[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Fernsteuerung eines Waffensystems mit den
Merkmalen aus dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
[0002] Moderne Waffensysteme können zumeist vollständig mit einem oder mehreren Rechnern
mit angeschlossenem Anzeigegerät gesteuert werden. Alle benötigten Funktionen, um
das Waffensystem zu steuern, sind meist zentral auf diesem Waffensystemrechner zusammengeführt.
Die Rechner weisen in der Regel Standard-Hardwarekomponenten auf, wobei zudem auf
gängige Betriebssysteme, wie MS Windows oder Linux, zurückgegriffen wird, so dass
auch standardisierte Verbindungs- und Kommunikationstechniken zur Verfügung stehen.
Der Waffensystemrechner kann beispielsweise folgende Funktionen umfassen:
- Durchführen von Feuerkommandos (mit Ballistikrechnung)
- Kommunikation mit einer übergeordneten Befehlstelle
- Kartendarstellung von Informationen, die auf Koordinaten basieren.
[0003] Fernsteuerungen von Waffensystemen sind an sich bekannt. Sie sind vorteilhaft, weil
somit das Bedienpersonal das Waffensystem aus einer sicheren Umgebung heraus bedienen
kann. Die
EP 1 111 324 A1 beschreibt ein militärisches Kampfgerät, das zum modularen Aufbau von leichten Flugabwehrsystemen
und Bewaffnungen eingesetzt wird. Es weist ein Bedienungsgerät auf, an welche die
Systemkomponenten einschließlich der Elektronikkomponenten und der Waffenanlage angeschlossen
sind. Das Bedienungsgerät ist portabel ausgestaltet und über eine Verkabelung von
bis zu 50 m Länge mit dem Kampfgerät verbunden. Somit wird eine Fernsteuerung des
Waffensystems bewirkt. Nachteilig an dieser Ausgestaltung ist jedoch, dass keine Funkübertragung
möglich ist. Ferner werden moderne Waffensysteme über Rechner mit Anzeigegeräten (z.B.
Monitoren und Touchscreen-Displays) sowie Eingabegeräten (z.B. Tastaturen und Computer-Mäusen)
gesteuert, welche jedoch insgesamt zu unhandlich sind, als dass der Bediener sie über
eine größere Entfernung weg vom Kampfgerät transportieren kann, wobei zudem die Gefahr
einer Transportbeschädigung besteht.
[0004] Die Erfindung hat zur Aufgabe, eine Fernsteuerung eines Waffensystems zu erreichen,
welches über einen Waffensystemrechner mit einem angeschlossenen Waffensystem-Anzeigegerät
bedient wird.
[0005] Die Erfindung löst die Aufgabe mit den Merkmalen aus dem kennzeichnenden Teil des
Patentanspruchs 1. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen
beschrieben.
[0006] Ein Grundgedanke der Erfindung besteht darin, einen Fernsteuerrechner mit einem angeschlossenen
Fernsteuer-Anzeigegerät für die Fernsteuerung zu verwenden. Für den Fernsteuerbetrieb
wird zunächst eine Datenverbindung zwischen dem Waffensystemrechner und dem Fernsteuerrechner
hergestellt. Diese Verbindung kann als Drahtverbindung oder als Funkverbindung, insbesondere
als WLAN-Verbindung, ausgestaltet sein. Im Fernsteuerbetrieb werden die Bildschirminhalte,
die im Nicht-Fernsteuerbetrieb auf dem Waffensystemanzeigegerät angezeigt werden,
zumindest teilweise auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät dargestellt. Ferner wirken die
Eingabe-Aktionen, welche durch das Fernsteuer-Eingabegerät durchgeführt werden, für
den Waffensystemrechner so, als ob sie von dem Waffensystem-Eingabegerät durchgeführt
worden wären. Somit kann der Waffensystemrechner als Terminalserver ausgestaltet sein
und der Fernsteuerrechner als Terminalclient wirken. Als Protokoll kann das Remote-Desktop-Protocol
(RDP) eingesetzt werden. Es stellt die technische Basis für die Implementation von
Terminaldiensten zwischen zwei Rechnersystemen bereit. Das RDP regelt die Übertragung
der Bildschirminhalte und der Eingabe-Aktionen über die Datenverbindung bzw. das Netzwerk
zwischen einem Terminalserver und einem Terminalclient und hat den Vorteil, dass es
von gängigen Betriebssysteme unterstützt wird.
[0007] Die Sicherheit des Systems kann durch zusätzliche Maßnahmen gewährleistet werden.
Neben dem RDP wird ein weiteres Protokoll verwendet, welches ausschließlich zur Realisierung
einer Not-Aus-Funktion dient. Hierbei werden zyklisch Lebenssignale von dem Fernsteuerrechner
an den Waffensystemrechner übertragen. Falls der Feuerleitrechner die Lebenssignale
nicht ordnungsgemäß empfängt, geht das Waffensystem in einen sicheren Zustand über,
in dem insbesondere keine Schüsse abgegeben werden können und/oder eine Bewegung des
Waffensystems verhindert wird. Dies kann der Fall sein, wenn die Verbindung unterbrochen
ist, so dass ein oder mehrere Lebenssignale ausbleiben. In den sicheren Zustand kann
das Waffensystem auch über den Fernsteuerrechner geschaltet werden. Der sichere Zustand
kann durch die entsprechenden Aktionen des Bedieners verlassen werden. Dies ist auch
über die Fernsteuerung möglich, wenn die Verbindung wieder hergestellt ist.
[0008] Über die Bedienoberfläche, die auf dem Fernsteuerrechner angezeigt wird, können in
vorteilhafter Weise alle Funktionen des Waffensystemrechners und vorzugsweise des
gesamten Waffensystems ferngesteuert werden. Es kann beispielsweise ein Feuerkommando
auf dem Fernsteuerrechner in der gleichen Weise erstellt und aktiviert werden, wie
wenn der Bediener an dem Waffensystemrechner säße. Wenn die Eingabeaktionen beispielsweise
eine Änderung des Bildschirminhalts zur Folge haben, so werden die neuen Bildschirminhalte
an den Fernsteuerrechner übertragen und auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät ange zeigt.
Das Fernsteuer-Anzeigegerät zeigt somit auch den aktuellen Status des Waffensystems
für den Bediener an.
[0009] Falls das Kampfgerät weitere Systemrechner für die Bedienung und/oder Steuerung des
Waffensystems oder des Kampfgerätes aufweist, können in einer vorteilhaften Ausgestaltung
auch diese mittels des Fernsteuerrechners ferngesteuert werden. Hierzu können die
weiteren Systemrechner über eine TCP/IP basierte Verbindung miteinander sowie mit
dem Feuerleitrechner verbunden sein. Somit können auch diese insbesondere über das
Remote-Desktop-Protocol ferngesteuert werden.
[0010] Besonders vorteilhaft ist es, wenn jedem Systemrechner ein Fernsteuerrechner zugeordnet
wird, so dass eine verbesserte Handhabung bei der Fernsteuerung erreicht wird.
[0011] Ein mögliches Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand der Figuren 1 und 2 beschrieben.
Es zeigen:
- Fig. 1
- ein Blockdiagramm eines ferngesteuerten Waffensystems und
- Fig. 2
- ein Blockdiagramm eines ferngesteuerten Waffensystems in einer erweiterten Ausführung.
[0012] Die Fig. 1 zeigt ein Blockdiagramm eines ferngesteuerten Waffensystems in einem Kampffahrzeug
1. Das Kampffahrzeug 1 weist im Führerhaus zur Steuerung des Waffensystems einen Waffensystemrechner
10 auf, der als Feuerleitrechner wirkt, an den ein Monitor als Waffensystem-Anzeigegerät
11 und eine Tastatur als Waffensystem-Eingabegerät 12 angeschlossen sind. Über diese
Komponenten kann ein Bediener Feuerkommandos erstellen und aktivieren. Zudem weist
das Kampffahrzeug 1 einen Systemrechner 30 auf, an welchen ein Monitor als System-Anzeigegerät
11 und eine Computermaus als System-Eingabegerät 12 angeschlossen sind. Über diese
Komponenten kann ein Bediener Bewegungen des Kampffahrzeuges 1 steuern. Der Systemrechner
30 umfasst folgende Funktionen:
- Durchführen von Feuerkommandos (ohne Ballistikrechnung)
- Zurren/Entzurren der Waffe
- Waffensystem in Betriebs-/Gefechtsbereitschaft schalten
- Motoren/Roboterarme in Indexposition fahren
- Steuern des Be- und Entladens des Waffensystems
- Systemprüfung
[0013] Auf beiden Rechnern 10, 30 läuft das Betriebssystem Windows XP, zudem ist eine Remote-Desktop-Software
installiert.
[0014] Für die Fernsteuerung des Waffensystems wird zunächst eine Funk-Verbindung zwischen
dem Waffensystemrechner 10 und einem als Laptop-Rechner ausgebildeten Fernsteuerrechner
20 aufgebaut. Falls auch Funktionen des Systemrechners 30 ferngesteuert werden sollen,
kann auch eine Verbindung zwischen diesem Rechner 30 und dem Fernsteuerrechner 20
aufgebaut werden. Da der Systemrechner 30 mit dem Waffensystemrechner 10 verbunden
ist, reicht jedoch auch nur eine Verbindung zwischen einem der Rechner 10, 30 mit
dem Fernsteuerrechner 20 aus.
[0015] In einer in Fig. 2 dargestellten Ausführung ist für den Systemrechner 30 ein weiterer
Fernsteuerrechner 20' mit angeschlossenem Fernsteuer-Anzeigegerät 21' und Fernsteuer-Eingabegerät
22' zur Fernsteuerung vorgesehen.
[0016] Durch das Remote-Desktop-Protocol sind alle Funktionen des Waffensystemrechners 10
und des Systemrechners 30 und somit ein Schieß- und Fahrbetrieb ferngesteuert bedienbar.
Hierzu werden die Bildschirminhalte des fernzusteuernden Rechners 10, 30 auf einem
Fernsteuer-Anzeigegerät 21 dargestellt. Eingabe-Aktionen können im Fernsteuerbetrieb
vom Bediener über Fernsteuer-Eingabegeräte 22 wie Tastatur, Computermaus und Touchpad
durchgeführt werden. Diese Eingabe-Aktionen wirken so, als ob sie von dem Waffensystem-Eingabegerät
12 bzw. dem System-Eingabegerät 32 durchgeführt worden wären.
[0017] Beispielhaft für eine ferngesteuerte Aktion mit der Ausführung nach Fig. 2 wird die
ferngesteuerte Durchführung eines Feuerkommandos beschrieben:
- An den Fernsteuerrechner 20' gibt ein Bediener über das Fernsteuer-Eingabegerät 22'
die benötigten Daten (z.B. Zielkoordinate, gewünschter Geschosstyp, ...) ein. Über
das RDP werden die Informationen direkt an den Waffensystemrechner 10 weitergeleitet.
Alternativ kann er das Feuerkommando auch von einer übergeordneten Befehlsstelle empfangen
haben.
- Der Bediener speichert das neue Feuerkommando ab. Es wird in dem Waffensystemrechner
10 die Ballistikrechnung mit den Feuerkommando-Informationen durchgeführt und das
Feuerkommando abgespeichert. Das Ergebnis der Ballistikrechnung wird auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät
21' angezeigt.
- Der Bediener aktiviert das Feuerkommando am Fernsteuerrechner 20'.
- Zur Durchführung wird das Feuerkommando an den Systemrechner 30 gegeben. Der Systemrechner
30 wählt die zu verwendenden Geschosse aus den verfügbaren Geschossen im Magazin aus.
Das Ergebnis wird auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät 21' angezeigt.
- Ist das Waffensystem noch nicht in Gefechtsbereitschaft und entzurrt, so muss dies
der Bediener über den Fernsteuerrechner 20' veranlassen.
- Wenn das Waffensystem in Gefechtsbereitschaft und entzurrt ist, kann der Bediener
über den Fernsteuerrechner 20' die Ausführung des Feuerkommandos starten.
- Der Systemrechner 30 steuert die automatische Ausführung des Feuerkommandos. Der aktuelle
Status wird auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät 21' angezeigt.
- Wenn das Feuerkommando abgearbeitet wurde, wird das Ergebnis auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät
21' angezeigt.
- Wurde das Feuerkommando von einer übergeordneten Befehlstelle befohlen, kann der Bediener
die Weiterleitung des Ergebnisses an die Befehlstelle über den Fernsteuerrechner 20'
anwählen.
- Über den Fernsteuerrechner 20' kann der Bediener das Waffensystem wieder zurren und
zurück in Bereitschaft schalten.
[0018] Es kann auch für eine Fernsteuerung ausreichend sein, dass nur teilweise und somit
nicht der gesamte Bildschirminhalt des Waffensystem-Anzeigegerätes 11 auf dem Fernsteuer-Anzeigegerät
21 dargestellt wird, z.B. wenn nicht alle Funktionen ferngesteuert werden sollen oder
wenn nur ein aktives Fenster zu Zwecken der Datenreduktion übertragen werden soll.
[0019] Es ist zudem möglich, dass mehrere unabhängige Waffensysteme und Kampfgeräte ferngesteuert
werden. Dies ermöglicht die Fernsteuerung mehrerer Waffensysteme von einem Punkt aus,
z.B. aus einem Bunker. Dadurch kann der Schutz der Bediener und die Koordination der
Waffensysteme erhöht werden.
1. Verfahren zur Fernsteuerung eines Waffensystems eines Kampfgerätes, insbesondere eines
Kampffahrzeuges (1), mit einem Waffensystemrechner (10), der auf Richtvorrichtungen
des Waffensystems einwirkt, wobei an den Waffensystemrechner (10) ein Waffensystem-Anzeigegerät
(11) und ein Waffensystem-Eingabegerät (12) angeschlossen sind, dadurch gekennzeichnet, dass eine Datenverbindung zwischen einem Fernsteuerrechner (20), an welchen ein Fernsteuer-Anzeigegerät
(21) und ein Fernsteuer-Eingabegerät (22) angeschlossen sind, und dem Waffensystemrechner
(10) hergestellt wird, dass im Fernsteuerbetrieb zur Fernsteuerung des Waffensystemrechners
(10) durch den Fernsteuerrechner (20) die im nichtferngesteuerten Betrieb auf dem
Waffensystem-Anzeigegerät (11) angezeigten Bildschirminhalte zumindest teilweise auf
dem Fernsteuer-Anzeigegerät (21) dargestellt werden und dass Eingabe-Aktionen, welche
durch das Fernsteuer-Eingabegerät (22) durchgeführt werden, als Eingabe-Aktionen des
Waffensystem-Eingabegerätes (12) wirken.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Waffensystemrechner (10) als Terminalserver ausgestaltet ist und der Fernsteuerrechner
(20) als Terminalclient wirkt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass im Fernsteuerbetrieb alle Funktionen des Waffensystemrechners (10) durch den Fernsteuerrechner
(30) ferngesteuert werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Datenverbindung als Draht-Verbindung realisiert wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Datenverbindung als Funk-Verbindung realisiert wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Kampfgerät neben dem Waffensystemrechner (10) mindestens einen weiteren, mit
dem Fernsteuerrechner (20) zur Fernsteuerung verbundenen Systemrechner (30) mit einem
angeschlossenen System-Anzeigegerät (31) für die Bedienung und/oder Steuerung des
Waffensystems oder des Kampfgerätes aufweist.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass für jeden weiteren Systemrechner (30) ein weiterer Fernsteuerrechner (20') mit einem
angeschlossenen Fernsteuer-Anzeigegerät (21') zur Fernsteuerung des entsprechenden
Systemrechners (30) verwendet wird.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Fernsteuerung über das Remote-Desktop-Protocol realisiert wird.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Fernsteuerrechner (20) als Laptop-Rechner ausgestaltet ist.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Fernsteuerbetrieb zyklisch Lebenssignale von dem Fernsteuerrechner (20) an den
Waffensystemrechner (10) übertragen werden und dass der Waffensystemrechner (10) in
einen sicheren Zustand übergeht, falls die Lebenssignale nicht ordnungsgemäß empfangen
werden.