(19)
(11) EP 1 950 273 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.07.2008  Patentblatt  2008/31

(21) Anmeldenummer: 07001004.6

(22) Anmeldetag:  18.01.2007
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C10L 1/02(2006.01)
C10L 9/10(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK RS

(71) Anmelder: RWE Power Aktiengesellschaft
45128 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Meyrahn, Horst
    50321 Brühl (DE)

(74) Vertreter: Polypatent 
Braunsberger Feld 29
51429 Bergisch Gladbach
51429 Bergisch Gladbach (DE)

   


(54) Verwendung von Glycerin, Glycerin-Ethanol bzw. Glycerin-Methanol-Gemischen als Brennstoff für Feuerungen


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Glycerin als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff in Feuerungsanlagen. Die Erfindung betrifft insbesondere auch die Verwendung von Glycerin als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff in Feuerungsanlagen, wobei das Glycerin alleine oder in Form von Mischungen mit einem oder mehreren weiteren Brennstoffen, die zur Steuerung des Flammpunkts oder der Viskosität eingesetzt werden, verwendet wird.


Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Glycerin als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff in Feuerungsanlagen.

Hintergrund der Erfindung



[0002] Glycerin ist bei Raumtemperatur eine farb- und geruchslose, viskose (zähflüssige) und hygroskopische Flüssigkeit. Glycerin ist eine sehr vielseitig verwendbare Substanz. Unter anderem ist es in Kosmetika aufgrund seiner wasserbindenden Eigenschaften als Feuchtigkeitsspender enthalten, es kann als Frostschutzmittel, Schmierstoff oder Weichmacher verwendet werden und wird bei der Herstellung von Kunststoffen, Mikrochips, Farbstoffen sowie Zahnpasta benötigt. Des weiteren wird Glycerin in der Medizin als Medikament zur Behandlung des Nierenödems eingesetzt oder dient in Form glycerinhaltiger Zäpfchen als osmotisches Laxanz im Enddarm. Weiterhin entsteht bei der Reaktion mit konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure Nitroglycerin, ein hochexplosiver Sprengstoff, der zu Dynamit weiterverarbeitet werden kann.

[0003] Die stoffliche Nutzung des Glycerins ist derzeit in Deutschland auf eine Menge von etwa 100.000 Tonnen pro Jahr beschränkt.

[0004] Aufgrund politischer Vorgaben der Europäischen Union und damit auch der Deutschen Bundesregierung wird der Einsatz biogener Kraftstoffe in Deutschland gefördert. Laut der EU-Biokraftstoffrichtlinie 2003/30/EG sollen die Anteile der Biokraftstoffe am Gesamtkraftstoffbedarf (Otto- und Dieselkraftstoff) bis zum Jahr 2010 auf 5,75 % gesteigert werden.

[0005] Die aktuelle Marktsituation bei den Biokraftstoffen in Deutschland zeigte bis 2005 eine Biodieselproduktion von etwa 2 Millionen Tonnen. Für 2006 ist ein Kapazitätszuwachs auf etwa 3,2 Millionen Tonnen geplant. Bei der Biodieselproduktion fallen etwa 10 % Glycerin an, welches einer Verwertung zugeführt werden muss. Das bei der Herstellung von Biodiesel anfallende Glycerin fällt als Nebenprodukt nach folgendem Formelschema an:



[0006] Da die stoffliche Nutzung des Glycerins in Deutschland, wie oben erwähnt, auf eine Menge von ca.100.000 Tonnen/Jahr beschränkt ist und erwartet wird, dass bis zum Jahr 2010 der Überschuss an Glycerin aus der Biodieselproduktion auf bis zu 700.000 Tonnen ansteigen kann, stellt sich die Frage, wie diese überschüssige Menge verwertet werden kann.

[0007] Es stellt sich somit die Aufgabe, den bei der Biodieselherstellung anfallenden großen Überschuss an Glycerin aus ökonomischer und ökologischer Sicht möglichst effizient zu verwerten.

Beschreibung der Erfindung



[0008] Die gestellte Aufgabe wird dadurch gelöst, dass das bei der Biodieselherstellung anfallende Glycerin als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff in Feuerungsanlagen verwendet wird. Die gestellte Aufgabe wird insbesondere dadurch gelöst, dass Glycerin als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff in Kohlekraftwerken, Ölkraftwerken, Gaskraftwerken bzw. in Braunkohlekraftwerken, Steinkohlekraftwerken oder Gas/Kohle-Kombikraftwerken verbrannt wird und somit zur Energieerzeugung (z.B. Heiz- oder Prozesswärme, Dampf, Strom) genutzt wird.

[0009] Denkbar ist jedoch auch, dass das Glycerin in Feuerungsanlagen von Zementwerken, Eisen- bzw. Stahlwerken, Abfall- bzw. Schadstoffverbrennungsanlagen oder sonstigen Industrieanlagen als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff verbrannt wird.

[0010] Feuerungsanlagen, in denen Glycerin zur Energieerzeugung verbrannt werden kann, sind z.B. folgende Brenner bzw. Kessel-/Brennereinheiten: Kohlebrenner, Ölbrenner, Wirbelschichtkesselbrenner, Wasserrohrkesselbrenner, Großwasserraumkesselbrenner, rostgefeuerte Kesselbrenner, Schwachgasbrenner, Kanalbrenner und Flächenbrenner sowie weitere ähnliche Brennertypen.

[0011] Dabei ist denkbar, dass die obengenannten Brenner bzw. Kessel-/BrennerEinheiten als sogenannte Anfahrbrenner bzw. Zündbrenner, Stützbrenner oder als Leistungsbrenner verwendet werden.

[0012] Die Verwendung von Glycerin als Brennstoff zur Energieerzeugung hat mehrere Kostenvorteile, wobei mehrere Vorteile davon sich aus energiepolitischen bzw. ökopolitischen Vorgaben der EU bzw. länderspezifischer Gesetze ergeben.

[0013] Der Begriff "Glycerin" wird im übrigen im Rahmen der vorliegenden Erfindung gleichbedeutend verwendet für die Begriffe Glycerin, Rohglycerin oder biogenes Glycerin bzw. biogenes Rohglycerin. Diese allgemeine Definition gilt freilich nicht, sofern der hier verwendete Begriff "Glycerin" im jeweiligen Kontext näher spezifiziert wird.

[0014] Unter dem Begriff "Öl" sind sowohl Mineralöle als auch Pflanzenöle zu verstehen. Vom Begriff "Öl" mitumfasste Mineralöle sind z.B. schweres Heizöl, leichtes Heizöl und sogenannte Mittelöle. Unter den Begriff "Ölbrenner" bzw. "Ölfeuerungsanlage" fallen dementsprechend alle Brenner bzw. Feuerungsanlagen, für die als Regelbrennstoff die oben genannten Mineralöle bzw. Pflanzenöle vorgesehen sind.

[0015] Unter dem Begriff "Ersatzbrennstoff" sind alle Brennstoffe zu verstehen, die keine Regelbrennstoffe darstellen, für die die jeweilige Anlage eigentlich ausgelegt ist. Ersatzbrennstoffe sind z.B. auch brennbare Abfälle, bzw. aufbereitete hochkalorische Abfallfraktionen, bei denen sich der Begriff Sekundärbrennstoff etabliert hat. Wird das Glycerin im Rahmen der vorliegenden Erfindung als Gemisch mit einem oder mehreren weiteren Brennstoffen verwendet, liegt ebenfalls eine Verwendung als Ersatzbrennstoff vor.

[0016] Unter "Zusatzbrennstoff" sind alle Brennstoffe zu verstehen, die im Gemisch mit den sogenannten Regelbrennstoffen, für die die Anlage eigentlich ausgelegt ist, zusammen verbrannt werden, wobei der Zusatzbrennstoff entweder vor der Zuführung in den Brennraum mit den Regelbrennstoffen gemischt wird oder aber wobei der Zusatzbrennstoff einem Brennraum, in dem Regelbrennstoff verbrannt wird, zugeführt wird. Der Zusatzbrennstoff kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung Glycerin sein oder auch eine Mischung aus Glycerin und einem oder mehreren weiteren Brennstoffen.

[0017] In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass auf dem Gebiet der Abfallaufbereitung bisher nur bekannt ist, dass Abfälle, die aus Papier, Kunststoffen, Holz, Textilien, Tiermehl, Tierfetten oder Klärschlamm bestehen können, zu Ersatzbrennstoffen aufbereitet werden können, um diese einer Verfeuerung zur Energieerzeugung zuzuführen. Da die aufgrund der steigenden Biodieselerzeugung zu erwartende Menge an dem Nebenprodukt Glycerin bisher noch kein Entsorgungsproblem darstellte, ist Glycerin auf dem Gebiet der Abfallaufbereitung bzw. -entsorgung bisher noch kein Thema gewesen. Steigt die Biodieselproduktion jedoch wie oben aufgezeigt in Zukunft stark an, könnte dieses Problem zu einem Thema werden. Die vorliegende Erfindung hat daher den weiteren Vorteil, dass hier eine Lösung aufgezeigt wird, wie der zukünftig zu erwartenden Überschussproduktion an dem Nebenprodukt Glycerin auf ökonomisch und ökologisch sinnvolle Weise begegnet werden kann.

[0018] Ein Problem bei der Verbrennung von Glycerin besteht jedoch darin, dass Glycerin einen sehr hohen Dampfdruck und damit einhergehend einen sehr hohen Flammpunkt aufweist. Reines Glycerin und Rohglycerin, welches ca. 80 Gew.-% Glycerin, 14 Gew.-% Wasser, 5 Gew.-% Salze aus dem Biodieselherstellungsprozess sowie weniger als 0,1 Gew.-% Methanol enthält, lässt sich auch bei starker Vorwärmung, z.B. auf 120 °C, nur schwierig entzünden, da der Dampfdruck des Glycerin bei dieser Vorwärmung etwa eine Größenordnung kleiner ist als bei HEL bei Umgebungstemperatur (T = 20 °C).

[0019] Ein weiteres Problem mit reinem Glycerin bzw. Rohglycerin besteht darin, dass für diese Glycerine keine Kaltpumpfähigkeit mit Standard-Schwerölpumpen (75 mm/s2) möglich ist, so dass eine Vorratsbehälterheizung notwendig ist.

[0020] In einer besonderen Ausführungsform der Erfindung wird das Problem der schweren Entflammbarkeit des Glycerins dadurch gelöst, dass das Glycerin in Form von Mischungen mit einem oder mehreren weiteren Brennstoffen verwendet wird, wobei der oder die weiteren Brennstoffe einen Flammpunkt von unter 100 °C, bevorzugt von unter 60 °C, weiter bevorzugt von unter 40 °C, und besonders bevorzugt von unter 20 °C aufweisen.

[0021] Da reines Glycerin einen Flammpunkt von T = 177 °C hat und Rohglycerin aufgrund einer Flammpunkterniedrigung durch Spuren von darin enthaltenem Methanol und aufgrund der Bildung azeotropischer Wasser/Glycerin-Gemische einen Flammpunkt von ca. 170 °C aufweist, führt die Mischung mit einem oder mehreren Brennstoffen, die einen deutlich niedrigeren Flammpunkt aufweisen, insgesamt zu einer Flammpunkterniedrigung des Glycerin-Brennstoffgemisches.

[0022] Je nach Art des oder der gewählten weiteren Brennstoffe und des Anteils dieser Brennstoffe in dem Glycerin-Brennstoffgemisch kann ein Flammpunkt der Mischung von unter 80 °C, bevorzugt von unter 50 °C, weiter bevorzugt von unter 40 °C, besonders bevorzugt von unter 30 °C erreicht werden.

[0023] Um die Kaltpumpfähigkeitsprobleme von reinem Glycerin bzw. Rohglycerin zu lösen, wird in einem anderen Aspekt der Erfindung das Glycerin mit einem solchen weiteren Brennstoff bzw. weiteren Brennstoffen gemischt, dass die erhaltene Mischung bei 20 °C eine Viskosität von unter 200 mm/s2, vorzugsweise unter 150 mm/s2, besonders bevorzugt von unter 100 mm/s2 und am meisten bevorzugt von unter 75 mm/s2 aufweist. Je nach Wahl der verwendeten weiteren Brennstoffe in der Glycerin-Brennstoffmischung können beide oben angesprochenen Ziele, nämlich Erniedrigung des Flammpunktes und Erniedrigung der Viskosität der Glycerin-Brennstoffmischung, erreicht werden.

[0024] In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird daher Glycerin als Zusatz- bzw. Ersatzbrennstoff in Feuerungsanlagen verwendet, das als GlycerinMethanol- oder Glycerin-Ethanol-Mischung mit einem Anteil an Methanol bzw. Ethanol von 3 bis 40 Gew.%, vorzugsweise von 5 bis 30 Gew.% und besonders bevorzugt von 10 bis 20 Gew.% vorliegt.

[0025] Da die Ethanolkosten im Vergleich zu den Kosten des biogenen Glycerins wesentlich höher sind, ist es erstrebenswert, dem Glycerin einen möglichst geringen Anteil an z.B. Ethanol oder Methanol beizumischen. Andererseits senkt ein höherer Methanol- bzw. Ethanol-Anteil den Flammpunkt deutlich weiter herab, so dass eine leichtere Entzündbarkeit erzielt werden kann. Des weiteren führt ein höherer Methanol- bzw. Ethanolanteil auch zu einer Verringerung der Viskosität der Mischung, die zu einer verbesserten Kaltpumpfähigkeit der Glycerin-Brennstoffmischung führt. Bei einer Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile eines hohen bzw. niedrigen Anteils an beigemischtem Methanol bzw. Ethanol hat sich gezeigt, dass ein Anteil von 10 bis 20 Gew.% Methanol bzw. Ethanol ein guter Kompromiss ist, um sowohl die technischen Anforderungen, die an einen Zusatz- bzw. Ersatzbrennstoff zu stellen sind, zu erfüllen, als auch kostenseitig einen Zusatz- bzw. Ersatzbrennstoff zu erhalten, dessen Kostenvorteil beim Glycerin nicht durch die höheren Kosten des weiteren Brennstoffes aufgezehrt wird.

[0026] In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird eine Mischung aus 10 bis 20 Gew.% Ethanol und Rohglycerin als Ersatzbrennstoff für leichte Heizöl als sogenanntes Zündöl in Braunkohlekraftwerken eingesetzt.

[0027] In einer weiteren besonders bevorzugten Ausführungsform wird ein Gemisch aus Glycerin mit 5 bis 15 Gew.% Ethanol als Ersatzbrennstoff in Schwerölbrennern verwendet. Gemäß dieser Ausführungsform kann der Regelbrennstoff in den genannten Schwerölbrennern z.B. auch ein nachwachsender Brennstoff, z.B. Palmöl sein.

[0028] In einer weiteren besonderen Ausführungsform kann das Glycerin bzw. Rohglycerin ohne Ethanol- oder anderen Brennstoffzusatz oder, alternativ, die Mischung aus Glycerin und dem oder den weiteren Brennstoffen über ein Injektionsrohr oder über einen Brenner in den heißen Flammenbereich des Brennraums von Feuerungsanlagen und Kraftwerken für den Einsatz von flüssigen, festen und gasförmigen Brennstoffen und somit als Zusatzbrennstoff verwendet werden. Dabei muss der Flammbereich, in den das Rohglycerin eingedüst wird, eine Temperatur von oberhalt der Zündtemperatur des Glycerins (400 °C) aufweisen, damit eine Zündung des Glycerins erfolgt.

[0029] In noch einer weiteren besonderen Ausführungsform kann das Glycerin bzw. das Rohglycerin als Zusatzbrennstoff in Ölfeuerungsanlagen verwendet werden. Dabei wird also z.B. ein Gemisch aus Glycerin und Schweröl in einer Schwerölfeuerungsanlagen verbrannt und zur Energieerzeugung genutzt. Eine alternative Ausführungsform kann auch vorsehen, dass ein Gemisch aus Glycerin, einem weiteren Brennstoff und z.B. Schweröl in einer Ölfeuerungsanlage zur Energieerzeugung genutzt wird. In diesem Fall dient der weitere Brennstoff, also z.B. Methanol und/oder Ethanol, zur Einstellung des Flammpunktes und/oder der Viskosität der Glycerin/Schweröl-Mischung.

[0030] In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung kann die Injektion des Rohglycerins auch zeitweise in einem Kohlekessel erfolgen, um zu Spitzenlastzeiten schnell eine Leistungssteigerung erreichen zu können.

Beispiele


Viskosität



[0031] Die Viskosität des Rohglycerins (80 % Glycerin, 14 % Wasser) beträgt bei 20 °C 152 mm/s2 und ist damit um etwa den Faktor 8 geringer als die von reinem Glycerin mit 1.176 mm/s2. Die starke Viskositätserniedrigung wird durch den 14%igen, niedrigviskosen Wasseranteil erzeugt. Damit zeigt das Rohglycerin bereits generell eine deutlich bessere Möglichkeit, dieses in einem Heizölbrenner einzusetzen. Die Kaltpumpfähigkeit des Rohglycerins ist dennoch eingeschränkt, da einige HEL-Ölbrennerpumpen nur bis zu einem Viskositätsbereich von 75 mm/s2 fördern können. Durch den Wechsel auf eine Leicht-/Mittelölpumpe (maximal 200 mm/s2) kann diese Problematik behoben werden. Die Beimischung von 20 Gew.-% niederviskosem Ethanol zum Rohglycerin führt zu einer weiteren deutlichen Reduzierung der Viskosität für den Blend GE20 (Rohglycerin mit einem 20%igen Gewichtsanteil Ethanol). Hier wird die Kaltpumpfähigkeit für den Blend mit einer HEL-Ölbrennerpumpe erreicht (Abbildung 1), wobei die Viskosität bei 20 °C durch die 20%ige Zugabe von Ethanol um etwa 50 % reduziert wird.

Dampfdruck



[0032] Der Dampfdruck des Rohglycerins (G0) ist im unteren Temperaturbereich (T = 20 °C) annähernd auf gleichem Niveau wie der von HEL. Er ist fast ausschließlich durch das enthaltene Wasser begründet. Mit zunehmender Temperatur (T = 50 °C) liegt dieser schon deutlich höher, nämlich um den Faktor 2, als der von HEL. Der Grund dafür wird der etwa 14%ige Anteil Wasser im Rohglycerin sein, der bei diesen Temperaturen einen erheblichen Anteil vom Gesamtdampfdruck beträgt. Der Dampfdruck von reinem Glycerin ist so minimal, dass dieser bei der Verdampfung des Rohglycerins (G0) bis 100 °C keine Rolle spielt.

[0033] Es zeigt sich, dass die intermolekularen Kräfte zwischen dem Wasser und dem Glycerin zu einer Minderung des Wasserdampfdrucks im Rohglycerin führt, da dieser deutlich unter dem von reinem Wasser liegt (Abbildung 2).

[0034] Die Verdampfung von reinem Glycerin zeigt bei maximaler Ölvorwärmtemperatur von T = 125 °C einen Dampfdruck P von nur 0,13 kPa. Dies ist noch über eine Größenordnung niedriger als der Dampfdruck für HEL (P = 1,9 kPa) bei einer Temperatur von 30 °C. Dies zeigt, dass selbst mit einer starken Ölvorwärmung ein sehr geringer Anteil an Glycerin-Brennstoffdampf erzeugt wird. Somit kann unter diesen Bedingungen das reine Glycerin nur schlecht im Brenner gezündet werden. Eine weitere Brennstofferwärmung ist nicht möglich, da ab einer Temperatur von 130 °C die chemische Zersetzung von Glycerin beginnt (Abbildung 3).

[0035] Der Vergleich des Dampfdruckes von Glycerin (rein) zu Rohglycerin (G0) zeigt, dass der Wasseranteil von ca. 14 % zu der starken Dampfdruckerhöhung beiträgt. Der Wasserdampfanteil kann jedoch nur als inerte Masse gesehen werden.

[0036] Der Vergleich von Rohglycerin (G0) zu dem Rohglycerin-Ethanol-Blend GE20 zeigt bei niedriger Temperatur (T = 20 °C) eine Zunahme des Dampfdrucks um etwa P = 3,8 kPa. Damit entspricht die Zunahme des Dampfdruckes in etwa dem doppelten Dampfdruck (P = 1,8 kPa) von HEL bei T = 20 °C. Somit wird durch die Zugabe von 20 % Ethanol ein ausreichender Brennstoffdampfanteii erzeugt, der eine Zündung des Blends GE20 ohne Vorwärmung ermöglicht. Die Zunahme des Dampfdruckes wird mit zunehmender Temperatur noch deutlich gesteigert. Damit kann mit einer Vorwärmung von T = 30 bis 40 °C oder höher auf jeden Fall ein zündfähiger Brennstoffdampf gebildet werden, da der gesamte Dampfdruck von HEL bei T = 50 °C (P HEL = 2,5 kPa) und bei T = 100 °C (P HEL = 7,2 kPa) deutlich niedriger ist als die Zunahme des Dampfdruckes durch die 20%ige Zugabe von Ethanol in das Rohglycerin.

Flammpunkt



[0037] Der Flammpunkt von reinem Glycerin beträgt T = 177 °C. Das Rohglycerin hat einen Flammpunkt von T = 170 °C (Abbildung 4). Die geringe Flammpunkterniedrigung wird durch Spuren von Ethanol (< 0,1 %) und die Bildung azeotropischer Gemische von Wasser/Glycerin erzeugt. Durch das Wasser wird der Siedepunkt der Mischung erniedrigt.

[0038] Die Zumischung von 20 % Ethanol erniedrigt den Flammpunkt des Blends GE20 bis auf 31 °C. Dies steht im Einklang mit den hohen Dampfdruckwerten, die ebenfalls für den Blend GE20 gefunden wurden. Durch die Beimischung wird der Flammpunkt bis in die Gefahrenklasse All nach VbF abgesenkt und liegt deutlich unter dem Flammpunkt von HEL, so dass für alle Blends ein gutes Kaltstartverhalten im Brenner erreicht werden kann.

[0039] Eine Bilanzbetrachtung (Abbildung 5) für den Blend GE20 zeigt, dass ausgehend von einer Vorwärmtemperatur von 100 °C für die Wasserdampferwärmung (0,052 MJ/kg), die Glycerinerwärmung (0,904 MJ/kg) und Glycerinverdampfung (0,668 MJ/kg) auf 290 °C eine Energie von 1,62 MJ/kg verbraucht wird.

[0040] Zu dem Blend GE20 wird eine mehr als ausreichende Energiemenge (5,53 MJ/kg) für den Verdampfungsbereich bei 100 °C Vorwärmtemperatur zur Verfügung gestellt, so dass ein Brenner sicher stationär laufen kann.


Ansprüche

1. Verwendung von Glycerin als Zusatz- oder Ersatzbrennstoff in Feuerungsanlagen.
 
2. Verwendung gemäß Anspruch 1, wobei die Feuerungsanlagen in Kohlekraftwerken, Ölkraftwerken, Gaskraftwerken, Zementwerken, Eisen- bzw. Stahlwerken, Abfall- bzw. Schadstoffverbrennungsanlagen oder sonstigen Industrieanlagen oder für die Erzeugung von Heiz- oder Prozesswärme betrieben werden.
 
3. Verwendung gemäß Anspruch 2, wobei die Feuerungsanlagen insbesondere in Braunkohlekraftwerken, Steinkohlekraftwerken, Gas/Kohle-Kombikraftwerken oder Schwerölkraftwerken betrieben werden.
 
4. Verwendung gemäß einem der vorherigen Ansprüche, wobei die Feuerungsanlage ein Brenner bzw. eine Kessel/Brenner-Einheit ist, der/die aus der Gruppe ausgewählt ist, die Kohlebrenner, Ölbrenner, Wirbelschichtkesselbrenner, Wasserrohrkesselbrenner, Großwasserraumkesselbrenner, rostgefeuerter Kesselbrenner, Schwachgasbrenner, Kanalbrenner, Flächenbrenner umfasst.
 
5. Verwendung gemäß Anspruch 4, wobei der Brenner bzw. die Kessel/Brenner-Einheit als Anfahr- bzw. Zündbrenner, Stützbrenner oder als Leistungsbrenner verwendet wird.
 
6. Verwendung gemäß einem der vorherigen Ansprüche, wobei das Glycerin alleine oder in Form von Mischungen mit einem oder mehreren weiteren Brennstoffen verwendet wird, wobei der oder die weiteren Brennstoffe einen Flammpunkt von unter 100 °C, bevorzugt von unter 60 °C, weiter bevorzugt von unter 40 °C und besonders bevorzugt von unter 20 °C aufweisen.
 
7. Verwendung gemäß Anspruch 6, wobei die Mischung aus Glycerin und dem oder den weiteren Brennstoffen einen Flammpunkt von unter 80 °C, bevorzugt von unter 50 °C, weiter bevorzugt von unter 40 °C und besonders bevorzugt von unter 30 °C aufweist.
 
8. Verwendung gemäß Anspruch 6 oder 7, wobei die Viskosität der Mischung aus Glycerin und dem oder den weiteren Brennstoffen bei 20 °C unter 200 mm/s2, vorzugsweise unter 150 mm/s2, besonders bevorzugt unter 100 mm/s2 und am meisten bevorzugt unter 75 mm/s2 beträgt.
 
9. Verwendung gemäß einem der Ansprüche 6 bis 8, wobei die Glycerin/Brennstoff-Mischung eine Glycerin/Methanol- oder Glycerin/Ethanol-Mischung mit einem Anteil an Methanol bzw. Ethanol von 3 bis 40 Gew.-%, vorzugsweise von 5 bis 30 Gew.-% und besonders bevorzugt von 10 bis 20 Gew.-% ist.
 
10. Verwendung gemäß Anspruch 9, wobei die Glycerin/Brennstoff-Mischung als Zündöl in Kohlefeuerungsanlagen verwendet wird.
 
11. Verwendung gemäß Anspruch 9, wobei die Glycerin/Brennstoff-Mischung als Ersatzbrennstoff in Ölfeuerungsanlagen, insbesondere in Schwerölbrennern, zur Energieerzeugung verwendet wird.
 
12. Verwendung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei das Glycerin als Zusatzbrennstoff in Ölfeuerungsanlagen, insbesondere in Schwerölfeuerungsanlagen, verwendet wird.
 
13. Verwendung gemäß Anspruch 12, wobei zur Steuerung des Flammpunktes und/oder der Viskosität in der Glycerin/Brennstoff-Mischung zusätzlich ein weiterer Brennstoff, insbesondere Methanol und/oder Ethanol, in der Mischung enthalten ist.
 
14. Verwendung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei das Glycerin bzw. die Mischung aus Glycerin und dem oder den weiteren Brennstoffen als Zusatzbrennstoff verwendet wird und über ein Injektionsrohr oder über einen Brenner in den heißen Flammenbereich des Brennraumes der Feuerungsanlage eingedüst wird.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht