(19)
(11) EP 1 970 142 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.09.2008  Patentblatt  2008/38

(21) Anmeldenummer: 08150863.2

(22) Anmeldetag:  31.01.2008
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B22C 9/04(2006.01)
B22C 7/02(2006.01)
B22C 9/10(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MT NL NO PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA MK RS

(30) Priorität: 09.03.2007 DE 102007012321

(71) Anmelder: Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
15827 Blankenfelde-Mahlow (DE)

(72) Erfinder:
  • Whitton, Richard
    12305 Berlin (DE)

(74) Vertreter: Wablat, Wolfgang 
Potsdamer Chaussee 48
14129 Berlin
14129 Berlin (DE)

   


(54) Verfahren zum Feingießen von metallischen Bauteilen mit dünnen Durchgangskanälen


(57) Beim Feingießen von metallischen Bauteilen mit sehr dünnen Durchgangskanälen, insbesondere Turbinenschaufeln, nach dem Wachsausschmelzverfahren werden die zur Ausformung der Durchgangskanäle vorgesehenen Keramikkernstifte vor dem Einpressen der Wachsmasse, die zur Gestaltung des Wachsmodells für die Ausbildung der keramischen Gießform erforderlich ist, mit einer niedrigschmelzenden Versteifungsschicht, die nach dem Anformen der Gießform zusammen mit der Wachsmasse wieder ausgeschmolzen wird, ummantelt und stabilisiert. Die Keramikkernstifte werden bei der Herstellung des Wachsmodells somit nicht beschädigt, so dass im Feingießprozess sehr dünne Durchgangskanäle ausgebildet werden können.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Feingießen von metallischen Bauteilen mit sehr dünnen Durchgangskanälen nach dem Wachsausschmelzverfahren, insbesondere von Turbinenschaufeln, bei dem zwischen Formschalen mit darin positioniertem keramischem Kern durch Einpressen einer Wachsmasse ein Wachsmodell geformt und nach dem Entfernen der Formschalen an der Außenfläche des Wachsmodells in einem Tauch- und Besandungsprozess eine keramische Gießform erzeugt wird, die nach dem Ausschmelzen des Wachses gebrannt und anschließend mit einer Metallschmelze ausgegossen wird und die Gießform und der Kern anschließend zerstört und entfernt werden.

[0002] Es ist bekannt, mit Kühlluftbohrungen ausgebildete Turbinenschaufeln nach dem Wachsausschmelzverfahren zu fertigen. Beim Wachsausschmelzverfahren wird aus einem Urmodell zunächst ein nicht schmelzbares Formwerkzeug (Wachsmodellform, Formschalen) hergestellt, in dem in einem Gießprozess ein aus einem schmelzbaren Material, insbesondere einem Spezialwachs, bestehendes Wachsmodell erzeugt wird. Im nächsten Schritt werden die mit einem Gießsystem versehenen Wachsmodelle zu Modelltrauben zusammengefügt und danach in einem mehrfachen Tauch- und Besandungsprozess mit einem feuerfesten Material ummantelt. Das Wachsmodell wird anschließend ausgeschmolzen und im Anschluss wird die zurückbleibende Form aus feuerfestem Material zu einer keramischen Gießform gebrannt. In den so erzeugten keramischen Formen wird zur Herstellung der gewünschten Bauteile das flüssige Metall vergossen. Nach dem Erstarren des Metalls werden die keramischen Gießformen zerstört. Mit dem auch als Feingießen bezeichneten Verfahren können komplizierte Gussteile aus unterschiedlichen metallischen Werkstoffen, insbesondere auch aus sogenannten Luftfahrtwerkstoffen bestehende Turbinenschaufeln, präzise und in hoher Oberflächenqualität gefertigt werden.

[0003] Bei einem beispielsweise aus der US 2004/0055736 A1 bekannten Verfahren zur Herstellung von hohlen Turbinenschaufeln mit darin ausgebildeten Kühlkanälen wird ein keramischer Kern mit Wachs umspritzt und anschließend um die Wachsschicht herum durch wiederholtes Tauchen in einem keramischen Bindemittel und Besanden eine keramische Gießform gebildet, die nach dem Entfernen des Wachses gebrannt wird. Der durch das Ausschmelzen des Wachses zwischen dem Kern und der Formschale verbleibende freie Raum wird zur Bildung der Turbinenschaufel mit geschmolzenem Metall ausgegossen. Bewegungen des Kerns während des Ausgießens können durch in dem keramischen Kern angebrachte metallische Positionierungshilfen verhindert werden. Nach dem Ausgießen und Erstarren des Metalls werden der Keramikkern und die keramische Gießschale zerstört und entfernt. Anschließend wird das Gussteil mechanisch bearbeitet und die Positionierungshilfen werden wieder entfernt. Zur Ausbildung von Kühlkanälen sind an dem keramischen Kern Profilierungen ausgebildet.

[0004] Zur Einschränkung des Kühlluftverbrauchs und zur damit verbundenen Erhöhung der Effizienz des Gasturbinentriebwerks ist es erforderlich, die Kühlluftkanäle mit einem möglichst kleinen Durchmesser auszuführen.

[0005] Die Ausbildung von solchen dünnen Durchgangsbohrungen in einer Turbinenschaufel ist mit dem oben erwähnten - durch das Wachsaufschmelzen charakterisierten - Feingießverfahren nicht realisierbar, da das sehr dünne und zudem spröde keramische Kernmaterial für die Kanalbildung beim Aufbringen bzw. Einpressen des Wachses für die anschließende Erzeugung der Gießform leicht brechen kann. Es ist daher nicht möglich, Turbinenschaufeln mit Kühlkanälen sehr geringen Durchmessers durch Feingießen herzustellen. Die Turbinenschaufeln können somit nur mit dem für den Wirkungsgrad des Triebwerks nachteiligen Design (großer Kühlkanaldurchmesser) kostengünstig durch Feingießen gefertigt werden oder die vorteilhaften dünnen Bohrungen müssen in einem separaten Verfahrensschritt und damit verbundenen höheren Kosten nachträglich in die Schaufel eingebracht werden.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Feingießverfahren auf der Basis des Wachsausschmelzens zur Herstellung von Turbinenschaufeln mit Durchgangskanälen anzugeben, das auch die Fertigung sehr dünner Durchgangskanäle im Rahmen des Gießprozesses gestattet.

[0007] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe mit einem Verfahren gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.

[0008] Beim Feingießen von metallischen Bauteilen mit sehr dünnen Durchgangskanälen nach dem Wachsausschmelzverfahren, und zwar insbesondere bei der Herstellung von Turbinenschaufeln mit Durchgangskanälen für Kühlluft im Schaufelfuß, in der Plattform oder in der Wandung des als Hohlkörper ausgebildeten Schaufelblatts, werden die zur Ausformung der Durchgangskanäle vorgesehenen und entsprechend dünn dimensionierten Keramikkernstifte - vor dem Einpressen der Wachsmasse zur Gestaltung des Wachsmodells für die nachfolgende Ausbildung der keramischen Gießform zum Gießen des Bauteils - mit einer niedrigschmelzenden Versteifungsschicht, die nach dem Anformen der Gießform zusammen mit der Wachsmasse des Wachsmodells wieder ausgeschmolzen wird, ummantelt und stabilisiert.

[0009] Die in der für die Ausbildung des Wachsmodells vorgesehenen Form positionierten Keramikkernstifte können an einen Keramikkern angeformt sein, der zur Ausbildung eines Hohlraums in dem betreffenden Bauteil in der Wachsmodellform angeordnet ist.

[0010] Die Versteifungsschicht kann aus Wachs oder ähnlichen thermoplastischen Werkstoffen bestehen, die zusammen mit dem Wachsmodellwerkstoff ausschmelzen.

[0011] Gemäß einem weiteren wichtigen Merkmal der Erfindung ist die Versteifungsschicht durch Fasern verstärkt, um die Festigkeit und Steifigkeit der Versteifungsschicht zu erhöhen.

[0012] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können bei der Herstellung von Turbinenschaufeln im Rahmen des Feingießprozesses, das heißt ohne zusätzliche Bearbeitungsschritte, zur Verbesserung der Effizienz des Triebwerks erforderliche Kühlkanäle mit geringem Durchmesser und in unterschiedlicher, beispielsweise konischer und/oder gekrümmter Form, ausgebildet werden.

[0013] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand der Zeichnung, in der
Fig. 1
eine Schnittansicht eines Teils einer durch Feingießen erzeugten Turbinenschaufel mit in deren Schaufelfuß im Gießprozess integral ausgebildeter Mikroturbinendüse; und
Fig. 2
eine vergrößerte schematische Darstellung eines Keramikkerns zur Ausbildung des Hohlraums und der von diesem ausgehenden Mikroturbinendüse in der Turbinenschaufel nach Fig. 1
zeigt, näher erläutert.

[0014] Gemäß der in Fig. 1 nur teilweise dargestellten Turbinenschaufel 1 geht von einem im Schaufelfuß 2 ausgeformten Hohlraum 3 ein als Mikroturbinendüse fungierender Durchgangskanal 4 mit sehr kleinem Durchmesser zur Durchführung von Kühlluft aus. Zusammen mit dem Feingießen der Turbinenschaufel nach dem Wachsausschmelzverfahren werden der Hohlraum 3 und auch der Durchgangskanal 4 erzeugt.

[0015] In Fig. 2 ist der Keramikkern 5 zur Ausbildung des Hohlraums 3 und der einstückig angeformte dünne Keramikkernstift 6 zur Ausbildung des gleichermaßen dünnen Durchgangskanals 4 dargestellt, der - gemäß dem Wachsausschmelzverfahren - zur Herstellung der keramischen Gießform zunächst in einer aus festen Formschalen bestehenden Wachsmodellform (nicht dargestellt) mit einer in diese eingepressten Wachsmasse 7 umschlossen wird. Die Außenkontur der Wachsmasse, an deren Außenfläche dann die harte keramische Gießform (jeweils nicht dargestellt) ausgebildet wird, entspricht - nachdem die Wachsmodellform (Formschalen) abgenommen wurde - der Innenkontur der Gießform für das Vergießen des geschmolzenen Metalls bzw. der Außenkontur der Turbinenschaufel, während die Außenkontur des Keramikkerns 5 und des Keramikkernfortsatzes 6 die Kontur des Hohlraums 3 und des dünnen Durchgangskanals 4 (Mikroturbinendüse) im Schaufelfuß 2 wiedergeben. Da der spröde Keramikkernstift 6 aufgrund seines geringen Durchmessers beim Aufbringen bzw. Injizieren der Wachsmasse 7 leicht brechen kann, wird dieser vor dem Einpressen der Wachsmasse 7 mit einer schmelzbaren Versteifungsschicht 8 ummantelt und kann daher während dieses Verfahrensschrittes nicht zerstört oder beschädigt werden. Nach dem Entfernen der Wachsmodell-Formschalen und der anschließenden Ausbildung einer keramischen Gießform durch wiederholtes Tauchen des Wachsmodells in ein keramisches Bindemittel und zwischenzeitliches Besanden werden schließlich die injizierte Wachsmasse 7 und die schmelzbare Versteifungsschicht 8 ausgeschmolzen und die keramische Gießform gebrannt. Die keramische Gießform wird danach mit einer für die Turbinenschaufel vorgesehenen schmelzflüssigen Metalllegierung ausgegossen. In dem darauffolgenden Verfahrensschritt werden die keramische Gießform und der Keramikkern 5 sowie der Keramikkernstift 6 zerstört und entfernt.

[0016] Die schmelzbare Versteifungsschicht kann ebenfalls aus Wachs oder aus einem durch Fasern verstärkten Wachs oder einem anderen thermoplastischen Material bestehen, das während des Wachsausschmelzens aus der keramischen Gießform leicht mit ausgeschmolzen werden kann.

[0017] Die Erfindung ist nicht auf den zuvor erläuterten Anwendungsfall beschränkt. Sie kann bei nach dem Wachsausschmelzverfahren gegossenen Turbinenschaufeln oder auch anderen Bauteilen immer dort angewendet werden, wo dünne Kanäle beim Gießen mit einem entsprechend dünn auszuführenden keramischen Kern nicht mehr hergestellt werden können und eine anderweitige separate Herstellung der dünnen Durchgangskanäle zu kostenaufwendig ist, beispielsweise bei einer Haltestruktur im Bereich der Leitschaufeln einer Turbinenstufe zur Ausbildung einer sehr schmalen Vorverwirbelungsdüse (pre-swirl nozzle) oder zur Ausbildung sehr dünner Kanäle in den Turbinenschaufelspitzen.

Bezugszeichenliste



[0018] 
1
Turbinenschaufel
2
Schaufelfuß
3
Hohlraum
4
Durchgangskanal (Vorverwirbelungsdüse)
5
Keramikkern
6
Keramikkernstift
7
Wachsmasse
8
Versteifungsschicht



Ansprüche

1. Verfahren zum Feingießen von metallischen Bauteilen mit sehr dünnen Durchgangskanälen nach dem Wachsausschmelzverfahren, insbesondere von Turbinenschaufeln, bei dem zwischen Formschalen mit darin positioniertem/n Keramikkernstift/en (6) durch Einpressen einer Wachsmasse (7) ein Wachsmodell geformt und nach dem Entfernen der Formschalen an der Außenfläche des Wachsmodells in einem Tauch- und Besandungsprozess eine keramische Gießform erzeugt wird, die nach dem Ausschmelzen des Wachses gebrannt und anschließend mit einer Metallschmelze ausgegossen wird und die Gießform und der Keramikkernstift danach zerstört und entfernt werden, dadurch gekennzeichnet, dass der Keramikkernstift (6) in einer mit dem Durchmesser des jeweiligen dünnen Durchgangskanals (4) übereinstimmenden Durchmesser ausgebildet ist und vor dem Einpressen der Wachsmasse (7) mit einer schmelzbaren Versteifungsschicht (8), die zusammen mit der Wachsmasse ausgeschmolzen wird, ummantelt und stabilisiert wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,dadurch gekennzeichnet, dass die Versteifungsschicht (8) aus Wachs oder einem anderen thermoplastischen Material besteht.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Versteifungsschicht (8) durch Fasermaterial verstärkt ist.
 
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Keramikkernstift (6) entsprechend dem Verlauf der Durchgangskanäle (4) konisch und/oder gekrümmt ausgebildet ist.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der/die Keramikkernstift/e (6) an einen zur Ausbildung eines Hohlraums (3) in dem metallischen Bauteil vorgesehenen Keramikkern (5), der mit der Wachsmasse (5) umspritzt wird, angeformt sind.
 




Zeichnung







Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente