[0001] Die Erfindung betrifft ein Dichtsystem einer Turbomaschine, insbesondere einer Gasturbine,
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren
zum Aufbringen einer Panzerung auf ein Bauteil einer Turbomaschine nach dem Oberbegriff
des Anspruchs 11.
[0002] Turbomaschinen, wie zum Beispiel Gasturbinen, umfassen in der Regel mehrere rotierende
Laufschaufeln sowie mehrere feststehende Leitschaufeln, wobei die Laufschaufeln zusammen
mit einem Rotor rotieren, und wobei die Laufschaufeln sowie die Leitschaufeln von
einem feststehenden Gehäuse umschlossen sind. Zur Leistungssteigerung ist es von Bedeutung,
alle Komponenten und Subsysteme zu optimieren. Hierzu zählen auch die sogenannten
Dichtsysteme.
[0003] Besonders problematisch ist bei Turbomaschinen die Einhaltung eines minimalen Spalts
zwischen den rotierenden Laufschaufeln und dem feststehenden Gehäuse eines Hochdruckverdichters.
Bei Hochdruckverdichtern treten bezogen auf den Verdichterbereich nämlich die größten
absoluten Temperaturen sowie Temperaturengradienten auf, was die Spalthaltung der
rotierenden Laufschaufeln zum feststehenden Gehäuse erschwert. Dies liegt unter anderem
auch darin begründet, dass bei Verdichterlaufschaufeln in der Regel auf Deckbänder,
wie sie bei Turbinenlaufschaufeln verwendet werden, verzichtet werden muss.
[0004] Wie bereits erwähnt, muss in der Regel bei Laufschaufeln im Verdichter auf ein Deckband
verzichtet werden. Daher sind Enden bzw. Spitzen der Laufschaufeln beim sogenannten
Anstreifen in das feststehende Gehäuse einem direkten Reibkontakt mit einem dem Gehäuse
zugeordneten Einlaufbelag ausgesetzt. Ein solches Anstreifen der Spitzen der Laufschaufeln
in den Einlaufbelag wird bei Einstellung eines minimalen Radialspalts durch Fertigungstoleranzen
hervorgerufen. Da durch den Reibkontakt der Spitzen der Laufschaufeln an denselben
Material abgetragen wird, kann sich über den gesamten Umfang von Gehäuse und Rotor
eine unerwünschte Spaltvergrößerung einstellen. Um dies zu vermeiden ist es aus dem
Stand der Technik bereits bekannt, die Enden bzw. Spitzen der Laufschaufeln mit einer
Schaufelspitzenpanzerung zu versehen.
[0005] Die
US 6,194,086 B1 offenbart eine Laufschaufel einer Gasturbine mit einer Schaufelspitzenpanzerung,
wobei die Schaufelspitzenpanzerung eine Deckschicht umfasst, die aus in ein metallisches
Matrixmaterial eingelagerten, abrasiven Partikeln gebildet ist.
[0006] Hiervon ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung das Problem zu Grunde, ein neuartiges
Dichtsystem einer Turbomaschine, insbesondere einer Gasturbine, sowie ein neuartiges
Verfahren zum Aufbringen einer Panzerung auf ein Bauteil einer Turbomaschine zu schaffen.
[0007] Dieses Problem wird durch ein Dichtsystem im Sinne von Anspruch 1 gelöst.
[0008] Erfindungsgemäß ist a) das rotierende Bauteil aus einem relativ weichen Werkstoff,
nämlich aus einer Titanbasislegierung oder einer Aluminiumbasislegierung oder einer
Magnesiumbasislegierung, hergestellt; b) die dem rotierenden Bauteil zugeordnete Panzerung
aus einem relativ harten Werkstoff, nämlich aus einer Nickelbasislegierung oder Eisenbasislegierung,
hergestellt; und c) der dem feststehenden Bauteil zugeordnete Einlaufbelag aus einem
erosionsbeständigen Werkstoff hergestellt, der eine geringere Härte als der relativ
harte Werkstoff der Panzerung aufweist.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren zum Aufbringen einer Panzerung auf ein Bauteil einer
Turbomaschine ist in Anspruch 11 definiert.
[0010] Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und
der nachfolgenden Beschreibung. Ausführungsbeispiele der Erfindung werden, ohne hierauf
beschränkt zu sein, an Hand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt:
- Fig. 1:
- einen schematisierten Querschnitt durch ein erfindungsgemäßes Dichtsystem.
[0011] Fig. 1 zeigt eine schematisierte Darstellung eines erfindungsgemäßen Dichtsystems
einer Turbomaschine im Bereich einer rotorseitigen Laufschaufel 10, der an einer Spitze
eine Panzerung 11 zugeordnet ist, und eines statorseitigen Gehäuses 12, dem ein Einlaufbelag
13 zugeordnet ist, wobei der Einlaufbelag 13 der Panzerung 11 benachbart ist.
[0012] Das Dichtsystem der Fig. 1 dient der Abdichtung eines Spalts 14 zwischen der Laufschaufel
10 und dem Gehäuse 12. Die Laufschaufel 10 läuft hierzu mit ihrer Panzerung 11 in
den dem Gehäuse 12 zugeordneten Einlaufbelag 13 ein.
[0013] Beim erfindungsgemäßen Dichtsystem ist die rotorseitige Laufschaufel 10 aus einem
relativ weichen Werkstoff hergestellt, nämlich aus einer Titanbasislegierung oder
einer Aluminiumbasislegierung oder einer Magnesiumbasislegierung. Die der Laufschaufel
10 zugeordnete Panzerung 11 ist aus einem relativ harten Werkstoff hergestellt, nämlich
aus einer Nickelbasislegierung oder einer Eisenbasislegierung. Der dem Gehäuse 12
zugeordnete Einlaufbelag 13 ist aus einem erosionsbeständigen Werkstoff hergestellt,
der eine geringere Härte als der relativ harte Werkstoff der Panzerung 11 aufweist.
[0014] Der Werkstoff des Einlaufbelags 13 weist vorzugsweise eine Härte zwischen 35 und
70 HR15Y auf, wobei sich die Angabe auf eine Messung der Rockwell-Härte bezieht. Der
Werkstoff der Panzerung 11 hingegen weist eine Härte von weit mehr als 70 HR15Y auf.
[0015] In der Nickelbasislegierung oder der Eisenbasislegierung der Panzerung 11 können
Hartstoffpartikel bzw. abrasive Partikel eingelagert sein, wobei als Hartstoffpartikel
vorzugsweise Partikel aus Oxyden oder Carbiden oder Nitriden in die Nickelbasislegierung
oder Eisenbasislegierung der Panzerung 11 eingelagert sind. Vorzugsweise sind als
Hartstoffpartikel Partikel aus kubischem Bornitrid in die Nickelbasislegierung oder
Eisenbasislegierung der Panzerung 11 eingelagert.
[0016] Der erosionsbeständige Werkstoff des Einlaufbelags 13 ist vorzugsweise porös. Der
Werkstoff des Einlaufbelags 13 besteht vorzugsweise aus einer metallischen Matrix,
bevorzugt aus einer NiCrAl-Legierung mit einem in dieselbe eingelagerten Zusatzstoff
und/oder Festschmierstoff, wobei es sich bei dem Zusatzstoff um Partikel aus insbesondere
Bentonit, also einen keramischen Material aus einem Aluminiumsilikat handelt. Der
Festschmierstoff ist vorteilhafterweise hexagonales Bornitrid oder auch Graphit.
[0017] Nach einer vorteilhaften Weiterbildung der hier vorliegenden Erfindung ist die Panzerung
11 auf die rotorseitige Laufschaufel 10 über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. über
kinetisches Kaltgasspritzen auf die rotorseitige Laufschaufel 10 aufgebracht.
[0018] Das Aufbringen der Panzerung 11 auf das rotierende Bauteil, nämlich gemäß Fig. 1
die rotorseitige Laufschaufel 10, über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. kinetische
Kaltgasspritzen erfolgt vorzugsweise bei einer Gastemperatur zwischen 300 und 950°C
und bei einem Druck zwischen 30 und 40 bar. Als Prozessgas kommt insbesondere Stickstoff
zum Einsatz. Die Erwärmung der Partikel erfolgt durch Vorwärmen des Gases vor Aufnahme
der Partikel und durch einen Wärmetauscher kurz vor Austritt aus der Sprühpistole.
[0019] Das Kalt-Kinetische-Kompaktieren bzw. kinetische Kaltgasspritzen erfolgt bei einer
Geschwindigkeit zwischen 500 und 1500 m/sec, wobei es sich bei dieser Geschwindigkeit
um die Geschwindigkeit handelt, mit Hilfe derer in einem Trägergas enthaltene Partikel
aus dem Werkstoff der Panzerung zum Herstellen der Panzerung 11 auf die Laufschaufel
10 gerichtet werden. Als Trägergas für das Kalt-Kinetische-Kompaktieren bzw. das kinetische
Kaltgasspritzen findet vorzugsweise Stickstoff Verwendung.
[0020] Hierbei werden über das Trägergas Partikel aus dem Werkstoff der Panzerung 11 auf
die rotorseitige Laufschaufel aufgebracht, wobei die im Trägergas enthaltenen Partikel
eine Partikelgröße zwischen 5 und 80 µm aufweisen. Das Maximum einer gaußschen Verteilung
für die Partikelgröße der im Trägergas enthaltenen Partikel liegt dabei vorzugsweise
bei in etwa 30 µm.
[0021] Die über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. kinetische Kaltgasspritzen auf die Laufschaufel
10 aufgebrachte Panzerung 11 verfügt vorzugsweise über eine Dicke zwischen 0,05 und
1,5 mm. Ferner verfügt die Panzerung 11 bevorzugt über eine äußerst geringe Porösität
mit einer Dichte zwischen insbesondere 98 und 100%.
[0022] Obwohl unter Bezugnahme auf Fig. 1 das erfindungsgemäße Dichtsystem am Beispiel einer
Laufschaufel 10 und einem Gehäuse 12 zur Abdichtung eines Spalts zwischen der Laufschaufel
10 und dem Gehäuse 12 beschrieben wurde, ist das erfindungsgemäße Dichtsystem nicht
auf diesen Anwendungsfall beschränkt, vielmehr können mit dem erfindungsgemäßen Dichtsystem
auch andere Spalte zwischen rotierenden und feststehenden Bauteilen abgedichtet werden.
So kann die Panzerung 11 auch auf einen rotorseitigen Dichtfin aufgebracht sein, der
in einen Einlaufbelag im Bereich statorseitiger Leitschaufeln einläuft.
[0023] Die Herstellung von Panzerungen über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. kinetisches
Kaltgasspritzen verfügt über den Vorteil, dass einerseits die Panzerung hochgenau
mit Hilfe eines dünnen Spritzstrahls und des Weiteren relativ kostengünstig hergestellt
werden kann. Mit dem erfindungsgemäßen Dichtsystem ist es möglich, in Verdichtern
Laufschaufeln aus einem relativ weichen Werkstoff, nämlich aus einer Titanbasislegierung
oder Aluminiumbasislegierung oder Magnesiumbasislegierung zu verwenden, wobei die
über kinetisches Kaltgasspritzen bzw. Kalt-Kinetisches-Kompaktieren aufgebrachte Panzerung
aus einer Nickelbasislegierung oder Eisenbasislegierung besteht und demnach relativ
hart ist.
[0024] Die so gepanzerten Laufschaufeln laufen in den Einlaufbelag ein, der aus einem erosionsbeständigen
Werkstoff gebildet ist, der eine größere Härte aufweist als der relativ weiche Werkstoff
der Laufschaufeln und der eine geringere Härte aufweist als der relativ harte Werkstoff
der Panzerung der Laufschaufeln.
[0025] Derartige Panzerungen verfügen über eine gute Haftung und Duktilität, weshalb die
Gefahr einer Rissbildung in der Panzerung und die Gefahr einer Rissfortsetzung in
den Grundwerkstoff mit der hier vorliegenden Erfindung deutlich verringert werden
kann. Das erfindungsgemäße Dichtsystem ist durch einen dauerhaft geringeren Verschleiß
gekennzeichnet.
1. Dichtsystem einer Turbomaschine, insbesondere einer Gasturbine, nämlich zur Abdichtung
eines Spalts zwischen einem rotierenden Bauteil, insbesondere einer rotorseitigen
Laufschaufel, und einem feststehenden Bauteil, insbesondere einem statorseitigen Gehäuse,
wobei dem feststehenden Bauteil ein Einlaufbelag und dem rotierenden Bauteil eine
in den Einlaufbelag einlaufende Panzerung zugeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
a) das rotierende Bauteil (10) aus einem relativ weichen Werkstoff, nämlich aus einer
Titanbasislegierung oder einer Aluminiumbasislegierung oder einer Magnesiumbasislegierung,
hergestellt ist,
b) die dem rotierenden Bauteil (10) zugeordnete Panzerung (11) aus einem relativ harten
Werkstoff, nämlich aus einer Nickelbasislegierung oder Eisenbasislegierung, hergestellt
ist,
c) der dem feststehenden Bauteil (12) zugeordnete Einlaufbelag (13) aus einem erosionsbeständigen
Werkstoff hergestellt ist, der eine geringere Härte als der relativ harte Werkstoff
der Panzerung aufweist.
2. Dichtsystem nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Werkstoff des Einlaufbelags (13) eine Härte zwischen 10 und 70 HR15Y aufweist,
und dass der Werkstoff der Panzerung (11) eine Härte von mehr als 70 HR15Y aufweist.
3. Dichtsystem nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
in die Nickelbasislegierung oder Eisenbasislegierung der Panzerung (11) Hartstoffpartikel
bzw. abrasive Partikel eingelagert sind.
4. Dichtsystem nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
als Hartstoffpartikel Partikel aus Oxiden oder Carbiden oder Nitriden in die Nickelbasislegierung
oder Eisenbasislegierung eingelagert sind.
5. Dichtsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Werkstoff des Einlaufbelags (13) porös ist.
6. Dichtsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Werkstoff des Einlaufbelags (13) aus einer metallischen Matrix mit einem in dieselbe
eingelagerten Zusatzstoff und/oder Festschmierstoff besteht.
7. Dichtsystem nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
als ZusatzstoffPartikel aus Bentonit oder HBN (hexagonales Bornitnitrid) oder Graphit
in die metallische Matrix eingelagert sind.
8. Dichtsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Panzerung (11) über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. kinetisches Kaltgasspritzen
auf das rotorseitige Bauteil aufgebracht ist.
9. Dichtsystem nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Panzerung (11) über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. kinetisches Kaltgasspritzen
bei einer Gastemperatur zwischen 300 und 950 °C, bei einem Druck zwischen 30 und 40
bar und bei einer Geschwindigkeit zwischen 500 und 1500 m/sec aufgebracht ist.
10. Dichtsystem nach Anspruch 8 oder 9,
dadurch gekennzeichnet, dass
hierbei über ein Trägergas Partikel aus dem Werkstoff der Panzerung mit einer Partikelgröße
zwischen 5 und 80 µm auf das rotierende Bauteil aufgebracht sind.
11. Verfahren zum Aufbringen einer Panzerung auf ein Bauteil einer Turbomaschine, dadurch gekennzeichnet, dass
die Panzerung (11) über Kalt-Kinetisches-Kompaktieren bzw. kinetisches Kaltgasspritzen
auf das rotorseitige Bauteil aufgebracht ist.
12. Verfahren nach Anspruch 11,
gekennzeichnet durch
Merkmale nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 11.