[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Fügen oder Lösen eines Befestigungsmittels
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
[0002] Fügeverfahren, insbesondere Schraubverfahren, sind aus der Praxis hinlänglich bekannt.
Bei den üblicherweise automatisierten Schraubvorgängen wird eine Schraube in eine
dafür vorgesehene Ausnehmung einer Aufnahme eingeschraubt. Dies geschieht typischerweise
mit einer entsprechenden Werkzeugvorrichtung.
[0003] Für derartige Vorrichtungen oder Verfahren ist es weiterhin bekannt, über Weg- bzw.
Tiefensignale die Einschraubtiefe der Schraube zu erfassen und zu überwachen. Damit
soll sichergestellt werden, dass die Schraube nur bis zu einer bestimmten Einschraubtiefe
mit einer vorgegebenen Drehzahl oder einem vorgegebenen Drehmoment eingeschraubt wird.
Bekannt ist weiterhin die Erfassung des Drehmoments über geeignete Drehmomentsensoren
oder den Motorstrom. Dadurch kann das Anzugsmoment einer Schraube abgeleitet oder
ermittelt bzw. beschränkt werden. Auch die Erfassung des Drehwinkels beim Einschrauben
einer Schraube an sich ist bekannt.
[0004] Von besonderer Bedeutung bei derartigen Einschraubverfahren ist die Kopfauflage.
Darunter ist die Berührung eines Schraubenkopfes mit der die Schraube aufnehmenden
Aufnahme zu verstehen. Erreicht der Schraubenkopf bei einem Schraubvorgang diese Auflageposition,
so lässt sich die Schraube nur noch geringfügig weiter einschrauben, und das Drehmoment
steigt schnell an. Beim Stand der Technik ist es daher erforderlich, die Einschraubtiefe
der Schraube zu erfassen, um die Position des Schraubenkopfes relativ zur Aufnahme
erfassen bzw. vorhersagen zu können. So kann beispielsweise eine Schraube mit einer
erhöhten Drehzahl bis kurz vor die Kopfauflage eingeschraubt werden, um anschließend
mit verminderter Drehzahl festgezogen zu werden. Die Drehzahlumschaltung dient dabei
der Prozessoptimierung. Sie erfolgt aus Zeitgründen zum spätestmöglichen Zeitpunkt
vor einem Anstieg des Drehmoments. Andererseits muss sichergestellt werden, dass die
Drehzahlumschaltung noch so rechtzeitig erfolgt, dass nicht mit zu hoher Drehzahl
über den Zeitpunkt der Kopfauflage hinaus verschraubt und möglicherweise ein unzulässig
hohes Drehmoment aufgebracht wird. Aus diesem Grunde ist es im Stand der Technik erforderlich,
die genaue Lage des Schraubenkopfes relativ zur Aufnahme zu kennen bzw. zu ermitteln.
[0005] Fertigungs- und applikationsbedingte Bauteiltoleranzen wirken sich dabei nachteilig
auf die exakten Lagebestimmungen des Schraubenkopfes - und somit auf den Fügeprozess
aus. Um alle Bauteiltoleranzen ausreichend zu berücksichtigen, ist es in der Praxis
daher bisher nötig, die Drehzahlumschaltung deutlich vor Erreichen der Kopfauflage
vorzunehmen, obwohl dies tatsächlich nur für die Bauteile mit den größten Fehlertoleranzen
eigentlich erforderlich wäre. Da die Drehzahlumschaltung daher meist früher als tatsächlich
erforderlich erfolgt, wird unnötig lange mit verringerter Drehzahl weiter verschraubt.
Dadurch erhöht sich nachteiligerweise die Zykluszeit. Denkbar ist sogar, dass die
Bauteiltoleranzen so groß sind, dass der komplette Schraubvorgang mit verminderter
Drehzahl durchgeführt werden muss.
[0006] Als alternatives Mittel zur Detektion der Kopfauflage wird in der Praxis eine Drehmomentüberwachung
vorgenommen, Bei ansteigendem Drehmoment wird dabei davon ausgegangen, dass die Schraube
die Kopfauflage erreicht hat, wobei die Schraube bereits anzieht. Bei Verwendung des
Momentes als Kriterium für die Drehzahlumschaltung müsste diese jedoch in einer nicht
realisierbar kurzen Zeit geschehen, um bei der Verschraubung nicht über das Zielmoment
hinaus zu verschrauben. Darüber hinaus erzeugen Schrauben in nicht vorgeschnittenen
Gewinden (selbstformende oder selbstfurchende Schrauben) ein unregelmäßiges und mitunter
hohes Drehmoment bereits vor Erreichen der Kopfauflage, so dass dieses Kriterium zur
Drehzahlumschaltung nicht sinnvoll heranzuziehen ist.
[0007] Damit stellt sich die Aufgabe, ein Verfahren zur besseren Ermittlung der Kopfauflage
einer Schraube anzubieten, welches die vorgenannten Nachteile überwindet. Aufgabe
ist weiterhin die Bereitstellung einer Vorrichtung, mit der das Fügeverfahren unter
optimierter Detektion der Kopfauflage durchführbar ist.
[0008] Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren nach Anspruch 1 und eine Vorrichtung
nach Anspruch 8.
[0009] Die Erfindung geht dabei von der Erkenntnis aus, dass eine Füge- oder auch Lösebewegung
eines Befestigungsmittels relativ zu einer das Befestigungsmittel aufnehmenden Aufnahme
besonders sicher und genau kontrolliert und gesteuert werden kann, wenn dazu ein Differenzenquotient
ΔL/Δt oder ΔL/Δϕ herangezogen wird. ΔL sei dabei eine Wegstrecke, welche das Befestigungsmittel
relativ zur Aufnahme zurücklegt. Δt entspricht der dafür benötigten Zeiteinheit. Alternativ
zu Δt beschreibt dabei Δϕ eine Drehwinkeleinheit, um die sich das Befestigungsmittel
um seine Längsachse dreht, während es die Wegstrecke ΔL zurücklegt. Durch Verwendung
dieses Differenzenquotienten lassen sich die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile
vorteilhaft überwinden und optimale Fügebewegungen für jeden einzelnen Fügefall individuell
sicherstellen. Insbesondere wird das Problem der Bauteiltoleranzen gelöst, da unterschiedliche
Abmessungen (beispielsweise von Schrauben) mit Hilfe des Differenzenquotienten beim
Fügevorgang individuell berücksichtigt werden können und nicht von vornherein einkalkuliert
werden müssen.
[0010] Während beim Differenzenquotienten ΔL/Δt eine Geschwindigkeit und insbesondere eine
Änderung der Vorschubgeschwindigkeit des Befestigungsmittels überwacht wird, erfasst
der Differenzenquotient ΔL/Δϕ den Vorschub des Befestigungsmittels in Abhängigkeit
von seiner Drehbewegung, insbesondere also eines Einschraubwinkels einer Schraube.
Der Vorteil der Verwendung dieser Differenzenquotienten gegenüber dem Stand der Technik
ergibt sich im Wesentlichen wie folgt:
ΔL/Δt
Ein im wesentlichen konstanter Wert ΔL/Δt bedeutet eine im Wesentlichen konstante
Vorschubgeschwindigkeit, mit der ein Befestigungsmittel in eine dafür vorgesehene
Aufnahme eingefügt bzw. aus dieser herausgeführt wird. Trifft das Befestigungsmittel
dabei auf ein Hindernis, so verringert sich oder verschwindet die pro Zeiteinheit
zurückgelegte Wegstrecke, so dass das Hindernis aus der Überwachung dieses Differenzenquotienten
unmittelbar erkannt werden kann. Im Beispielsfall einer Schraube kann dann die Einschraubdrehzahl
unmittelbar reduziert werden, um den weiteren Einschraubvorgang oder das Zielmoment
genauer und sicherer mit einer geringeren Drehzahl anzusteuern. Dagegen liefern die
aus dem Stand der Technik bekannten einfachen Tiefensignale keinen verlässlichen Wert
darüber, ob bei einer bestimmten Einschraubtiefe tatsächlich auch Kopfauflage erreicht
wird, da Einschraubtiefe und Kopfauflage - wie oben beschrieben - toleranzenbedingt
nicht in einem exakten Verhältnis zueinander stehen. Während aus dem Stand der Technik
also die Kopfauflage über die Auswertung des Tiefensignals lediglich "vermutet" wird,
kann durch die erfinderische Verwendung des Differenzenquotienten ΔL/Δt (insbesondere
bei vorzugsweise konstanter Vorschubgeschwindigkeit des Befestigungsmittels) die Kopfauflage
sicher und toleranzenunabhängig erkannt werden.
ΔL/Δϕ
Dieser Differenzenquotient erfasst eine zurückgelegte Wegstrecke pro Drehwinkel des
Befestigungsmittels, was ebenfalls einen typischen Anwendungsfall für eine Schraube
darstellt. Ein konstanter Differenzenquotient ΔL/Δϕ bedeutet auch hier wieder eine
konstante Vorschub- oder Rückhubgeschwindigkeit des Befestigungsmittels. Erreicht
aber beispielsweise eine Schraube mit ihrem Kopf die Aufnahme (Kopfauflage), so legt
die Schraube bei einer weiteren (gegebenenfalls minimalen) Drehbewegung keinen zusätzlichen
Weg ΔL zurück, so dass der Quotient ΔL/Δϕ stark oder bis auf Null abfällt. Durch Überwachung
des Differenzenquotienten ΔL/Δϕ kann im Gegensatz zum Stand der Technik die Kopfauflage
ebenfalls sicher und toleranzenunabhängig erkannt werden, wobei dieser Quotient noch
einen weiteren Vorteil bietet:
Da bei einem störungsfreien Einschraubvorgang der Wegabschnitt L in einem festen Verhältnis
zum Drehwinkel Δϕ steht, kann vorteilhafterweise auch mit unterschiedlichen oder beliebig
verlaufenden Drehzahlen während des Einschraubvorganges gearbeitet werden, ohne auf
den Differenzenquotienten ΔL/Δϕ Einfluss zu nehmen. Erst bei Erreichen der Kopfauflage
wird dieses Verhältnis gestört, so dass durch entsprechende Auswertung insbesondere
eine Umschaltung der Einschraubdrehzahl vorgenommen werden kann. Bis zum Erreichen
der Kopfauflage kann dagegen mit erhöhter Drehzahl eingeschraubt und damit der Prozess
beschleunigt und optimiert werden.
[0011] Gegenüber dem Stand der Technik zeichnet sich die Verwendung des Differenzenquotienten
ΔL/Δϕ auch dadurch aus, dass sie der Drehmomentüberwachung klar überlegen ist. Bekannt
ist aus dem Stand der Technik, die Kopfauflage durch einen Anstieg des Einschraubdrehmoments
zu detektieren (Drehmomentsensor oder Motorstrom). Tatsächlich tritt die Kopfauflage
jedoch meist nicht zeitgleich mit dem Anstieg des Drehmoments auf, sondern bereits
vorher. Der Grund liegt in einem gewissen Gewindespiel zwischen dem Innengewinde der
Aufnahme und dem Außengewinde der Schraube. Beim Einschraubvorgang liegt die Schraube
typischerweise auf den zum Schraubenkopf gewandten Flanken des Innengewindes auf und
gleitet auf diesen entlang der Schraubbewegung in die Tiefe. Nach Erreichen der Kopfauflage
dreht sich die Schraube zunächst um einen gewissen Winkelanteil weiter, bevor die
vom Schraubenkopf fortweisenden Gewindeflanken des Innengewindes der Aufnahme durch
das Schraubengewinde kontaktiert werden. Erst dann entsteht die eigentliche Verspannung
zwischen Schraubenkopf und den Gewindeflanken mit dem daraus folgenden Anstieg des
Drehmoments. Die Überwachung des Einschraubdrehmoments ermittelt also nicht die tatsächliche
Kopfauflage, sondern erst den eintretenden Verspannungszustand, der der Kopfauflage
zeitlich nachgeordnet eintritt. Beim Stand der Technik, der aus dem Anstieg des Drehmoments
auf die Kopfauflage schließt, erfolgt die Reduzierung der Einschraubdrehzahl daher
zwangsläufig bei ansteigendem Drehmoment und - je nach absoluter Drehzahl - möglicherweise
zu spät, um nicht über das Zielmoment hinaus zu verschrauben. Die erfindungsgemäße
Detektion der Kopfauflage mit Hilfe des Differenzenquotienten ΔL/Δϕ hingegen erlaubt
die Umschaltung der Drehzahl noch bevor ein nennenswertes Anzugsmoment der Schraube
überhaupt auftritt. Dies gewährleistet gleichbleibende und gute Fertigungsqualität
gegenüber dem bisher bekannten Verfahren.
[0012] Der Differenzenquotient ΔL/Δϕ löst darüber hinaus noch ein weiteres Problem aus dem
Stand der Technik, bei dem mit Hilfe der Drehmomentüberwachung auf die Kopfauflage
geschlossen wird. In schwergängigen Gewinden oder bei selbstformenden oder selbstfurchenden
Schrauben schwankt das Drehmoment mitunter erheblich und kann bei Übersteigen eines
gesetzten Grenzwertes fehlerhafterweise die Kopfauflage signalisieren, obwohl diese
nicht gegeben ist. Durch den erfindungsgemäßen Bezug der Wegstrecke ΔL zum Drehwinkel
Δϕ und seiner Überwachung wird dieser Fehler sicher ausgeschlossen.
[0013] Eine einfachste Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Fügen oder Lösen
eines Befestigungsmittels, relativ zu einer zugehörigen Aufnahme, sieht dabei vor,
dass das Befestigungsmittel entlang einer Längsachse über einen Weg in die Aufnahme
eingebracht oder aus dieser herausgelöst wird. Dabei soll gegenüber dem Stand der
Technik die Steuerung der Füge- bzw. Lösebewegung des Befestigungsmittels relativ
zur Aufnahme unter Nutzung des Differenzenquotienten ΔL/Δt oder ΔL/Δϕ erfolgen. Wie
bereits erwähnt, beschreibt Δt dabei die Zeiteinheit bzw. Δϕ die Drehwinkeleinheit
des um seine Längsachse gedrehten Befestigungsmittels, während derer das Befestigungsmittel
die Wegstrecke ΔL relativ zur Aufnahme zurücklegt.
[0014] Nach einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens ist das Befestigungsmittel
dabei eine mit einem Gewinde versehene Schraube, welche zum Fügen in die Aufnahme
eingeschraubt wird. Dies geschieht mit wenigstens einer - vorzugsweise konstanten
- Drehzahl. Die Verwendung einer konstanten Drehzahl erlaubt vorteilhaft die wahlweise
Verwendung des Differenzenquotienten ΔL/Δϕ oder auch ΔL/Δt, da letzterer bei konstanter
Drehzahl bis zur Kopfauflage einen ebenfalls konstanten Wert ergibt. Für den Differenzenquotienten
ΔL/Δϕ gilt diese Einschränkung auf Grund der zeitlichen Unabhängigkeit der Wegstrecke
ΔL vom Drehwinkel Δϕ vorteilhafterweise ohnehin nicht.
[0015] Obwohl die Verwendung der vorgeschriebenen Differenzenquotienten generell für Fügeverfahren
vorteilhaft genutzt werden können, besteht eine besonders vorteilhafte Ausführungsform
darin, eine Schraube als Befestigungsmittel zu verwenden mit einem Kopf, dessen Ausdehnung
senkrecht zur Längsachse der Schraube größer ist als der Außendurchmesser des Schraubengewindes.
Dadurch ergibt sich beim Einschrauben zwingend eine Kopfauflage, deren Detektion mit
Hilfe der vorgeschriebenen Verfahren besonders einfach und vorteilhaft möglich wird.
[0016] Zur Ermittlung der Auflage (Kopfauflage) des Schraubenkopfes auf einer Anlagefläche
der Aufnahme bieten sich erfindungsgemäß die folgenden Verfahrensschritte an:
- a) Einschrauben der Schraube in die Aufnahme mit einer Einschraubdrehzahl,
- b) Wiederholte oder permanente Ermittlung des Differenzenquotienten ΔL/Δt oder ΔL/Δϕ,
und
- c) Bestimmung der Kopfauflage durch Überwachung des Differenzenquotienten ΔL/Δt oder
ΔL/Δϕ auf eine Wertänderung.
[0017] Gemäß Merkmal c) soll der Differenzenquotient auf eine Wertänderung hin überwacht
werden, um daraus auf die Kopfauflage zu schließen. Die Ermittlung des Differenzenquotienten
kann dabei zyklisch oder im Wesentlichen permanent erfolgen, so dass Änderungen des
Differenzenquotienten auch im Millisekundenbereich sofort erkennbar werden. Selbstverständlich
kann die Ermittlung des Differenzenquotienten durch geeignete Grenzwerte oder Toleranzen
auf den jeweiligen Fügevorgang abgestimmt werden, was durch Vorgabe geeigneter Parameter,
beispielsweise in einer Steuereinheit, realisiert werden kann.
[0018] In Fortführung des erfinderischen Verfahrensablaufes kann die Einschraubdrehzahl
nach detektierter Kopfauflage erfindungsgemäß angepasst - und insbesondere reduziert
- werden. Damit wird das Verfahren den Anforderungen gerecht, einen zeitlich optimierten
Fügevorgang anzubieten, und jeweils mit optimaler Einschraubdrehzahl zu arbeiten.
Insbesondere kann die Anpassung der Einschraubdrehzahl nach Erreichen der Kopfauflage
so schnell (notfalls in Sekundenbruchteilen) erfolgen, dass das zuvor beschriebene
Anzugsmoment beim Verspannen der Schraube erst auftritt, wenn die angepasste Drehzahl
bereits eingestellt bzw. vorgegeben ist. Wie bereits beschrieben, wird dadurch sichergestellt,
dass die Verschraubung nicht mit ungeeignet hoher Drehzahl erfolgt und beispielsweise
das Zielmoment überschritten wird.
[0019] Neben der Überwachung auf Erreichen der Kopfauflage ist das erfindungsgemäße Verfahren
auch zur Prozessüberwachung von Bedeutung. So kann bei Erreichen eines (weitgehend
beliebigen) Verschraubungs-Abschaltkriteriums mit Hilfe des Verlaufs oder des aktuellen
Wertes des Differenzenquotienten der Status des Verschraubungszustands bzw. -vorgangs
ermittelt und überwacht werden.
[0020] Wenn beispielsweise eine Schraube mit einem bestimmten Zielmoment festgezogen werden
soll, kann mit Hilfe des Differenzenquotienten überwacht werden, ob die Vorschubgeschwindigkeit
der Schraube bei erreichen des Zielmoments (und damit bei Abschaltung) null war, also
Kopfauflage tatsächlich vorlag. Nur dann ist bspw. eine gewünschte Vorspannung in
der Schraube aufbringbar. Damit kann weitestgehend ausgeschlossen werden, dass eine
schwergängige Schraube, die schon vor Kopfauflage ihr Zielmoment erreicht hat, als
Gutverschraubung (IO) eingestuft wird. Ein solcher Fall tritt beispielsweise auf,
wenn bei selbstfurchenden Schrauben der Durchmesser des vorgebohrten Loches zu klein
ist oder verschmutzt ist, was aus fertigungstechnischen Gründen nicht ausgeschlossen
werden kann.
[0021] Generell lässt sich mit Hilfe des Differenzenquotienten feststellen, ob eine Schraube
bspw. pro Drehwinkel einen Vorschub macht, also weiter eingeschraubt wird, oder nicht,
also steht bzw. feststeckt. Auch lässt sich damit erkennen (ggfls. auch in Verbindung
mit einer Tiefenmessung), ob eine ermitteltes Moment aus der Kopfauflage oder aus
anderen Gründen resultiert (bspw. schwergängige Schraube, sonstige Blockierung).
[0022] Eine erfindungsgemäße Vorrichtung, die insbesondere zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens geeignet ist, soll dementsprechend aufweisen:
- a) Antriebsmittel zum Fügen oder Lösen des Befestigungsmittels in seiner Längsrichtung
entlang eines Weges in die Aufnahme oder aus dieser heraus,
- b) eine Steuereinheit zur Steuerung der Antriebsmittel,
- c) Sensormittel zur Erfassung einer vom Befestigungsmittel relativ zur Aufnahme zurückgelegten
Wegstrecke ΔL, und
- d) Sensormittel zur Erfassung der Zeit Δt, während derer das Befestigungsmittel die
Wegstrecke ΔL zurücklegt und/oder Sensormittel zur Erfassung des Drehwinkels Δϕ, um
welche sich das Befestigungsmittel während der zurücklegten Wegstrecke ΔL um seine
Längsachse dreht.
[0023] Erfindungsgemäß ist die Steuereinheit dabei zur Bildung des Differenzenquotienten
ΔL/Δt bzw. ΔL/Δϕ ausgebildet, wodurch die vorbeschriebenen Vorteile gegenüber dem
Stand der Technik realisierbar sind.
[0024] Es versteht sich von selbst, dass der Fachmann geeignete Sensormittel zur Erfassung
der einzelnen Werte (ΔL, Δt, Δϕ) bereitstellen wird, um den Differenzenquotienten
zu bilden.
[0025] Weitere vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0026] Nachfolgend soll die Erfindung anhand eines Figurenbeispiels näher erläutert werden.
[0027] Dabei zeigt:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einzelner Messwerte über der Zeit, und
- Fig.2
- einen Anwendungsfall des Verfahrens für eine Schraube.
[0028] In Fig. 1 ist in schematischer Darstellung der Verlauf von typischen Größen eines
Verschraubungsverfahrens über der Zeit zu erkennen. Die Zeitachse t umfasst dabei
den Bereich der weitgehend störungsfreien Verschraubung einer Schraube in die zugehörige
Aufnahme über den Moment der Kopfauflage (t
K) hinaus, bis zum Moment des Drehmomentanstiegs auf Grund der Verspannung.
[0029] Im obersten Schaubild ist dabei der Drehmomentverlauf dargestellt. Zu erkennen ist
ein um einen im Wesentlichen konstanten Wert leicht schwankendes Drehmoment. Die Schwankungen
können beispielsweise aus Ungenauigkeiten im Gewinde oder Unrundheiten resultieren.
Das Drehmoment behält diesen weitgehend konstanten Wert bei, bis der Schraubenkopf
die Aufnahme erreicht (Kopfauflage t
K). Bis zum Eintritt der tatsächlichen Verspannung behält das Drehmoment auch über
den Zeitpunkt t
K seinen vorherigen Wert und steigt erst mit Eintritt der eigentlichen Verspannung
steil an.
[0030] Im darunterliegenden Schaubild ist der Drehwinkel
φ dargestellt, der hier über die Zeit aufgetragen wurde und - bei konstanter Einschraubdrehzahl
- einen idealisiert linearen Anstieg wiedergibt.
[0031] Die darunter dargestellte Einschraubtiefe L verläuft (wiederum bei als konstant angenommener
Einschraubdrehzahl) linear ansteigend bis zum Moment der Kopfauflage t
K. Ab dann legt die Schraube keinen weiteren Weg zurück, da die Kopfauflage dies blockiert.
[0032] Im untersten Schaubild schließlich ist der Differenzenquotient ΔL/Δϕ bzw. ΔL/Δt dargestellt.
Der Verlauf ΔL/Δt ist unmittelbar aus dem darüber gezeigten Schaubild ersichtlich.
Der Differenzenquotient bleibt solange konstant, wie die Einschraubtiefe in gleicher
Weise zunimmt wie die Zeit. Ändert sich dieses Verhältnis ab t
K, so verändert sich der Quotient ΔL/Δt im wesentlichen auf Null. In Zusammenschau
der Diagramme für den Drehwinkel
φ und die Einschraubtiefe L ergibt sich auch der Verlauf des Differenzenquotienten
ΔL/Δϕ, der ebenfalls bis zum Zeitpunkt t
K konstant bleibt und mit Erreichen dieser Kopfauflage abfällt.
[0033] Diese Veränderung des Differenzenquotienten ΔL/Δϕ oder ΔL/Δt kann erfindungsgemäß
zur Detektion der Kopfauflage herangezogen werden und überwindet die vorbeschriebenen
Nachteile aus dem Stand der Technik.
[0034] Fig. 2 zeigt in schematischer Darstellung eine mögliche Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens. Dabei soll eine Schraube S in eine Aufnahme A eingeschraubt werden, wobei
die Schraube S an ihrem oberen Ende einen Kopf K aufweist. Die Schraube S soll um
ihre Längsachse Z mit einem Drehwinkel
φ eingeschraubt werden, wobei sie in Richtung Z einen Weg L zurücklegt. Durch Erfassung
von Wegabschnitten L in Verbindung mit Drehwinkelabschnitten Δϕ oder Zeitabschnitten
Δt lässt sich der Moment der Kopfauflage, also wenn der Kopf K auf der nach oben gewandten
Auflagefläche der Aufnahme A aufsitzt, in erfinderischer Weise ermitteln und zur Optimierung
eines solchen Fügeprozesses heranziehen.
1. Verfahren zum Fügen oder Lösen eines Befestigungsmittels (S) relativ zu einer zugehörigen
Aufnahme (A), wobei das Befestigungsmittel (S) entlang seiner Längsachse (Z) über
einen Weg (L) in die Aufnahme (A) eingebracht oder aus dieser herausgelöst wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Steuerung der Füge- bzw. Lösebewegung des Befestigungsmittels (S) relativ zur
Aufnahme (A) erfolgt unter Nutzung des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) oder (ΔL/Δϕ),
wobei
(Δt) die Zeiteinheit
bzw.
(Δϕ) die Drehwinkeleinheit des um seine Längsachse (Z) gedrehten Befestigungsmittels
(S) darstellt,
während derer das Befestigungsmittel (S) die Wegstrecke (ΔL) relativ zur Aufnahme
(A) zurückgelegt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Befestigungsmittel eine mit einem Gewinde versehene Schraube (S) ist, welche
zum Fügen in die Aufnahme (A) mit wenigstens einer vorzugsweise konstanten Drehzahl
(n) eingeschraubt wird.
3. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die Schraube einen Kopf (K) aufweist, dessen Ausdehnung senkrecht zur Richtung (Z)
größer ist als der Gewindeaußendurchmesser.
4. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch zur Ermittlung der Auflage (Kopfauflage)
des Schraubenkopfes (K) auf einer Anlagefläche der Aufnahme (A),
gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte:
a) Einschrauben der Schraube (S) in die Aufnahme mit einer Einschraubdrehzahl (n)
b) Wiederholte oder permanente Ermittlung des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) oder (ΔL/Δϕ)
c) Bestimmung der Kopfauflage durch Überwachung des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) oder (ΔL/Δϕ) auf eine Wertänderung.
5. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die Einschraubdrehzahl (n) im wesentlichen konstant ist und die Bestimmung der Kopfauflage
erfolgt durch Überwachung des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) auf eine Wertänderung.
6. Verfahren nach einem der beiden vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einschraubdrehzahl (n) nach detektierter Kopfauflage angepasst, insbesondere
reduziert, wird.
7. Verfahren nach einem der drei vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Verlauf und/oder der absolute Wert des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) oder (ΔL/Δϕ)
zur Auswertung des Verschraubungszustands verwendet wird, insbesondere durch Prüfung
auf Erreichen der Kopfauflage bei Eintritt eines im Wesentlichen beliebigen Abschaltkriteriums.
8. Vorrichtung zum Fügen oder Lösen eines Befestigungsmittels (S) relativ zu einer zugehörigen
Aufnahme (A), insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorigen
Ansprüche, aufweisend
a) Antriebsmittel zum Fügen oder Lösen des Befestigungsmittels (S) in seiner Längsrichtung
(Z) entlang eines Weges (L) in die Aufnahme (A) oder aus dieser heraus,
b) eine Steuereinheit zur Steuerung der Antriebsmittel,
c) Sensormittel zur Erfassung einer vom Befestigungsmittel (S) relativ zur Aufnahme
(A) zurückgelegten Wegstrecke (ΔL),
d) Sensormittel zur Erfassung der Zeit (Δt), während derer das Befestigungsmittel
(S) die Wegstrecke (ΔL) zurücklegt und/oder Sensormittel zur Erfassung des Drehwinkels
(Δϕ), um welche sich das Befestigungsmittel (S) während der zurücklegten Wegstrecke
(ΔL) um seine Längsachse (Z) dreht,
dadurch gekennzeichnet, dass
e) die Steuereinheit zur Bildung des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) oder (ΔL/Δϕ) ausgebildet
ist.
9. Vorrichtung nach dem vorhergehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit zur Ermittlung der Auflage (Kopfauflage) des Kopfes (K) eines als
Schraube (S) ausgeführten Befestigungsmittels auf einer Anlagefläche der Aufnahme
(A) durch Überwachung des Differenzenquotienten (ΔL/Δt) oder (ΔL/Δϕ) auf eine Wertänderung
ausgebildet ist.