte ist in der Regel nicht erforderlich. Sollte
eine deutliche Verschiebung der Antworten in einer horizontalen Richtung offenbar
werden (z.B. Typ II), wird empfohlen, dasjenige Hörgerät in seiner Verstärkung zu
korrigieren, das eine höhere Verstärkung vornimmt. Gleiches gilt z.B. für den Fall
b des Typs III.
[0036] Das Ergebnis des Richtungshörtests in der Horizontalebene kann verwendet werden,
um die Hörgeräteparameter entsprechend einzustellen.
Die Einstellung kann auf diese Weise so lange im Wechsel mit dem Richtungshörtest
durchgeführt werden, bis die horizontale Richtungshörfähigkeit des Hörgerätenutzers
bei Verwendung der Hörgeräte optimiert ist und der Richtungshörfähigkeit in der Horizontalebene
eines Normalhörenden möglichst gut entspricht.
Bezugszeichenliste
[0037]
- 1 bis 7
- wahrgenommene Schallquellenpositionen
- 10
- Hörgeschädigter
- 12, 14
- Lautsprecher
- 16
- Bildschirm
- 17
- Bildschirmdarstellung
- 18
- Lautsprecherdarstellung
- 20
- Touch-Screen-Felder
- 22
- Dämpfung des rechten Lautsprecherkanals
- 24
- Dämpfung des linken Lautsprecherkanals
- P
- virtuelle Schallquellenposition
- P1 bis P7
- ausgewählte virtuelle Schallquellenpositionen
- A
- Lautsprecherabstand
- B
- Abstand Lautsprecher - Hörgeschädigter
- D
- Dämpfung
- SP
- virtuelle Schallquellenposition in Prozent
- SPL
- Schalldruckpegel (sound pressure level)
- t
- Zeit in Sekunden
1. Verfahren zur Hörgeräteanpassung
gekennzeichnet durch einen Anpassschritt zur Berücksichtigung der horizontalen Richtungshörfähigkeit,
bei dem
- horizontal räumliche Klangbilder erzeugt werden, die Schallsignalen aus unterschiedlichen
horizontalen Soll-Richtungen entsprechen, und einem Probanden (10) zur Angabe der
subjektiven horizonalen Richtung, aus der der Schall zu kommen scheint, dargeboten
werden,
- die jeweilig angegebene subjektive horizontale Richtung mit der entsprechenden Soll-Richtung
verglichen wird und
- die Hörgeräteverstärkungsfaktoren in Abhängigkeit der Vergleichsergebnisse gewählt
werden.
2. Verfahren zur Hörgeräteanpassung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass natürliche Klangbilder eingesetzt werden.
3. Verfahren zur Hörgeräteanpassung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Klangbilder mit möglichst singulären tonalen Komponenten im hörbaren Frequenzbereich
eingesetzt werden.
4. Verfahren zur Hörgeräteanpassung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass Klangbilder mit kurzen Signalstrukturen, bevorzugt kürzer als 20 Sekunden, besonders
bevorzugt kürzer als 10 Sekunden, eingesetzt werden.
5. Verfahren zur Hörgeräteanpassung nach einem der'Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die horizontal räumlichen Klangbilder mit einer Stereowiedergabeanordnung (12, 14)
erzeugt werden, bei der unterschiedliche horizontale Soll-Richtungen vorzugsweise
durch positionsabhängige Dämpfung der Stereokanäle erreicht werden.
6. Verfahren zur Hörgeräteanpassung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass es mit dem Probanden (10) mit Hörgeräten durchgeführt wird, insbesondere um eine
Feineinstellung der Hörgeräteverstärkungsfaktoren zu ermöglichen.
7. Vorrichtung zur Durchführung eines Richtungshörtests in der Horizontalebene zur Verwendung
in einem Verfahren zur Hörgeräteanpassung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, mit
- einer Einrichtung (12, 14) zur Wiedergabe horizontal räumlicher Klangbilder, die
Schallsignalen aus unterschiedlichen horizontalen Soll-Richtungen entsprechen,
- einer Eingabeeinrichtung (16, 17) zur Eingabe einer subjektiven horizontalen Richtung,
aus der der Schall zu kommen scheint, und
- einer Auswerteeinrichtung zur Angabe und/oder zum Vergleich der eingegebenen subjektiven
horizontalen Richtungen und der korrespondierenden Soll-Richtungen.