[0001] Die Erfindung betrifft eine Gasverflüssigungsanlage, insbesondere eine Erdgasverflüssigungsanlage,
und bezieht sich auf die Bereitstellung elektrischer Energie für den unterbrechungsfreien
Betrieb einer solchen Gasverflüssigungsanlage. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren
zum unterbrechungsfreien Betrieb einer Gasverflüssigungsanlage.
[0002] Als verflüssigtes Erdgas (Abkürzung LNG für engl. liquefied natural gas) bezeichnet
man durch Abkühlung verflüssigtes Erdgas. LNG hat weniger als 1/600stel des Volumens
von Erdgas bei atmosphärischem Druck und eignet sich daher besonders zu Transport-
und Lagerungszwecken; als Brennstoff kann es in diesem Aggregatzustand nicht verwendet
werden.
[0003] In Kraftwerken, die einer Anlage zur Verflüssigung leichter Kohlenwasserstoffe, wie
z.B. Erdgas, vorgeschaltet sind, kommen üblicherweise mit Erdgas befeuerte Gasturbinen
sowie gegebenenfalls Dampfturbinen zum Einsatz, um über die angekuppelten Generatoren
die elektrische Energie bereitzustellen, die motorgetrieben benötigt wird.
[0004] In konventionellen Erdgasverflüssigungsanlagen werden die Turboverdichter für den
Kältemittelkreislauf durch direkt gekuppelte Gasturbinen angetrieben.
[0005] Gattungsmäßige Nachteile dieser Anlagen sind Produktionsausfall bei den erforderlichen
regelmäßigen Wartungsarbeiten an den Gasturbinen, schwieriges An- oder Wiederanfahren
der Verdichter mit Einwellengasturbinen, sowie die direkte Abhängigkeit der Größe
und der Leistungsabgabe der Kältemittelverdichter von den typgeprüften Gasturbinen
selbst, deren Wellenleistung wiederum von täglich schwankenden oder saisonal sich
ändernden Umgebungsbedingungen abhängt.
[0006] Zur Vermeidung dieser Nachteile werden in neueren Anlagen die Kältemittelverdichter
durch wartungsfreie drehzahlgeregelte Elektromotoren angetrieben. Ein von einer Gas-
oder Dampfturbine angetriebener elektrischer Generator liefert die elektrische Leistung
für diese Motoren; vorgeschaltete statische Frequenzumrichter erlauben einen sanften
Anlauf und drehzahlgeregelten Betrieb. Man spricht dann auch von einer eLNG-Anlage
(e für
electric).
[0007] Die
US 7 114 351 B2 beschreibt eine solche Anlage zur Bereitstellung der elektrischen Leistung für die
Antriebe der Kältemittelverdichter eines LNG-Prozesses. Hierbei wird in einem ersten
Schritt die elektrische Leistung für den Prozess der Verflüssigung gasförmiger leichter
Kohlenwasserstoffe aus einer Quelle bereitgestellt und in einem zweiten Schritt ein
Kältemittel in einem Kältemittelverdichter verdichtet, der durch einen Elektromotor
angetrieben wird, unter Verwendung der im ersten Schritt erzeugten elektrischen Leistung.
[0008] Elektromotoren liefern ihre Nennleistung unter verschiedenen Betriebsbedingungen,
was einen Dauerbetrieb der Kältemittelverdichter ermöglicht, selbst bei wechselnden
Umgebungsbedingungen, unterschiedlichem Gas, oder unterschiedlichen Lufteingangstemperaturen
an den Gasturbinen. Die
US 7 114 351 B2 führt weiter aus, dass eine plötzlich ausfallende Gasturbine durch eine oder auch
mehrere zusätzliche Gasturbinen im Standby, bzw. einen oder auch mehrere zusätzliche
Turbosätze im Standby, ersetzt werden könne. Der Nachteil dieser Methode ist aber,
dass der LNG Produktionsprozess dann aber bereits zusammengebrochen ist und es einige
Stunden dauert, bis der betroffene Kältemittelverdichter wieder angefahren und thermisch
stabilisiert ist. Man hat also insbesondere Unterbrechungen bzw. Stillstandszeiten
in Kauf zu nehmen.
[0009] Aufgabe der Erfindung ist daher die Angabe einer hochverfügbaren Gasverflüssigungsanlage
sowie ein Verfahren für den unterbrechungsfreien Betrieb einer Gasverflüssigungsanlage.
[0010] Erfindungsgemäß wird die auf den unterbrechungsfreien Betrieb einer Gasverflüssigungsanlage
gerichtete Aufgabe gelöst durch eine Gasverflüssigungsanlage, umfassend einen Energieerzeugungsteil,
einen Übertragungsteil, einen Kältemittelverdichterteil und eine Regeleinrichtung,
wobei der Energieerzeugungsteil eine Anzahl von Turbosätzen und der Kältemittelverdichterteil
mindestens einen Kältemittelverdichter und einen an den Kältemittelverdichter angekoppelten
Antriebsmotor zum elektrischen Antrieb des Kältemittelverdichters aufweisen, der Übertragungsteil
die im Energieerzeugungsteil erzeugte Leistung dem Kältemittelverdichterteil zur Verfügung
stellt und die Regeleinrichtung mit dem Energieerzeugungsteil und dem Kältemittelverdichterteil
verbunden ist, wobei über die Regeleinrichtung im Normalbetrieb die für den Nennbedarf
erforderliche Leistung durch den Teil- oder Volllastbetrieb aller Turbosätze bereitstellbar
ist, und die Anzahl der Turbosätze die Mindestanzahl übersteigt, die notwendig ist,
die Kontinuität des Betriebs des Kältemittelverdichterteils sicherzustellen.
[0011] Die Erfindung beruht demnach auf dem Gedanken, einen zusätzlichen Turbosatz, gemessen
am Gesamt-Leistungsbedarf der eLNG-Anlage, dem n+1 Prinzip folgend, zu installieren.
Dieser Turbosatz ist
kein Standby-Turbosatz. Alle zum Betrieb der eLNG-Anlage notwendigen Turbosätze, einschließlich
dem n+1ten Turbosatz, arbeiten im ungestörten bzw. Normalzustand der Anlage im Teillastbetrieb,
d.h. es wird jeweils so viel rotierende Reserve vorgehalten, dass der Ausfall eines
Turbosatzes regelungstechnisch ausgeglichen werden kann. Dabei können einer oder mehrere
designierte Turbosätze die Frequenzregelung übernehmen und alle operativen Turbosätze
werden im Normalfall gleichmäßig belastet. Bei Schutzabschaltungen (trip) einer Turbine
oder eines Generators entscheidet eine Regeleinrichtung (dynamischer Lastrechner),
ob Maßnahmen zur Stabilisierung des Inselnetzes eingeleitet werden müssen oder nicht.
[0012] Der für den Betrieb der eLNG-Anlage schwerwiegendste zu erwartende Fehler ist der
ungeplante Ausfall eines Turbosatzes im Energieerzeugungsteil, also im Inselkraftwerk
- Schutzabschaltungen von Verdichterantrieben sind in ihren Auswirkungen untergeordnet
und bei Notabschaltungen in der Prozessanlage kann der Betrieb unter Umständen nicht
aufrechterhalten werden. Prinzipiell kann aber auch eine partielle Notabschaltung
(ESD,
emergency shut down) in der Prozessanlage in den Algorithmus des dynamischen Lastrechners mit einbezogen
werden.
[0013] Die damit prinzipiell mögliche unterbrechungsfreie Betriebsdauer der Gasverflüssigungsanlage
wird durch Wegfall notwendiger Wartungsarbeiten an den Gasturbinen im Energieerzeugungsteil
von bisher ein bis zwei auf mehr als fünf Jahre erhöht. Einer Erhöhung der voraussehbaren
produktiven Tage von circa 340 (bisheriger Erfahrungswert mit direkt getriebenen Gasverflüssigungsanlagen)
auf 365 pro Jahr stehen dann nur noch ungeplante (Stör-)Abschaltungen entgegen.
[0014] Bei Einsatz von drehzahlgeregelten (stromrichtergespeisten) Elektromotoren und Speisung
derselben aus einem modernen GuD-Kraftwerk erhöht sich der thermische Wirkungsgrad
der Anlage und der Ausstoß von Treibhausgasen wird reduziert.
[0015] Durch geeignete Auslegung der Antriebsanlagen können die Kältemittelverdichter nach
einer prozessbedingten Abschaltung innerhalb von 10 bis 30 Minuten anstatt in 8 bis
12 Stunden im Fall von Standby-Turbinen oder Festdrehzahl-Elektromotoren mit Anfahrumrichtern
wieder angefahren werden, ohne die Verdichter zu entlasten und ohne Kältemittel abzufackeln.
[0016] Bei entsprechender Auslegung des speisenden Inselkraftwerks und Integration der beteiligten
Automatisierungssysteme (z. B. Kraftwerk, Stromrichterantriebe, Verdichter) kann die
Produktion der eLNG-Anlage auch während der Störabschaltung eines Generators im Kraftwerk
unterbrechungsfrei aufrechterhalten werden.
[0017] Das Personengefährdungspotenzial wird durch Verlagerung von Wartungsarbeiten aus
dem explosionsgefährdeten Prozessbereich in den Kraftwerksbereich reduziert.
[0018] Die Einengung der Verdichterauswahlkriterien auf die Drehzahl und Leistung der Gasturbinen
weicht bei Einsatz von anwendungsspezifisch ausgelegten drehzahlgeregelten Elektromotoren
einer Optimierung nach Prozessgegebenheiten.
[0019] Im erfinderischen Verfahren zum unterbrechungsfreien Betrieb einer Gasverflüssigungsanlage,
umfassend einen Energieerzeugungsteil, einen Übertragungsteil, einen Kältemittelverdichterteil
und eine Regeleinrichtung, wobei der Energieerzeugungsteil eine Anzahl von Turbosätzen
und der Kältemittelverdichterteil mindestens einen Kältemittelverdichter und einen
an den Kältemittelverdichter angekoppelten Antriebsmotor zum elektrischen Antrieb
des Kältemittelverdichters mit einem elektrischen Nennbedarf aufweisen, der Übertragungsteil
die im Energieerzeugungsteil erzeugte Leistung dem Kältemittelverdichterteil zur Verfügung
stellt, und die Regeleinrichtung mit dem Energieerzeugungsteil und dem Kältemittelverdichterteil
verbunden ist, wird im Normalbetrieb die für den Nennbedarf erforderliche Leistung
durch den Teil- oder Volllastbetrieb aller Turbosätze bereitgestellt, wobei die Anzahl
der Turbosätze die Mindestanzahl übersteigt, die notwendig ist, die Stabilität des
Betriebs des Kältemittelverdichterteils sicherzustellen.
[0020] Vorteilhafterweise werden alle zum Betrieb der Gasverflüssigungsanlage notwendigen
Turbosätze im Normalbetrieb der Verflüssigungsanlage und der Turbosätze bei Teillast
betrieben.
[0021] Vorzugsweise werden alle operativen Generatoren im Normalfall gleichmäßig belastet
werden.
[0022] Damit die Regeleinrichtung schnell und exakt arbeitet, ist es zweckmäßig, dass die
Regeleinrichtung kontinuierlich Informationen aus der Kraftwerksleittechnik und aus
der Verdichterleittechnik erhält.
[0023] Ein unterbrechungsfreier Betrieb der Gasverflüssigungsanlage lässt sich am ehesten
dadurch erreichen, dass die Turbosätze so betrieben werden, dass eine vorgehaltene
positive oder negative Leistungsreserve den Ausfall der größten Turbomaschine deckt,
wobei die positive Leistungsreserve den Ausfall eines Generators deckt und die negative
Leistungsreserve den Ausfall eines Motor-Verdichterstrangs des Kältemittelverdichterteils.
[0024] Bei Ausfall eines Turbosatzes wird vorzugsweise die Verdichterantriebsdrehzahl abgesenkt,
wenn eine zuvor bestimmte gesamte positive Lastreserve kleiner ist, als die erbrachte
Leistung des Turbosatzes vor dem Ausfall. (Der quadratischen Lastkennlinie der Turboverdichter
folgend, reduziert sich die von den Elektromotoren aufgenommene Leistung mit der dritten
Potenz der Drehzahl).
[0025] Wird auch durch die Reduzierung der Verdichterantriebsdrehzahl der aktuelle Energiebedarf
des Kältemittelverdichterteils nicht gedeckt, ist es zweckmäßig, vorbestimmte elektrische
Verbraucher der Gasverflüssigungsanlage abzuschalten (englisch load shedding).
[0026] Der weitestgehend unterbrechungsfreie Betrieb der Gasverflüssigungsanlage bei ungewollter
Abschaltung von Teilanlagen im Verflüssigungsprozess oder beim Überschreiten der vorgegebenen
Grenzwerte für die Netzfrequenz und deren zeitlicher Änderung, Spannung und Phasenwinkel
im Energieversorgungsnetz der Gasverflüssigungsanlage kann dadurch sichergestellt
werden, dass vorbestimmte Turbinen abgeschaltet werden.
[0027] Ist die negative Lastreserve kleiner als der Energiebedarf des größten Kältemittelverdichters
und fällt entweder ein Kältemittelverdichter aus oder überschreiten die vorgegebenen
Grenzwerte für die Netzfrequenz und deren zeitlicher Änderung, Spannung und Phasenwinkel
im Energieversorgungsnetz der Gasverflüssigungsanlage eine vorgegebene Grenze, ist
es zweckmäßig, vorbestimmte Turbinen abzuschalten.
[0028] Die Erfindung wird beispielhaft anhand der Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen
schematisch und nicht maßstäblich:
- Figur 1
- eLNG-Anlagenkonzept
- Figur 2
- Lastrechner-Algorithmus der Regeleinrichtung für die positive Lastreserve
- Figur 3
- Lastrechner-Algorithmus der Regeleinrechnung für die Reduzierung der Drehzahl der
Verdichtereinheiten
- Figur 4
- Lastrechner-Algorithmus der Regeleinrichtung für die Abschaltung vorgewählter Turbinen
- Figur 5
- Turbinenauslastung in konventionellem Energieerzeugungsteil einer Gasverflüssigungsanlage
- Figur 6
- Turbinenauslastung im Energieerzeugungsteil einer Gasverflüssigungsanlage mit Standby-Turbine
- Figur 7
- Turbinenauslastung im Energieerzeugungsteil einer Gasverflüssigungsanlage mit n+1
Turbinen im Teillastbetrieb
- Figur 8
- alternative Turbinenauslastung im Energieerzeugungsteil einer Gasverflüssigungsanlage
mit n+1 Turbinen
[0029] Die Figur 1 zeigt eine integrierte Lösung für eine Gasverflüssigungsanlage 1 mit
einem Inselkraftwerk 23 als Energieerzeugungsteil 2, einem Übertragungsteil 3 für
die Verteilung der Energie und einem Kältemittelverdichterteil 4. Eine Regeleinrichtung
5 ist mit dem Energieerzeugungsteil 2, dem Übertragungsteil 3 und dem Kältemittelverdichterteil
4 verbunden.
[0030] Der Energieerzeugungsteil 2 umfasst drei Turbosätze 6, mit jeweils einer Turbine
10 und einem Generator 12, die über eine Welle 11 verbunden sind. Der Energieerzeugungsteil
2 kann aber auch weniger als drei oder mehr als drei Turbosätze 6 umfassen.
[0031] Die Turbosätze 6 sind über jeweils einen elektrischen Transformator 13 mit der Kraftwerksstromschiene
15 des Übertragungsteils 3 verbunden, welcher die elektrische Energie den Motoren
im Kältemittelverdichterteil 4 und/oder anderen Verbrauchern 26 zur Verfügung stellt.
[0032] Im Kältemittelverdichterteil 4 werden über Stromrichtertransformatoren 14 und Stromrichter
16 die drehzahlveränderbaren Elektromotoren 8 der Kältemittelverdichter 7 angetrieben.
Antriebsmotoren 8 und Kältemittelverdichter 7 sind über Wellen 17 verbunden und bilden
Motor-Verdichterstränge 9, die letztlich die Kältemittelzirkulation und Kühlung des
Erdgases 21 im Kältemittelkreislauf 18 bewirken.
[0033] Die Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung des geschlossenen Kältemittelkreislaufs
18. Komprimiertes Kältemittel wird von den Kältemittelverdichtern 7 über Leitungen
19 zur Verflüssigungseinheit 25 transportiert. Verbrauchtes gasförmiges Kältemittel
wird über Leitungen 20 zu den Kältemittelverdichtern 7 zurückgeführt.
[0034] Weiterhin zeigt die Figur 1 an der Verflüssigungseinheit 25 einen Einlass für leichte,
gasförmige Kohlenwasserstoffe, wie z.B. Erdgas 21. In der Verflüssigungseinheit 25
(und weiteren ähnlichen, hier nicht dargestellten Stufen) geht das Erdgas 21 durch
Kühlen in Wärmetauschern von der gasförmigen in die flüssige Phase (LNG) 22 über.
[0035] Figur 2 zeigt den Algorithmus eines Lastrechners der Regeleinrichtung 5 zur Steuerung
des unterbrechungsfreien Betriebs einer Gasverflüssigungsanlage 1. Zur Beurteilung
der Lastverhältnisse erhält der dynamische Lastrechner laufend Informationen 101 aus
der Kraftwerksleittechnik. Die Informationen umfassen die momentan abgegebene Leistung
jeder Gas- bzw. Dampfturbine, die momentan mögliche maximale Leistung jedes Gas- bzw.
Dampfturbinensatzes und die momentan mögliche Mindestlast jeder Gas- bzw. Dampfturbine,
ausgedrückt jeweils in elektrischer Generatorleistung. Anhand der abgegebenen Leistung
und der momentan möglichen maximalen Leistung beziehungsweise anhand der abgegebenen
Leistung und der momentan möglichen Mindestlast, lassen sich die positive bzw. negative
Lastreserve bestimmen.
[0036] In einem ersten Schritt 102 berechnet der dynamische Lastrechner die insgesamt momentan
verfügbare positive Lastreserve unter Einbeziehung verschiedener Parameter, wie z.B.
der momentanen Umgebungstemperatur, der Luftfeuchte und des Brennwertes des Brenngases,
die bereits in den Werten 101 aus der Kraftwerksleittechnik berücksichtigt sind.
[0037] In einem zweiten Schritt 103 vergleicht der dynamische Lastrechner die positive Lastreserve
mit der Leistung des größten Turbosatzes 6. Reicht die gesamte positive Lastreserve
auch bei Abschaltung eines Turbosatzes 6 aus, den Betrieb der eLNG-Anlage aufrecht
zu erhalten, meldet der dynamische Lastrechner an die Warten des Kraftwerks und der
eLNG-Anlage den Zustand "n+1 verfügbar" 104. Erfolgt in diesem Zustand wirklich eine
Schutzabschaltung im Kraftwerk, bleibt der dynamische Lastrechner passiv, und die
Kraftwerksleittechnik stellt durch Umlastung der verbliebenen Generatoren 12 das Gleichgewicht
zwischen verfügbarer und angeforderter Last wieder her.
[0038] Stellt der dynamische Lastrechner fest, dass die momentan verfügbare positive Leistungsreserve
nicht ausreicht, um den möglichen Ausfall eines Turbosatzes 6 zu kompensieren, meldet
er den Alarmzustand "n+1 nicht verfügbar" 105 prophylaktisch an die Warten.
[0039] Dies ermöglicht es dem Bedienpersonal eventuell stillgesetzte Leistungsreserven (z.B.
durch Wartungsarbeiten) zu mobilisieren, oder die Belastung des Netzes zu reduzieren,
z.B. durch Abschaltung anderer Verbraucher 26, und damit ggf. einer Produktionsunterbrechung
bei Ausfall eines Turbosatzes 6 vorzubeugen. Auch manuelle Umlastungen zwischen den
operativen Turbosätzen 6 und Änderungen im Prozessdampfverbrauch sind dazu geeignet.
[0040] Wird die prophylaktische Lastreduzierung nicht vom Bedienpersonal der eLNG-Anlage
initiiert, z.B. durch Abschaltung unwichtiger Verbraucher 26 oder temporärer Reduktion
der Produktion, kann der dynamische Lastrechner eingreifen, indem er die Drehzahl
aller operativen Verdichterantriebe temporär auf einen Wert absenkt, der die Stabilität
des Verdichters noch sicherstellt und damit die Unterbrechungsfreiheit der Produktion
gewährleistet. Hierzu wird die aus der Verdichterleittechnik erhaltene Information
106 zu den momentan möglichen Lastreduzierungen durch Senkung der Verdichter-Drehzahl,
ohne die Stabilität des Verdichterbetriebs zu gefährden, kontinuierlich verarbeitet
und die Summe der möglichen Lastreduzierung der einzelnen Verdichtereinheiten zur
positiven Lastreserve addiert 107. Die dadurch erzielte gesamte Leistungsreserve deckt
dann möglicherweise den Ausfall eines Turbosatzes 6.
[0041] Im Alarmzustand "n+1 nicht verfügbar" kann also das Gleichgewicht zwischen positiver
und negativer Lastreserve durch eine Absenkung der Verdichterantriebsdrehzahl wieder
hergestellt werden. Da dieser Vorgang sehr schnell erfolgen kann, wird er vom dynamischen
Lastrechner nur ausgelöst, wenn im Alarmzustand wirklich eine Schutzabschaltung im
Kraftwerk erfolgt.
[0042] Der zugehörige Algorithmus ist in Figur 3 gezeigt. Wie bereits erläutert, bezeichnet
107 die Summe aus der positiven Lastreserve der Turbosätze 6 und der möglichen Lastreduzierung
infolge einer Reduzierung der Drehzahl der Verdichtereinheiten. In einem nächsten
Schritt 108 werden die positive Lastreserve und die mögliche Lastreduzierung mit der
momentan verfügbaren Leistung des größten Turbosatzes 6 verglichen. Unabhängig vom
Ergebnis des Vergleichs ist bei Ausfall 109 einer Turbine 10 die Konjunktion 110 wahr
und die Drehzahl der Verdichtereinheiten wird verringert 111. Ist die Summe aus positiver
Lastreserve und möglicher Lastreduzierung kleiner als die Leistung des größten oder
zumindest betroffenen Turbosatzes 6, erfolgt zusätzlich ein Lastabwurf 112.
[0043] Neben der rechnerischen Ermittlung der Differenz zwischen positiver und negativer
Lastreserve kann eine unabhängige Bestimmung der Netzfrequenz-Änderungsgeschwindigkeit
(df/dt) dazu benutzt werden, eine plötzliche Veränderung der Lastverhältnisse zu erkennen
- ohne Rücksicht auf deren Ursache. Die Frequenz-Änderungsgeschwindigkeit ist proportional
zum jeweiligen Lastsprung und kann somit zur Bestimmung der notwendigen Schutzabschaltungen
verwendet werden.
[0044] Da eine Frequenzänderung eine direkte Konsequenz des auslösenden Ereignisses ist,
und die Bestimmung der Änderungsgeschwindigkeit mehr Zeit benötigt als eine Schutzauslösung
über die direkten Abschaltsignale, würde eine Aktion aus der errechneten Frequenzänderung
ggf. zu spät kommen. Deshalb kann diese Funktion als Backup zur beschriebenen direkten
Abschaltung angesehen werden. Außerdem muss sichergestellt sein, dass Aktionen, die
aus der rechnerischen Ermittlung der Unterfrequenz resultieren, keine Fehlauslösungen
verursachen.
[0045] Reichen die beschriebenen Maßnahmen zum Ausgleich des Unterschieds zwischen positiver
und negativer Lastreserve nicht aus, initiiert der dynamische Lastrechner eine Kette
von vorprogrammierten Lastabwürfen bei Erreichen von vordefinierten Unterfrequenzschwellen,
um ein weiteres Absenken der Netzfrequenz - und damit einer Schutzabschaltung des
gesamten Kraftwerks - vorzubeugen. Die im Lastrechner hinterlegten Verbraucher, die
ggf. zeitweise abgeschaltet werden können, ohne die Produktion zu unterbrechen, werden
so schnell und im notwendigen Umfang vom Netz getrennt, wie es die Aufrechterhaltung
der Netzfrequenz erfordert.
[0046] Prinzipiell ist der auf die ungeplante Abschaltung von Turbosätzen 6 angewandete
Algorithmus auch anwendbar auf die ungeplante Abschaltung großer Verbraucher, vor
allem der großen Verdichterantriebe. Die Kraftwerks- und Maschinenleittechnik ist
so ausgelegt, dass sie Lastabwürfe dieser Größenordnung ohne Mitwirkung des dynamischen
Lastrechners ausregeln kann. Figur 4 zeigt das Prinzip.
[0047] Ist die Summe der durch Frequenzregelung erreichbaren negativen Lastreserve größer
als der größte anzunehmende Lastabwurf durch Abschaltung von Verdichterantrieben,
greift der dynamische Lastrechner nicht ein. Andernfalls wird ein vorgewählter Turbosatz
6 abgeschaltet und die resultierende positive Lastreserve gleicht die verbleibende
Lücke aus.
[0048] 113 bezeichnet hierbei die Berechnung der negativen Lastreserve und die Bestimmung
der Verdichtereinheiten mit der größten Last. Im Schritt 114 werden diese beiden Werte
verglichen. Ist die negative Lastreserve größer als die größere Last der Verdichtereinheiten,
meldet der Rechner "n+1 verfügbar" 115. Im anderen Fall meldet er "n+1 nicht verfügbar"
116.
[0049] Anhand der Daten aus der Kraftwerksleittechnik 101 sowie der Verdichterleittechnik
106 erfolgt eine Zuordnung 117 von Turbosätzen 6 und Verdichtereinheiten. Mithilfe
dieser Zuordnung werden vorgewählte Turbinen 10 abgeschaltet, wenn die negative Lastreserve
kleiner ist 116 als der Energiebedarf der größten Verdichtereinheiten und 124 entweder
eine Verdichtereinheit ausfällt 122 oder 123 die Frequenzänderungsgeschwindigkeit
120 im Energieversorgungsnetz der Gasverflüssigungsanlage 1 eine vorgegebene Grenze
überschreitet 121.
[0050] Bei noch größeren Lastabwürfen 126, z.B. im Falle von partiellen Notabschaltungen
aus dem Prozess, müssen ggf. mehrere Turbosätze 6 vom Netz genommen werden 128. Sind
der Ablauf und die Größe 118 einer solchen Notabschaltung bekannt, kann auch ein solcher
Vorgang vom Lastrechner prinzipiell gesteuert werden, z.B. indem eine Vorauswahl 119
abzuschaltender Turbinen 10 getroffen wird, um ggf. einen Teilprozess weiter betreiben
zu können. Große Lastabwürfe 126 und das Überschreiten 121 einer Grenze der Frequenzänderungsgeschwindigkeit
120 sind im Sinne einer nicht-ausschließenden Disjunktion 127 miteinander verknüpft.
[0051] Figur 5 zeigt schematisch die Turbinenauslastung in einem konventionellen Energieerzeugungsteil
einer Gasverflüssigungsanlage 1 im Nennbetrieb. Alle Turbinen 10 des Energieerzeugungsteils
laufen unter nominaler Volllast 27. Der so betriebene Energieerzeugungsteil verfügt
über keine positive Lastreserve, um bei Ausfall eines Turbosatzes 6 den unterbrechungsfreien
Betrieb der kompletten Gasverflüssigungsanlage sicherstellen zu können.
[0052] Figur 6 zeigt schematisch die Turbinenauslastung, im in der
US 7 114 351 B2 beschriebenen Energieerzeugungsteil einer Gasverflüssigungsanlage im Nennbetrieb.
Die zusätzliche, im Standby bereitgehaltene Turbine 24, wird bei Ausfall einer anderen
im Nennbetrieb der Gasverflüssigungsanlage unter Volllast laufenden Turbine 10 gestartet.
Unterbrechungen und Stillstandszeiten im LNG-Produktionsprozess können bei Ausfall
einer Turbine 10 die Folge sein und es kann einige Stunden dauern, bis der betroffene
Kältemittelverdichter 7 wieder angefahren und der Verflüssigungsprozess thermisch
stabilisiert ist.
[0053] Figur 7 zeigt schematisch und beispielhaft die Turbinenauslastung im Energieerzeugungsteil
2 einer erfindungsgemäßen Gasverflüssigungsanlage 1 im Nennbetrieb für den Kältemittelverdichterteil
4. Alle Turbinen 10 laufen unter Teillast 28. Es gibt keine Standby-Turbine 24. Die
positive Lastreserve ist ausreichend, bei Ausfall einer Turbine 10 durch Erhöhen der
Last der verbleibenden Turbinen 10 den unterbrechungsfreien Betrieb der Gasverflüssigungsanlage
1 sicherzustellen.
[0054] Figur 8 zeigt schematisch und beispielhaft eine alternative Turbinenauslastung im
Energieerzeugungsteil 2 einer erfindungsgemäßen Gasverflüssigungsanlage 1 im Nennbetrieb
für den Kältemittelverdichterteil 4. Alle Turbinen 10 laufen unter Teil- oder Volllast
28,27. Auch hier gibt es keine Standby-Turbine 24. Die Auslastung der Turbinen 10
ist jedoch nicht notwendigerweise gleich. Beispielsweise kann, neben anderen Parametern,
die Maschinenstandzeit der Turbinen 10 bei der Bestimmung der Auslastung maschinenspezifisch
berücksichtigt werden.
1. Eine Gasverflüssigungsanlage (1) umfassend einen Energieerzeugungsteil (2), einen
Übertragungsteil (3), einen Kältemittelverdichterteil (4) und eine Regeleinrichtung
(5), wobei der Energieerzeugungsteil (2) eine Anzahl von Turbosätzen (6) und der Kältemittelverdichterteil
(4) mindestens einen Kältemittelverdichter (7) und einen an den Kältemittelverdichter
(7) angekoppelten Antriebsmotor (8) zum elektrischen Antrieb des Kältemittelverdichters
(7) mit einem elektrischen Nennbedarf aufweisen, der Übertragungsteil (3) die im Energieerzeugungsteil
(2) erzeugte Leistung dem Kältemittelverdichterteil (4) zur Verfügung stellt und die
Regeleinrichtung (5) mit dem Energieerzeugungsteil (2) und dem Kältemittelverdichterteil
(4) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass über die Regeleinrichtung (5) im Normalbetrieb die für den Nennbedarf erforderliche
Leistung durch den Teil- oder Volllastbetrieb aller Turbosätze (6) bereitstellbar
ist, wobei die Anzahl der Turbosätze (6) die Mindestanzahl übersteigt, die notwendig
ist, die Kontinuität des Betriebs des Kältemittelverdichterteils (4) sicherzustellen.
2. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach Anspruch 1, wobei über die Regeleinrichtung (5)
im Normalbetrieb die für den Nennbedarf erforderliche Leistung durch den Teillastbetrieb
aller Turbosätze (6) bereitstellbar ist.
3. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach Anspruch 1 oder 2, wobei eine maximale Abgabeleistung
aller Turbosätze (6) den Nennbedarf um mindestens die maximale Abgabeleistung des
Turbosatzes (6) mit der größtmöglichen Abgabeleistung übersteigt.
4. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das
Gas ein Erdgas (21) ist.
5. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei mindestens
zwei Kältemittelverdichter (7) vorgesehen sind, mit jeweils einem Antriebsmotor (8).
6. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die
Drehzahl der Antriebsmotoren (8) variabel ist.
7. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der
Energieerzeugungsteil (2) eine Gasturbinenanlage mit einer Anzahl von Gas-Turbosätzen
(6) ist.
8. Die Gasverflüssigungsanlage (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der
Energieerzeugungsteil (2) eine Gas-und Dampfturbinenanlage ist, mit einer Anzahl von
Gasturbinen (10) und Dampfturbinen (10).
9. Ein Verfahren zum unterbrechungsfreien Betrieb einer Gasverflüssigungsanlage (1) umfassend
einen Energieerzeugungsteil (2), einen Übertragungsteil (3), einen Kältemittelverdichterteil
(4) und eine Regeleinrichtung (5), wobei der Energieerzeugungsteil (2) eine Anzahl
von Turbosätzen (6) und der Kältemittelverdichterteil (4) mindestens einen Kältemittelverdichter
(7) und einen an den Kältemittelverdichter (7) angekoppelten Antriebsmotor (8) zum
elektrischen Antrieb des Kältemittelverdichters (7) mit einem elektrischen Nennbedarf
aufweisen, der Übertragungsteil (3) die im Energieerzeugungsteil (2) erzeugte Leistung
dem Kältemittelverdichterteil (4) zur Verfügung stellt und die Regeleinrichtung (5)
mit dem Energieerzeugungsteil (2) und dem Kältemittelverdichterteil (4) verbunden
ist, dadurch gekennzeichnet, dass im Normalbetrieb die für den Nennbedarf erforderliche Leistung durch den Teil- oder
Volllastbetrieb aller Turbosätze (6) bereitgestellt wird, wobei die Anzahl der Turbosätze
(6) die Mindestanzahl übersteigt, die notwendig ist, die Kontinuität des Betriebs
des Kältemittelverdichterteils (4) sicherzustellen.
10. Verfahren nach Anspruch 9, wobei im Normalbetrieb der Gasverflüssigungsanlage (1)
alle Turbosätze (6) bei Teillast betrieben werden.
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, wobei alle operativen Generatoren (12) im Normalbetrieb
gleichmäßig belastet werden.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 11, wobei eine Regeleinrichtung (5) kontinuierlich
Informationen aus einer Kraftwerksleittechnik (101) und aus einer Verdichterleittechnik
(106) erhält.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 12, wobei die Turbosätze (6) so betrieben
werden, dass eine vorgehaltene positive oder negative Leistungsreserve den Ausfall
der größten Turbomaschine deckt.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 13, wobei als Turbomaschine ein Turbosatz
(6) verwendet wird.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 14, wobei als Turbomaschine ein Motor-Verdichterstrang
(9) des Kältemittelverdichterteils (4) verwendet wird.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 15, wobei eine Verdichterantriebsdrehzahl
bei Ausfall eines Turbosatzes (6) abgesenkt wird, wenn eine zuvor bestimmte gesamte
positive Lastreserve kleiner ist, als die erbrachte Leistung des Turbosatzes (6) vor
dem Ausfall.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 16, wobei vorbestimmte elektrische Verbraucher
der Gasverflüssigungsanlage (1) abgeschaltet werden, wenn nach Ausfall eines Turbosatzes
(6) auch durch die Reduzierung der Verdichterantriebsdrehzahl die aktuelle Leistung
der Turbosätze (6) den aktuellen Energiebedarf des Kältemittelverdichterteils (4)
nicht deckt.
18. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 15, bei dem vorbestimmte Turbinen (10) abgeschaltet
werden, wenn Teilanlagen aus dem Verflüssigungsprozess abgeschaltet werden oder die
Frequenzänderungsgeschwindigkeit im Energieversorgungsnetz der Gasverflüssigungsanlage
(1) einen vorgegebenen Grenzwert überschreitet.
19. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 bis 15, bei dem vorbestimmte Turbinen (10) abgeschaltet
werden, wenn die negative Lastreserve kleiner ist als der Energiebedarf des größten
Kältemittelverdichters (7) und entweder ein Kältemittelverdichter (7) ausfällt oder
die Frequenzänderungsgeschwindigkeit im Energieversorgungsnetz der Gasverflüssigungsanlage
(1) eine vorgegebene Grenze überschreitet.