[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von
Metallschichten auf Magnesium- oder Magnesiumlegierungsoberflächen.
[0002] Magnesium wird in den letzten Jahren und Jahrzehnten verstärkt im Bereich der Automobilindustrie,
des kommerziellen Flugzeugbaus und der Elektronikindustrie eingesetzt. Insbesondere
bei der Herstellung hochwertiger Produkte werden Magnesium bzw. Magnesiumlegierungen
verwendet, um Gewicht zu sparen. Hierbei haben Magnesium bzw. Magnesiumlegierungen
gegenüber anderen Leichtmetallen den Vorteil, über hervorragende Gusseigenschaften
zu verfügen, so dass sowohl Spritz- als auch Druckgussteile aus entsprechenden Magnesiumlegierungen
oder aus Magnesium mit sehr guten Festigkeitseigenschaften hergestellt werden können.
Insbesondere die Herstellung von Bauteilen mittels Magnesium-Spritzguss scheint dabei
auch in Zukunft von größerem Interesse insbesondere im Bereich der Automobilindustrie
zu sein. Beim Spritzgießen von Magnesium bzw. Magnesiumlegierungen werden diese nicht
bis zum vollständigen Aufschmelzen erwärmt, sondern nur bis etwa 100° unter dem Schmelzpunkt
erhitzt. Hierbei wird dann ein thixotroper Zustand des Magnesiums erreicht, in welchem
es sich entsprechend spritzgießen lässt.
[0003] Für dekorative und funktionelle Anwendungen müssen jedoch die mittels entsprechender
Gussverfahren hergestellten Substrate in der Regel oberflächenvergütet werden. Dies
kann zum einen dem Korrosionsschutz der Magnesium- bzw. Magnesiumlegierungsoberfläche
dienen, zum anderen können entsprechend glänzende oder matte Dekoroberflächen mittels
Abscheidung von Metallschichten auf der Oberfläche erzeugt werden.
[0004] Im Bereich der galvanischen und stromlosen Beschichtungsverfahren werden derzeit
am Markt neben klassischen galvanischen Beschichtungsverfahren wie dem Abscheiden
von Kupfer, Nickel, Chrom, Zinn und dergleichen Anodisierverfahren, Plasmaverfahren
oder Konversionsbeschichtungen wie beispielsweise die Chromatierung angeboten.
[0005] Für die Anwendung bei dekorativen Oberflächen eignen sich zurzeit nur galvanische
Beschichtungsverfahren. Die zuvor erwähnten Anodisierverfahren und Konversionsbeschichtungen
dienen lediglich als Korrosionsschutz und Grundlage für eine anschließende Beschichtung,
beispielsweise durch Lackieren.
[0007] Ein grundsätzliches Problem bei der Beschichtung von Magnesium oder Magnesiumlegierungen
ist der sich auf der Substratoberfläche bildende Oxidfilm, welcher im Stand der Technik
durch entsprechende Vorbehandlungen entfernt werden muss.
[0008] So sind beispielsweise aus dem genannten Stand der Technik zur Entfernung der Oxidschicht
Vorbehandlungen (Aktivierungen) mittels einer ammoniumchlorwasserstoffhaltigen Phosphorsäurelösung
bekannt. In anderen Verfahren werden die zu beschichtenden Magnesium- bzw. Magnesiumlegierungsoberflächen
mit Chlorwasserstoffsäure aktiviert.
[0009] In der Industrie häufig verwendete Magnesiumlegierungen sind solche vom Typ AZ31
bis AZ91, wobei AZ für die zulegierten Aluminium und Zink steht und die nachgestellte
Zahl angibt, wie hoch der Anteil dieser Zulegierung am Magnesium ist.
[0010] Allen aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren ist gemein, dass sie jeweils
nur für bestimmte Magnesiumlegierungen hinreichende Beschichtungsergebnisse zeigen.
Darüber hinaus sind vielfach Porenbildungen bei der Galvanisierung von Magnesium zu
beobachten, welche zu Schichtabplatzungen der aufgetragenen Metallschichten führen
können.
[0011] Es ist daher die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur galvanischen Beschichtung von Magnesium-
oder Magnesiumlegierungen anzugeben, welches für eine Vielzahl von unterschiedlichen
Magnesiumlegierungen zu einem hinreichenden Beschichtungsergebnis führt und die aus
dem Stand der Technik bekannte Porenbildung vermeidet.
[0012] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zur galvanischen Beschichtung von Magnesium-
oder Magnesiumlegierungsoberflächen, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die
zu beschichtenden Oberflächen während des gesamten Beschichtungsprozesses bis zur
vollständigen Bedeckung mit einer Metallschicht des abzuscheidenden Metalls ausschließlich
mit Prozesslösungen und Spüllösungen in Kontakt gebracht werden, welche einen pH-Wert
≥ pH 7, bevorzugt ≥ pH 8 aufweisen.
[0013] Überraschenderweise wurde herausgefunden, dass der Verzicht auf saure Verfahrensschritte
zu deutlich verbesserten Abscheideergebnissen führt. So lassen sich bei Verzicht auf
saure Prozessschritte eine Vielzahl von unterschiedlichen Magnesiumlegierungen galvanisch
beschichten, ohne dass es zu Porenbildung, Blistering oder Ablösungen kommt.
[0014] Durch das Vermeiden von sauren Behandlungslösungen wird verhindert, dass Magnesium
aus der Oberfläche der zu beschichtenden Substrate herausgelöst wird. Hierdurch verringert
sich auch der Bedarf an Einebnern, wie er beispielsweise bei der galvanischen Beschichtung
insbesondere von hochlegierten Magnesiumlegierungen wie beispielsweise AZ91 besteht.
[0015] Besonders gut funktioniert das Verfahren auf der Magnesiumlegierung AU-LITE. Hier
kann auf die Einebnung beinahe gänzlich verzichtet werden.
[0016] In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens unterteilt sich dieses in
drei Verfahrensschritte. Diese Verfahrensschritte sind:
- Reinigen des zu beschichtenden Substrats aus Magnesium oder einer Magnesiumlegierung;
- Beizen des zu beschichtenden Substrats mit einer Zinkatbeize;
- Aufbringen einer ersten Metallschicht auf das Substrat.
[0017] Die Reinigung des zu beschichtenden Substrats kann mit Hilfe einer Heißentfettung
erfolgen. Hierbei wird das zu reinigende Substrat bei einer Temperatur von ca. 70
- 80°C für 10 Minuten mit einer geeigneten Entfetterlösung behandelt. Hierbei ist
insbesondere die Kombination unterschiedlicher Entfetter vorgesehen, wobei die Auswahl
der einzusetzenden Entfetter in Abhängigkeit der auf den zu beschichtenden Substraten
bzw. Substratoberflächen vorhandenen Verschmutzungen erfolgt. Grundsätzlich handelt
es sich bei den einzusetzenden Entfettern jedoch um alkalische Entfetter.
[0018] Um eine hinreichende Entfernung der anhaftenden Verschmutzungen von den Substratoberflächen
zu erreichen, kann erfindungsgemäß der Einsatz eines Kavitec-Modulus oder von Eduktordüsen
vorgesehen sein. Bei Kavitec-Systemen handelt es sich um Hochdruckwasserdüsen, welche
die Abreinigung durch Kavitationseffekte unterstützen.
[0019] Zur Entfernung grober Verschmutzungspartikel aus den Entfettern oder Entfetterlösungen
kann der Einsatz von entsprechenden Filtersystemen erfindungsgemäß vorgesehen sein.
[0020] Im Anschluss an die zuvor beschriebene Reinigung der Substratoberfläche erfolgt nach
einem optionalen Spülschritt in der hier beschriebenen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen
Verfahrens eine Behandlung der Substratoberfläche mit einer alkalischen, zyanidfreien
Haftbeize. In einer Ausgestaltung der Erfindung ist eine solche Haftbeize eine Zinkatbeize,
welche neben Natriumpyrophosphat (Na
4P
2O
7 x 10 H
2O) Zinksulfat, Natriumcarbonat und Natriumchlorid geeignete Netzmittel zur Herabsetzung
der Oberflächenspannung der Zinkatbeize aufweist. Die beschriebene erfindungsgemäß
einzusetzende Zinkatbeize weist einen photometrisch bei 30°C bestimmten pH-Wert im
Bereich zwischen pH 10 und 11, bevorzugt im Bereich zwischen pH 10 und 10,5 auf.
[0021] Die zu behandelnde Substratoberfläche des zu beschichtenden Magnesium- oder Magnesiumlegierungssubstrates
wird mit der Zinkatbeize bei einer Temperatur zwischen 60 und 80°C, bevorzugt zwischen
65 und 75°C kontaktiert. Die Expositionszeit beträgt hierbei zwischen 5 und 15 Minuten,
bevorzugt zwischen 9 und 11 Minuten.
[0022] Ein Beispiel für eine erfindungsgemäß einzusetzende Zinkatbeize ist im Folgenden
angegeben:
Zinkatbeize: |
100 - 300 g/l Natriumpyrophosphat x 10 H2O |
|
25 - 75 g/l Zinksulfat x 7 H2O |
|
3 - 6 g/l Natriumcarbonat |
|
2 - 5 g/l Natriumchlorid |
|
0,5 - 3 g/l Netzmittel |
[0023] In der zuvor beschriebenen Zinkatbeize kann vorteilhafterweise als Netzmittel ein
als Nonpitter 62 A bekanntes Netzmittel oder ein als EnPREP TTM WA bekanntes Netzmittel
eingesetzt werden. Darüber hinaus können Kombinationen unterschiedlicher Netzmittel
eingesetzt werden.
[0024] Es hat sich herausgestellt, dass besonders gute Abscheideergebnisse erhalten werden,
wenn die Oberflächenspannung der erfindungsgemäß eingesetzten Zinkatbeize ≤ 55 mN/m
ist. Hierbei wird die angegebene Oberflächenspannung als dynamische Oberflächenspannung
mittels eines Blasendrucktensiometers bestimmt. Als Blasenlebensdauer für diese Bestimmung
werden ≤ 500 ms zugrunde gelegt. Ein geeignetes Messgerät zur Bestimmung der dynamischen
Oberflächenspannung ist das Scienceline T60 der Sita-Messtechnik GmbH.
[0025] Durch die Behandlung mit einer entsprechenden Zinkatbeize bildet sich auf der zu
beschichtenden Magnesium- oder Magnesiumlegierungsoberfläche eine haftvermittelnde
Zinkatschicht aus.
[0026] Im Anschluss an die zuvor beschriebenen Behandlung der Oberfläche mit einer als Haftbeize
dienenden Zinkatbeize erfolgt in dem hier beispielhaft beschriebenen erfindungsgemäßen
Verfahren unter optionaler Zwischenschaltung eines Spülschrittes anschließend eine
Abscheidung einer ersten Metallschicht auf der zu beschichtenden Substratoberfläche.
Hierbei können unterschiedliche galvanisch abgeschiedene Metallschichten wie beispielsweise
Kupfer-, Nickel- oder Chromschichten vorgesehen sein. Nachfolgend wird beispielhaft
die Abscheidung einer Kupferschicht auf dem in der zuvor beschriebenen Art vorbehandelten
Magnesium- bzw. Magnesiumlegierungssubstrat beschrieben.
[0027] Die mit einer Zinkatschicht in der vorbeschriebenen Weise zu beschichtende Substratoberfläche
des Magnesium- oder Magnesiumlegierungssubstrates wird mit einem zyanidischen Glanzkupferelektrolyten,
beispielsweise einem Elektrolyten des Typs CUPRALYTE 1545 der Enthone Inc. bei einer
Temperatur zwischen 40 und 55°C kontaktiert. Zur Abscheidung der Kupferschicht wird
eine Stromdichte zwischen 0,5 und 2,0 A/dm
2 eingestellt. Hierbei ist erfindungsgemäß bei der Verwendung von Platten- oder Knüppelanoden
eine geringere Stromdichte vorzusehen, als bei der Verwendung von Kupferstücken in
entsprechenden Anodenkörben.
[0028] Die anzulegende Spannung liegt in Abhängigkeit der verwendeten Anoden sowie der zu
beschichtenden Substrate bzw. Substratoberflächen in einem Bereich zwischen 2,0 und
12,0 Volt. Der in der hier beschriebenen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
eingesetzte zyanidische Kupferelektrolyt weist einen photometrisch bestimmten pH-Wert
im Bereich zwischen pH 11,0 und pH 12,0 auf.
[0029] Die Konzentration an Kupfer in dem erfindungsgemäß einzusetzenden Kupferelektrolyten
beträgt dabei zwischen 20 g/l und 50 g/l. Die Konzentration an freiem Kaliumzyanid
in dem hier einzusetzenden zyanidischen Kupferelektrolyten liegt zwischen 20 g/l und
35 g/l. Darüber hinaus weist der Elektrolyt einen maximalen Kaliumcarbonat von 120
g/l auf. Die Dichte eines wie zuvor beschriebenen Elektrolyten liegt bei ca. 1,15
g/cm
3.
[0030] Zur Regenerierung des eingesetzten Kupferelektrolyten kann dieser erfindungsgemäß
mit Kupfer(1)-Cyanid ergänzt werden, um aus dem Elektrolytenverbrauch das Kupfer zu
ersetzen. Hierbei werden ca. 1,4 g/l Kupfer(1)-Cyanid pro 1 g/l zu ergänzenden Kupfergehalt
benötigt. Zur Einstellung des Gehaltes an freiem Kaliumcyanid kann in dem hier eingesetzten
Elektrolyten eine Zudosierung von Kaliumcyanid in einer Größenordnung von ca. 2 g
pro g ergänzten Kupfers vorgesehen sein.
[0031] Aus einem wie zuvor beschriebenen Kupferelektrolyten können auf den in der zuvor
beschriebenen Weise vorbehandelten Substratoberflächen der Magnesium- oder Magnesiumlegierungssubstrate
Kupferschichten mit einer Abscheidegeschwindigkeit in der Größenordnung von ca. 0,4
µm/min bei einer eingestellten Stromdichte von 1 A/dm
2 abgeschieden werden.
[0032] Die abgeschiedenen Kupferschichten sind haftfest und zeigen einen gleichmäßigen Glanz.
[0033] Auf die so abgeschiedenen Kupferschichten können erfindungsgemäß weitere Metallschichten
aufgebracht werden, wobei die anschließende Abscheidung von Metallschichten sowohl
in sauren als auch in basischen Beschichtungselektrolyten erfolgen kann, insofern
die darunter liegende Magnesium- oder Magnesiumlegierungsschicht vollständig mit einer
entsprechenden Kupferschicht bedeckt ist.
1. Verfahren zur galvanischen Beschichtung von Magnesium- oder Magnesiumlegierungsoberflächen
mit einer Metallschicht,
dadurch gekennzeichnet, dass
die zu beschichtenden Oberflächen während des gesamten Beschichtungsprozesses bis
zur vollständigen Bedeckung mit einer Metallschicht des abzuscheidenden Metalls ausschließlich
mit Prozesslösungen und Spüllösungen in Kontakt gebracht werden, welche einen pH-Wert
≥ pH 7, bevorzugt ≥ pH 8 aufweisen.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, aufweisend die Verfahrensschritte:
- Reinigen der zu beschichtenden Oberflächen in einer alkalischen Behandlungslösung;
- Aufbringen einer haftvermittelnden Schicht auf die zu beschichtende Oberfläche mittels
einer alkalischen Haftbeize;
- Abscheiden einer ersten Metallschicht auf der gereinigten und mit einer haftvermittelnden
Schicht versehenen Oberfläche mittels galvanischer Verfahren aus einem alkalischen
Elektrolyten.
3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die zur Abscheidung einer haftvermittelnden Schicht eingesetzte Haftbeize eine dynamische
Oberflächenspannung ≤ 55 mN/m bei einer Blasenlebensdauer ≤ 500 ms aufweist.
4. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die zur Abscheidung einer haftvermittelnden Schicht eingesetzte Haftbeize wenigstens
ein Netzmittel aus der Gruppe bestehend aus Nonpitter 62 A und EnPREP TTN WA aufweist.