[0001] Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Analysetechnik und betrifft ein verbessertes
Verfahren zur Bestimmung der Konzentration oder Aktivität eines Analyten in einer
Probe.
[0002] In der modernen Analysetechnik kommt je nach Art des zu bestimmenden Analyten eine
Vielzahl von unterschiedlichen Verfahrensprinzipien zum Einsatz. Um zum Beispiel Proteine
oder Peptide quantitativ nachzuweisen oder qualitativ zu bestimmen, werden bevorzugt
immunchemische Verfahren angewandt. Dazu werden üblicherweise Antikörper verwendet,
die den Analyten spezifisch erkennen. Um beispielsweise ein Enzym nachzuweisen, werden
markierte Substrate eingesetzt, die spezifisch von dem nachzuweisenden Enzym modifiziert
werden. Um besonders aussagekräftige und genaue Ergebnisse zu erhalten, ist es häufig
erforderlich, eine Nachweisreaktion über einen Zeitraum zu beobachten und ihren Verlauf
zu analysieren. Die Veränderung einer reaktionsabhängigen Messgröße über die Zeit
wird auch als Reaktionskinetik oder Signal-Zeit-Kurve bezeichnet. Verschiedene Parameter
einer solchen Kurve können zur Auswertung und damit zur Bestimmung der Konzentration
oder Aktivität eines Analyten verwendet werden.
[0003] Beispiele für Nachweisreaktionen, deren Reaktionskinetik ausgewertet wird, sind z.
B. partikelverstärkte Agglutinationsassays, bei denen partikelgebundene bi- oder polyvalente
Antikörper mit einem Antigen reagieren, wodurch es zur Bildung von stark lichtstreuenden
Molekülaggregaten kommt. Die analytabhängige Bildung dieser Molekülaggregate kann
über die Messung der Streulichtintensität (Nephelometrie) oder über die Messung der
Transmissionszunahme oderabnahme (Turbidimetrie) gemessen werden und zur Bestimmung
der Konzentration des Analyten genutzt werden. Weitere Beispiele sind Enzymbasierte
Testverfahren, bei denen die Umsetzung eines chromogenen Substrats über die Zeit gemessen
wird. Die analytabhängige Spaltung eines chromogenen Substrats kann z. B. über die
Messung der Transmissionszunahme oder - abnahme bei einer bestimmten Wellenlänge gemessen
werden und zur Bestimmung der Konzentration oder Aktivität des Analyten genutzt werden.
Ein anderes Beispiel sind Gerinnungsteste, bei denen die Aktivität eines einzelnen
oder mehrerer Blutgerinnungsfaktoren durch die Messung der Fibrinbildungsgeschwindigkeit
in einer Blut- oder Plasmaprobe bestimmt wird. Typische Beispiele für derartige Gerinnungsteste
sind die Prothrombinzeit (PT), die auch Quick-Test oder Thromboplastinzeit genannt
wird, die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (APTT), die Thrombinzeit (TT), die
Batroxobinzeit (BT) oder die Ecarinzeit (ECT).
[0004] Verschiedene Parameter einer Reaktionskinetik (Signal-Zeit-Kurve) können für eine
Auswertung verwendet werden. Bekannte Parameter sind z. B. die maximale Reaktionsgeschwindigkeit
bzw. der Zeitpunkt des Auftretens der maximalen Reaktionsgeschwindigkeit. Häufig wird
zur Auswertung einer Reaktionskinetik auch zunächst die erste oder zweite Ableitung
der Kinetik gebildet. Ein weiterer bekannter Parameter einer Reaktionskinetik ist
z. B. auch die Fläche unter der ersten Ableitung einer Signal-Zeit-Kurve. In anderen
Fällen wird der Zeitpunkt bestimmt, bei dem das Signal einen vorbestimmten Schwellenwert
überschreitet, oder es wird die Signalhöhe bestimmt, die zu einem vorbestimmten Zeitpunkt
erreicht wird. Der übrige Verlauf der Reaktionskurve wird dann in erster Linie zur
Überprüfung der Plausibilität der Messwerte ausgewertet.
[0005] Im einfachsten Fall eines Verfahrens zur Bestimmung eines Analyten wird eine Probe,
die den Analyten enthält, mit einem Reagenz vermischt, das die zum Nachweis des Analyten
notwendigen Komponenten, wie z. B. ein Substrat, einen Bindungspartner, einen Aktivator
oder ähnliches enthält. Üblicherweise wird die Reaktion ab Zugabe des Reagenzes, d.
h. ab dem Zeitpunkt t
0 anhand der Messung eines geeigneten physikalischen Signals verfolgt. Idealerweise
verhält sich das Messsignal zu jedem Zeitpunkt proportional zur Reaktion. Tatsächlich
kommt es jedoch zu verschiedenen Phänomenen, wie z. B. Ungenauigkeiten des Messinstruments,
die dazu führen, dass sich nicht jedes absolute Messsignal proportional zur Reaktion
verhält. Üblicherweise werden deshalb z. B. verschiedene Glättungsverfahren verwendet,
um eine glattere Reaktionskinetik zu erhalten.
[0006] Ein anderes Problem bei der Auswertung von Reaktionskinetiken und somit bei der Bestimmung
der Konzentration oder Aktivität eines Analyten besteht darin, dass es unmittelbar
nach Zugabe eines Reagenzes zur Probe häufig zunächst zu großen Schwankungen und Unregelmäßigkeiten
im Reaktionsverlauf und anschließend zu einem verzögerten Reaktionsbeginn kommt, bevor
eine exponentielle Reaktionsphase beginnt, die durch einen relativ steil und stetig
ansteigenden Kurvenverlauf, also eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit gekennzeichnet
ist und die im Allgemeinen den analytisch wichtigsten Reaktionsabschnitt darstellt.
Die erste Reaktionsphase hingegen, die auch als Reaktions-Lag-Phase bezeichnet wird,
ist gekennzeichnet durch einen flachen Kurvenverlauf, also eine niedrige Reaktionsgeschwindigkeit,
und eignet sich gewöhnlich nicht zur Auswertung.
[0007] Im Stand der Technik wird in vielen Auswerteverfahren eine festgelegte Zeitspanne
t
0 bis t
n, die die Reaktions-Lag-Phase sicher umfassen soll, von vornherein von der Auswertung
ausgeschlossen. Üblicherweise wird die Dauer dieser Zeitspanne durch empirische Untersuchungen
für ein spezifisches Testverfahren bestimmt. Dazu wird eine hinreichende Anzahl von
Messungen unter den erforderlichen Testbedingungen durchgeführt. In der Praxis hat
sich jedoch gezeigt, dass selbst unter gleichbleibenden Testbedingungen die Dauer
der Reaktions-Lag-Phase variabel ist. Der Nachteil der Verwendung einer festgelegten
Zeitspanne t
0 bis t
n, die die Reaktions-Lag-Phase sicher umfassen soll, besteht darin, dass in Fällen,
in denen die Reaktions-Lag-Phase tatsächlich kürzer ist, Teile der Reaktionskinetik,
die sich zur Auswertung eignen würden, nicht verwendet werden können, während in Fällen,
in denen die Reaktions-Lag-Phase tatsächlich länger ist, Teile der Reaktionskinetik,
die sich zur Auswertung nicht eignen, verwendet werden. In beiden Fällen besteht die
Gefahr von Ungenauigkeiten bei der Auswertung der Reaktionskinetik und damit die Gefahr
einer fehlerhaften Bestimmung des Analyten.
[0008] Der vorliegenden Erfindung lag also die Aufgabe zugrunde ein Verfahren zur Bestimmung
der Konzentration oder Aktivität eines Analyten bereit zu stellen, das die spezifische
Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase einer Reaktionskinetik ermöglicht und damit eine
genauere Auswertung der Reaktionskinetik und damit eine genauere Bestimmung eines
Analyten gewährleistet.
[0009] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst.
[0010] Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Bestimmung der Konzentration
oder Aktivität eines Analyten in einer Probe, welches folgende Schritte umfasst:
- a) Vermischen der Probe mit mindestens einem Reagenz, wodurch eine analytabhängige
Reaktion in Gang gesetzt wird;
- b) Messung eines sich infolge der analytabhängigen Reaktion ändernden Signals (x)
über die Zeit (t) und Speicherung der Signal-Zeit-Kurve;
- c) Bestimmung der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve;
- d) Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase der Signal-Zeit-Kurve;
- e) Bestimmung der Konzentration oder Aktivität des Analyten anhand mindestens eines
Parameters der Signal-Zeit-Kurve, der zeitlich nach der Reaktions-Lag-Phase liegt,
wobei die Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase erfolgt, indem die Zeitspanne vom Zeitpunkt
des ersten Signals (t
0) bis zum Zeitpunkt t
lag bestimmt wird. Dazu wird zunächst der Zeitpunkt t
max der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve bestimmt. Anschließend wird - ausgehend
vom Zeitpunkt t
max- der Zeitpunkt t
lag bestimmt, wobei t
lag kleiner ist als t
max, d. h. zeitlich vor t
max liegt und wobei t
lag dem Zeitpunkt entspricht, an dem die Steigung der Signal-Zeit-Kurve - ausgehend von
t
max - einen Grenzwert erstmalig unterschreitet. Der Grenzwert entspricht einem testspezifischen,
vorbestimmten Bruchteil von der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve. Bevorzugterweise
entspricht der Grenzwert einem Anteil von 1 bis 45 % der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve.
[0011] Die Messung des sich infolge der analytabhängigen Reaktion ändernden Signals (x)
über die Zeit (t) erfolgt mit Hilfe geeigneter Detektionsvorrichtungen. Bei dem Signal
kann es sich um jede dem Fachmann bekannte Signalart handeln, wie z. B. um optische
Eigenschaften des Reaktionsansatzes (z. B. Trübung, Lichtstreuung, Fluoreszenz, Chemilumineszenz),
um chemische Eigenschaften des Reaktionsansatzes (z. B. pH-Wert, Redoxpotenzial, Viskosität,
Festigkeit) oder um elektrochemische Eigenschaften (z. B. Leitfähigkeit, Impedanz,
Widerstand).
[0012] Die Messung über die Zeit (t) erfolgt üblicherweise durch die kontinuierliche Erfassung
des physikalischen Signals, bevorzugt in gleichmäßigen zeitlichen Abständen, wie z.
B. eine Messung pro Sekunde. Die so erhaltene Signal-Zeit-Kurve wird gespeichert,
um der nachfolgenden Auswertung zur Verfügung zu stehen. Der Begriff "Signal-Zeit-Kurve"
ist in diesem Zusammenhang breit zu verstehen und nicht auf die graphische Darstellung
einer entsprechenden Kurve beschränkt. Vielmehr ist damit die Zuordnung der Messwerte
zu den dazugehörigen Zeitpunkten in einer geordneten Reihe gemeint.
[0013] Die Bestimmung der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve kann durch jedes beliebige
dem Fachmann bekannte Verfahren erfolgen, bevorzugterweise jedoch, indem zunächst
die 1. Ableitung der Signal-Zeit-Kurve gebildet wird und das Maximum der 1. Ableitung
bestimmt wird. Der Zeitpunkt des Maximums der 1. Ableitung entspricht dem Zeitpunkt
t
max der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve.
[0014] Die Bestimmung des Zeitpunkts t
lag, der das Ende der Reaktions-Lag-Phase festlegt, erfolgt, indem ausgehend von t
max in der Signal-Zeit-Kurve nach dem Zeitpunkt gesucht wird, an dem die Steigung der
Signal-Zeit-Kurve einen Grenzwert erstmalig unterschreitet, wobei dieser Zeitpunkt
kleiner sein muss als t
max, d. h. zeitlich vor t
max liegen muss. Die Tatsache, dass ausgehend von t
max nach dem Zeitpunkt gesucht wird, an dem die Steigung der Signal-Zeit-Kurve einen
Grenzwert erstmalig unterschreitet, hat den Vorteil, dass eventuelle Extremschwankungen
ganz zu Beginn der Messwertaufnahme nicht zu einer falschen Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase
führen können. Würde man ausgehend von t
0 nach dem Zeitpunkt suchen, an dem die Steigung der Signal-Zeit-Kurve einen Grenzwert
erstmalig überschreitet, könnte eine solche Extremschwankung, die gelegentlich ganz
zu Beginn der Messung aufgrund von Vermischungsvorgängen zwischen Probe und Reagenz
auftreten kann, zur Bestimmung einer falsch zu kurzen Reaktions-Lag-Phase führen (siehe
z. B. Fig. 3).
[0015] Der Grenzwert entspricht einem testspezifischen, vorbestimmten Bruchteil von der
maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve. Welcher Bruchteil der maximalen Steigung
der Signal-Zeit-Kurve sich für ein bestimmtes Testverfahren eignet, ist durch eine
einfache Versuchsreihe vorab empirisch zu bestimmen. Stimmen die mit Hilfe eines vorläufigen
Grenzwertes berechnete Reaktions-Lag-Phase und die erwartete Reaktions-Lag-Phase überein
und lässt sich diese Übereinstimmung in einer Vielzahl von Probemessungen bestätigen,
ist ein geeigneter Grenzwert gefunden. Bevorzugterweise wird der Grenzwert so gewählt,
dass er einem Anteil von 1 bis 45 % der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve entspricht.
Allgemein kann man sagen, dass für den Grenzwert ein kleinerer Bruchteil der maximalen
Steigung der Signal-Zeit-Kurve zu wählen ist, je steiler die Signal-Zeit-Kurve bei
einem bestimmten Testverfahren üblicherweise ansteigt.
[0016] Nachdem Beginn und Ende der Reaktions-Lag-Phase (t
0 bis t
lag) bestimmt wurden, erfolgt die Bestimmung der Konzentration oder Aktivität des Analyten
anhand mindestens eines Parameters der Signal-Zeit-Kurve, der zeitlich nach der Reaktions-Lag-Phase
liegt.
[0017] Unter einer "Probe" ist im Sinne der Erfindung das Material zu verstehen, das die
nachzuweisende Substanz, d. h. den Analyten vermutlich enthält. Der Begriff "Probe"
umfasst beispielsweise biologische Flüssigkeiten oder Gewebe insbesondere von Menschen
und Tieren wie Blut, Plasma, Serum, Speichel, Sputum, Exudat, bronchoalveoläre Lavage,
Lymphflüssigkeit, Synovialflüssigkeit, Samenflüssigkeit, Vaginalschleim, Faeces, Urin,
Liquor, Haare, Haut, Gewebeproben oder -schnitte. Ferner sind umfasst Zellkulturproben,
pflanzliche Flüssigkeiten oder Gewebe, forensische Proben, Wasser- und Abwasserproben,
Nahrungsmittel, Arzneimittel. Gegebenenfalls müssen die Proben vorbehandelt werden,
um den Analyten für das Nachweisverfahren zugänglich zu machen oder um störende Probenbestandteile
zu entfernen. Solche Vorbehandlung von Proben mag die Abtrennung und/oder Lyse von
Zellen beinhalten, das Präzipitieren, die Hydrolyse oder die Denaturierung von Probenbestandteilen
wie z. B. Proteinen, die Zentrifugation von Proben, das Behandeln der Probe mit organischen
Lösungsmitteln wie z. B. Alkohole, insbesondere Methanol; das Behandeln der Probe
mit Detergenzien. Häufig wird die Probe in ein anderes, meistens wässriges Medium
überführt, welches mit dem Nachweisverfahren möglichst nicht interferieren soll.
[0018] Unter dem Begriff "Analyt" ist im Sinne der Erfindung die nachzuweisende Substanz
zu verstehen (Beispiele für den Begriff "Analyt" siehe
EP 515 194 A2, Seiten 8-15) oder auch ein biologischer Parameter, der Aufschluss über den Zustand
eines physiologischen Prozesses bzw. eines mehrstufigen, multifaktoriellen Reaktionssystems
gibt. Beispiele für derartige biologische Parameter sind z. B. die verschiedenen bekannten
Gerinnungszeiten, wie z. B. die Prothrombinzeit (PT) oder die aktivierte partielle
Thromboplastinzeit (APTT), die Informationen über die verschiedenen Teilbereiche der
Blutgerinnungskaskade oder des Fibrinolysesystems liefern.
[0019] In bevorzugten Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens handelt es sich
bei der analytabhängigen Reaktion um eine Antigen-Antikörper-Reaktion oder eine Enzym-Substrat-Reaktion.
[0020] Weiterhin bevorzugt sind Verfahren, bei denen die analytabhängige Reaktion die Bildung
eines Fibringerinnsels in einer Vollblut- oder Plasmaprobe ist.
[0021] Besonders bevorzugt ist ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Bestimmung der Konzentration
oder Aktivität von Thrombin, bevorzugt von endogenem Thrombin. Dazu wird die Probe
üblicherweise mit einem Reagenz zur Aktivierung von Prothrombin zu Thrombin vermischt.
Um die Thrombinbildung zu induzieren, können z. B. Lösungen verwendet werden, die
Ca
2+-lonen und zusätzlich z. B. Thromboplastin oder einen Kontaktaktivator, wie z. B.
Kaolin, Phospholipide, Schlangengift, oder Thrombomodulin und aktiviertes Protein
C enthalten. Je nach diagnostischer Fragestellung kann der Fachmann aus der Vielzahl
bekannter Aktivatoren der Blutgerinnung wählen, um entweder einen Teilbereich oder
das gesamte Gerinnungssystem zu betrachten. Die zur Bestimmung des endogenen Thrombins
notwendige Messung der Umsatzkinetik eines Thrombinsubstrats erfordert, dass die zu
untersuchende Probe mit einem Thrombinsubstrat versetzt wird, dass die Thrombinbildung
induziert wird, z. B. durch Zugabe eines Thrombinbildungsaktivators, und dass eine
physikalische oder chemische Eigenschaft des umgesetzten Thrombinsubstrats als Funktion
der Zeit gemessen wird (siehe auch
EP 420 332 B1).
[0022] Als Thrombinsubstrate eignen sich z. B. Oligopeptide, die sich aus einem Teil, der
eine spezifische Erkennungssequenz für Thrombin umfasst, und aus einer abgehenden
Signalgruppe mit einer messbaren physikalischen Eigenschaft zusammensetzen. Bei der
abgehenden Signalgruppe, die bevorzugterweise nach Abspaltung über eine veränderte
physikalische Eigenschaft verfügt, kann es sich z. B. um eine chromophore, chemilumineszierende
oder fluoreszente Gruppe handeln, deren Eigenschaft gemessen werden kann. Bevorzugt
sind chromophore Signalgruppen deren optische Eigenschaft photometrisch bestimmt wird,
wie z. B. para-Nitroanilid (pNA), dessen Absorption nach Abspaltung durch Thrombin
bei einer Wellenlänge von 405 nm gemessen werden kann.
[0023] Bevorzugterweise erfolgt die Bestimmung der Konzentration oder Aktivität von endogenem
Thrombin anhand des sogenannten endogenen Thrombinpotenzials (ETP). Dazu wird, nachdem
die Reaktions-Lag-Phase bestimmt wurde, die Fläche unter der ersten Ableitung der
Signal-Zeit-Kurve bestimmt. Eine besonders bevorzugte Variante der Bestimmung des
endogenen Thrombinpotenzials ist in
EP 1 669 761 A2 beschrieben.
[0024] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Gerät, das imstande ist, das erfindungsgemäße
Verfahren zur Bestimmung der Aktivität oder Konzentration eines Analyten automatisch
durchzuführen. Eine solches Gerät zeichnet sich dadurch aus, dass es a) über Mittel
zur Messung des sich infolge der analytabhängigen Reaktion ändernden Signals (x) über
die Zeit (t) verfügt (z. B. ein Photometer, pH-Meter, Dosimeter, Luminometer, Fluorimeter
oder ähnliches), über b) Mittel zur Speicherung der Signal-Zeit-Kurve (z. B. einen
Halbleiterspeicher, ein optisches oder magnetisches Speichermedium wie bspw. eine
Festplatte), über c) Mittel zur Bestimmung des Zeitpunkts t
max der maximalen Steigung der gespeicherten Signal-Zeit-Kurve (z. B. Software, Computerprogramm,
Algorithmus) sowie über Mittel zur Steuerung der Durchführung des Verfahrensschritts
ii) des Verfahrens gemäß Anspruch 1 zur Bestimmung des Zeitpunkts t
lag (z. B. Software, Computerprogramm, Algorithmus). Bevorzugterweise verfügt das Gerät
zusätzlich über Mittel zur Ausgabe von Messergebnissen (z. B. ein elektronisches Anzeigegerät,
einen Monitor, einen Datenschreiber, einen Drucker und/oder Datenfernleitung).
Figurenbeschreibung
Figur 1
[0025] Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase einer Signal-Zeit-Kurve einer Thrombingenerierungsreaktion
in einer Plasmaprobe, die durch Zugabe von Innovin® gestartet wurde. Das obere Diagramm
zeigt die Messwerte [mE] über die Zeit. Die gestrichelte vertikale Linie markiert
den Zeitpunkt t
lag. Das untere Diagramm zeigt die 1. Ableitung dieser Reaktionskinetik. Die gestrichelte
vertikale Linie markiert den Zeitpunkt des Maximums der 1. Ableitung, welcher dem
Zeitpunkt t
max der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve entspricht. Das Maximum der 1. Ableitung
ist c
max = 102,86 mE/min. Für den Grenzwert waren 20 % des maximalen Signals der 1. Ableitung
vorab bestimmt worden. Der sich daraus ergebende Grenzwert von 20,572 mE/min (durchgezogene
horizontale Linie) wird ausgehend von t
max erstmalig bei 0,503 min (= 30,2 s) unterschritten. Dieser Zeitpunkt entspricht t
lag.
Figur 2
[0026] Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase einer Signal-Zeit-Kurve einer Thrombingenerierungsreaktion
in einer Plasmaprobe, die durch Zugabe von Actin@ FS gestartet wurde. Die gestrichelte
vertikale Linie markiert den Zeitpunkt t
lag bei 960,2 Sekunden.
Figur 3
[0027] Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase einer Signal-Zeit-Kurve einer Prothrombinzeit-Gerinnungsreaktion
in einer Plasmaprobe, die durch Zugabe von Innovin® gestartet wurde. Die gestrichelte
vertikale Linie markiert den Zeitpunkt t
lag bei 17,3 Sekunden.
[0028] Die im Folgenden beschriebenen Beispiele dienen der exemplarischen Beleuchtung einzelner
Aspekte dieser Erfindung und sind nicht als Einschränkung zu verstehen:
Beispiele
[0029] Auf einem automatischen Gerinnungsanalyzer (BCS® System, Dade Behring Marburg GmbH,
Marburg, Deutschland) wurden verschiedene bekannte Testverfahren zur Bestimmung verschiedener
Analyten in humanen Plasmaproben durchgeführt. Auf dem Gerät wurde zusätzlich eine
Software installiert, die die automatische Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
zur Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase ermöglichte.
[0030] Zur Bestimmung der Thrombingenerierung wurde eine Plasmaprobe mit einem para-Nitroanilid-gekoppelten
thrombinspezifischen Peptidsubstrat vermischt, und die Thrombingenerierung wurde durch
Zugabe von Innovin® (Reagenz bestehend aus rekombinantem, humanem Gewebefaktor und
einer Mischung von synthetischen Phospholipiden; Dade Behring Marburg GmbH, Marburg,
Deutschland) und CaCl
2 oder durch Zugabe von Actin@ FS (APTT-Reagenz, Dade Behring Marburg GmbH, Marburg,
Deutschland) und CaCl
2 gestartet. Die Reaktionskinetiken sind in Figur 1 bzw. Figur 2 dargestellt. Die Figur
1 zeigt hierbei den vergrößerten Auschnitt der ersten 100 Sekunden Messzeit. Die Gesamtmesszeiten
betrugen im Falle der Aktivierung mit Innovin® 20 Minuten und im Falle der Aktivierung
mit Actin@ FS 50 Minuten. Die Lag-Phase wurde bei Verwendung von Innovin® auf 30,2
Sekunden (Fig. 1) und bei Verwendung von Actin@ FS auf 960,2 Sekunden (Fig. 2) bestimmt.
[0031] Zur Bestimmung der Prothrombinzeit (PT) wurde eine Plasmaprobe mit Innovin® gemäß
Herstellerangaben vermischt. Die Gesamtmesszeit betrug 120 Sekunden. Die Lag-Phase
wurde auf 17,3 Sekunden bestimmt. Das erfindungsgemäße Verfahren zur Bestimmung der
Reaktions-Lag-Phase verhält sich robust gegenüber Signalstörungen und Signalrauschen
am Beginn der Messung und wertet die Lag-Phase korrekt aus (Fig. 3).
1. Verfahren zur Bestimmung der Konzentration oder Aktivität eines Analyten in einer
Probe, das folgende Schritte umfasst:
a) Vermischen der Probe mit mindestens einem Reagenz, wodurch eine analytabhängige
Reaktion in Gang gesetzt wird;
b) Messung eines sich infolge der analytabhängigen Reaktion ändernden Signals (x)
über die Zeit (t) und Speicherung der Signal-Zeit-Kurve;
c) Bestimmung der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve;
d) Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase der Signal-Zeit-Kurve;
e) Bestimmung der Konzentration oder Aktivität des Analyten anhand mindestens eines
Parameters der Signal-Zeit-Kurve, der zeitlich nach der Reaktions-Lag-Phase liegt,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Bestimmung der Reaktions-Lag-Phase erfolgt, indem die Zeitspanne vom Zeitpunkt
des ersten Signals (t
0) bis zum Zeitpunkt t
lag bestimmt wird, wobei
i) zunächst der Zeitpunkt tmax der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve bestimmt wird;
ii) dann ausgehend vom Zeitpunkt tmax der Zeitpunkt tlag bestimmt wird, wobei tlag kleiner ist als tmax und wobei tlag dem Zeitpunkt entspricht, an dem die Steigung der Signal-Zeit-Kurve einen Grenzwert
erstmalig unterschreitet und wobei der Grenzwert einem testspezifischen, vorbestimmten
Bruchteil von der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve entspricht.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass der Grenzwert einem Bruchteil von 1 bis 45 % der maximalen Steigung der Signal-Zeit-Kurve
entspricht.
3. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Konzentration oder Aktivität
eines Analyten in einer biologischen Probe aus der Gruppe Vollblut, Plasma, Serum,
Urin, Faeces, Speichel oder Liquor bestimmt wird.
4. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die analytabhängige Reaktion
eine Antigen-Antikörper-Reaktion oder eine Enzym-Substrat-Reaktion ist.
5. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein Signal aus der Gruppe
Streulicht, Trübung, Fluoreszenz und Chemilumineszenz gemessen wird.
6. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche zur Bestimmung der Konzentration
oder Aktivität von Thrombin.
7. Verfahren gemäß Anspruch 6, wobei die Probe mit einem Reagenz zur Aktivierung von
Prothrombin zu Thrombin vermischt wird.
8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 6 und 7, wobei die Probe mit einem Reagenz enthaltend
ein Thrombinsubstrat vermischt wird.
9. Verfahren gemäß Anspruch 8, wobei ein sich infolge der thrombinabhängigen Substratspaltung
änderndes Signal (x) über die Zeit (t) gemessen wird und die Signal-Zeit-Kurve gespeichert
wird.
10. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 6 bis 9 zur Bestimmung der Bildung und Inhibierung
von endogenem Thrombin.
11. Verfahren gemäß Anspruch 1 zur Bestimmung einer Gerinnungszeit.
12. Verfahren gemäß Anspruch 11 zur Bestimmung einer Gerinnungszeit aus der Gruppe Prothrombinzeit,
aktivierte partielle Thromboplastinzeit, Thrombinzeit, Batroxobinzeit und Ecarinzeit.
13. Gerät zur automatischen Durchführung eines Verfahrens zur Bestimmung der Konzentration
oder Aktivität eines Analyten in einer Probe enthaltend
a) Mittel zur Messung des sich infolge der analytabhängigen Reaktion ändernden Signals
(x) über die Zeit (t),
b) Mittel zur Speicherung der Signal-Zeit-Kurve, sowie
c) Mittel zur Bestimmung des Zeitpunkts tmax der maximalen Steigung der gespeicherten Signal-Zeit-Kurve
dadurch gekennzeichnet, dass es zusätzlich ein Mittel zur Steuerung der Durchführung des Verfahrensschritts ii)
des Verfahrens gemäß Anspruch 1 zur Bestimmung des Zeitpunkts t
lag enthält.
14. Gerät gemäß Anspruch 13 dadurch gekennzeichnet, dass das Mittel zur Steuerung der Durchführung des Verfahrensschritts ii) des Verfahrens
gemäß Anspruch 1 eine installierte Software ist.