[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörgerät und ein zugehöriges Verfahren zum
Betrieb eines Hörgeräts.
[0002] Schwerhörigkeit oder Hörverlust kann durch unterschiedliche Ursachen bedingt sein
und erfordert dementsprechend ein Hörgerät, welches auf die jeweilige Ursache des
Hörverlusts oder der Schwerhörigkeit abgestimmt bzw. angepasst ist. Ein weit verbreitetes
Problem, unter welchem viele Schwerhörige leiden, ist der Hochtonverlust. Dieser Hochtonverlust
ist physiologisch bedingt. In der Cochlea werden durch die sog. Haarzellen mechanische
Schwingungen (Schall) in elektrische Energie umgewandelt, welche dann als Nervenimpuls
weiter gegeben werden kann. Bei Hochtonverlust ist dieser Vorgang gestört, dadurch
bedingt, dass in den Bereichen, in welchen höhere Frequenzen gewandelt werden, nur
noch wenige oder gar keine Haarzellen mehr vorhanden sind. Dies führt mitunter zu
sog. Dead-Zones, also Frequenzbereiche, in denen gar keine mechanische Energie mehr
in elektrische Energie transformiert werden kann.
[0003] Es ist problematisch, Schwerhörige mit einem derartigen Hörverlust mit Hörgeräten
zu versorgen, da auch eine Verstärkung des Schallsignals in diesen Frequenzbereichen
nicht mehr weiter hilft. Daher wird versucht, die betroffenen Frequenzbereiche so
zu transformieren, dass diese Frequenzbereiche in einen tieferen Frequenzbereich transponiert
werden, in welchem noch Haarzellen für eine Übertragung zur Verfügung stehen. In bisherigen
Ansätzen wurde dieses Problem technisch, d.h. mittels Signalverarbeitung gelöst. Entsprechende
Hörgeräte weisen eine Signalverarbeitungseinrichtung auf, welche Schallwellen mit
einem Wandler (Mikrofon) in ein elektrisches Signal verwandelt, dieses Signal rechentechnisch
in einen anderen Frequenzbereich transponiert, und als tieferes Signal wieder ausgibt.
Dadurch werden mittels Signalverarbeitung die hochfrequenten Anteile des Eingangssignals
in einen tief frequenten Bereich verlagert, um so die noch aktiven Bereiche der Basilamembran
bzw. der Haarzellen anzusprechen. Bisherige Versuche waren jedoch nicht besonders
erfolgversprechend.
[0004] Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Hörgerät und ein Verfahren
zum Betrieb eines Hörgeräts bereitzustellen, welches eine verbesserte Versorgung von
Hörgerätträgern bevorzugt mit Hochtonverlust ermöglicht.
[0005] Die vorliegende Erfindung basiert darauf, dass keine Signalverarbeitung zur Durchführung
der Transformation verwendet wird, sondern dass diese Transformation durch physiologische
Prozesse im Innenohr selber stattfindet.
[0006] Die erfindungsgemäße Aufgabe wird gelöst durch ein Hörgerät gemäß Patentanspruch
1 und ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts gemäß Patentanspruch 6. Weiterbildungen
der vorliegenden Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben.
[0007] Das erfindungsgemäße Hörgerät weist einen elektro-akustischen Ausgangswandler auf,
und ist dadurch gekennzeichnet, dass das Hörgerät einen Tongenerator zur Erzeugung
eines Dauertons mit konstanter Frequenz aufweist. Dieser Tongenerator kann den Dauerton
über den elektro-akustischen Ausgangswandler, z.B. ein Mikrolautsprecher, ausgeben.
Der Tongenerator umfasst dabei bevorzugt ein Schaltelement, welches elektrische Spannungen
mit einem charakteristischen Zeitverlauf erzeugt, wodurch ein Dauerton erzeugt werden
kann. Dies kann ein Sinus-Wellen-Generator sein, es können aber auch Spannungen mit
anderen Zeitverlaufsprofil erzeugt werden, z.B. Sägezahn, etc.
[0008] Durch Erzeugen des Dauertons können im Innenohr über nichtlineare Transformationsprozesse
Hochtonfrequenzen in hörbare Bereiche transformiert werden.
[0009] Ferner umfasst das Hörgerät bevorzugt einen elektroakustischen Eingangswandler, z.B.
ein Mikrofon, und eine Verstärkereinrichtung, so dass ebenfalls aufgenommene Schallsignale
verstärkt werden können.
[0010] Bevorzugt ist der Tongenerator selektiv aktivierbar, so dass der Hörgerätträger den
Tongenerator nur in bestimmten Hörsituationen nutzen kann, z.B. bei Gesprächen. Dabei
kann der Tongenerator z.B. über ein Schaltelement am Hörgerät aktiviert werden, oder
bevorzugt über eine Fernsteuerung, welche der Hörgerätträger mit sich führen kann,
um damit selektiv den Dauertongenerator zu aktivieren.
[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts ist dadurch gekennzeichnet,
dass zumindest phasenweise ein Dauerton mit konstanter Frequenz erzeugt und in das
Innenohr des Trägers geleitet wird.
[0012] Ferner können bevorzugt während des Betriebs von außen kommende Schalsignale ebenfalls
noch verstärkt werden.
[0013] Bevorzugt ist der Dauerton mit konstanter Frequenz in einem Bereich von 2 - 10 kHz,
2 - 6 kHz, 2 - 4 kHz, 4 - 10 kHz oder 4 - 6 kHz. Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung
können auch mehrere Dauertöne mit unterschiedlichen Frequenzen erzeugt werden. So
wird eine Anpassung auf die individuellen Bedürfnisse des Hörgerätträgers ermöglicht.
[0014] Im Ohr werden bei Erzeugung des Dauertons aufgrund nicht linearer Prozesse Verzehrungen
erzeugt, bei denen zusätzliche Frequenzkomponenten erzeugt werden. Bei den im Folgenden
beschriebenen Verzerrungen handelt es sich um Intermodulationsverzerrungen, durch
die sog. Differenztöne erzeugt werden.
[0015] Diese Funktion kann man sich für eine Frequenztransformation zu nutze machen, in
dem ein hoher Ton angeboten wird, der vom Hörgeschädigten selber nicht mehr wahrgenommen
werden kann, da dieser in einen Frequenzbereich fällt, in dem die Hörstörung sehr
stark ausgeprägt ist. Nun bildet dieser zusätzliche hohe Ton zusammen mit dem Eingangssignal
(dem von außen kommenden Schall oder ggf. dem durch das Hörgerät noch verstärkten
Schall) durch die Ausnutzung der nicht linearen Prozesse im inneren Ohr entsprechende
Differenztöne, so dass das Eingangssignal in einen niedrigen Frequenzbereich transformiert
wird, in der noch innere Haarzellen vorhanden sind, die die Information an die höher
Nerven weiterleiten können.
[0016] Hierbei ist insbesondere die kubische Verzerrung von großer Bedeutung. Aus zwei gegebenen
Hauptfrequenzen F1 und F2 berechnet sich die Verzerrungsfrequenz oder Differenzfrequenz
FD = 2 x F1 - F2. Wenn beispielsweise ein Eingangssignal mit einer Komponente F1 =
1000 Hz und der vom Hörgerät erzeugte Dauerton mit konstanter Frequenz F2 = 1200 Hz
vorliegt, dann entsteht im Ohr ein Differenzton von 800 Hz. Das herausragende dieser
Verzerrung ist, dass sie in ihrer Lautstärke lediglich 20 bis 30 dB unter der Lautstärke
der Hauptfrequenzen liegt. Damit erzeugt die kubische Verzerrung eine Reihe von einfachen
Tönen im Bereich der niedrigen Frequenzen. Ist z.B. eine komplexe Wellenform durch
F1 = 1000 Hz, F2 = 1200 Hz, F3= 1400 Hz und F4 = 1600 Hz gegeben, existiert ebenso
ein 800 Hz Komponente aus 2 x F1 - F2, eine 600 Hz Komponente aus 2 x F1 - F3 und
eine 1000 Hz Komponente aus 2 x F2 - F3.
[0017] Dementsprechend kann auch ein Tongenerator in dem erfindungsgemäßen Hörgerät vorgesehen
sein, welcher gleichzeitig mehrere Dauertöne mit konstanter Sequenz aufgeben kann,
um entsprechend das Spektrum von Differenztönen zu erweitern.
[0018] Die beschriebene Lösung zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass sie wesentlich
einfacher als herkömmliche Verfahren funktioniert, da lediglich ein Ton erzeugt werden
muss, der durch die Physiologie des Innenohrs die Differenztöne erzeugt. Zusätzlich
kann durch die Variation dieser Frequenz dieses zusätzlichen Tones das Gerät auf den
Hörverlust des Schwerhörigen angepasst werden, und das Eingangssignal gezielt in die
Frequenzbereiche verschoben werden, in der noch funktionierende Haarzellen vorhanden
sind. Dementsprechend ist es bevorzugt, dass der Tongenerator des erfindungsgemäßen
Hörgeräts derart ausgestaltet ist, dass sich die Frequenz des zu erzeugenden Dauertons
einstellen lässt. Auf diese Weise kann, z.B. bei fortschreitendem Hochtonverlust,
das Hörgerät kontinuierlich auf den Hörgerätträger angepasst werden.
[0019] Da das erzeugte Differenzsignal in der Lautstärke etwas unter dem Eingangssignal
liegt, ist es bevorzugt, dass das Hörgerät ebenfalls eine Verstärkereinrichtung aufweist,
um von außen kommende Schallsignale zu verstärken, so dass im Innenohr ein entsprechend
angepasstes stärkeres Differenzsignal erzeugt werden kann.
[0020] Es wird auf die angehängten Figuren verwiesen, in welchen zeigen:
- FIG 1
- eine schematische Darstellung in graphischer Form eines Hochtonverlusts mit einer
Dead-Zone oberhalb von 2 kHz; und
- FIG 2
- eine schematische Darstellung in graphischer Form der Transformation von Signalen
aus einem nicht hörbaren Bereich in einen hörbaren Bereich durch kubische Verzerrung.
[0021] In FIG 1 ist ein Profil eines Hochtonverlustes dargestellt, bei welchem der Betroffene
in einem Bereich ab 2 kHz aufwärts keine Schallsignale mehr wahrnehmen kann (sog.
Dead-Zone). So können z.B. Signale aus dem schraffiert dargestellten Bereich von 2
bis 3 kHz nicht mehr wahrgenommen werden.
[0022] Nun wird, wie in FIG 2 dargestellt, ein Ton mit der Frequenz F2 = 4 kHz angeboten.
Dadurch wird gemäß der Formel FD = 2 x F1 - F2 der Bereich von 2 bis 3 kHz transformiert
in den Bereich von 0 bis 2 kHz, in welchem der Betroffene noch Töne wahrnehmen kann.
[0023] Auf diese Weise wird eine Transformation der Signale durch lineare Prozesse im Innenohr
des Hörgerätträgers erreicht. Bevorzugt weist das Hörgerät zusätzlich eine Verstärkereinrichtung
auf, welche das Eingangssignal entsprechend verstärken kann, so dass das erzeugte
Differenzsignal für den Hörgerätträger gut hörbar ist. Dabei ist es bevorzugt, dass
das Hörgerät eine Signalverarbeitungseinrichtung aufweist, welche eine frequenzspezifische
Verstärkung ermöglicht, so dass Frequenzen in bestimmten Bereichen stärker verstärkt
werden können, als in anderen Bereichen. Ganz besonders bevorzugt weist das Hörgerät
eine digitale Signalverarbeitungseinrichtung auf, welche z.B. von einem Hörgeräte-Akustiker
rechnergestützt über eine Software programmiert und auf den Hörgerätträger angepasst
werden kann.
1. Hörgerät, aufweisend einen elektroakustischen Ausgangswandler, dadurch gekennzeichnet, dass das Hörgerät einen Tongenerator zur Erzeugung eines Dauertons mit konstanter Frequenz
aufweist, wobei sich die Frequenz des zu erzeugenden Dauertons einstellen lässt, um
das Hörgerät auf einen Hörgerätträger anzupassen.
2. Hörgerät nach Anspruch 1, wobei der Tongenerator ein Schaltelement umfasst, dass elektrische
Spannungen mit einem charakteristischen Zeitverlauf erzeugt.
3. Hörgerät nach Anspruch 1 oder 2, wobei das Hörgerät ferner eine Verstärkereinrichtung
mit einem elektroakustischen Eingangswandler umfasst.
4. Hörgerät nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei der Tongenerator selektiv aktivierbar
ist.
5. Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts, dadurch gekennzeichnet, dass während des Betriebs zumindest phasenweise ein Dauerton mit konstanter Frequenz erzeugt
und in das Ohr eines Trägers geleitet wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei ferner während des Betriebs von außen kommende Schallsignale
verstärkt werden.