TECHNISCHER BEREICH
[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen Gerbprozess bei der Lederherstellung und betrifft
eine Methode zur Behandlung eines Hautmaterials, die folgende Schritte umfasst: Behandlung
des Hautmaterials mit einem Phenolgruppen enthaltenden Gerbstoff, Behandlung des Hautmaterials
mit Aluminium und Behandlung des Hautmaterials mit Fett.
STAND DER TECHNIK
[0002] Die Herstellung von Leder aus Tierhäuten umfasst in der Regel eine Vorbehandlung
der Häute, einen Gerbprozess sowie eine Nachbehandlung. Die Vorbehandlung umfasst
häufig Arbeitsgänge wie Enthaaren, Entfleischen, Spalten, Beizen und Pickelbad, um
die Häute für den Gerbprozess vorzubereiten. Der Zweck des Gerbens ist, die natürlichen
Eigenschaften der Haut zu erhalten und die Haut zu einem beständigen und haltbaren
Material zu verarbeiten. Die Nachbehandlung kann Behandlungen wie Entwässern, Färben,
Fetten und Oberflächenbehandlung umfassen.
[0003] Zur Gerbung der Haut wird bewirkt, dass sich zwischen einem Gerbstoff und den Fasern
der Haut chemische Verbindungen bilden. Es sind viele verschiedene vegetabile, anorganische
(mineralische) und synthetische/organische Gerbstoffe bekannt, beispielsweise Mimosarinde,
Eichenholz, Aluminium und Chrom. Das Kombinieren von verschiedenen Gerbstoffen auf
unterschiedliche Weise ist ebenfalls bekannt. Das weitaus am häufigsten angewendete
Gerbverfahren ist die Chromgerbung, d.h. die Gerbung mit alkalischen Chrom-(III)-Sulfaten,
die eine hohe Lederqualität ergibt. Die Chromgerbung ist ein schnelles und auch leicht
zu steuerndes Verfahren.
[0004] Aus Umweltschutzgründen ist eine reduzierte Verwendung von Chrom wünschenswert, daher
sind in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen worden, um alternative
Gerbverfahren zu entwickeln, bei denen Chrom oder andere Schwermetalle nicht zur Anwendung
gelangen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese Gerbmethoden die herkömmliche Chromgerbung
bisher nicht ersetzen konnten.
[0005] GB 2057497 beschreibt einen chromfreien, alternativen Prozess, bei dem vegetabile Gerbung mit
Aluminiumgerbung kombiniert wird. Bei einer Variante folgt auf die vegetabile Gerbung
noch eine Gerbung mit Al, und bei einer anderen Variante erfolgen die vegetabile Gerbung
und die Al-Gerbung gleichzeitig. Mimosapulver wird bei pH = 3,6 - 3,8 zugesetzt und
bei der nachfolgenden Al-Behandlung beibehalten. Auch bei gleichzeitiger Gerbung wird
ein ähnlicher pH verwendet. Der vorgeschlagene Prozess hat den generellen Nachteil,
dass das erhaltene Lederprodukt nicht homogen wird, was sich dadurch zeigt, dass Eigenschaften
wie Einreißfestigkeit, Farbe und Fettgehalt oft ungleich über das Produkt verteilt
sind.
[0007] Die Schwierigkeiten bei der Entwicklung von alternativen Methoden haben in vielen
Fällen dazu geführt, dass stattdessen bei der Entwicklung großes Augenmerk auf die
Rückgewinnung von Chrom und die Reinigung von Abwässern gelegt wurde.
BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
[0008] Mit der vorliegenden Erfindung ist beabsichtigt, eine Methode zur Behandlung eines
Hautmaterials zu erhalten, bei der keine Schwermetalle zur Anwendung gelangen, die
aber dennoch eine gute Qualität beim Leder, das mit der Methode hergestellt werden
kann, ergibt. Dieser Zweck wird mit einem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 erreicht.
Die abhängigen Patentansprüche stellen vorteilhafte Ausführungsformen, Entwicklungen
und Varianten der Erfindung dar.
[0009] Die Erfindung betrifft eine Methode zur Behandlung eines Hautmaterials, bestehend
aus einer Behandlung des Hautmaterials mit einem Phenolgruppen enthaltenden Gerbstoff,
um eine Reaktion zwischen dem Gerbstoff und Fasern im Hautmaterial zu ermöglichen,
einer Behandlung des Hautmaterials mit Aluminium, um eine Reaktion zwischen dem Aluminium
und Fasern im Hautmaterial zu ermöglichen, und einer Behandlung des Hautmaterials
mit Fett beispielsweise zum Weichmachen und Stärken des Hautmaterials. Bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren wird die Aluminiumbehandlung wenigstens teilweise nach der Fettbehandlung
durchgeführt.
[0010] Aufgrund der Durchführung der Aluminiumbehandlung ganz oder teilweise nach der Fettbehandlung
ist es nicht erforderlich, dass die gesamte Menge Aluminium, die für den Gerbprozess
notwendig ist, dem Hautmaterial vor der Fettbehandlung zugeführt wird. Dadurch kann
die Aluminiummenge im Hautmaterial auf einem wesentlich geringeren Niveau gehalten
werden, wenn die Fettbehandlung erfolgt. Dies bewirkt eine signifikante Verbesserung
in Bezug auf Durchdringung, Aufnahme und Verteilung von Fett im Hautmaterial im Vergleich
zu herkömmlichen Verfahren, bei denen das gesamte Aluminium vor der Fettbehandlung
dem Hautmaterial zugeführt wird. Die Erfindung erlaubt, dass Aluminium und ein phenolischer
Gerbstoff eingesetzt werden können, um eine gute Gerbung zu erreichen. Dies wiederum
ermöglicht die Herstellung eines homogenen, hydrolysebeständigen, wärmebeständigen
und schwermetallfreien Leders.
[0011] Die bei der erfindungsgemäßen Methode vorgesehenen Prozessschritte sind in Fachkreisen
an sich gut bekannt. Die Verwendung eines Phenolgruppen enthaltenden Gerbstoffes wie
etwa Mimosa in Kombination mit Al im Gerbungsprozess ist beispielsweise aus der oben
erwähnten
GB 2057497 bekannt. Weiterhin ist die Fettbehandlung des Hautmaterials in fast allen Verfahren
zur Lederherstellung enthalten.
[0012] Was die Reihenfolge der Prozessschritte betrifft, wird der Gerbprozess seit langem
als ein separater Arbeitsgang, der auf die Vorbehandlung folgt und vor dem Beginn
der Nachbehandlung abgeschlossen wird, angesehen. Die Fettbehandlung wird gewöhnlich
als einer der Nachbehandlungsschritte gesehen.
GB 2057497 ist ein Beispiel für eine Methode mit traditioneller Reihenfolge der Prozessschritte.
Durch die Integrierung des Gerbungsprozesses mit einem Prozessschritt, der normal
als ein Nachbehandlungsschritt angesehen wird, stimmt das erfindungsgemäße Verfahren
somit nicht mit der konventionellen Auffassung überein.
[0013] Die erfindungsgemäße Methode beruht einerseits auf der Erkenntnis, dass die Gerbung
eines Hautmaterials mit Aluminium in Kombination mit einem phenolischen Gerbstoff
ein Leder mit sehr guten Eigenschaften ergeben kann, vorausgesetzt dass der Prozess
auf richtige Weise ausgeführt wird, und andererseits auf der Erkenntnis, dass wenn
wenigstens Teile der Aluminiummenge, die zur Erreichung einer einwandfreien Gerbung
notwendig ist, dem Hautmaterial erst nach der Fettbehandlung zugeführt werden, verhindert
wird, dass die Konzentration von kationischen Gruppen im Hautmaterial so hoch wird,
dass die Durchdringung und Aufnahme von Fett und Farbe u.a. signifikant schlechter
ist. Eine derartige verschlechterte Aufnahme hat zum Beispiel inhomogene Eigenschaften
des hergestellten Lederprodukts zur Folge.
[0014] In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung umfasst die Methode eine Vorbehandlung
des Hautmaterials mit Aluminium, wobei diese Vorbehandlung vor der Behandlung mit
dem phenolischen Gerbstoff und vor der Fettbehandlung erfolgt und die Aluminiummenge
in der erwähnten Vorbehandlung ausreichend gering ist, um eine signifikante Verschlechterung
des Fettaufnahmevermögens des Hautmaterials zu verhindern.
BEVORZUGTE AUSFÜHRUNGSFORMEN
[0015] Die Methode gemäß der Erfindung eignet sich für alle Lederarten, von Automobil-,
Möbel-, Schuh-, Transport-, Bekleidungs-, Taschen- und Kofferleder bis hin zu Pelz.
[0016] Dem Prozess liegt eine gut bekannte Reaktion zwischen Phenolgruppen in natürlichen
und/oder synthetischen Gerbstoffen und Aluminiumionen zu Grunde. Die Aluminiumionen
bilden Aluminiumkomplexe, die ihrerseits kovalente Bindungen mit Carboxylgruppen in
den Polypeptidketten der Haut bilden. Die phenolischen Gerbstoffe bilden Wasserstoffbindungen
mit verschiedenen Seitengruppen der Polypeptidkette. Durch die Komplexbindung zwischen
Aluminium und der Polypeptidkette sowie den phenolischen Gruppen erhält man eine irreversible
Bindung zwischen den Hautfasern (ähnlich den bei der Chromgerbung entstandenen). Die
Methode gemäß der Erfindung ist gegenüber bereits bekannten Verfahren auf verschiedene
Weise verbessert und ermöglicht die Herstellung eines hydrolysebeständigen und sehr
wärmebeständigen Leders mit kombinierten positiven Eigenschaften der Chromgerbung
wie auch der vegetabile/synthetische Gerbung.
[0017] Die Methode gemäß der Erfindung wird vorteilhaft mit Hilfe eines Wasserbads beispielsweise
in Form von zylindrischen Prozessgefäßen, Fässer genannt, durchgeführt. Durch Rotation
wird eine Vermischung und mechanische Bearbeitung von Häuten und Chemikalien erreicht.
Beispiel Prozess A:
[0018] Ausgangsmaterial: gefalztes, stabilisiertes Hautmaterial, Schrumpfungstemperatur
60-72°C, Dicke 0,5-4,5 mm. Die Prozentangaben sind die Gewichtsanteile bezogen auf
das Falzgewicht.
[0019] Ein stabilisiertes Material (das mitunter auch als vorgegerbtes oder konditioniertes
Material oder als "Wet-White" bezeichnet wird) ist zum Pressen und Falzen stabil und
weist eine intakte Faserstruktur auf, ist jedoch nicht gegen Fäulnis beständig. Mit
Falzgewicht wird das Gewicht, das das Material nach dem Falzen aufweist, bezeichnet.
Das Falzen umfasst normalerweise die Regulierung der Dicke mit Hilfe einer Maschine
mit einem rotierenden Messer. Die Schrumpfungstemperatur ist die Temperatur, bei der
ein Leder in seinen Abmessungen schrumpft, wenn es unter spezifischen Bedingungen
erwärmt wird.
A1. Wäsche von gefalztem Leder (100-300% H2O, 35°C, evtl. Zusatz von Fett, Fettalkohol, Tensiden). Zugabe von Säure bis pH 3,2-3,8.
A2. Bad ablassen (die Säure in A1 trägt zum Erhalt eines homogeneren Ausgangsmaterials
bei)
A3. Neues Bad (100-400% H2O, 25-35°C)
A4. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,2-3,8.
A5. Zugabe 0,33% Al2O3 entsprechend (z.B. in Form von AlCl3 mit <33% Basizität).
A6. Evtl. Zugabe von 1-5% Glutaraldehyd (25%ig)
A7. Vermischung/Bearbeitung, Dauer 30 Min.
A8. pH-Änderung (Anhebung) auf 4,2-5,5 (z.B. Zugabe von NaHCOO, NaHCO3 und/oder Neutralisationsgerbstoff mit Einwirkung über 60 Min. + evtl. Zugabe von
Fett nach 30 Min.). (Neutralisationsgerbstoff ist eine Sammelbezeichnung für Gerbstoffe,
die eine schwach gerbende Wirkung haben und neutralisieren. Wirksame Substanzen können
aromatische Sulfonsäuren und aliphatische Dikarbonsäuren sein. Die angegebene Zeit
ist die Bearbeitungsdauer.) Vermischung/Bearbeitung bis zu einem ausreichend gleichmäßigen
pH im Querschnitt am Hautmaterial.
A9. Zugabe 10-40% synthetische und/oder natürliche phenolische Gerbstoffe.
A10. Vermischung/Bearbeitung 30-120 Min., bis eine ausreichende Durchdringung gegeben
ist (von der Dicke des Hautmaterials abhängig).
A11. Zugabe 1-10% anionische Farbe (beispielsweise ein Azometallkomplex-Farbstoff).
Vermischung/Bearbeitung bis zur erwünschten Durchdringung.
A12. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,8-4,2.
A13. Zugabe 10-20% Fett. 30-60 Min. Vermischung/Bearbeitung.
A14. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,6-4,0.
A15. Bad ablassen.
A16. Neues Bad (100-300% H2O, 35°C)
A17. Evtl. Zugabe 0,1-2% Farbe + Vermischung/Bearbeitung 30 Min.
A18. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,2-3,4.
A19. Zugabe 0,99% Al2O3 entsprechend (z.B. in Form von AlCl3 mit 50% Basizität).
A20. Vermischung/Bearbeitung 60-120 Min.
A21. pH-Änderung (Anhebung) auf 4,3-5,5 (z.B. NaHCO3, MgO oder NaCH3HCOO). Vermischung/Bearbeitung bis zu einem ausreichend gleichmäßigen pH im Querschnitt
am Hautmaterial.
A22. Bad ablassen.
A23. Spülung in 150-400% H2O (25-35°C, 10-20 Min.) + 0,1-0,3% Säure für pH 4-5 (+ evtl. Zugabe von Komplexbildner
und Fungizid).
[0020] Anschließend folgt eine herkömmliche Weiterbearbeitung wie zum Beispiel Pressen,
Ausrecken, Trocknen, Trockenspalten und Oberflächenbehandlung, abhängig von der Art
des herzustellenden Lederprodukts.
Beispiel Prozess B:
[0021] Ausgangsmaterial: Geäschertes, gespaltenes, nicht stabilisiertes Hautmaterial ("Blöße"),
Schrumpfungstemperatur unter 60°C, Dicke 1-6 mm.
[0022] Die Prozentangaben sind die Gewichtsanteile bezogen auf das Gewicht von gespaltener
Blöße.
[0023] Die geäscherte, gespaltene Haut wird zuerst einer Entkälkung, Beizung und Pickelbehandlung
auf einen pH von 2,6-3,4 gemäß einem bekannten Verfahren unterzogen.
B1. Zugabe (zum Pickelbad) 2-4% Glutaraldehyd (25%ig). Vermischung/Bearbeitung 30-60
Min.
B2. Zugabe 0,1-0,3% Al2O3 entsprechend (z.B. AlCl3 mit <33% Basizität).
B3. Vermischung/Bearbeitung 60 Min.
B4. pH-Änderung (Anhebung) auf 3,4-3,8 (mit NaHCO3, MgO oder NaCH3HCOO)
B5. Zugabe 2-4% phenolische Gerbstoffe.
B6. Vermischung/Bearbeitung 180-240 Min.
B7. pH-Änderung auf 4,2-5,5. (z.B. NaHCOO, NaHCO3, NaCH3COO). Vermischung/Bearbeitung 90-120 Min. Vermischung/Bearbeitung bis zu einem
ausreichend gleichmäßigen pH im Querschnitt am Hautmaterial.
B8. Zugabe 2-5% Fett.
B9. Vermischung/Bearbeitung 30 Min.
B10. Zugabe 10-20% phenolische Gerbstoffe.
B11. Vermischung/Bearbeitung 90 Min.
B12. Zugabe von evtl. 1-3% Polymergerbstoff (z.B. ein Polyacrylat).
B13. Vermischung/Bearbeitung 30 Min.
B14. Zugabe von evtl. 1-3% Harzgerbstoff (z.B. ein Melaminharz).
B15. Vermischung/Bearbeitung 20 Min.
B16. Zugabe 0,5-3% anionische Farbe (z.B. ein Azometallkomplex-Farbstoff).
B17. Vermischung/Bearbeitung 60-120 Min.
B18. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,8-4,5.
B19. Zugabe 3-10% Fett.
B20. Vermischung/Bearbeitung 60 Min.
B21. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,6-4,2.
B22. Bad ablassen.
B23. Neues Bad 100-300% H2O (35°C).
B24. pH-Änderung (Absenkung) auf 3,2-3,6.
B25. Zugabe 1-1,3% Al2O3 entsprechend (z.B. AlCl3 mit 50 % Basizität).
B26. Vermischung/Bearbeitung 90-120 Min.
B27. pH-Änderung (Anhebung) auf 4,3-5,5 (mit NaHCO3, MgO, NaCH3COO oder NaHCOO). Vermischung/Bearbeitung bis zu einem ausreichend gleichmäßigen pH
im Querschnitt am Hautmaterial.
[0024] Anschließend folgt eine herkömmliche Weiterbearbeitung wie zum Beispiel Pressen,
Ausrecken, Trocknen, Trockenspalten und Oberflächenbehandlung, abhängig von der Art
des herzustellenden Lederprodukts. Als Alternative kann Pressen/Falzen nach dem Schritt
B6 durchgeführt werden. In diesem Fall müssen in den darauf folgenden Schritten die
Prozentanteile auf ein neues Gewicht und einen neuen Feuchtigkeitsgehalt abgeändert
werden.
[0025] Die Absenkung des pH in den obigen Beispielen A und B erfolgt vorteilhaft mit Ameisensäure,
es können aber auch andere Säuren verwendet werden.
[0026] Ein gespaltenes, nicht stabilisiertes Hautmaterial (Beispiel B) ist gewöhnlich dicker
als ein gefalztes, stabilisiertes Hautmaterial (Beispiel A), weshalb zur Vermischung/Bearbeitung
längere Zeiten erforderlich sind. Die zur Vermischung/Bearbeitung erforderliche Zeitdauer
ist generell von der Dicke des Hautmaterials abhängig.
[0027] Die Angabe der Gesamtmineralmenge eines Mineralgerbstoffes als Oxid ist in der Gerbereibranche
Standard. Durch die Berechnung der Gesamtmenge Al in einem Produkt von z.B. AlCl
3 kann die entsprechende Menge Al
2O
3 berechnet werden.
[0028] Den erfindungsgemäßen Verfahrensschritten zur Behandlung des Hautmaterials mit einem
Phenolgruppen enthaltenden Gerbstoff, mit Fett und mit Aluminium wird in Beispiel
A durch die Schritte A9-A10, A13 beziehungsweise A19-A20, und in Beispiel B durch
die Schritte B10-B11, B19-B20 beziehungsweise B25-B26 entsprochen.
[0029] In Beispiel A erfolgt in den Schritten A5-A7 eine Vorbehandlung mit Aluminium. Eine
entsprechende Vorbehandlung in Beispiel B erfolgt in den Schritten B2-B3. Eine solche
Vorbehandlung ist nicht erforderlich, trägt jedoch zu einer weiteren Verbesserung
des Produkts sowie zu einer Verringerung der zur Gerbung notwendigen Gesamtmenge von
Aluminium bei. Im Fall, dass die Schritte A5-A7 beziehungsweise B2-B3 ausgelassen
werden, wird das gesamte Aluminium in Schritt A19 beziehungsweise in Schritt B25 zugegeben.
Dabei muss eine Gesamtmenge Aluminium von ungefähr entsprechend 1,5% Al
2O
3 in Beispiel A und 2,0% in Beispiel B zugegeben werden, um ein gutes Ergebnis zu erhalten.
Dies ist insgesamt mehr als die in Beispiel A verwendeten 0,33% (A5) + 0,99% (A19)
= 1,32% und die in Beispiel B verwendeten ca. 0,3% (B2) + 1,15% (B25) = 1,45%.
[0030] Als Alternative zur Badzugabe von AlCl
3 in den beschriebenen Beispielen kann Al
2(SO
4)
3 oder Al(HCOO)
3 zugegeben werden. Salze oder Wasserlösungen dieser Salze können beliebig vermischt
werden, es sollte jedoch in A5/B2, sofern dieser Schritt enthalten ist, ein Salz mit
niedriger Basizität und in A19/B25 eines mit hoher Basizität sein. Dies deswegen,
um eine verbesserte Durchdringung in der Vorbehandlung und eine verbesserte Fixierung
in der zweiten Behandlung, der Hauptbehandlung, zu erreichen.
[0031] Die pH-Anhebung in den Schritten A8 und B7, d.h. nach der ersten Zugabe von Al, bewirkt,
dass sich Al an die Hautfasern bindet. Die Zugabe eines Phenolgerbstoffes bei diesem
höheren pH ergibt eine gute Durchdringung, da sich die Phenolgruppen aufspalten (Schritte
A9, B10). Eine darauf folgende Absenkung des pH bewirkt, dass sich die Phenolgruppen
an das Aluminium und die Hautfasern auf bekannte Weise binden (Schritte A12, A14,
A18, B18, B21, B24). Die zweite Zugabe von Al, die Hauptzugabe, kann ohne die Gefahr
einer Ausfällung von Aluminiumkomplexen bei diesem niedrigeren pH vorgenommen werden
(also Schritte A19 und B25). Die pH-Anhebung in den Schritten A21 und B27, d.h. nach
der zweiten Zugabe von Al, bewirkt, dass sich Al an die Hautfasern bindet.
[0032] Die pH-Anhebung im Schritt B4 erfolgt, um einen ersten Zusatz von phenolischen Gerbstoffen
als vorbereitende Behandlung zugeben zu können. Der Schritt B5 ist ein wahlfreier,
vorbereitender Gerbungsschritt, der ausgeführt wird, um eine Durchdringung von chemischen
Stoffen in den darauf folgenden Schritten zu erleichtern.
[0033] Die Zugabe von Al in zwei Schritten hat zur Folge, dass der erste Zusatz bei der
darauf folgenden pH-Anhebung eindringen und sich an das Material binden und größere
Aluminiumkomplexe (bis zu 5 lonen) bilden kann. Wenn sich dann phenolische Gerbstoffe
beim höheren pH anlagern, dringen sie ein und binden sich nach einer pH-Absenkung
an die Kollagenproteine und Aluminiumkomplexe. Durch Zugabe der restlichen Menge Aluminium,
die zum Schluss erforderlich ist, werden erwünschte Eigenschaften erreicht. Durch
Zugabe des gesamten Aluminiums nur im späteren Schritt, d.h. nach der Fettbehandlung,
erreicht man nicht ein ebenso gutes Endergebnis wie bei einer Aufteilung der Zugabe
auf Schritte, also einschließlich einer Vorbehandlung mit Aluminium. Nur eine Behandlung
mit Aluminium nach der Fettbehandlung ergibt dennoch ein besseres Ergebnis als bekannte
Verfahren. Der Grund dafür, dass nicht das gesamte Aluminium am Anfang zugegeben werden
kann, ist dass im Hautmaterial zu viele kationische Gruppen vorhanden wären, was in
den darauf folgenden Schritten wie Fetten und Färben die Aufnahme und Durchdringung
von Chemikalien hemmen würde. Dies hat eine schlechtere Qualität und Wirtschaftlichkeit
zur Folge.
[0034] Die Zugabe und Behandlung der Gesamtmenge Aluminium erfolgt vorzugsweise in zwei
Schritten. Durch die erste Behandlung von Aluminium (Schritte A5-A7 und B2-B3) erfolgt
eine Bindung an die Hautsubstanz und zwischen den Aluminiumionen, bevor die übrigen
Gerbstoffe zugegeben werden. Um mit diesem Vorbehandlungsschritt eine gute Wirkung
zu erzielen, sind ein niedriger pH, damit das Aluminiumhydroxid nicht ausfällt, sowie
Zeit zur Diffusion und Durchdringung (Schritte A4 und A7 sowie B1 und B3) erforderlich.
Da das zugegebene Aluminium-Produkt eine niedrige Basizität aufweist, wird die Diffusion
erleichtert. Das Aluminium bindet sich dann durch Anhebung des pH (Schritte A8 und
B7). Die Folge davon ist, dass wenn die phenolischen Gerbstoffe zugegeben werden,
bereits bessere Bindungsmöglichkeiten für diese Gerbstoffe gegeben sind als wenn die
Gerbstoffe zuerst zugegeben und eingelagert werden. Ein Unterschied gegenüber z.B.
GB 2057497, außer dass das Fetten vor der Hauptzugabe von Aluminium erfolgt, besteht demnach
darin, dass Aluminium bereits in der Haut vorhanden und gebunden ist, wenn die phenolischen
Gerbstoffe zugegeben werden. Die Folge davon ist eine weiter verbesserte Wärmebeständigkeit
und Hydrolysebeständigkeit.
[0035] Die zweite Behandlung mit Aluminium (mit Zugabe in den Schritten A19, B25) kann als
eine Hauptzugabe/Hauptbehandlung von/mit Aluminium angesehen werden und ist wichtig,
um dem fertigen Lederprodukt erwünschte Eigenschaften wie Hydrolysebeständigkeit und
Wärmebeständigkeit zu verleihen. Diese Hauptbehandlung erfolgt u.a. nach Färben und
Fetten. Dies führt dazu, dass die kationischen Gruppen, die sich durch das Aluminium
an der Hautsubstanz anlagern, die Aufnahme von Fett, Farbe und übrigen Gerbstoffen
nicht verhindern. Der Hauptzugabe von Aluminium geht eine pH-Änderung (Schritte A18,
B24) voraus, um eine Ausfällung von Aluminiumhydroxid zu verhindern. Auch die Zugabe/Behandlung
von phenolischen Gerbstoffen (Schritte A5, A9, B2, B5, B10) erfolgt vor der Hauptzugabe
von Aluminium. Das Aluminium wird in einer darauf folgenden Basifizierung (pH-Anhebung)
gebunden (Schritte A21, B27).
[0036] Die Hauptbehandlung mit Aluminium kann genügen, um dem Produkt ausreichend gute Eigenschaften
zu verleihen. Wie oben erwähnt, können jedoch die Eigenschaften dadurch weiter verbessert
werden, dass auch eine Vorbehandlung mit Aluminium gemäß obiger Beschreibung durchgeführt
wird.
[0037] Der Ausdruck "Behandlung" des Hautmaterials mit einem bestimmten Stoff, wie z.B.
Gerbstoff, Aluminium und Fett, bezeichnet die Zugabe eines jeweiligen Stoffes in geeigneter
Form sowie die notwendige Einlagerung des Stoffes in das Hautmaterial, beispielsweise
durch Bearbeitung in einem Wasserbad über eine bestimmte Zeitdauer, damit eine erwünschte
Reaktion zwischen dem zugesetzten Stoff und dem Hautmaterial erreicht wird. Eine Behandlung
kann mehre Zugaben und mehrere Einlagerungen umfassen.
[0038] Der Ausdruck "Behandlung des Hautmaterials mit einem Phenolgruppen enthaltenden Gerbstoff'
bezeichnet einen Prozessschritt mit dem Zweck, dass ein Gerbstoff von erwähnter Art
mit dem Hautmaterial reagiert und/oder sich an dieses bindet, um eine Konservierung
des Hautmaterials zu ermöglichen. Ein solcher Prozessschritt ist in Fachkreisen gut
bekannt.
[0039] Geeignete Gerbstoffe, die Phenolgruppen enthalten, sind zum Beispiel aromatische
synthetische/natürliche Phenolgerbstoffe. Solche Stoffe sind im Handel erhältlich.
[0040] Bei früher vorgeschlagenen schwermetallfreien Methoden war das Hauptaugenmerk häufig
auf Mimosa, die ein natürlicher phenolischer Gerbstoff ist, gerichtet. Mimosa kann
bei der hierin beschriebenen Methode verwendet werden. Mimosa hat jedoch die Eigenschaft,
dass sie dem Leder eine rötliche Grundfarbe verleiht, was häufig nicht erwünscht ist.
Verglichen mit beispielsweise Tara ergibt Mimosa zudem eine geringere Lichtechtheit
und schlechtere Schweißbeständigkeit.
[0041] Der Ausdruck "Behandlung des Hautmaterials mit Aluminium" bezeichnet einen Prozessschritt
mit dem Zweck, dass das Aluminium mit dem Hautmaterial reagiert und/oder sich an dieses
bindet, um eine Konservierung des Hautmaterials zu ermöglichen. Ein solcher Prozessschritt
ist in Fachkreisen gut bekannt.
[0042] Der Ausdruck "Behandlung des Hautmaterials mit Fett" bezeichnet einen Prozessschritt
mit dem Zweck, Fett in das Hautmaterial einzulagern, um das Hautmaterial weich und
stark zu machen. Ein solcher Prozessschritt ist in Fachkreisen gut bekannt.
[0043] Für diesen Schritt geeignete Fette sind zum Beispiel sulfatierte oder sulfitierte
Fette auf tierischer oder pflanzlicher Basis oder synthetische phosphatierte Fette.
[0044] Was das Hautmaterial betrifft, kann die Methode gemäß der Erfindung grundsätzlich
bei allen tierischen Häuten, Pelzfellen, geäschertem oder auf andere Weise vorbehandeltem
Hautmaterial etc. angewendet werden.
[0045] Die Erfindung ist nicht auf die oben beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt,
sondern kann im Rahmen der nachstehenden Patentansprüche abgeändert werden. Das Hautmaterial
kann zum Beispiel nach der Aluminiumbehandlung einer ergänzenden, moderaten Fettbehandlung
unterzogen werden.
[0046] Die Aluminiummenge (Al
2O
3) im Schritt A5 sollte < 0,4% sein, um Probleme in den darauf folgenden Schritten
zu vermeiden, und > 0,1% sein, um eine merkbare Wirkung zu erreichen. Im Schritt B2
sollte die Aluminiummenge (Al
2O
3) < 0,3% sein, um Probleme in den darauf folgenden Schritten zu vermeiden, und > 0,1%
sein, um eine merkbare Wirkung zu erreichen.
[0047] Die Aluminiummenge (Al
2O
3) im Schritt A19 sollte 1,2 - 1,8% sein, wenn keine Vorbehandlung mit Aluminium durchgeführt
wurde, und 0,8 - 1,2% sein, wenn in der Vorbehandlung 0,33% Al
2O
3 verwendet wurde. Im Schritt B25 sollte die Aluminiummenge (Al
2O
3) 1,7 - 2,3% sein, wenn keine Vorbehandlung mit Aluminium durchgeführt wurde, und
0,8 - 1,5% sein, vorzugsweise 1,0 - 1,3%, wenn in der Vorbehandlung 0,1 - 0,3% Al
2O
3 verwendet wurde. Ein Hauptteil, d.h. >50%, der Gesamtmenge Aluminium wird somit in
der Aluminiumbehandlung, die nach der Fettbehandlung durchgeführt wird, zugegeben.
Wie oben beschrieben, kann dieser Hauptteil bis zu 100% sein.
[0048] Die Prozentanteile von Aluminium sind z.B. vom Feuchtigkeitsgehalt des Hautmaterials,
der bei gefalztem Material ca. 50-60%, bei Blöße ca. 80-90% und bei luftgetrocknetem
Leder ca. 10-15% beträgt, abhängig.
[0049] Die Fettmenge bei der Fettbehandlung kann zwischen ca. 1,5 und 20% sein, abhängig
vom Ausgangsmaterial und von der Art des herzustellenden Lederprodukts. Gewöhnlich
ist mehr Fett erforderlich, wenn das verwendete Wasser hart ist. Den primären Fettbehandlungen
wird durch die Schritte A13 und B19-B20 entsprochen.
[0050] Was die Vermischung/Bearbeitung betrifft, gilt generell, dass die Aufnahme von Chemikalien
mit der Bearbeitungsdauer verstärkt wird, dass die erforderliche Zeit von der Dicke
des Hautmaterials abhängig ist und dass die Wünsche hinsichtlich der aufgenommenen
Chemikalienmenge je nach Ausgangsmaterial und Produkt unterschiedlich sind.
[0051] Die Änderung, d.h. die Anhebung, des pH nach der Hauptbehandlung mit Al (Schritte
A21 und B27) erfolgt vorteilhaft auf die Weise, dass der pH im Intervall 4,0 - 5,5,
vorzugsweise 4,3 - 4,9, liegt.