[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Widergabe synthetisch erzeugter
Signale durch ein binaurales Hörsystem. Darüber hinaus betrifft die Erfindung eine
Einrichtung zur Widergabe synthetisch erzeugter Signale durch ein binaurales Hörsystem.
Dabei sollen unter synthetisch erzeugten Signalen in dieser Beschreibung alle im Hörsystem
oder in einem damit in Verbindung stehendem System erzeugten Signale verstanden werden.
Der Begriff schließt damit unter anderem durch Oszillatoren erzeugte Signale aber
auch Signale ein, die aus digitalen Speichern ausgelesen und anschließend in analoger
Form wiedergegeben werden.
[0002] In vielen Fällen ist zur adäquaten Versorgung eines Patienten mit einer Hörstörung
eine Hörhilfe mit zwei Hörgeräten (beidohrige Hörhilfe, so genannte binaurale Versorgung)
erforderlich oder sinnvoll. Dabei werden heute fast ausschließlich digital programmierbare
Hörsysteme eingesetzt, also Hörsysteme, deren elektroakustische Eigenschaften extern
über einen Rechner oder Computer eingestellt ("angepasst") werden können und müssen.
Der Hauptvorteil (digital) programmierbarer Hörsysteme liegt darin, dass eine Vielzahl
elektroakustischer Parameter eingestellt werden kann, um den Hörverlust präziser zu
kompensieren. Die Signalverarbeitung kann bei diesen Hörgeräten in analoger Weise
(digital programmierbare analoge Hörsysteme) oder in digitaler Weise (volldigitale
Hörsysteme) erfolgen.
[0003] Volldigitale Hörgeräte sind Hörsysteme, die das analoge Mikrofonsignal in ein digitales
Signal umwandeln. Das digitale Signal wird dann entsprechend den Befehlen der programmierten
Software (Algorithmus) und den auf dem Chip integrierten Schaltkreisen bearbeitet.
Schließlich werden die digitalen Signale in analoge Signale zurückgewandelt und an
den Hörer weitergeleitet. Das ankommende Signal wird dabei in bestimmten Zeitabständen
gemessen (Signalabtastung). Je häufiger die Signalabtastung desto besser ist die Reproduktion
des Eingangssignals. Die Digitalisierung erlaubt wesentlich komplexere Analysen und
Filterungen im Hinblick auf ein optimales Nutzsignal-/ Störlärm-Verhältnis, als dies
bei analogen Systemen möglich war.
[0004] Drahtlos verbundene Hörgeräte-Systeme ermöglichen eine Kommunikation zwischen dem
rechten und linken Hörgerät bei binauraler Versorgung. Allerdings erfolgt die Umsetzung
drahtlos empfangener Anweisungen, wie beispielsweise das Programm-Umschalten, und
insbesondere die akustische Ausgabe bei beiden Hörgeräten nicht synchronisiert. Ein
zeitlicher Versatz macht sich insbesondere bei der Ausgabe von Signaltonfolgen ("Beeps")
störend bemerkbar. Sollen in einem solchen Hörsystem synthetisch generierte Signale
binaural ausgegeben werden, ist deshalb ein bestimmtes Synchronitätsverhalten der
beiden Geräte erforderlich, um für den Hörgerätesystemträger störende Effekte zu vermeiden.
[0005] Aus der
EP 1 750 482 A2 ist ein Verfahren zum Synchronisieren von Signaltönen bekannt, bei dem Zähler in
beiden Hörgeräten des binauralen Hörsystems durch ein Synchronisationssignal gleichgesetzt
werden. Mit dieser Lösung ist eine sehr weitgehende Synchronisation möglich; der Aufwand
zur Realisierung dieser Lösung ist jedoch verhältnismäßig hoch.
[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, das Problem der Synchronisierung
von Hörgeräten eines binauralen Hörsystems bei der Widergabe synthetisch erzeugter
Signale mit möglichst geringem technischen Aufwand und deshalb möglichst kostengünstig
zu lösen.
[0007] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren und eine Einrichtung zur Widergabe synthetisch
erzeugter Signale durch ein binaurales Hörsystem nach einem der unabhängigen Patentansprüche
gelöst. Die Erfindung beruht dabei auf der psychoakustischen Erkenntnis, dass durch
kleine zeitliche Verschiebungen bei der Widergabe, wie sie bei einer nicht ganz perfekten
Synchronisierung entstehen, vom Hörsystemträger eine unerwünschte Verschiebung der
virtuellen Schaltquelle im Raum in Richtung eines der Geräte wahrgenommen wird. Liegt
hingegen die zeitliche Verschiebung bei der Wiedergabe in einem etwas höheren Bereich,
dann wird diese Verschiebung vom Hörsystemträger als eine Klangaufweitung (Verhallung,
Halligkeit) wahrgenommen, die nicht als störend empfunden wird, sondern den subjektiven
Klangeindruck in der Regel sogar etwas aufwertet.
[0008] Der Grundgedanke der vorliegenden Erfindung beruht deshalb auf einem Verzicht auf
eine möglichst vollständige Synchronisierung der beiden Hörgeräte des binauralen Hörsystems
unter bewusster Inkaufnahme einer zeitlichen Verschiebung, die allerdings so zu bemessen
ist, dass das Ergebnis vom Hörsystemträger nicht als störend wahrgenommen wird.
[0009] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Figuren und mit Hilfe bevorzugter
Ausführungsbeispiele näher erläutert, wobei
Figur 1 in schematischer Weise den typischen Aufbau eines binauralen Hörsystems zeigt,
Figur 2 ein Sequenzdiagramm zur schematischen Veranschaulichung des erfindungsgemäßen
Verfahrens gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel,
Figur 3 ein weiteres Sequenzdiagramm zur schematischen Veranschaulichung eines weiteren
bevorzugten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigt und
Figur 4 ein weiteres Sequenzdiagramm zur schematischen Veranschaulichung eines weiteren
bevorzugten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigt.
[0010] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar. Dem Fachmann wird es anhand dieser Beschreibung leicht
möglich sein, weitere Ausführungsformen selbst aufzufinden, deren vollständige Darstellung
den Rahmen dieser beschreibung aber sprengen würde.
[0011] Ein erfindungsgemäßes binaurales Hörsystem besteht aus einem linken Hörgerät HG1
und einem rechten Hörgerät HG2. Zwischen beiden Hörgeräten HG1 bzw. HG2 ist eine vorzugsweise
niederratige Datenverbindung STX zur Übertragung von Kontroll- oder Synchronisationssignalen
vorhanden. Diese Datenverbindung genügt normalerweise niedrigen Ansprüchen und es
werden typisch nur zeitweise und nicht notwendigerweise kontinuierlich Signale ausgetauscht.
[0012] In dem in Figur 1 gezeigten Beispiel versorgt das Hörgerät HG1 das linke Ohr LE,
wogegen das Hörgerät HG2 das rechte Ohr RE des Hörsystemträgers versorgt. In Figur
1 ist ferner eine Fernbedienung RC dargestellt, wie sie heute typischerweise mit drahtlosen
binauralen Hörsystemen verwendet wird. Dabei kann diese Fernbedienung mit beiden Hörgeräten
oder auch nur mit einem Hörgerät in Verbindung (CS1, CS2) stehen.
[0013] In der Situation, mit der sich die vorliegende Erfindung befasst, sind an den Hörsystemträger
akustische Signale SIG1 und SIG2 durch die Hörgeräte des binauralen Hörsystems auszugeben.
Eine solche Situation kann z.B. vorliegen, wenn der Hörsystemträger die Hörgeräte
über die Fernbedienung RC in einen (anderen) Betriebszustand versetzen möchte und
diese Änderung nun dem Hörsystemträger zurückgemeldet werden soll. Weitere automatisch
generierte Signale können z.B. auszugeben sein bei einer Programmumschaltung, oder
einer zur Meldung von Zustandsinformationen des Systems an der Hörsystemträger, usw.
Die auszugebenden Signale werden hierbei typischerweise synthetisch erzeugt. Zur Wiedergabe
werden diese digitalen Signale - in der Regel nach vorheriger Digital-Analog-Wandlung
- auf dem Lautsprecher des jeweiligen Hörgerätes ausgegeben.
[0014] Hierbei wird typischerweise die Signalisierung von einem der beiden zu einem Hörsystem
verbundenen Hörgeräte ausgelöst. Die Wiedergabe soll so erfolgen, dass sie binaural
als einheitliches Ereignis wahrgenommen wird. Hierzu ist eine Übertragung des Auslöseimpulses
zwischen beiden Geräten notwendig. Diese Übertragung erfolgt typischerweise auf elektromagnetischem
oder magnetisch-induktivem Weg mittels Verfahren der digitalen Übertragung. Hierbei
kommen grundsätzlich alle bekannten Ein- und Mehrträgerverfahren, wie z.B. BPSK, QPSK,
QAM, OFDM usw. sowie Zeit- oder Frequenzmultiplexverfahren (TDMA, CDMA usw.) zur Modulation
in Frage. Typischerweise werden Kanalcodierverfahren zur Fehlererkennung und Fehlerkorrektur
eingesetzt, was eine Decodierung am Empfänger erfordert. Weiterhin ist oft eine packetweise
gemultiplexte Übertragung verschiedener Daten vorgesehen, was zur Notwendigkeit von
Puffern führt. Hieraus ergibt sich insgesamt, dass eine Übertragung nicht instantan
erfolgen kann, sondern mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung, welche zumindest
auf der sendenden Seite grob abgeschätzt aber in Summe nicht immer genau bestimmt
werden kann.
[0015] Im Idealfall wären beide Geräte HG1 bzw. HG2 exakt synchronisiert. Dann könnten die
Signale exakt synchron abgegeben werden und somit - wie eigentlich erwünscht - mittig
wahrgenommen werden. Ein hierfür geeignetes Verfahren wurde in der
EP 1 750 482 A2 beschrieben. Praktisch bedeutet eine exakte Synchronisierung jedoch einen erhöhten
Hardware- und Energieaufwand, der eingespart werden soll. Gemäß der vorliegenden Erfindung
wird auf eine perfekte Synchronisierung bewusst verzichtet, stattdessen ist vorgesehen,
nach einer Wiedergabe eines ersten Signals SIG1 durch das ersten Hörgerät HG1 die
Wiedergabe eines zweiten Signals SIG2 durch das zweite Hörgerät HG2 um ein definiertes
zweites Zeitintervall DT2 zusätzlich zu verzögern. Die Reihenfolge der Hörgeräte kann
natürlich auch vertauscht sein. Dabei ist mit dem Ausdruck "zusätzlich verzögert"
gemeint, dass zusätzlich zu den durch die weiter oben beschriebenen Übertragungsverfahren
unvermeidlich eintretenden Verzögerungen eine weitere bewusste Verzögerung vorgenommen
wird. Diese weitere bewusste Verzögerung wird im Folgenden mit DT2 bezeichnet.
[0016] In dem in Figur 2 gezeigten Beispiel wird das Hörgerät HG1, welches dem linken Ohr
LE des Hörsystemträgers zugeordnet ist als "Master" betrieben, wohingegen das Hörgerät
HG2, welches dem rechten Ohr RE zugeordnet ist, als "Slave" reagiert. In diesem Beispiel
sendet die Fernbedienung RC ein Signal CS1 an das Hörgerät HG1, woraufhin das Hörgerät
HG1 nach einem Zeitintervall t1 das Signal SIG1 an das linke Ohr LE ausgibt. Die Größe
des Zeitintervalls t1 ist dabei im Wesentlichen durch den Zeitbedarf der Signalverarbeitung
im Hörgerät HG1 bedingt. Nach Ablauf eines weiteren Zeitintervalls t2 sendet das Hörgerät
HG1 ein Signal STX an das Hörgerät HG2. Das Hörgerät HG2 sendet daraufhin mit einer
Zeitverzögerung t3 ein entsprechendes Signal an die Einrichtung E, welche die zusätzliche
Zeitverzögerung DT2 ihrem Zweck entsprechend bemisst und bewirkt. Nach Ablauf dieses
Zeitintervalls DT2 sendet die Einrichtung E ein entsprechendes Signal zurück an das
Hörgerät HG2, welches daraufhin nach Ablauf eines weiteren Zeitintervalls t4 das Signal
SIG2 an das rechte Ohr RE ausgibt.
[0017] In Abwandlung dieses Ausführungsbeispiels könnte man auch das Signal STX vom Hörgerät
HG1 zum Hörgerät HG2 senden, bevor das Hörgerät HG1 das Signal SIG1 an das linke Ohr
LE ausgibt. In diesem Fall wäre es dann sinnvoll, das Zeitintervall DT2 entsprechend
größer zu bemessen, weil das auslösende Signal STX beim Hörgerät HG2 entsprechend
früher ankommt.
[0018] In dem durch Figur 2 schematisch verdeutlichten Ausführungsbeispiel des Verfahrensablaufs
ist es sinnvoll, wenn die Einrichtung E zur Bemessung und Erzeugung der Zeitverzögerung
DT2 im Hörgerät HG2 untergebracht ist.
[0019] Bei einem anderen, in Figur 3 schematisch dargestellten bevorzugten Ausführungsbeispiel
der Erfindung ist die Einrichtung E zur Bemessung der Zeitverzögerung DT2 in dem Hörgerät
HG1 untergebracht. Wie im vorherigen Fall sendet die Fernbedienung ein Signal CS1
zum Hörgerät HG1, welches nach Ablauf eines Zeitintervalls t1 ein Signal s11 an die
Einrichtung E sendet, die die zweckentsprechende Größe der Zeitverzögerung DT2 berechnet.
Nach Ablauf eines Zeitintervalls t2 übermittelt die Einrichtung E das Ergebnis in
Form des Signals s12 zurück an das Hörgerät HG1, welches daraufhin nach Ablauf eines
Intervalls t3 das Signal SIG1 an das linke Ohr LE ausgibt. Nach Ablauf des Zeitintervalls
DT2 gemessen ab dem Empfangszeitpunkt des Signals s12 übermittelt das Hörgerät HG1
das Signal STX an das Hörgerät HG2, welches daraufhin nach Ablauf des Zeitintervalls
t4 das Signal SIG2 an das rechte Ohr ausgibt.
[0020] Der Fachmann erkennt anhand der hier vorliegenden Beschreibung der Erfindung und
der Ausführungsbeispiele ohne Schwierigkeiten, dass weitere Abwandlungen der hier
beschriebenen Ausführungsbeispiele möglich sind. Entscheidend ist letztlich, dass
die Gesamtzeitverzögerung bei der Signalausgabe zwischen den beiden Ohren des Hörsystemträgers
in einen Bereich liegt, der zu dem gewünschten psychoakustischem Ergebnis einer nicht
als störend empfundenen Wahrnehmung führt.
[0021] Psychoakustische Untersuchungen zeigen nun, dass es möglich ist, die zusätzliche
zweite Zeitverzögerung DT2 so zu bemessen, dass beim Hörsystemträger der Eindruck
einer Klangaufweitung entsteht. Unter dem Begriff der Klangaufweitung versteht der
Psychoakustiker eine Klangveränderung, die auch Verhallung (Halligkeit) bezeichnet
werden kann. Derartige Klangveränderungen werden vom Hörsystemträger in aller Regel
eher als angenehm denn als störend empfunden.
[0022] Eine solche erwünschte Klangveränderung entsteht, wie psychoakustische Experiment
in diesem Zusammenhang zeigen, wenn die zweite Zeitverzögerung DT2 im Bereich von
ungefähr 1 ms bis ungefähr 50 ms liegt. Eine Wahl der Zeitverzögerung DT2 in diesem
Bereich stellt im Allgemeinen sicher, dass die Wahrnehmung des Hörsystemträgers weder
eine unerwünschte räumliche Charakteristik der virtuellen Schaltquelle, noch ein völliges
Auseinanderfallen der wiederzugebenden Signale in zwei getrennte Signale ergibt. Wenn
allerdings die Verzögerung zwischen den beiden Geräten zu groß wird, geht der Eindruck
eines einheitlichen Hörereignisses verloren. Es entsteht ein Echo; das Stereosignal
zerfällt also in zwei einzeln wahrnehmbare Monosignale.
[0023] In diesem Zusammenhang zeigen Experimente, dass die zweite Zeitverzögerung DT2 vorteilhaft
im Bereich zwischen ungefähr 4 ms bis ungefähr 20 ms liegen sollt. Optimale Höreindrücke
ergeben sich, wenn die zweite Zeitverzögerung DT2 im Bereich von ungefähr 5 ms bis
ungefähr 15 ms liegt.
[0024] Bei diesen Angaben ist zu berücksichtigen, dass der Höreindruck letztlich von der
Gesamtzeitverzögerung zwischen der Wiedergabe der Signale SIG1 bzw. SIG2 an die Ohren
LE bzw. RE abhängt. Solange die Reaktionszeiten und Übertragungszeiten t1, t2, t3
oder t4 wesentlich kleiner sind als die Zeitverzögerung DT2, kann der Einfluss dieser
zusätzlichen Zeiten vernachlässigt werden. Ist dies jedoch aus Gründen der gewählten
Übertragungsverfahren zwischen den Hörgeräten nicht mehr der Fall, dann ist der Einfluss
dieser Übertragungs- und Reaktionszeiten auf die Gesamtzeitverzögerung entsprechend
zu berücksichtigen, bei der Bemessung der zusätzlichen Zeitverzögerung DT2. Dies sollte
dem Fachmann anhand der hier vorliegenden Beschreibung jedoch keine Schwierigkeiten
bereiten. In diesen Fällen sind die angegebenen zeitlichen Größenordnungen daher auf
die Gesamtzeitverzögerung und nicht auf das Zeitintervall DT2 allein zu beziehen.
Im Normalfall dürfte der Einfluss der Zeiten t1, t2, t3 und t4 jedoch so gering sein,
dass sie gegenüber der Zeitverzögerung DT2 vernachlässigt werden können.
[0025] Gemäß einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung können weitere
Verbesserungen des Klangeindrucks beim Hörsystemträger dadurch erreicht werden, dass
der Signalpegel des später wiedergegebenen Signals SIG1 bzw SIG2 gegenüber dem Signalpegel
des früher wiedergegebenen Signals SIG2 bzw SIG1 bei der Wiedergabe angehoben wird.
Hierdurch können individuell durch das Gesetz der ersten Wellenfront (auch als "Präzedenz-Effekt"
bezeichnet) eventuell noch vorhandene Lateralisationseffekte weiter verringert werden.
Eine Pegelanhebung im Rahmen dieses auch als "Trading" bezeichneten Vorgehens sollte
im Bereich zwischen 0 und 12 dB, besonders vorteilhaft und bevorzugt im Bereich zwischen
0 und 3 dB liegen. Weitere Hinweise zur zweckgemäßen Bemessung dieser Pegelanhebung
und der psychoakustischen Grundlagen hierzu entnimmt der Leser beispielsweise der
Veröffentlichung
J. Blauert, "Räumliches Hören", S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-7776-0250-7. Außerdem enthalten folgende Veröffentlichungen des selben Autors Grundlageninformationen,
die dem Fachmann wertvolle Hinweise auf mögliche Ausführungsformen der Erfindung geben
können:
Jens Blauert: Räumliches Hören. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-7776-0250-7
- 1. Nachschrift. Neue Ergebnisse und Trends seit 1972. 1985, ISBN 3-7776-0410-0
- 2. Nachschrift. Neue Ergebnisse und Trends seit 1982. 1997, ISBN 3-7776-0738-X
Jens Blauert: Spatial Hearing. The Psychophysics of Human Sound Localization. The
MIT Press, USA-Cambridge MA 1. Auflage, 1983, ISBN 0-262-02190-0 Revised Edition,
1996, ISBN 0-262-02413-6
Jens Blauert: An Introduction to Binaural Technology. In: Robert H. Gilkey, Timothy
R. Anderson (Hrsg.): Binaural and Spatial Hearing in Real and Virtual Environments.
Lawrence Erlbaum, USA-Mahwah NJ 1996, S. 593-609, ISBN 0-8058-1654-2 Jens Blauert (Hrsg.): Communication Acoustics. Springer, Berlin/Heidelberg/New York
2005, ISBN 3-540-22162-X
[0026] Weitere Verbesserungen des Höreindrucks sind gemäß einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel
möglich, wenn bei einem der beiden Hörgeräte eine Signalinversion vorgenommen wird.
Die Grundlagen hierzu sind ebenfalls in den Veröffentlichungen von Blauert beschrieben.
Weitere Informationen hierzu finden sich in der Diplomarbeit "Zu Unterschieden in
der Hörereigniswahrnehmung bei Wellenfeldsynthese und Stereofonie im Vergleich zum
natürlichen Hören" von Dominik Wegmann, Institut für Hörtechnik und Audiologie, Fachhochschule
Oldenburg / Ostfriesland / Wilhelmshaven, Fachbereich Bauwesen und Geoinformation
(B+G), Ofener Str. 16, D-26121 Oldenburg
(http://www.irt.de/IRT/publikationen/Diplomarbeiten/DA Wegmann.pdf). Der Inhalt aller hier zitierten Veröffentlichungen wird hiermit durch Bezugnahme
ausdrücklich in den Offenbarungsgegenstand der hier vorliegenden Beschreibung einbezogen.
[0027] Grundsätzlich muss allerdings stets gelten, dass die maximale Übertragungszeit nicht
größer sein darf, als die Obergrenze des bevorzugten Bereiches für die effektive Zeitverzögerung
zwischen den Ausgaben der Signale SIG1 und SIG2. Sollte in besonderen Fällen aus technischen
Gründen die Übertragungszeit zwischen den Hörgeräten besonders groß sein, so kann
anstelle der Verzögerung im Hörgerät HG2 eine Verzögerung im Hörgerät HG1 vorgesehen
werden. Dies kann beispielsweise in der in Figur 4 gezeigten Situation durch entsprechende
Bemessung des Zeitintervalls DT1 geschehen, wobei - je nach Ausführungsvariante -
DT1 kleiner, gleich oder größer als DT2 sein kann.
[0028] Die vorliegende Erfindung wird vorteilhaft mit einer Einrichtung E zur Wiedergabe
synthetisch erzeugter Signale in einem binauralen Hörsystem realisiert, welche für
die zweckmäßige Bemessung der und ggf. Erzeugung der Zeitverzögerung DT2 sorgt. In
jedem Fall sollte die Zeitverzögerung DT2 so bemessen werden, dass beim Hörsystemträger
der Eindruck einer Klangaufweitung entsteht. Dies wird im allgemeinen dadurch erreicht,
dass die Zeitverzögerung DT2 so bemessen wird, dass die Gesamtzeitverzögerung zwischen
der Wiedergabe der Signale SIG1 und SIG2 in den psychoakustisch als zweckmäßig empfundenen
Zeitbereichen liegt.
1. Verfahren zur Wiedergabe synthetisch erzeugter Signale (SIG1, SIG2) durch ein binaurales
Hörsystem (HS), das zwei Hörgeräte (HG1, HG2) umfasst, bei dem - nach einer Wiedergabe
eines ersten Signals (SIG1) durch das erste Hörgerät (HG1) - eine Wiedergabe eines
zweiten Signals (SIG2) durch das zweite Hörgerät (HG2) um ein definiertes zweites
Zeitintervall (DT2) zusätzlich verzögert erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die zusätzliche zweite Zeitverzögerung (DT2) so
bemessen wird, dass beim Hörsystemträger der Eindruck einer Klangaufweitung entsteht.
3. Verfahren nach Anspruch 2, bei dem die zusätzliche zweite Zeitverzögerung (DT2) so
bemessen wird, dass der zeitliche Abstand zwischen der Wiedergabe der synthetisch
erzeugten Signale (SIG1, SIG2) im Bereich von ungefähr 1 ms bis ungefähr 50 ms liegt.
4. Verfahren nach Anspruch 2, bei dem die zusätzliche zweite Zeitverzögerung (DT2) so
bemessen wird, dass der zeitliche Abstand zwischen der Wiedergabe der synthetisch
erzeugten Signale (SIG1, SIG2) im Bereich von ungefähr 4 ms bis ungefähr 20 ms liegt.
5. Verfahren nach Anspruch 2, bei dem die zusätzliche zweite Zeitverzögerung (DT2) so
bemessen wird, dass der zeitliche Abstand zwischen der Wiedergabe der synthetisch
erzeugten Signale (SIG1, SIG2) im Bereich von ungefähr 5 ms bis ungefähr 15 ms liegt.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Signalpegel des später
wiedergegebenen Signals (SIG1, SIG2) gegenüber dem Signalpegel des früher wiedergegebenen
Signals (SIG2, SIG1) bei der Wiedergabe angehoben ist.
7. Verfahren nach Anspruch 6, bei dem Pegelanhebung im Bereich von ungefähr 0 bis 12
dB liegt.
8. Verfahren nach Anspruch 6, bei dem Pegelanhebung im Bereich von ungefähr 0 bis 3 dB
liegt.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem eine Signalinversion bei
einem der beiden Hörgeräte vorgenommen wird.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem auch die Wiedergabe des
ersten Signals (SIG1) durch das erste Hörgerät (HG1) um ein erstes definiertes Zeitintervall
(DT1) verzögert erfolgt.
11. Einrichtung (E) zur Beeinflussung der Wiedergabe synthetisch erzeugter Signale (SIG1,
SIG2) in einem binauralen Hörsystem, das zwei Hörgeräte (HG1, HG2) umfasst, bei der
- nach einer Wiedergabe eines ersten Signals (SIG1) durch das erste Hörgerät (HG1)
- eine Wiedergabe eines zweiten Signals (SIG2) durch das zweite Hörgerät (HG2) um
ein definiertes zweites Zeitintervall (DT2) zusätzlich verzögert erfolgt.
12. Einrichtung (E) nach Anspruch 11, bei der die zusätzliche zweite Zeitverzögerung (DT2)
so bemessen wird, dass beim Hörsystemträger der Eindruck einer Klangaufweitung entsteht.
13. Einrichtung (E) nach einem der Ansprüche 11 oder 12, die so ausgestaltet ist, dass
der Signalpegel des später wiedergegebenen Signals (SIG1, SIG2) gegenüber dem Signalpegel
des früher wiedergegebenen Signals (SIG2, SIG1) bei der Wiedergabe angehoben ist.
14. Einrichtung (E) nach einem der Ansprüche 11, 12 oder 13, die so ausgestaltet ist,
dass eine Signalinversion bei einem der beiden Hörgeräte vorgenommen werden kann.
15. Einrichtung (E) nach einem der Ansprüche 11 bis 14, die so ausgestaltet ist, dass
auch die Wiedergabe des ersten Signals (SIG1) durch das erste Hörgerät (HG1) um ein
erstes definiertes Zeitintervall (DT1) verzögert erfolgen kann.
16. Einrichtung (E) nach einem der Ansprüche 11 bis 15 mit einem Funktionsbaustein (FBM)
zur Messung der Laufzeit der Signalübertragung zwischen den beiden Hörgeräten (HG1,
HG2).
17. Einrichtung (E) nach einem der Ansprüche 11 bis 16 mit einem Funktionsbaustein (FBA)
zur Auswertung der gemessenen Laufzeit der Signalübertragung zwischen den beiden Hörgeräten
(HG1, HG2) zum Zweck der Definition mindestens eines der Zeitintervalle (DT1, DT2).