[0001] Die Erfindung betrifft ein Fahrwerk eines mindestens eine Maschinenanordnung zum
mechanischen Bearbeiten eines Gleises aufweisenden Schienenfahrzeuges mit mindestens
einem gelagerten Radsatz und einem dieses Radsatzlager umhüllenden Gehäuse.
[0002] Die zunehmenden Anforderungen an den Oberbau von Schienenverkehrswegen hinsichtlich
steigender Streckengeschwindigkeiten und höherer Lasttonnen im Güterverkehr haben
zum Einsatz hochfester Schienenstähle mit Zugfestigkeiten von bis zu 1500 N/mm
2 geführt. Derartige Schienenwerkstoffe gelten als außerordentlich schwer spanabhebend
bearbeitbar. Zugleich ist es aber aus Gründen der Wirtschaftlichkeit erforderlich,
Schienen, deren Schienenkopfprofil bzw. Schienenoberfläche Verschleißerscheinungen
aufweisen, einer vorbeugenden Instandhaltung zu unterziehen, damit sich aus diesen
Unregelmäßigkeiten keine gravierenden Fehlstellen ergeben, welche die vorgesehene
Liegedauer der Schiene verkürzen könnten. Für diese Art der Instandhaltung bzw. Schienenpflege
werden seit vielen Jahren die technologischen Verfahren des mobilen Schienenschleifens
bzw. seit circa 10 Jahren auch des mobilen Schienenfräsens eingesetzt. Die Schienen
werden hierbei nicht ausgebaut, sondern verbleiben im Gleisbett und werden in betrieblichen
Sperrpausen mittels einer mobilen Bearbeitungsmaschine neu profiliert bzw. einer Beseitigung
von Oberflächenfehlern unterzogen. Die Technologien des Schleifens bzw. Fräsens haben
dabei jeweils spezifische Vor- und Nachteile (z.B. hinsichtlich Funkenflug, Materialabtragsraten
oder Arbeitsgeschwindigkeiten). Deshalb ist man auch zu Arbeitsverfahren übergegangen,
bei denen Schleif- und Fräsprozesse miteinander kombiniert werden bzw. konsekutiv
aufeinanderfolgend ablaufen.
[0003] Da speziell beim Schienenfräsen höhere Materialabtragsraten und damit auch höhere
Arbeitsgeschwindigkeiten (d.h. bearbeitete Schienenlänge je Zeiteinheit) erzielt werden,
ist es von besonderer Bedeutung, dass durch die zum Einsatz kommende Maschinentechnologie
keinerlei Störeinflüsse in die Bearbeitungszone induziert werden. Für die Fräsqualität
ist es beispielsweise von wesentlicher Bedeutung, dass der vom Schienenfahrzeug erzeugte
Vorschub sehr gleichmäßig erfolgt und äußere Einflüsse unterdrückt werden. Dies betrifft
auch allfällige Rückwirkungen, die sich daraus ergeben können, dass sich im Fahrregime
des Schienenfahrzeuges die vom Fräswerkzeug ausgehenden Schwingungen auf das Fahrzeug
übertragen und dort beispielsweise Schwingungen parallel zur Fahrzeuglängsachse induzieren.
[0004] Es ist deshalb üblich, bei derartigen schienenfahrbaren Bearbeitungsmaschinen Schienenfahrwerke
vorzusehen, welche kein Spiel zwischen Radsatzlager und Radsatzführung aufweisen.
Auf diese Weise wird vermieden, dass dynamische Einflüsse aus dem zwischen Werkzeug
und Werkstück ablaufenden Bearbeitungsprozess Rückwirkungen auf das Antriebsystem
bzw. auf die Schienenfahrwerke des Trägerfahrzeuges haben könnten. Im Falle eines
Fahrzeuges zum Schienenfräsen könnten also die dynamischen Kräfte zwischen dem Fräswerkzeug
und der fest mit dem Oberbau verspannten Schiene dazu führen, dass in das auf dem
zu bearbeitenden Oberbau stehende und relativ zu diesem bewegliche Trägerfahrzeug
Schwingungen induziert werden, die sich wiederum negativ auf die geometrische Maßhaltigkeit
der Prozesse in der Bearbeitungszone auswirken können. Derartige spielfreie Schienenfahrwerke
sind jedoch relativ aufwändig konzipiert und damit teuer.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Fahrwerk eines mindestens eine Maschinenanordnung
zum mechanischen Bearbeiten eines Gleises aufweisenden Schienenfahrzeuges nach den
Merkmalen des Oberbegriffes des Patentanspruches 1 bereitzustellen, welches gegenüber
dem Stand der Technik kostengünstiger ist und zugleich eine Rückwirkungsfreiheit zwischen
den in der Bearbeitungszone ablaufenden dynamischen Prozessen und dem Fahrwerk des
Schienenfahrzeuges gewährleistet.
[0006] Diese Aufgabe wird in Verbindung mit dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 erfindungsgemäß
dadurch gelöst, dass das Fahrwerk einen Aktor aufweist, der die Radsatzführung gegen
das Gehäuse des Radsatzlagers verschiebt und mit diesem zur Anlage bringt.
Ein solcher Aktor stellt ein Stellglied dar, welches Signale einer Regelungs- bzw.
Steuerungseinrichtung in Bewegung bzw. mechanische Arbeit umsetzt. Während die dem
Schienenfahrzeug zugeordneten Bearbeitungswerkzeuge im Einsatz sind, gibt eine dem
Schienenfahrzeug zugehörige Steuerungseinrichtung einen Stellbefehl an den Aktor aus,
der somit eine lineare Kraft auf das Radsatzführung aufbringt und gegen das Radsatzlagergehäuse
verschiebt. Der Verschiebeweg ist so bemessen, dass Radsatzführung und Radsatzlager
einander kontaktieren. Hierdurch wird das Spiel zwischen Radsatzführung und Radsatzlager
aufgehoben. Der Aktor ist so bemessen, dass er die zur Aufrechterhaltung der Spielfreiheit
notwendige Kraft gegen die von den Bearbeitungswerkzeugen ausgehenden dynamischen
Kräfte über die Dauer des Bearbeitungsprozesses aufrechterhalten kann.
[0007] Es versteht sich für den Fachmann von selbst, dass diese Kraft lediglich zum Reduzieren
bzw. Beseitigen des mechanischen Spiels zwischen Radsatzführung und Radsatzlagergehäuse
dimensioniert ist. Jedoch darf die Funktionsfähigkeit des Radsatzlagers an sich nicht
beeinträchtigt werden; d.h. die Rollfähigkeit des hierin gelagerten Radsatzes muss
weiterhin gewährleistet sein.
[0008] Eine vorteilhafte konstruktive Umsetzung des erfinderischen Konzeptes sieht ferner
vor, dass der Aktor als Stellzylinder ausgebildet ist, der im ausgefahrenen Zustand
die Federführung eines Lenoir-Dämpfungs-Elementes gegen das Gehäuse des Radsatzlagers
verschiebt.
Die Verwendung derartiger Lenoir-Elemente ist bei den kostengünstigen Güterwagen-Drehgestellen
weit verbreitet. Ein solches Lenoir-Element besteht im wesentlichen aus einer Federführung,
welche eine der Primärfederung des Drehgestells zugehörige Schraubenfeder im Bereich
von deren Federenden umhüllt und spielfrei führt, sowie einem Gelenkbolzen, welcher
die Federführung drehbeweglich am Drehgestellrahmen ankoppelt. Ein solches Lenoir-Element
nimmt die Funktion eines einfachen Dämpfungselementes wahr, das bei vertikaler Einfederung
der Primärfederung als Kipphebel wirkt und dabei eine dämpfend wirkende Reibungskraft
zwischen Federführung und Radsatzlagergehäuse erzeugt. Die Erfindung sieht nun vor,
dass ein Stellzylinder eine Stellkraft auf die Federführung eines Lenoir-Elementes
ausübt und diese durch eine im wesentlichen horizontale Verschiebung bis zum Anschlagen
gegen das Radsatzlagergehäuse schiebt. Das feststehende Zylinderrohr dieses Stellzylinders
ist an den Drehgestellrahmen angeflanscht. Zur Aufrechterhaltung der Stellkraft auch
über längere Zeiträume hinweg bietet sich eine Ausführung als verlustfreier Hydraulikzylinder
an.
[0009] Der Erfindungsgedanke wird anhand eines Schienenfräszuges in nachfolgenden Figuren
visualisiert. Es zeigen:
- Figur 1
- perspektivische Ansicht eines als Trägerfahrzeug für Werkzeug-Aggregate zum Schienenfräsen
ausgebildeten Schienenfahrzeuges
- Figur 2
- Detailansicht eines erfindungsgemäßen Schienenfahrwerkes
[0010] Die Figur 1 zeigt ein Schienenfahrzeug, welches Bestandteil eines Schienenfräszuges
ist und konstruktiv für die Aufnahme der Fräsaggregate ausgebildet ist. Zur besseren
Erkennbarkeit ist das in Figur 1 dargestellte Schienenfahrzeuge noch ohne diese Fräsaggregate
abgebildet; die für die Aufnahme dieser Aggregate vorgesehenen Räume sind noch leer.
Es ist deutlich zu erkennen, dass das Schienenfahrzeug keinen einteiligen Fahrgestellrahmen
aufweist, sondern in drei Teilsegmente aufgeteilt ist: jeweils ein Kopfsegment (2,
2') an den Extremitäten des Fahrzeuges sowie ein zwischen diesen beiden Kopfsegmenten
angeordnetes Mittelsegment (3). Ein Kopfsegment (1') weist einen Führer- bzw. Bedienstand
(9') zum Führen des Schienenfahrzeuges sowie zum Steuern bzw. Bedienen der Fräsaggregate
auf.
Lediglich die beiden Kopfsegmente weisen jeweils für sich einen Fahrgestellrahmen
(4, 4') auf, der auf dem jeweils einen Schienenfahrwerk (1, 1') abgestützt ist. Auf
diesem Fahrgestellrahmen ist jeweils eine Schweißkonstruktion (5, 5') angeordnet,
welche als Stütz- und Verbindungselement für die in Richtung des Mittelsegmentes orientierten
Flanschebenen dient.
Ebenso wird mit jedem der beiden Fahrgestellrahmen jeweils eine Aufnahmeplatte (7)
verbunden, welche quasi als "Fundament" zur Befestigung eines Fräsaggregates dient.
Diese Aufnahmeplatte ist dabei jeweils lotrecht zur Fahrzeuglängsachse ausgerichtet
und in Richtung des Mittelsegmentes orientiert. Die für die Steuerung des Fräsaggregates
notwendigen linearen Bewegungen werden mittels eines Kreuzschlittens realisiert, der
horizontale und vertikale Führungen aufweist und zwischen Aufnahmeplatte und Fräsaggregat
angeordnet ist.
Das Mittelsegment hingegen besteht im wesentlichen aus Langträgern; in Figur 1 ist
beispielsweise der in Fahrtrichtung linke Aussenlangträger (6.1) sowie - teilweise
verdeckt - der Bodenlangträger (6.2) dargestellt. Diese Langträger sind über eine
Mehrzahl von Passverbindungen und Dehnschrauben mit den korrespondierenden Flanschebenen
der Kopfsegmente verbunden. Das Mittelsegment weist zusätzliche Gehäuseteile (8) auf,
welche ebenfalls mittels Dehnschrauben mit den korrespondierenden Flanschebenen eines
Kopfsegmentes verschraubt werden. Durch diese Gehäuseteile wird eine Einhausung der
Fräsaggregate gebildet.
Bei einem fertig konfigurierten erfindungsgemäßen Fahrzeug sind also die Fräsaggregate
an den zur Fahrzeugmitte hin orientierten Stirnseiten der Fahrgestellrahmen auf quer
zur Arbeitsrichtung ausgerichteten Aufnahmeplatten montiert. Beide Kopfsegmente wiederum
werden durch das Mittelsegment über eine Vielzahl von Pass- und Dehnschrauben "zusammengehalten".
[0011] Figur 2 zeigt eine detaillierte seitliche Ansicht eines zu einem erfindungsgemäßen
Fahrwerk zugehörigen Radsatzes (11). Dieser Radsatz läuft in einem Radsatzlager (12),
welches über eine mittels Schraubenfedern (16) ausgebildete Primärfederung an einen
Drehgestellrahmen (17) angebunden ist. Des weiteren weist das Drehgestell ein Lenoir-Dämpfungs-Element
auf. Ein solches Lenoir-Element besteht im wesentlichen aus einer Federführung (14),
welche die Schraubenfeder im Bereich von deren Federenden umhüllt und spielfrei führt,
sowie einem Gelenkbolzen (15), welcher die Federführung drehbeweglich am Drehgestellrahmen
(17) ankoppelt. Ein solches Lenoir-Element nimmt die Funktion eines einfachen Dämpfungselementes
wahr, das bei vertikaler Einfederung der Primärfederung als Kipphebel wirkt und dabei
eine dämpfend wirkende Reibungskraft zwischen Federführung und dem Gehäuse des Radsatzlagers
erzeugt. Ein Stellzylinder (13) übt eine Stellkraft auf die Federführung eines Lenoir-Elementes
aus und schiebt diese durch eine im wesentlichen horizontale Verschiebung bis zum
Anschlagen gegen das Radsatzlagergehäuse. Das feststehende Zylinderrohr dieses Stellzylinders
ist am Drehgestellrahmen angeflanscht. Zur Aufrechterhaltung der Stellkraft auch über
längere Zeiträume hinweg bietet sich eine Ausführung des Stellzylinders als verlustfreier
Hydraulikzylinder an.
Bezugszeichenliste:
[0012]
- 1, 1'
- Schienenfahrwerk
- 2, 2'
- Kopfsegment des Wagenkastens
- 3
- Mittelsegment des Wagenkastens
- 4, 4'
- Fahrgestellrahmen des Kopfsegmentes
- 5, 5'
- Schweißkonstruktion
- 6.1
- Außenlangträger
- 6.2
- Mittellangträger
- 7
- Aufnahmeplatte
- 8
- Gehäuseteil
- 9'
- Führerstand; Bedienraum
- 10
- Arbeitsrichtung
- 11
- Radsatz
- 12
- Radsatzlager
- 13
- Aktor
- 14
- Federführung eines Lenoir-Elementes
- 15
- Gelenkbolzen eines Lenoir-Elementes
- 16
- Schraubenfeder
- 17
- Drehgestell-Rahmen
1. Fahrwerk eines mindestens eine Maschinenanordnung zum mechanischen Bearbeiten eines
Gleises aufweisenden Schienenfahrzeuges mit mindestens einem gelagerten Radsatz (11)
und einem dieses Radsatzlager (12) umhüllenden Gehäuse,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Fahrwerk einen Aktor (13) aufweist, der die Radsatzführung gegen das Gehäuse des
Radsatzlagers (12) verschiebt und mit diesem zur Anlage bringt.
2. Fahrwerk eines mindestens eine Maschinenanordnung zum mechanischen Bearbeiten eines
Gleises aufweisenden Schienenfahrzeuges mit mindestens einem gelagerten Radsatz und
einem dieses Radsatzlager umhüllenden Gehäuse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Aktor (13) als Stellzylinder ausgeführt ist, der im ausgefahrenen Zustand die
Federführung (14) eines Lenoir-Dämpfungs-Elementes gegen das Gehäuse (12) des Radsatzlagers
verschiebt.