(19)
(11) EP 2 042 824 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.04.2009  Patentblatt  2009/14

(21) Anmeldenummer: 07023681.5

(22) Anmeldetag:  06.12.2007
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F25J 3/04(2006.01)
F28C 3/06(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MT NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK RS

(30) Priorität: 28.09.2007 DE 102007046710
31.10.2007 DE 102007052136

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
80807 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Brox, Andreas
    82538 Geretsried (DE)
  • Huppenberger, Markus
    83673 Bichl (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar et al
Linde AG Patente und Marken Dr. Carl-von-Linde-Str. 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) Verfahren zum Anfahren einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage und Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage


(57) Die Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage weist ein Destilliersäulen-System (5) mit mindestens einer Destilliersäule, einen Luftverdichter (1), einen Direktkontaktkühler (2), eine Reinigungseinrichtung (4), einen Verdunstungskühler (3) zur Erzeugung von Kaltwasser (30) für den Direktkontaktkühler (2) durch direkten Kontakt von Wasser mit einem Kühlgasstrom und eine Einsatzluftleitung (10, 11, 12) auf, welche durch den Luftverdichter (1), den Direktkontaktkühler (2) und die Reinigungseinrichtung (4) in das Destilliersäulen-System (5) führt. Beim Anfahren wird vor Inbetriebnahme des Destilliersäulen-Systems ein Luftstrom über eine Anfahrleitung (32) als Kühlgasstrom in den Verdunstungskühler (3) eingeleitet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anfahren einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Vorrichtungen zur Tieftemperaturzerlegung atmosphärischer Luft oder anderer Gasgemische sind zum Beispiel aus Hausen/Linde, Tieftemperaturtechnik, 2. Auflage 1985 oder einem Aufsatz von Latimer in Chemical Engineering Progress (Vol. 63, No.2, 1967, Seite 35) bekannt.

[0003] In einem "Direktkontaktkühler" (direct contact cooler) wird das Einsatzgemisch in direkten Wärmeaustausch mit einem Kühlmittel, zum Beispiel Kaltwasser, gebracht und dadurch abgekühlt. Er dient insbesondere zum Abführen von Verdichtungswärme, die in einem in der Regel vorgeschalteten Einsatzgasverdichter entstanden ist.

[0004] Eine nachfolgende "Reinigungseinrichtung" ist in der Regel als Adsorptionsvorrichtung ausgebildet und weist insbesondere mindestens zwei umschaltbare Behälter aus, die zyklisch betrieben werden. Sie dient der Abtrennung unerwünschter Komponenten, beispielsweise solcher, die im Tieftemperaturteil ausfrieren können.

[0005] Im Tieftemperaturteil wird das Einsatzgemisch zunächst auf etwa Taupunktstemperatur abgekühlt und anschließend in dem Destilliersäulensystem zerlegt. Der Tieftemperaturteil enthält also einen oder mehrere Wärmetauscher, insbesondere einen Hauptwärmetauscher zur Abkühlung von Einsatzluft in indirektem Wärmeaustausch mit Rückströmen, und eine oder mehrere Destilliersäulen. Aus dem Tieftemperaturteil wird das Produkt in Gas- oder Flüssigform abgezogen. Selbstverständlich können auch mehrere Produkte in gleichem oder unterschiedlichem Aggregatzustand sowie in gleicher oder verschiedener chemischer Zusammensetzung erzeugt werden. Um Verluste durch einströmende Umgebungswärme zu verhindern, ist der Tieftemperaturteil üblicherweise wärmeisoliert, indem er von einer oder mehreren Coldboxen umschlossen wird.

[0006] Direktkontaktkühler werden häufig mit Wasserkreisläufen betrieben, bei denen mindestens ein Teil des aus dem Direktkontaktkühler abgezogenen, erwärmten Wassers in einem oder mehreren Verdunstungskühlern abgekühlt und zum Direktkontaktkühler zurückgeführt wird. In einem "Verdunstungskühler" wird Kühlgas in direkten Gegenstrom mit Wasser gebracht. Das Wasser verdunstet teilweise und wird dabei abgekühlt.

[0007] Als Kühlgas wird während des Normalbetriebs der Anlage ein trockenes Restgas aus der Destillation zur Verfügung, beispielsweise unreiner Reststickstoff.

[0008] Beim Anfahren einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage werden zunächst Luftverdichter und Reinigungseinrichtung in Betrieb genommen, während das Destilliersäulen-System noch stillsteht. Der Inhalt der Reinigungseinrichtung, üblicherweise ein Adsorptionsmittel, insbesondere ein Molekularsieb, muss während dieser Anfahrphase regeneriert werden, um bei Inbetriebnahme des Destilliersäulen-Systems seine Reinigungsfunktion erfüllen zu können. Hierzu wird Luft aus einem im Adsorptionsbetrieb geschalteten Behälter der Reinigungseinrichtung als Regeneriergas in eine im Regenerierbetrieb geschalteten Behälter der Reinigungseinrichtung eingeleitet.

[0009] In dieser Zeit steht noch kein Restgas aus dem Destilliersäulen-System zur Verfügung und damit auch kein Kaltwasser für die Abkühlung der Einsatzluft stromaufwärts der Reinigungseinrichtung im Direktkontaktkühler. Der Betrieb der Reinigungseinrichtung bei erhöhter Temperatur ist jedoch ungünstig.

[0010] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, das Anfahren einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage wirtschaftlich günstiger zu gestalten.

[0011] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass vor Inbetriebnahme des Destilliersäulen-Systems ein Luftstrom über eine Anfahrleitung als Kühlgasstrom in den Verdunstungskühler eingeleitet wird.

[0012] Anstelle des Restgases aus dem Destilliersäulen-System, das im Normalbetrieb der Anlage als Kühlgas im Verdunstungskühler dient, wird im Rahmen der Erfindung ein Luftstrom eingesetzt. Ein solcher Luftstrom ist auch in dieser Inbetriebnahmephase verfügbar. Damit können der Verdunstungskühler und auch der Direktkontaktkühler bereits in Betrieb genommen werden und für eine relativ niedrige Temperatur in der Regeneriereinrichtung sorgen.

[0013] Üblicherweise werden Direktkontaktkühler und Verdunstungskühler wegen ihrer funktionellen Beziehung als eine Einheit oder zumindest als unmittelbar benachbarte Einheiten angeordnet. Besonders in diesem Fall ist es günstig, wenn gemäß einer ersten Variante der Erfindung der Luftstrom stromabwärts des Direktkontaktkühlers und stromaufwärts der Reinigungseinrichtung aus der Einsatzluftleitung entnommen wird.

[0014] In einer zweiten Variante der Erfindung wird der Luftstrom stromabwärts der Reinigungseinrichtung aus der Einsatzluftleitung entnommen. Dies ist insbesondere dann günstig, wenn der Verdunstungskühler näher am Tieftemperaturteil und damit regelmäßig auch näher an der Reinigungseinrichtung angeordnet ist als am Direktkontaktkühler, wie in der EP 1666822 A1 beschrieben ist.

[0015] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zur Tieftemperaturzerlegung von Luft gemäß den Patentansprüchen 4 bis 6.

[0016] Die Erfindung sowie weitere Einzelheiten der Erfindung werden im Folgenden anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei zeigen:
Figur 1
ein Ausführungsbeispiel für die erste Variante der Erfindung und
Figur 2
ein Beispiel für die zweite Variante der Erfindung.


[0017] In Figur 1 sind ein Luftverdichter 1, ein Direktkontaktkühler 2, ein Verdunstungskühler 3, eine Reinigungseinrichtung 4, ein Tieftemperaturteil (Coldbox) 5, der ein Destilliersäulen-System enthält, und eine Einsatzluftleitung 10, 11, 12 als wesentliche Elemente einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage dargestellt. Über eine Regeneriergasleitung 20 wird im Normalbetrieb Stickstoff aus dem Destilliersäulen-System als Kühlgas zum Verdunstungskühler geleitet, der über eine Kaltwasserleitung 30 mit dem Direktkontaktkühler verbunden ist.

[0018] Die im erfindungsgemäßen Anfahrbetrieb geschlossenen Leitungen sind in den Zeichnungen gestrichelt dargestellt. Nur während des Anfahrbetriebs wird die Regenerierluftleitung 31 durchströmt. Sie leitet gereinigte Luft aus einem der Behälter der Reinigungseinrichtung, der sich im Adsorptionsbetrieb befindet, in einen anderen Behälter der Reinigungseinrichtung, der sich im Regenerierbetrieb befindet und bewirkt so die anfangs notwendige Regenerierung des frisch eingefüllten Adsorbens, hier eines Molekularsiebs.

[0019] Gemäß der ersten Variante der Erfindung wird während dieser Zeit über eine Anfahrleitung 32 Luft, die zwischen Direktkontaktkühler 2 und Reinigungseinrichtung 4 aus der Einsatzluftleitung 11 entnommen wird, als Kühlgas in den Verdunstungskühler 3 eingeleitet.

[0020] Figur 2 unterscheidet sich dadurch von Figur 1, dass der Verdunstungskühler näher bei der Coldbox als beim Direktkontaktkühler angeordnet ist (vergleiche EP 1666822 A1). Gemäß der zweiten Variante der Erfindung wird während des Anfahrbetriebs über eine Anfahrleitung 232 Luft, die stromabwärts Reinigungseinrichtung 4 aus der Einsatzluftleitung 12 entnommen wird, als Kühlgas in den Verdunstungskühler 3 eingeleitet.


Ansprüche

1. Verfahren zum Anfahren einer Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage, die ein Destilliersäulen-System (5) mit mindestens einer Destilliersäule, eine Einsatzluftleitung (10, 11, 12), einen Luftverdichter (1), einen Direktkontaktkühler (2), eine Reinigungseinrichtung (4) und einen Verdunstungskühler (3) zur Erzeugung von Kaltwasser (30) für den Direktkontaktkühler (2) durch direkten Kontakt von Wasser mit einem Kühlgasstrom aufweist, wobei die Einsatzluftleitung (10, 11, 12) durch den Luftverdichter (1), den Direktkontaktkühler (2) und die Reinigungseinrichtung (4) in das Destilliersäulen-System (5) führt, dadurch gekennzeichnet, dass vor Inbetriebnahme des Destilliersäulen-Systems ein Luftstrom über eine Anfahrleitung (32; 232) als Kühlgasstrom in den Verdunstungskühler (3) eingeleitet wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Luftstrom stromabwärts des Direktkontaktkühlers und stromaufwärts der Reinigungseinrichtung aus der Einsatzluftleitung (11) entnommen wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Luftstrom stromabwärts der Reinigungseinrichtung aus der Einsatzluftleitung (12) entnommen wird.
 
4. Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage mit

- einem Destilliersäulen-System (5) mit mindestens einer Destilliersäule,

- einem Luftverdichter (1),

- einem Direktkontaktkühler (2),

- einer Reinigungseinrichtung (4),

- einem Verdunstungskühler (3) zur Erzeugung von Kaltwasser (30) für den Direktkontaktkühler (2) durch direkten Kontakt von Wasser mit einem Kühlgasstrom und mit

- einer Einsatzluftleitung (10, 11, 12), welche durch den Luftverdichter (1), den Direktkontaktkühler (2) und die Reinigungseinrichtung (4) in das Destilliersäulen-System (5) führt,
gekennzeichnet durch, eine Anfahrleitung (32; 232) zur Einleitung eines Luftstroms als Kühlgasstrom in den Verdunstungskühler (3).


 
5. Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Anfahrleitung (32) stromabwärts des Direktkontaktkühlers und stromaufwärts der Reinigungseinrichtung mit der Einsatzluftleitung (11) verbindbar ist.
 
6. Tieftemperatur-Luftzerlegungsanlage nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Anfahrleitung (232) stromabwärts der Reinigungseinrichtung mit der Einsatzluftleitung (12) verbindbar ist.
 




Zeichnung










Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur